In Hamburg steht zur Zeit der 26-jährige Palästinenser Ahmad A. vor Gericht, weil er in einem EDEKA-Markt einen 50-jährigen Ingenieur erstochen und noch weitere Kunden verletzt hat. Couragierte Bürger überwältigten ihn schließlich und übergaben ihn der Polizei. Die Bilder von ihrem mutigen Kampf gegen den Gewalttäter gingen über alle TV-Sender. Die Motivlage für das Verbrechen ist eindeutig: Es war ein islamistisch motivierter Mord. Achmad A. rief nicht nur bei der Bluttat „Allahu Akbar“. Er hatte sich zuvor auch von einschlägigen dschihadistischen Internetseiten inspirieren lassen. Weiterlesen
Der umsorgte Patient
Die SPD wird zur Zeit behandelt wie ein Kranker kurz vor dem Exitus. Alle möglichen Rezepte zur Gesundung werden ihr angedient. Nicht alle kann man als hilfreich bezeichnen. Manche führten, würden sie praktiziert, zum endgültigen Kollaps des Patienten. Den meisten Vorschlägen ist gemeinsam, dass sie der SPD raten, einen radikalen Linksschwenk zu vollziehen, also den (vermeintlich aussichtslosen) Kampf um die bürgerliche Mitte aufzugeben. Einen theoretisch ausgefeilten Artikel, der in einem solchen Ratschlag kulminiert, hat Nils Heisterhagen in der F.A.Z. veröffentlicht (20. 11. 2017). Der Autor ist Grundsatzreferent der SPD in Rheinland-Pfalz. Die Essenz seines Vorschlags: „Es gilt, mehr Lafontaine zu wagen. Es ist Zeit für mehr Corbyn und mehr Sanders.“ Dann folgen die üblichen Forderungen des linken Flügels der SPD: Schluss mit der Schwarzen Null im Bundeshaushalt und mehr steuerliche Umverteilung. Was ist von solchen Vorschlägen zu halten? Weiterlesen
Norbert Häring und Ken Jebsen
Mit Norbert Häring habe ich mich indirekt schon einmal hier beschäftigt, weil er auf seinem Blog einen Leserbrief abdrucken wollte, der mich des „Rufmords“ an Wolfgang Kubicki bezichtigte. Ich habe ihm den Abdruck selbstverständlich gestattet. Dadurch aber wurde mein Interesse geweckt. Wer ist Häring? Was treibt ihn um?
Parlamentarische Verantwortungslosigkeit
Im Deutschen Bundestag herrscht zur Zeit eine Situation, wie wir sie in der bald 70-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten: Von den sechs im Parlament vertretenen Parteien wollen vier (!) nicht regieren. Drängten in früheren Zeiten alle Parteien an die Macht, gefallen sich heute alle bis auf CDU/CSU und Grüne in Verweigerung. Die Gründe sind natürlich je nach Partei verschieden. Weiterlesen
Antisemitismus ohne Antisemiten
In einem ironischen Kommentar zum Abbruch der Jamaika-Verhandlungen hatte ich mich in der WELT mit den Positionen Wolfgang Kubickis auseinandergesetzt. Reaktionen ließen natürlich nicht auf sich warten. Eine solche Reaktion – und meine Antwort darauf – dokumentiere ich hier, weil sie mir Gelegenheit gibt, den Unterschied zwischen Antisemitismus als psychologischem Defekt und Antisemitismus als gesellschaftlichem Diskurs zu betonen – ein Unterschied, der wesentlich ist, wenn man den Antisemitismus bekämpfen will und nicht die angeblichen Antisemiten.
Sanfte Korruption
Gewöhnliche Korruption vermutet man in Deutschland eigentlich nicht. Niemand kann sich vorstellen, dass z.B. der Wirtschaftsminister die Hand aufhält, um als Gegenleistung für die Subventionierung einer Firma einen braunen Umschlag mit netten Scheinen zu erhalten. Unserer protestantisch erzogenen Kanzlerin traut niemand zu, auch nur einen Euro zu veruntreuen. In korruptionsanfälligen Branchen wie der Bauindustrie werden die Mitarbeiter der Verwaltung, die Baugenehmigungen erteilt und Bauaufträge vergibt, nach einer gewissen Zeit durch andere Beamte ausgetauscht, damit sich keine korruptionsanfälligen Strukturen verfestigen können. Firmen mit Korruptionserfahrung, wie z.B. Siemens, haben strenge Compliance-Regeln erlassen, um Korruption im Keime zu ersticken. Alle dies trägt Früchte. Deutschland belegte 2015 im Korruptionsindex von „Transparancy International“ von 190 Staaten den guten zehnten Platz. Da kann man wirklich nicht meckern. Weiterlesen
Gegen ein Europa der Regionen
In einem leidenschaftlichen Plädoyer haben sich die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot (mit der ich seit Jahren befreundet bin) und der Schriftsteller Robert Menasse (mit dem ich in einer lauen Brüsseler Nacht ich nach einem Essen mit José Manuel Barroso ein paar Weine zu viel getrunken habe) für ein Europa der Regionen statt der Nationen ausgesprochen. Der Ansatz ist mir nicht völlig fremd, aber völlig unrealistisch. Und, wie ich zeigen werde: Das ist auch gut so.
Auf braunen Pfaden
Beim sogenannten Kyffhäuser-Treffen der extrem rechts angesiedelten AfD-Gruppe „Der Flügel“ im September 2017 sagte der Fraktionsvorsitzende der AfD im Deutschen Bundestag Alexander Gauland „[Wir] haben…das Recht, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Gleichzeitig forderte er, einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus zu ziehen. Für ihn sind die Jahrhundertverbrechen der Nationalsozialisten eine „falsche Vergangenheit“, die man zwar zu bedauern habe, die man aber auch einmal hinter sich lassen müsse. Öffentlichkeit und Politik empörten sich kurz über diesen Tabubruch, dann ging man wieder zur Tagesordnung über: zum vor Spannung vibrierenden Wahlduell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz, das gerade in die Zielgerade einbog. Inzwischen sind die skandalösen Sätze Gaulands schon wieder Geschichte. Weiterlesen
„Israelkritik“ und Antisemitismus. Ein Fallbeispiel
Ernst Nolte, Jürgen Zimmerer, Jakob Augstein: Relativierer des Holocausts
Lange Zeit galt die Relativierung und „Historisierung“ des Holocausts als Phänomen der Rechten. Dafür mag die Debatte um Ernst Nolte als Beispiel dienen. Innerhalb des „Kyffhäuser“-Flügels der AfD um Björn Höcke ist dieses Denken noch – oder wieder – virulent. Gleichzeitig aber ist seit Jahrzehnten innerhalb der „antiimperialistischen“ Linken eine ähnliche Historisierung und Relativierung im Gange. Dafür haben Jürgen Zimmerer – den ich hier wiederholt kritisiert habe – und Jakob Augstein wieder einmal ein Beispiel geliefert.
Der Fluch der Steine
Als ich mich vor einigen Jahren an einer Führung durch die Altstadt von Warschau beteiligte, fragte ich beiläufig die gut Deutsch sprechende Historikerin, warum das arme Polen nach dem verheerenden Krieg so viel Mühe und Kosten aufgewendet habe, die völlig zerstörte Stadt wieder originalgetreu aufzubauen. Ihre Antwort war frappierend: „Hätten wir Hitler den Triumph gönnen sollen, unsere Städte vernichtet zu haben?“ – Dieser Satz hat sich mir tief eingeprägt. Er kommt mir immer in den Sinn, wenn in Deutschland wieder einmal selbsternannte Kunst- und Architekturwächter auftreten und den originalgetreuen Wiederaufbau von im Krieg zerstörten Gebäuden zu verhindern versuchen. Das betrifft das Berliner Stadtschloss, die Potsdamer Garnisonkirche, das Schloss Herrenhausen in Hannover und das Altstadtviertel am Frankfurter Römer. Weiterlesen