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Eine Zeitenwende auch in der SPD?

Eine Zeitenwende auch in der SPD?

Foto: Willy-Brandt-Haus (SPD-Parteizentrale), Credit:IMAGO / Metodi Popow

Ein Gastbeitrag von Karl Adam

Die Sozialdemokratie muss endlich zu ihrem antiautoritären Erbe zurückfinden und darf nicht länger auf der falschen Seite der Geschichte stehen.

Der Angriffskrieg der russischen Föderation gegen die Ukraine bedeutet eine Zäsur in der Geschichte der internationalen Beziehungen; eine Zäsur mit weitreichenden Folgen für die globale Machttektonik. Überraschend steht der Westen geeint gegen die russische Aggression und hinter der Ukraine – mit der Einschränkung freilich, selbst auf keinen Fall Kriegspartei werden zu wollen. Eine neue globale Polarisierung wird erkennbar: Hier die Demokratien Europas und Nordamerikas, dort die Autokratien des Ostens. Bei einer UN-Abstimmung zur Verurteilung des russischen Angriffs stimmten zwar 141 Staaten für die Resolution und lediglich fünf – darunter Russland selbst – dagegen, doch machen die restlichen, sich enthaltenden Staaten – unter ihnen China und Indien – insgesamt die Hälfte der Menschheit aus. Von einer internationalen Isolation Russlands kann also keine Rede sein. Weiterlesen

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Lob des Hinterzimmers

Artikel 17 Absatz 7 des EU-Vertrags ist eindeutig: „Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament.“ Dort steht nicht: Die Parteien schlagen „Spitzenkandidaten“ vor, und der Rat nickt den Kandidaten ab, dessen Partei bei der Wahl die meisten Stimmen bekommt. 

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SPD: staatstragend – mit beschränkter Haftung

Die SPD pflegt von sich gerne das Selbstbild, in politischen Krisenzeiten stets staatstragend und verantwortungsvoll gehandelt zu haben. Damit will sie der bei  Konservativen beliebten Auffassung entgegenwirken, Sozialdemokraten  folgten letztlich doch immer ihrem ideologischen Impetus: Im Zweifel links. Der Vorwurf, bei den „Sozis“ handele es sich  um „vaterlandslose Gesellen“, geht auf das Kaiserreich zurück, als Wilhelm II. der SPD vorwarf, mit ihrer „internationalistischen“ Politik zu erkennen zu geben, dass sie kein Vaterland besitzt. Marx und Engels, die  in der frühen SPD durchaus noch verehrt wurden, hatten 1848 im „Kommunistischen Manifest“ geschrieben: „Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben“. Und die „Internationale“, das Kampflied der Arbeiterbewegung, richtet sich an die „Verdammten dieser Erde“ und an die „Völker“. Weiterlesen

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Der umsorgte Patient

Die SPD wird zur Zeit behandelt wie ein Kranker  kurz vor dem Exitus. Alle möglichen Rezepte zur Gesundung werden ihr angedient. Nicht alle kann man als hilfreich bezeichnen. Manche führten, würden sie praktiziert, zum endgültigen Kollaps des Patienten. Den meisten Vorschlägen ist gemeinsam, dass sie der SPD raten, einen radikalen Linksschwenk zu vollziehen, also den (vermeintlich aussichtslosen) Kampf um die bürgerliche Mitte aufzugeben. Einen theoretisch ausgefeilten Artikel, der in einem solchen Ratschlag kulminiert,  hat Nils Heisterhagen in der F.A.Z. veröffentlicht (20. 11. 2017). Der Autor ist Grundsatzreferent der SPD in Rheinland-Pfalz. Die Essenz seines Vorschlags: „Es gilt, mehr Lafontaine zu wagen. Es ist Zeit für mehr Corbyn und mehr Sanders.“ Dann folgen die üblichen Forderungen des linken Flügels der SPD: Schluss mit der Schwarzen Null im Bundeshaushalt und mehr steuerliche Umverteilung. Was ist von solchen Vorschlägen zu halten? Weiterlesen

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Parlamentarische Verantwortungslosigkeit

Im Deutschen Bundestag herrscht zur Zeit eine Situation, wie wir sie in der bald 70-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten: Von den sechs im Parlament vertretenen Parteien wollen vier (!) nicht regieren. Drängten in früheren Zeiten alle Parteien  an die Macht, gefallen sich heute alle bis auf CDU/CSU und Grüne in Verweigerung. Die Gründe sind natürlich je nach Partei  verschieden.  Weiterlesen

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Das Land rückt nach rechts

Es hat sich etwas verändert in Deutschland: Grüne Politiker fordern mehr Polizei; Politiker der Linken wollen Flüchtlingen das  Gastrecht aufkündigen, wenn sie sich daneben benehmen; sozialdemokratische Innenminister, wie z.B. Boris Pistorius, gerieren  sich als beinharte Sheriffs. Dem nächsten  Bundestag wird voraussichtlich eine Partei angehören, die einen hasserfüllten  rassistischen und neonazistischen Flügel aufweist. Im gegenwärtigen Bundestag hat Rot-Rot-Grün mit 340 von 631 Sitzen noch eine Mehrheit inne. 2013 hätten die drei Parteien also bequem  eine linke Regierung bilden können.  Dass dieses Bündnis nicht zustande kam, liegt an der notorischen Feindschaft zwischen SPD und Linkspartei („Familie Lafontaine“), die – bislang – unüberwindbar scheint. Diese linke Mehrheit ist nach allen aktuellen Meinungsumfragen vor der Bundestagswahl 2017  perdu. Eine Woche vor dem Wahltermin  käme Rot-Rot-Grün  gerade einmal  auf 36,5  Prozent der Stimmen (Infratest Dimap vom 14. 09. 2017).  Weiterlesen

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Die Russland-Connection

Gerhard Schröder hat mit der Nachricht, er werde demnächst   Vorstandsdirektor  der russischen Ölfirma Rosneft, dem Kanzlerkandidaten Martin Schulz gehörig den Wahlkampf verhagelt. Schnell einigten sich die SPD-Größen auf die Lesart,  es sei Schröders persönliche Angelegenheit, ob er den Posten  annimmt oder nicht. Die Politik der SPD werde davon nicht berührt. Nun ist Gerhard Schröder nicht irgendein beliebiges Parteimitglied. Er war einer der drei Bundeskanzler der BRD, die die SPD je gestellt hat. Und er wird auf Parteitagen immer  gerne als Redner ans Pult gebeten, weil man um seine Einpeitschqualitäten weiß. So geschah es auch am 25. 6. 2017  beim Wahlkampfparteitag der SPD  in Dortmund. Schröder erhielt von den anwesenden Genossen mehr Beifall als Martin Schulz. Weiterlesen

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Volkes Wille: C – S – D – P – U – D

Fragte man die Deutschen nach ihrer Wunschkoalition im Deutschen Bundestag, wäre die Antwort eindeutig: Große Koalition for ever! Die Bürger lieben ein sozialdemokratisches Programm, aber durchgeführt von einem christdemokratischen Kanzler. Für sozialdemokratische Angebote ist immer Bedarf: Dem einen ist die Miete zu hoch. Er  verlangt deshalb  nach einer effektiven Mietpreisbremse. Der andere hätte gerne einen höheren Bafög-Betrag für die studierende Enkeltochter. Auch billige Seniorentickets im Öffentlichen Nahverkehr sind willkommen.   Trotzdem möchten die Wähler das wichtigste Amt, die Kanzlerschaft, nicht gerne einem Sozialdemokraten anvertrauen. Diese Vorsicht hat einen plausiblen Grund. Sozialdemokraten neigen  dazu, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu testen. Die Bürger sind zu gut informiert, um die Quelle allen Reichtums, auch der steuerlichen Umverteilung, die Wirtschaft, irgendwelchen sozialpolitischen Experimenten auszusetzen. „Keine Experimente!“ – diese Uralt-Losung der CDU bleibt  für den Kernbereich unseres Wohlfahrtsstaates immer gültig. Weiterlesen

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Ratschläge für einen schlechten Wahlkämpfer

Letzte Chance für Martin Schulz

Wenn die Lage  aussichtslos zu sein scheint, muss der Wahlkämpfer  nicht verzagen. Vor allem darf er sich nicht einreden lassen, Meinungsumfragen seien  schon vorweggenommene Wahlergebnisse. Bei Wahlkämpfen entscheiden immer die letzten Meter auf der  Zielgeraden. Hilfreich ist, wenn sich der Wahlkämpfer  an bewährten Mustern orientiert, die anderen Politikern schon zum Sieg verholfen haben. In diesem Sinne sind die folgenden Ratschläge zu verstehen. Sie sollen dem Hoffnungsträger des kurzen SPD-Frühlings, Martin Schulz,  Flügel verleihen, so dass er die Dauerkanzlerin vielleicht doch noch überholen kann. Weiterlesen

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Kriminell – aber nicht links?

Nach den bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen der Linksextremisten in Hamburgs  Schanzenviertel  versuchte die SPD als erste Partei die Deutungshoheit über die Geschehnisse zu erringen.   Schnell hatte die Parteispitze nämlich erkannt, dass die Gleichsetzung von „links“(-extrem) mit Gewalt gerade im Wahlkampf gar zu schädlich wäre. Wie immer gab Sigmar Gabriel die Tonart vor. Kurz und bündig dekretierte er, die Krawallmacher seien „nicht links“. Parteichef Schulz blies ins gleiche Horn: „Wer das links nennt, hat nicht kapiert, was links ist.“ Parteivize Ralf Stegner schloss aus, dass Gewalt überhaupt von Linken ausgehen könne: „Linkes Gedankengut kann mit Gewalt nicht einher gehen.“  – Merkwürdig war dann nur, dass  Justizminister Heiko Maas vor Journalisten sagte, er könne sich vorstellen, dass es analog zum „Rock gegen Rechts“ auch einen „Rock gegen Links“ geben könne. Also ging die Gewaltorgie in Hamburg doch von Linken aus? Konfusion allenthalben. Weiterlesen

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Schlechte Zeiten für soziale Gerechtigkeit

Eine Eigenart der SPD ist es, dass sie  schon einmal gemachte Fehler gerne wiederholt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als tappte die SPD – berauscht vom zündenden Beginn der Kandidatur von Martin Schulz – in eine altbekannte Falle. 2013 führte die SPD schon einmal einen Gerechtigkeitswahlkampf. Wenn man dieses Thema in den Mittelpunkt  rückt, ist man immer verführt, die Lage schlechter darzustellen, als sie in Wirklichkeit ist. Sonst hätte man ja keine Angriffsfläche und es bestünde auch keine Notwendigkeit, die sozialdemokratischen Rezepte zur Anwendung zu bringen. Der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeichnete von Deutschland ein Elendsgemälde, in dem sich die Mehrzahl der Deutschen nicht wiederfand. Die Folgen sind bekannt. Nach der Wahlniederlage bekannte Steinbrück offen, dass er selbst nicht an das geglaubt habe, was die Partei ihm im Wahlkampf diktiert hat. Auffällig ist, dass das von Martin Schulz gewählte Generalthema der sozialen Gerechtigkeit auch in der gegenwärtigen Wahlkampagne nicht richtig verfängt. Die ganze Welt hält Deutschland für den sozial gerechtesten Staat. Viele Menschen  wollen zu uns kommen, um  an unserem Wohlstand zu partizipieren. Nur die SPD sagt: „Es geht ungerecht zu in Deutschland“. Die Niederlagen in den drei letzten Landtagswahlen haben sicher auch ihre Ursache in der Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Realität und sozialdemokratischer Wahrnehmung. Weiterlesen

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