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„Aufgearbeitet“: (7) Die Gegenbilder

„There is much talk today in Germany about the AUFARBEITUNG (literally, the >>working over<<) of its recent history – a very German word that is usually translated as >>coming to terms with the past<< (on whose terms?) but that also evokes Freudian connotations …, and that, in a more mundane and domestic meaning, also can be used to describe the remodeling of an old garment (>>ein Kleidungsstück aufarbeiten<<) to make it look as good as new.“

Inga Markovits, 2001, Selective Memory: How the Law Affects What We Remember and Forget about the Past: The Case of East Germany

Bild oben: Am Morgen des 3. Oktober 1990

Wer erzählt die Geschichte der DDR ?

„Unsere Geschichte“, sagte Reiner Haseloff, der nun scheidende (CDU-)Ministerpräsident zu Magdeburg am 27. März 2011 gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,

„können wir Ostdeutschen nur selbst erzählen. Das kann kein Historiker aus Bielefeld.“

Es besteht noch immer eine stillschweigende Einigkeit unter den politischen Parteien im Osten Weiterlesen

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Gerhard Gundermanns Erben: Die Seilschaft. Eine subjektive Würdigung

1992 war es, als der Liedermacher Gerhard Gundermann begann, mit einer Band aufzutreten. Die Seilschaft machte seine Lieder zu kraftvollen Rocksongs und verschaffte ihm vor allem im Osten Deutschlands bis zu seinem plötzlichen Tod 1998 eine treue Fangemeinde. Gundermann & Seilschaft spielten unzählige Konzerte, auch im Vorprogramm von Joan Baez und Bob Dylan und wurden ausgezeichnet mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Im Westen blieb die Band allerdings eher ein Geheimtipp. Das begann sich seit 2018 durch den preisgekrönten Film „Gundermann“ von Andres Dresen zu ändern.

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„Aufgearbeitet“: (6) Alles Opfer, oder was ?

„There is much talk today in Germany about the AUFARBEITUNG (literally, the >>working over<<) of its recent history – a very German word that is usually translated as >>coming to terms with the past<< (on whose terms?) but that also evokes Freudian connotations …, and that, in a more mundane and domestic meaning, also can be used to describe the remodeling of an old garment (>>ein Kleidungsstück aufarbeiten<<) to make it look as good as new.“

Inga Markovits, 2001, Selective Memory: How the Law Affects What We Remember and Forget about the Past: The Case of East Germany

Bild oben: Am Morgen des 3. Oktober 1990

Haben Sie schon einmal etwas von der Anordnung des DDR-Ministerrates über Ehrenpensionen für … Verfolgte des Faschismus sowie für deren Hinterbliebene vom 20. September 1976 gehört ? Diese vertrauliche Dienstsache – VD 26/19/76 ? Weiterlesen

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The Queen’s not dead – 55 Jahre Queen 

Foto: Queen – Official promotional Foto © by Queen

Die legendäre britische Rockband Queen wird dieser Tage 55 Jahre alt. Zeit für eine Hommage von Ulf Kubanke. Der Popkukturexperte zeigt auf, was die Band mit, aber auch über ihren charismatischen Frontman Freddie Mercury so einzigartig gemacht hat.

Spricht man von den legendärsten Rockbands des Planeten, sind die Etiketten meist schnell verteilt. Die Beatles gelten vielen als großartigste Combo, Rolling Stones als die größte, Genesis als kopflastigste, Kinks die Gescheiterten, Doors, die Mystiker und The Who als die ruppigste Truppe der frühen Ära.

Unter all jenen gleichwohl: nur eine Majestät: Queen, die Königin der Hymnen.

Das Quartett um den schillernden Freddie Mercury

So in der Musik vier ausgesprochen individuelle Charaktere zum echten Kollektiv zussammenfinden, kann ein perfektes Team beachtliche Kunst hervorbringen. Queen setzen dieser Binsenweisheit im wahrsten Sinne des Worte die Krone auf. Weiterlesen

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„Ich fühle mich abgewertet durch die Frauen mit Kopftuch“

Unbequeme Kämpferin: Eva Quistorp 2023 bei einer Veranstaltung der Böll-Stiftung. Foto: Ole Schwarz

Eva Quistorp, Mitgründerin der Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung und der Grünen, spricht in einem langen Interview zu ihrem 80. Geburtstag über ihren ewigen Kampf gegen linke Männer und patriarchalische Strukturen unter Migranten, Fehler von Merkel und Habeck, den neuen alten Hass auf Israel und Juden und falsche Pazifisten wie Alice Schwarzer.

Sie sind in einer evangelischen Pfarrerfamilie in der westfälischen Provinz aufgewachsen, haben in Berlin während der Studentenbewegung Germanistik, Politikwissenschaft und evangelische Theologie studiert und sind Gymnasiallehrerin geworden. Was hat Sie damals dazu gebracht, statt einen bürgerlichen Lebensweg einzuschlagen, die Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung mit zu initiieren und später die Grünen mitzugründen?

Eva Quistorp: Ich gehörte zur Nachkriegsgeneration, die einen Bruch mit der Vergangenheit wollte und die Chance dazu hatte. Heute glaube ich allerdings, dass ich doch stärker von meinem Elternhaus geprägt wurde, als ich damals dachte. Ich bin in Detmold geboren. Mein Vater, der wie meine Mutter in der Bekennenden Kirche war und aus Bonn stammte, ist dorthin gegangen, weil sein Vorgänger von den Nazis deportiert wurde. Meine Eltern haben mir nie etwas mit dem Zeigefinger beigebracht. Aber das war das Klima, in dem ich groß geworden bin. Weiterlesen

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Nichts an Putin ist schlau

Putin spielt mit Trump? Nein. Er kann gar nicht spielen. 

Schnarch. Wenn man Wladimir Putins Interviews liest oder auf YouTube anschaut, verzweifelt man an seinen langatmigen und höchst zweifelhaften Geschichtserzählungen. Oder man ist nach zehn Minuten eingeschlafen. Die endlosen Monologe im Führerhauptquartier waren dagegen fesselnde Krimis. Sein Land verpasst derweil die Moderne. Doch wenn man deutsche Medien konsumiert, kann man auf die Idee kommen, Putin sei ein gewiefter Taktiker. Fest steht aber das Gegenteil: Nichts an Putin ist schlau.

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„Aufgearbeitet“ (5): Landesbeauftragte

„There is much talk today in Germany about the AUFARBEITUNG (literally, the >>working over<<) of its recent history – a very German word that is usually translated as >>coming to terms with the past<< (on whose terms?) but that also evokes Freudian connotations …, and that, in a more mundane and domestic meaning, also can be used to describe the remodeling of an old garment (>>ein Kleidungsstück aufarbeiten<<) to make it look as good as new.“

Inga Markovits, 2001, Selective Memory: How the Law Affects What We Remember and Forget about the Past: The Case of East Germany

Bild oben: Am Morgen des 3. Oktober 1990

Eine Fehlannahme des Gesetzgebers

Die Öffnung der Akten des Ministeriums für Staatssicherheit für Betroffene stieß 1990/91 auch auf Widerspruch. Manche befürchteten, Menschen würden nach dem Lesen der sie betreffenden Akten aus allen Wolken fallen. Es würde „Mord und Totschlag geben“. Dem trug § 38 des Gesetzes über die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR Rechnung. Weiterlesen

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Tall Dark Stranger – Eine Hommage an Robert Mitchum

„Ich jogge nicht, schwimme nicht, fahre nicht Rad. Meine einzige körperliche Ertüchtigung: Ich huste viel.“ (Robert Mitchum)

Als Schauspieler eine Legende, als Mensch ein ironisch-sarkastisches Rauhbein mit goldenem Herzen plus viel Humor und als Musiker ein talentierter Sänger und Songwriter.

So in etwa beschreibt man Robert Mitchum in einem Satz. Schon das abenteuerliche Leben jenes Mannes, der beim Set gern Whiskey aus Wassergläsern trank (ohne Eis versteht sich – kein Tüdelkram für Bobby!), wäre einen eigenen Film wert. Weiterlesen

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Ein literarisches Mahnmal von Wucht und Glanz – Band 5 der jüdischen Familiensaga der Löws von Ruth Weiss

Der fünfte Band der Familiensaga der Löws ist ein eindrucksvolles Zeugnis jüdischen Lebens im 20. Jahrhundert, vor allem aber der Roman eines Erzählgenies: Ruth Weiss. Siebeginnt mit den frühen Auswirkungen des Scheingesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 und zeiht uns tief hinein in die tödlichen Auswirkungen auf die weit verbreitete Familie Löw von 1933 bis in die frühe Nachkriegszeit der Überlebenden.

Mit dokumentarischer Präzision und literarischer Kraft einerseits erzählt hier die Autorin vom Überleben, Widerstand und Verlust der Löws im Nationalsozialismus. Die Figuren sind andererseits so vielschichtig und psychologisch tief, die Sprache so zurückhaltend und doch fest, wie es eben nur ein starker Roman, eine Meistererzählung oder ein Popsong schafft –  Erinnerung, Verantwortung und Hoffnung für das Herz fit zu machen. Weiterlesen

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Divina ex Machina – Die künstlerisch oft unterschätzte Marilyn Monroe

Foto: IMAGO / United Archives

Marilyn Monroe wird gerne auf das Image des blonden, aber naiven Männertraums reduziert. In Wahrheit war sie eine brillante, belesene Künstlerin, die sowohl als Schauspielerin wie auch als Sängerin nach Perfektion strebte und viel Sinn für Ironie hatte – auch und gerade bei ihrer ikonischen Interpretation von „Diamonds are a girl’s best friend“. Ulf Kubanke mit einer Hommage.

Es gibt Mechanismen, bei denen zumindest mir im Bereich Misogynität ziemlich übel wird. Und ich stehe nicht im Verdacht, der Oberfeminismus-Experte zu sein. Nope. Einer dieser Mechanismen gleichwohl ist die Anerkennungsverweigerung durch Reduktion.

Das Drama führt zur Vereinnahmung der jeweiligen Lebensleistung durch das Zurechtstutzen auf eine Opferrolle, die alles erstickt wie Teer & Federn.

Ein Beispiel der Gegenwart dafür? Nein. Eines aus der Vergangenenheit? Nein.

Das beste Beispiel dafür ist ein zeitloses Geschöpf, das jedermann kennt.

Nehmen wir Marilyn. Weiterlesen

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