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Kardinal Marx sollte den Begriff des „christlichen Abendlands“ nicht den Neurechten überlassen

 

Kardinal Reinhard Marx lehnt den Begriff „christliches Abendland“ ab, da selbiger inzwischen „vor allem ausgrenzend“ sei. Doch sollte man diese tradierte Bezeichnung nicht vorschnell den Neurechten überlassen. Vielmehr ist eine zeitgemäße pluralistische Konnotation des „christlichen Abendlands“ angezeigt, die auch dessen historische Licht- wie Schattenseiten im Blick hat.

Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat sich kürzlich bei einer Diskussion mit dem Publizisten Michel Friedman im Berliner Ensemble gegen den Begriff „christliches Abendland“ ausgesprochen. Wörtlich sagte er: „Davon halte ich nicht viel, weil der Begriff vor allem ausgrenzend ist“. So werde die „große Herausforderung, in Europa dafür zu sorgen, dass verschiedene Religionen mit jeweils eigenen Wahrheitsansprüchen friedlich zusammenleben“, verkannt. „Ein friedliches Europa“ sei „kein Selbstläufer“. Weiterlesen

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Luthers judenfeindliches Testament

Ein Gastbeitrag von Stefan Weinert

„Und der Teufel, Luthers Teufel, Faustens Teufel, will mir als eine sehr deutsche Figur erscheinen, das Bündnis mit ihm, die Teufelsverschreibung, um unter Drangabe des Seelenheils für eine Frist alle Schätze und Macht der Welt zu gewinnen, als etwas dem deutschen Wesen eigentümlich Naheliegendes.“ (Thomas Mann)

Teil A

Die Ideologie der Judenfeindschaft, die in Manifesten und Pamphleten seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts massenhaft zirkulierten (z. B. durch Karl Eugen Dühring mit seinen rassistischen Verschwörungsphantasien, oder Otto Glagau mit seiner Denunziation im populären Wochenblatt „Die Gartenlaube“, wo er den Juden Schuld an der wirtschaftlichen Misere von 1873, dem „Gründerkrach“ gab), war eine Bewegung der Abwehr gegen die Moderne. In vielen Traktaten wurden simple Welterklärungen für schlichte Gemüter geboten, in denen die Juden als Sündenböcke Schuld für alle wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme zugewiesen bekamen.  Weiterlesen

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Für Luther war der Jude keine Individuum, sondern Objekt und Parasit

Ein Gastbeitrag von Stefan Weinert

„Nietzsche hat über die Deutschen gesagt: ‚Ein Volk, das sich der Intelligenz eines Luther unterordnet!‘ – Nein Hitler ist kein Zufall, kein illegitimes Unglück, keine Entgleisung. Von ihm fällt ‚Licht‘ auf Luther zurück, und man muss diesen weitgehend in ihm wiedererkennen. Er ist ein echtes deutsches Phänomen.“ (Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 20. Oktober 1937).

Im Nachgang zum großen Religionskrieg 1618 bis 1648 –  ausgelöst durch Luthers Reformation (besser und richtiger muss es heißen „Luthers Kirchenspaltung“) – begann 70 Jahre später die Diskussionen um die bürgerliche Integration der Juden in die europäische Gesellschaft. Weiterlesen

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