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Was ich der KPD verdanke (1)

Es bleibt nicht aus,  wenn irgendjemand meint, mir eins auswischen zu müssen, dass er oder sie nach einem kurzen Blick in Wikipedia mir meine maoistische Vergangenheit um die Ohren haut. Das ist auch ganz OK so, und die Tatsache, dass ich selbst nie den Versuch gemacht habe, diese Vergangenheit zu verschweigen oder kleinzureden, dass ich mir selbst vielmehr nach meinem Austritt aus der KPD vor nunmehr 36 Jahren eine über zehnjährige Politik- und Publikationsabstinenz verordnet und als Lehrer gearbeitet habe, entkräftet nicht unbedingt die Argumente derjenigen, die meinen, im Herzen sei ich immer noch Kommunist, oder dass ich mit meinem Hang zu politischen Fehden immer noch, wie es ein Freund, Kollege und intellektueller Sparringpartner neulich im Zorn ausdrückte, ein „maoistischer Platzanweiser“ geblieben bin.

Nun, was die Lust am politischen Streit und die Schärfe der politischen Auseinandersetzung angeht, so kann man die Frage nach Henne und Ei stellen. Fühlte sich eine streitlustige Persönlichkeit besonders von einer streitlustigen Sekte angezogen, oder ist die Streitlust Ergebnis der Sektenerziehung?

Ich neige zur ersten Interpretation. Wobei ich nicht wesensmäßig streitlustig bin, sondern – geboren im Sternzeichen der Waage – eher zum Ausgleich neige. Jedoch bedeutet dieser beinahe zwanghafte Wunsch nach Ausgleich, dass ich mich oft der in meiner Umgebung herrschenden oder von mir als vorherrschend empfundenen Meinung mit einiger Emphase entgegensetze. Man kann mir immerhin zugute halten, dass das mir nicht immer zum persönlichen Vorteil geraten ist, übrigens schon nicht in der KPD, wo ich verschiedentlich als Abweichler gemaßregelt wurde.

Da ich aber der Meinung bin, dass ich oft genug theoretisch – und, wie gesagt, als Lehrer auch praktisch – meine Treue zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Beweis gestellt habe, beginnend übrigens gleich 1977 in Gestalt eines Briefwechsels mit einem mit der Partei sympathisierenden Professor in den „Berliner Heften“, der mir recht unverblümt Verrat vorwarf; da ich also nicht ernsthaft glaube, dass mir irgendjemand aus den folgenden Ausführungen einen haltbaren Strick drehen kann, will ich doch im folgenden anzudeuten versuchen, was ich – bei aller Abscheu gegen den Leninismus – persönlich der KPD verdanke.

Das Abitur machte ich 1969. Als Schüler eines Reform-Internats war ich nicht sehr gut auf die Anforderungen der größeren Welt außerhalb der Schulfarm Insel Scharfenberg vorbereitet. Weder war mir klar, was ich studieren wollte, noch, wo ich politisch stand. Gut, links war klar. Aber es war nicht wirklich klar, was das bedeuten sollte. Auf der Schule hatte ich zwar mit radikalen Ideen gespielt, Kontakt zur Kommune I und zu einer noch radikaleren Gruppe von Feministinnen gehabt, hatte überdies den sommerlichen Ernteeinsatz auf der Insel als leninistischen Subbotnik mit roten Fahnen zelebriert, was auch nicht so gern gesehen wurde, darüber schrieb der Direktor Wolfgang Pewesin sogar einen Aufsatz in einer pädagogischen Fachzeitschrift, aber es war eben alles unernst gewesen.

Mindestens ebenso wichtig waren mir auf der Schule meine Band, der Rock’n’Roll und die Subkultur gewesen. Zwar hielt ich mich von den Drogen fern, die in unseren letzten beiden Schuljahren die Insel überschwemmten und dazu führten, dass zwei Klassenkameraden die schule verließen, um in Frankfurt Dealer zu werden. Aber eher aus Berechnung – ich hatte politisch genügend Schwierigkeiten – denn aus Überzeugung.

Nach dem Abgang von der Schule ließ ich meine Hemmungen fallen. Politisch war ohnehin, so schien es, nichts los; „68“ war in sich zusammengefallen, die „Bewegung“ in zahlreiche Gruppen und Grüppchen diffundiert. Die Schulband hatte sich aufgelöst, und die Beatles hatten sich auch verabschiedet. Ich wusste immer noch nicht, was ich mit mir anfangen sollte, und nach einer Zeit als Regieassistent beim SFB-Fernsehen, die ausreichte, um mir klar zu machen, dass ich das jedenfalls nicht wollte, verfiel ich in eine Zeit des ziellosen Vor-mich-hin-Dämmerns, bei dem der Konsum von LSD, der Droge meiner Wahl, eine immer größere Rolle spielte. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass ich im Herbst 1969 auf dem besten Weg war, Junkie zu werden.

In dieser Situation suchte mich ein früherer Mitschüler auf. Er war Perser, heftiger Gegner des Schah-Regimes, und wir hatten auf der Insel gemeinsam Bahman Nirumands Buch über Persien, Friedrich Engels’ „Ursprung der Familie“ und andere Bücher gelesen und viel miteinander diskutiert. Er war es gewesen, der mich wegen meines damaligen Pazifismus hart angegriffen und das als eine Luxuseinstellung gegeißelt hatte, die man sich halt im bequemen Schoß der imperialistischen Metropole wohl leisten könne, während man blutenden Herzens zusah, wie in Vietnam oder eben im Iran gekämpft und gestorben wurde. Dieser Freund hat mich in meiner etwas heruntergekommenen Wohnung voller Verachtung angesehen. Was ich täte, mit meinem intellektuellen Potenzial, sei Verrat am antiimperialistischen Kampf. Mein schwacher Einwand, es gebe doch gar keine Organisation, in der ich diesen Kampf unterstützen könnte, wischt er beiseite. Er habe gehört, dass sich eine Kommunistische Partei gegründet habe. Ich solle gefälligst clean werden und mich nach ihr umsehen.

Es mag heutigen Lesern kaum glaubhaft erscheinen, aber genau das tat ich. Von den Drogen kam ich „cold turkey“ runter und habe seitdem außer Alkohol nie etwas angerührt, von ein paar nicht ernstgemeinten Zügen an diesem oder jenem Joint – wie Bill Clinton habe ich als Nichtraucher nicht inhaliert – einmal abgesehen. Und dann fragte ich bei denjenigen von meinen ehemaligen Klassenkameraden, die schon studierten, wo denn diese KP zu finden sei.

Ich verdanke der KPD – oder der Nachricht von ihr – zum Einen also, dass ich von den Drogen und dem Gefühl existenzieller Nichtigkeit losgekommen bin. Für andere in einer vergleichbaren Situation mag Gott  oder Buddha die Rettung sein, oder eine neue Liebe. Bei mir war es die Partei.

Nächste Woche geht es weiter.

 

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90 Gedanken zu “Was ich der KPD verdanke (1);”

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    „Die DDR war eine Diktatur. Die Besten wanderten aus oder wurden abgeschoben, zurück blieb eine moralische und politische Negativauswahl. 40 Jahre lang konnte diese Diktatur diese Negativauswahl in ihrem Sinne beeinflussen.“

    Ach Alan Posener,

    erwarten Sie jetzt wirklich von mir, dass ich mich melde und rufe:

    „Hier ich, aber ich, ich hab doch schon mit 19 die Drahtschere genommen und am Zaun geschnippelt, um aus der DDR rauszukommen.
    Ich krieg doch jetzt ne 2 plus als Note, Herr Oberstudienrat, oder?“

    Einen Teufel werde ich tun.
    Sie haben keine Ahnung, was es kostete, aus der DDR rauszukommen. Mich kostete es keineswegs nur zwanzig Monate plus sechzehn Monate Haft.

    Denn das Problem, das wirkliche Problem von uns Ausreiseantragstellern war nicht das, was unsere Feinde taten. Unser wirkliches Problem war das, was unsere Freunde taten.
    Das war, wie wenn sich ein leerer Raum um einen bildet.

    Meine eigene Schwester redete mich auf einmal mit Sie an und erklärte dem MfS, nichts mehr mit mir zu tun haben zu wollen. Aus Angst, sie könne sonst nicht mehr mit der DDR-Olympiaauswahl der 4×100-Meter-Staffel auf den Aschebahnen des Westens starten.
    Und ihren Vaterländischen Verdienstorden der DDR damit nicht erringen.

    Sie wissen davon nichts. Und danken Sie Gott oder Ihrem Kachelofen, dass Sie davon nichts wissen mussten.

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      Die Vorstellung, wir im Westen wüssten nichts von den Problemen der DDR, ist typische ostdeutsche Folklore. Während des Referendariats war ich mit einem Mann befreundet, der für die Akademie der Wissenschaften gearbeitet hatte und eine Dienstreise nach Budapest zur Flucht genutzt hatte. Man hatte ihn gehen lassen, weil er Frau und Sohn zurückließ. Ich half ihm – da ich mit einem britischen Pass leicht nach Ost-Berlin kam – die Flucht von Frau und Sohn zu organisieren, was dann glückte, obwohl die Ehe dann nicht lange hielt. Die beste Freundin meiner Frau während ihrer Zeit als Grundschullehrerin hatte einen Ausreiseantrag gestellt und schilderte, wie es war, von Jobverlust bis sozialer Ausgrenzung. Nach der Vereinigung kamen Ost-Lehrerinnen an die Grundschule, wo meine Frau und ihre Freundin arbeitete. Sie war bestürzt: „Stasi!“ rief sie. „Die rieche ich fünf Meilen gegen den Wind! Und sie werden verbeamtet, kommen an diese West-Schule und machen hier gegen mich Stimmung.“ Ich könnte weitere Beispiele zitieren. Sie bestätigen Ihren Satz: „Denn das Problem, das wirkliche Problem von uns Ausreiseantragstellern war nicht das, was unsere Feinde taten. Unser wirkliches Problem war das, was unsere Freunde taten.“ Das ist genau das, was ich meine. Die Diktatur korrumpiert nachhaltig. Ich mache niemandem einen
      Vorwurf daraus. Es gab die Gnade der späten Geburt, wie Kohl sagte, und die Gnade der westlichen Geburt, und die Gnade ist unverdient.

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    „Fühlte sich eine streitlustige Persönlichkeit besonders von einer streitlustigen Sekte angezogen, oder ist die Streitlust Ergebnis der Sektenerziehung? Ich neige zur ersten Interpretation.“

    Lieber Alan Posener,

    wie Sie bemerkt haben, bin ich ein Mensch, der sich, wie Kommunisten das wohl nennen: „Nicht ins Kollektiv einordnen kann.“

    Staunend stehen ich vor einem Forschungsverbund: „Folgen des SED-Unrechts.“

    Der herausgeforscht hat, dass „Störungen der Teamfähigkeit“ mit Sicherheit Folge einer Haft in der DDR seien.

    Übrigens:

    Ich wuchs auf bei einem Stiefvater, der als Sohn einer zum Protestantismus konvertierten Jüdin und des jiddischen Geigers war, was seine Mutter allerdings zu Gunsten ihres Ehegatten, des Kapellmeisters, immer abgestritten hatte.

    Er war nicht mehr ansprechbar von uns Kindern, wenn das West – Fernsehen in jenen 1960er und 1970er Jahren von den Kriegen Israels berichtete. Er fieberte mit.

    Er hielt die Bonner Republik für einen Nazi-Stall. Was an mir immer abprallte, denn dort lebten meines leiblichen Vaters Eltern, meine liebe Omi und mein lieber Opi, die immer diese schönen bunten Lego-Bausteine ins Paket packten.

    Und er war bis zum Ende seines Lebens Kommunist. War er schon geworden vor dem Krieg, wie viele Säkulare „aus jüdischem Haus“.

    Er hatte den Platz an der Seite meiner Mutter eingenommen, der meinem Vater zustand. Der alte Sack.

    Was verdanke ich ihm?

    Als ich 1983 aus der DDR-Haft zu meinem Entsetzen nicht freigekauft ward, sondern in die DDR entlassen, schaute er mir in die Augen und sagte nur kurz:

    „Wer siegt hat Recht. Wer verliert hat Unrecht.“

    Also dass das Leben nun mal keine Zeit hat für Sentimentalitäten.

    1. avatar

      Lieber Bodo Walther, Sie sollten mehr über Ihre Kindheit und Jugend im Sozialismus schreiben. Dort – in den „Kindheitsmustern“ (Christa Wolf) – zeigen sich die Widersprüche der Gesellschaft besonders gut. Schon irre, dass ein Irgendwienochjude als Kommunist mit Israel mit fiebert und nicht reflektiert, warum die Heimat aller Werktätigen ebenso wie der deutsche Arbeiter- und Bauernstaat auf der Seite jener standen, die Hitlers Werk im Nahen Osten vollenden wollten; während der „Nazi-Stall“ zu Israel stand. Mit Abstrichen zwar, aber immerhin.

      1. avatar

        Na ja, er reflektierte das durchaus.

        Und wenn ich „Kommunist“ schreibe, wissen Sie selbst, dass dies keineswegs orthodox-moskauhörig gewesen sein muss.

        Er war nach 1946 nicht in der SED.

        Er verachtete den Laden, hielt sich selbst für den richtigen Kommunisten und den Ulbricht für den falschen.

      2. avatar

        P.S.:

        Lieber Alan Posener,

        Die antizionistische DDR – Politik ist übrigens meiner Ansicht nach nicht wirklich mit Antisemitismus erklärt.

        Weil sie im ZK der SED von dem von dem für Aussenpolitik zuständigen Herrmann Axen „gemacht“ wurde. Dessen Eltern beide im Ghetto von Lemberg Lwiw, umkamen.

        Ist auch nicht mit „jüdischen Selbsthass“ erklärt..

        Vielmehr mit einer meiner Einschätzung nach bis etwa den 1970er Jahren sehr starken Auffassung, dass nicht ein Staat Israel, sondern „der Sozialismus“ der richtige Zufluchtsort für Menschen „aus jüdischem Haus“ sei.

        Was immer auch dieser „Sozialismus“ sein möge.

        „Zionismus“ schreibt Hannah Ahrendt, „war vor dem Zweiten Weltkrieg keineswegs die stärkste der jüdischen Bewegungen. Es ist die jüdische Bewegung, die überlebt hat.“

      3. avatar

        ein weites Feld, lieber Bodo Walther, aber man kann die Wende der Sowjetunion und mit ihr des gesamten Ostblocks weg von der Unterstützung Israels (das ohne tschechische Waffen den Krieg 1948 vermutlich verloren hätte) hin zur Unterstützung der mörderischen arabischen Regimes nicht erklären, ohne die antisemitischen Kampagnen der späten Stalin-Jahre in der Sowjetunion („Ärzteverschwörung“), in der CSSR und Polen zu berücksichtigen. Gerade am Beispiel Polen konnte man sehen, dass der „Antizionismus“ im Ostblock immer ein Codewort für Antisemitismus war. Der übrigens eines der wenigen Elemente der sozialistischen Diktatur ware, die populär waren. Dazu gab es einen jüdisch-polnischen Witz:
        Ein Parteifunktionär hält sich einen antikommunistischen Chauffeur, damit der ihm die Stimmung im Volk vermittelt. Am ersten Tag des Sechstagekrieges ist der Mann bester Laune: „Na, eure ägyptischen Freunde hat es ordentlich erwischt!“ Am zweiten Tag hält die gute Laune des Fahrers an: „Jetzt kriegen aber die Syrer ordentlich Senge! Tja, ihr habt wohl aufs falsche Pferd gesetzt!“ Am dritten Tag aber ist der Mann verstimmt. Der Funktionär fragt: „Was ist los? Woher die schlechte Laune? Die Israelis siegen doch weiter.“ Darauf der Chauffeur. „Ja, aber mir hat gestern der Priester gesteckt, dass das Juden sind.“

      4. avatar

        Lieber Alan Posener,

        und doch würde ich Gregor Gysi darin beipflichten, dass es in der DDR Antisemitismus nicht gab. Ich habe so etwas jedenfalls nicht in Erinnerung.

        Die Dämonisierung der DDR durch den Westen beginnt mit dem Obersatz. dass es dort zugegangen sei „wie in Sodom und Gomorrha“. Und dann wird das ausgefüllt mit Geschichten, wie es in Sodom zugegangen sei und was Sodomisten seien.

        Und Antisemitismus gehört halt auch zu diesen Sodom-und-Gomorraha-Geschichten.

        Die Entschädigung verfolgter Juden in der DDR war mit der (geheimen) Anordnung des Ministerrates über eine Ehrenpension in Höhe von zuletzt 1.600 DDR-Mark für Männer ab 60, für Frauen ab 55, vergleichsweise großzügig. Das war 1989 der Durchschnittslohn eines DDR-Industriearbeiters.

        Und die Definition, was ein „Verfolgter des Nationalsozialismus“ ist, war im Gesetz- und Verordnungsblatt der DDR (1953) veröffentlicht und orientierte sich sachgerecht an den historischen Tatsachen.

        Und dies erweckte auch nicht Neid auf “ die Juden“. Es wurde schlichtweg nicht thematisiert, dass die Masse dieser Geldempfänger aus jüdischem Haus kam. Und auf dass es überhaupt nicht thematisiert werde, war die Anordnung ja geheim.

        Mit gegenteiligem Effekt: Es sprossen die Legenden.

        Eine weise Entscheidung übrigens, Entschädigungszahlungen für erlittenes Unrecht in der untergegangenen Diktatur geheim zu halten.

        Glauben Sie doch nicht, dass die 400 Euro „besondere persönliche Zuwendung für SED-Haftopfer“, die ich seit dem 1. Juli erhalte, dass diese keine Neider hätte.

        Ich bin vor der Wende aus drei Jahren Haft freigekauft worden wie 95 % der politischen Gefangenen der DDR der 1970er und 1980er Jahre.

        Ich konnte in Tübingen studieren, hatte nach 1990 als Jurist keine Probleme, hier im Osten Arbeit zu finden. Meine Altersversorgung wäre tatsächlich auch ohne die 400 Euro völlig ausreichend.

        Deshalb findet die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke ja auch fast monatlich eine neue Opfergruppe von SED-Unrechtsopfern, die diese 400 Euro viel nötiger bräuchte,

      5. avatar

        Lieber Alan Posener,

        schrieb ich ja bereits: Der Westen hat sich eine DDR erfunden, an die er nun glaubt. Gibt ein Buch darüber: https://www.amazon.de/Osten-westdeutsche-Erfindung-Konstruktion-Gesellschaft/dp/3550202342

        Übrigens finde ich in Ihrem Zitat der vormaligen Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit Anetta Kahane nichts, was Antisemitismus in der DDR belegen könnte. Ich finde nur die übliche Rhetorik der vormaligen Schergen der Diktatur, sich zu Opfern umzudichten.

      6. avatar

        P.S.:

        Übrigens ist Frau Kahanas Erzählung im Zusammenhang mit ihrem Vater und den antisemitischen Slansky-Prozessen 1952 in Prag und der Emigration der (fast durchweg deutschsprachigen) jüdischen Kommunisten der CSSR in die DDR, …

        Übrigens ist gerade dies ein Beleg dafür, dass die DDR-Führung anders tickte.

        Das Leben Louis Fürnbergs aus Brno ist ein verzeifeltes Zeugnis tschechischer Juden, „danach“ eine Heimat zu finden. Fürnberg suchte sie in der Partei:

        „Sie hat uns alles gegeben.
        Sonne und Wind, und sie geizte nie.
        Wo sie war, war das Leben.
        Was wir sind, sind wir durch sie.
        Sie hat uns niemals verlassen.
        Fror auch die Welt, uns war warm.
        Uns schützt die Mutter der Massen.
        Uns trägt ihr mächtiger Arm.

        [Refrain:]
        Die Partei, die Partei, die hat immer recht!
        Und, Genossen, es bleibe dabei;
        Denn wer kämpft für das Recht,
        Der hat immer recht.
        Gegen Lüge und Ausbeuterei.“

      7. avatar

        Sie merkten vermutlich selber, wenn Sie sich auch nur eine Minute Zeit nehmen würden, Ihre Einlassungen zu reflektieren, dass sie durchdrungen sind vom DDR-typischen Antisemitismus. Die Partei war antisemitisch, unterstützte die Regimes in Syrien und Ägypten, als diese noch die Auslöschung des Jüdischen Staates verlangten. Darüber schweigen Sie vornehm. Die Bevölkerung war antisemitisch, weil sie, noch durchdrungen von der Nazi-Propaganda über die „Kreml-Juden“, das Regime als jüdisch verseucht ansah. Ihr Geschimpfe auf Frau Kahane und Ihr Zitieren des Herrn Fürnberg ist Ausdruck dieses Ressentiments. Merke: „Es sind nicht alle frei, die Ihrer Ketten spotten.“
        Und nein: „Der Westen“ hat sich nicht „eine DDR erfunden, an die nur er glaubt“. Es gibt „den“ Westen ebenso wenig, wie es „die Ossis“ gibt.
        Die DDR war eine Diktatur. Die Besten wanderten aus oder wurden abgeschoben, zurück blieb eine moralische und und politische Negativauswahl. 40 Jahre lang konnte diese Diktatur diese Negativauswahl in ihrem Sinne beeinflussen, verglichen mit nur 12 Jahre bei den Nazis. Es fehlten im Osten die Reeducation, der demokratische Aufbruch der 1960er Jahre, der Schock der Auschwitz-Prozesse, die fröhliche Restauration der 1980er Jahre, die Amerikanisierung und Europäisierung. Die Schäden sind nachhaltig. Auch für uns im Westen.

      8. avatar

        @APo

        … vorn weg meine Meinung; der neuzeitliche Antisemitismus/Judenhass sind Folgen der sogenannten Aufklärung; Voltaire und Kant, Diderot und Heidegger, oder auch Karl Marx, und … ähm … ausdrücklich im Widerspruch zu christlicher Tradition.

        Antisemitismus findet sich in sozialistischen Ideologien, im Mohammedanismus. Darunter eben Deutsche, andere Ethnien und ja, auch Juden. Allein wer das Völkerrecht ablehnt ist Menschenfeind, ist Antisemit.

        Dazu Karl Lagerfeld: ‚Ich hasse Madame Merkel.‘ Er sagte: ‚Man kann nicht Millionen Juden töten und später dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde holen.‘

        Antisemiten und Israelhasser sitzen nicht als Einzeltäter, sie sitzen en masse im Bundestag. Nein, es ist mitnichten die AfD. Es sind, u.a., die SED-Kommunisten, Mohammedanismus- und Palästinenser/Versteher, und andere Menschenverächter.

        Hier stimme ich Ihnen zu; dem offiziellen Antifaschismus zum Trotz gehörte Israelfeindlichkeit fast 40 Jahre lang zur Staatsräson der DDR. Die SED unterstützte seit den frühen 1970er Jahren nicht nur die damals noch als Terrororganisation agierende PLO, sondern auch deren Abspaltungen. ‚Palästinensische Kämpfer‘. … gern wird der jüdische Staat dabei mit Hitler-Deutschland verglichen – etwa wenn das ‚Neue Deutschland‘ 1982 titelte: ‚Israel betreibt die Endlösung der Palästina-Frage.‘ Die Stasi schrieb sogar Drohbriefe an Überlebende des Holocausts in der Bundesrepublik.

        … aaaber Ihre Freundin A. Kahane … poooh.

        Der deutsch-israelische konservative Schriftsteller Chaim Noll hat jüngst in einer wütenden Kritik, die in der ‚Jüdischen Rundschau‘ veröffentlicht wurde, Kahane vorgeworfen, sich auch an der Verfolgung von Juden in der DDR beteiligt zu haben. ‚Genau das hat Anetta Kahane getan (zum Beispiel, als sie die Brüder Brasch bei der DDR-Staatssicherheit als ‚Feinde der DDR‘ denunzierte, Klaus Brasch nahm sich wenig später das Leben)‘, schreibt Noll. ‚Ausgerechnet diese Spezialistin wurde von der Regierung Merkel ausgesucht, die Deutschen über Antisemitismus zu belehren.‘

        … no comment.

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        Nun gut, Hans: Alle sind Antisemiten, nur ich nicht, weil ich Christ bin, und Christen können nicht Antisemiten sein. Inwieweit ist das anders als das, was Herr Walther sagt? Und ist es Zufall, dass Sie beide aus der DDR stammen? Das mit Anetta Kahane schaue ich mir an. Das würde erstens mein Urteil über die DDR, das Sie ja ausdrücklich bestätigen, nicht ändern und würde zweitens nicht bedeuten, dass Kahanes Darstellung des Antisemitismus falsch wäre. Mit Thomas Brasch war ich gegen Ende seines Lebens so etwas wie befreundet. Er hat nie etwas gegen Kahane gesagt. Aber ich schaue mir das an.

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        „Die DDR war eine Diktatur. Die Besten wanderten aus oder wurden abgeschoben, zurück blieb eine moralische und und politische Negativauswahl. 40 Jahre lang konnte diese Diktatur diese Negativauswahl in ihrem Sinne beeinflussen, verglichen mit nur 12 Jahre bei den Nazis. Es fehlten im Osten die Reeducation, der demokratische Aufbruch der 1960er Jahre, der Schock der Auschwitz-Prozesse, die fröhliche Restauration der 1980er Jahre, die Amerikanisierung und Europäisierung. Die Schäden sind nachhaltig. Auch für uns im Westen.“

        Das ist schon ziemlich widerlich. Wahrscheinlich ein Ausweis, wie nachhaltig die Schäden selbst bei Journalisten im Westen sind.

        Selbstverständlich gab es in der DDR Antisemitismus – so wie in der BRD. Die „Reeducation“ der „demokratische Aufbruch der 1960er Jahre“, der „Schock der Auschwitzprozesse“ und die „fröhliche Restauration der 1980er Jahre“ haben den Anisemitismus dortselbst nicht zurückgedrängt. Das ist Wunschdenken eines Besserwessis, gegen jede Evidenz:
        „Auf der Flucht erschießen …“ (ein besorgter Westbürger – noch nicht ganz reeducated – vor laufender Kamera über „demokratisch Aufbrechende in den 60er Jahren“).
        „Das Judentum ist eine jroße Macht.“ (der durch und durch reedukierte K. Adenauer).
        Für den fröhlich restaurierten R. Augstein ging es bei Debatten im vereinigten Deutschland schon mal zu „wie in der Judenschul …“ – ganz zu schweigen von dem widerlichen Spiegel-Titel „Der Verreißer“ Anfang der 90er über Marcel Reich-Ranicki (Der Verantwortliche kam wohl aus dem Pool der moralischen und politischen Negativauswahl der ehemaligen DDR … ) .
        Ganz zu schweigen vom vornehmen Antisemitismus in den Spalten der FAZ.
        Virulenter linker Antisemitismus ist belegt bei H.M.Broder „Der ewige Antisemit“.
        Und bitte führen Sie sich das Video von J.Buchardt vom schönen Karneval irgendwann in den 70ern in der BRD. Stichworte: „Buchardt“, Sieg Heil“. Und ich vermute nicht, dass der Künstler in Friedland vor Exponenten der „politischen und moralischen Negativauswahl“ aufgetreten ist, die sich – aufgrund eines politischen und moralischen Restgewissens – dann doch entschlossen haben, in den philosemitischen BRD-Staat über zu siedeln.

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        Lieber Stefan Trute, ein auch nur kursorischer Blick in meine Veröffentlichungen, ob hier, bei WELT, „Jüdischer Allgemeinen“, Zeit, in den sozialen Medien usw. usf. dürfte Sie davon überzeugen, dass ich keiner Belehrung über den westdeutschen Antisemitismus bedarf. Aber danke trotzdem. Als Sohn eines vertriebenen Juden bin ich immer froh, wenn mich die Kinder und Enkelkinder der Täter:innen aufklären. Hätten Sie aber genauer gelesen, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass ich nicht behauptet habe, im Westen gäbe es keinen Antisemitismus. Es war Herr Walther, der behauptete, in der DDR habe es keinen gegeben. Dass der virulente Antisemitismus der Führung und der Masse derart verdrängt und als eine westdeutsche Erfindung abgetan werden konnte – das freilich ist Ergebnis jener mangelnden Einübung demokratischer Verhaltensweisen, von denen auch Bundespräsident Joachim Gauck verschiedentlich sprach.

      12. avatar

        APo: ‚Nun gut, Hans: Alle sind Antisemiten, nur ich nicht, weil ich Christ bin, und Christen können nicht Antisemiten sein. Inwieweit ist das anders als das, was Herr Walther sagt? Und ist es Zufall, dass Sie beide aus der DDR stammen?‘

        … von mir habe ich nix geschrieben … aaaber wenn Sie meinen, schließlich schreiben Sie selber ‚die Besten wanderten aus oder wurden abgeschoben, … ‚ … ääähm, verkauft fehlt noch. 😉

      13. avatar

        ..“..der Sohn eines Juden..“ .. wahrscheinlich darf dann der Enkel eines Juden dann den Sohn eines Juden nicht belehren, aber den Rest mit noch weniger Judengenen dann doch noch etwas..

        Ich teile Stefan Trutes Unbehagen über Ihre kaum verborgenen Ressentiments gegenüber Ostdeutschen, lieber Alan Posener.
        Die innere Freiheit und die Liebe zu den freien Gedanken scheint derzeit im Osten erheblich gegenwärtiger zu sein, als im Westen, wo man sich bei identitätspolitisch geführten Debatten die Deutungshoheit meint, aus der Abstammung saugen zu können.

        Ich habe noch nie soviel luftabschnürenden Biedermeier erlebt, wie derzeit in Westdeutschland.

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        Es geht nicht um Gene, lieber KJN, und es ist einigermaßen typisch deutsch, dass gleich in diese Richtung gedacht wird; es geht um Familienerfahrungen. Konkret um die Rückkehr eines deutschen Juden in seine Heimat 1961, mit seiner englischen Frau und seiner englisch sozialisierten Familie. Um das schrecklich gute Gewissen, das schon damals vorherrschte, um die Notwendigkeit, ich rede von meinem Vater, ich war 12 und bekam vieles nicht mit, ständig den Mund zu halten, wenn man nicht alle Freunde verlieren wollte, sich alle Kollegen zum Feind machen wollte; um – jetzt rede ich von mir – Klassenkameraden, deren Väter – wie unsere Lehrer – alle stolz waren auf ihre Leistungen im Krieg, um …
        Und ja, ich habe Ressentiments gegen „die“ Ostdeutschen, also gegen die Besserwisserossis, und sie sind über die Jahre nur gewachsen. Man darf sich aber dazu nicht bekennen, das verletzt die politische Korrektheit. Dass die „Liebe zu den freien Gedanken“ drüben stärker ausgeprägt wäre als hier, wo ich wohne, im Westteil der immer noch geteilten Stadt, kann ich nicht finden, aber vielleicht wohnen Sie in einem anderen Teil Ostdeutschlands und machen andere Erfahrungen.

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        Lieber Alan Posener,

        ja, ich habe mich vergallopiert, wenn ich Gregor Gysi zitierte, nach dem es in der DDR keinen Antisemitismus gegeben haben.

        Natürlich gab es ihn, aber wer war nicht politikbestimmend.

        Und der Herr Walther hat sich auch nicht ausgeschwiegen zu der antizionistischen DDR-Politik. Der Herr Walther hat geschrieben, dass diese meiner Ansicht nach nicht mit Antisemitismus erklärt ist.

        Weil sie maßgeblich von DDR-Kommunisten „aus jüdischem Haus“ gestaltet wurde. Und der im ZK der SED für Außenpolitik zuständige Herrmann Axen war keineswegs das Maskottchen, der „Hofjude“ in diesem Spiel.

        Kommunisten „aus jüdischem Haus“ fühlten sich von der Idee einer antifaschistischen DDR angezogen und gestalteten sie maßgeblich mit.

        Ich erspare mir dabei weitere Namensaufzählungen. Denn das wiederum würden Sie wieder als Grundlage der Anklage nehmen, der Walther sei dem antisemitischen Klischee eine jüdisch-bolschewistischen-Verschwörung aufgesessen.

        Sie leben halt in einer Welt alternativer Fakten. Und nebenbei: Im Artikel oben verwundern Sie sich über Auffassungen, der Alan Posenen sei und bleibe nun mal ein maoistischer Platzzuweiser.

        Habe Sie eine Vorstellung davon, woher dieser Vorwurf kommen könnte ?

        Mit besten Grüßen

        Bodo Walther

      16. avatar

        Ja, lieber Bodo Walther, ich weiß, woher dieser Vorwurf kommt. Niemals von Leuten, denen es um eine ehrliche Auseinandersetzung geht. Immer von Leuten, denen es darum geht, mit dem Argument ad hominem jemanden zum Schweigen zu bringen. Gelernt ist halt gelernt, und Sie mit Ihrer Verteidigung der antisemitischen Politik der DDR-Führung, die Sie auch noch den Juden in die Schuhe schieben, beweisen nur, dass auch Systemgegner mehr von dem System geprägt waren, als ihnen selbst bewusst und lieb ist. Wie gesagt: Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.

      17. avatar

        P.S.:

        Noch mal, Alan Posener:

        die üble Hetze Max Kahanes, des Vaters von Anetta Kahane, gegen Israel…

        In seinen vielfältigen Funktionen als Journalist, als Gründer des ADN als Chefkommentator des Neuen Deutschlans, als DDR-Korrespondent in Israel, …

        Sind eben NICHT mit Antisemitismus erklärt.

        Auch nicht mit jüdischem Selbsthass

        Und das sagt der Walther nicht weil er zu blöd sei das zu erkennen, was Sie für wahr halten.

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        Lieber Bodo Walther, Sie verkennen, was ich unter Antisemitismus verstehe. Ich verstehe Antisemitismus nicht als Äußerung eines „Antisemiten“. Es gibt ja keine Antisemiten mehr. Der Antisemitismus mit allen seinen Ausprägungen, darunter – schon immer – der linke Antisemitismus, ist eine kulturelle Konstante, ein System, dessen man sich bedienen kann, dem man verfallen kann, ohne sich selbst als Antisemit zu empfinden. Daher die IHRA-Definition des Antisemitismus (der die Linkspartei gerade abschwört), die nicht Menschen an den Pranger stellt, sondern Behauptungen, Äußerungen usw.
        Ob Max Kahane ein selbsthassender Jude war, weiß ich nicht. Reden wir aber von meinem Vater, einem „Volljuden“ im Sinne der Nazis, und manchmal stolz darauf, der 1933 emigrieren musste. In seinen von mir herausgegebenen „Heimlichen Erinnerungen“ (geschrieben Ende der 1950er Jahre im Exil) schreibt er gegen Schluss: „Dem Leser dieser Erinnerungen kann nicht entgangen sein, dass ein gewisser Nährboden für den Nationalsozialismus in mir selbst vorhanden war.“ Er führt das unter anderem auch zurück auf seine Sozialisation im zionistischen Verband „Blau-Weiß“ und schreibt: „Die Gestalt, die sich diese Bewegung Anfang der 20er Jahre … gab …, kam dem ziemlich nahe, worauf die besten Kreise innerhalb des Nationalsozialismus abzielten.“ So, jetzt kann man sagen, mein Vater sei Antizionist gewesen (stimmt) und habe eine gehörige Portion jüdischen Selbsthass in sich getragen (stimmt auch), aber das hieße, diese Gedanken als eine persönliche Verirrung abzutun, statt als Gedanken, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Sie sind – das kann ich nachweisen – objektiv antisemitisch, und das wären sie auch dann, wenn mein Vater nicht der widersprüchliche Mensch gewesen wäre, der er war, die wir alle sind, wenn wir nur ehrlich mit uns sind, was ich auch in diesen vier Essays über meine Zeit in der KPD versuche. Und die Politik der DDR-Führung war objektiv antisemitisch; dass sie gern Juden vorschob, um sie zu vertreten, die sich womöglich wegen des in der Partei – und in Moskau – vorherrschenden Antisemitismus genötigt fühlten, sich besonders hervorzutun, das sind in der Tat weite Felder. Da jedoch sind wir schon beim „Erklären“, nicht beim Feststellen. Zwei verschiedene Dinge.

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        Lieber Alan Posener,

        zitiert sei noch einmal Hannah Ahrendt:

        „Zionismus war vor dem 2. Weltkrieg keineswegs die stärkste der jüdischen Bewegungen. Es ist die jüdische Bewegung, die überlebt hat.“

        Das Erwecken des modernen Iphrit aus alten Thora-Rollen ist eine gigantische Kulturleistung Israels.

        Es gab nach 1945 aber sehr viele Menschen aus jüdischem Haus, die damit nichts anfangen konnten oder wollten.

        Die meisten Juden leben heute nicht in Israel, sondern den USA. Und können mit Iphrit wirklich nichts anfangen.

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        Ivrit. Also Hebräisch. Wenigstens richtig schreiben können sollte man das, wenn man schon darüber – aus welchen Gründen auch immer – reden will.

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        „Die und Wir“

        Lieber Alan Posener,
        Ich habe Ihnen bestimmt nicht die Ansicht untergeschoben, in der BRD habe es keinen Antisemitismus gegeben. Meine Ansicht, dass es selbstverständlich Antisemitismus in der DDR gegeben habe, richtete sich gegen Herrn Walther (und seinen Gewährsmann G.Gysi). Dass der Vorwurf des Antisemitismus von Antisemiten in Ost und West als Erfindung von wem auch immer abgetan wird, ist ja nun keine neue Erkenntnis. Ebenso lehne ich als Ossi eine Wagenburg-Mentalität Ost ab, die sich auch darin äußert, den Antisemitismus in der DDR-Gesellschaft als Erfindung des Westens abzutun.
        Mich kotzt ebenso dieser ganze Ost-Folklore-Mummenschanz a la Uwe Steimle an. Das Buch von Oschmann habe ich nach der halben Lektüre weggelegt. Interessant – aber zu larmoyant.
        Ebenso ist aber nun Ihr hässlicher Begriff von der „Negativauslese (Ost)“ in der Welt.
        Um es klar zu sagen: Ihr Pauschalurteil, die dagebliebenen Ossis seien (jaja, natürlich nur aufgrund der sozialen Umstände) schlichtweg zu gestört, um den Vorwurf des Antisemitismus in der DDR vernünftig zu reflektieren und obendrein heutzutage noch als irgendwie geartete „Belastung“ zu bezeichnen, empfinde ich als Frechheit.
        Vielleicht können Sie sich überhaupt nicht vorstellen, dass mich in diesem Zusammenhang Ihr Jude-Sein überhaupt nicht interessiert.
        Als 1972 in der DDR Geborener und bis 1989 Dagebliebener lasse ich mich und meine Familie von niemandem auf diese Art und Weise anpöbeln!
        Überhaupt: „Negativauslese“ – von welcher Grundgesamtheit denn? Der „Negativauslese“ der Deutschen, die zwischen 1933 – 1945 nicht emigriert sind? Da werden Sie ja bald eine richtige Typologie erstellen. Negativauslese erster, zweiter oder xter Art. Bin gespannt, wie sich mit dieser verfeinerten Begrifflichkeit unsere Wahrnehmung und Beschreibung der Wirklichkeit verbessert! Möglicherweie wäre es auch hilfreich, das ökonomische Sein der jeweiligen Auslesen mit in die Analyse einzubeziehen! Kenntnisse diesbezüglich sind bei Ihnen ja vorhanden.

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        Lieber Stefan Trute, ich freue mich, dass wir ausweislich Ihres Kommentars von „Lieber Alan Posener“ bis „larmoyant“ in Vielem auch bezüglich der ehemaligen DDR einer Meinung sind.
        Sie nehmen Anstoß an dem Begriff „Negativauslese“. Das sollen Sie auch, er war provokativ gemeint, und gegen Frechheit habe ich nie etwas einzuwenden gehabt. Sie waren wieder ausweislich Ihres Kommentars erst 17, als der osten den Kalten Krieg verlor, was viele Ossis umdichteten zu einer „friedlichen Revolution“, auch das eine nationale Lebenslüge, die bis heute nachwirkt, insofern können Sie meine Äußerung kau auf sich beziehen.
        die Zahlen freilich bestätigen meine freche und provokative Äußerung:
        https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47253/der-zug-nach-westen-jahrzehntelange-abwanderung-die-allmaehlich-nachlaesst/
        Übrigens hielt die Abwanderung nach 1990 an. Wie auch anderswo in der Welt, denken wir etwa an Großbritannien nach 1950, als es eine große Auswanderungswelle nach Australien und Neuseeland gab, denken wir an Afrika heute, sind es in der Regel die jungen, mobilen, aufgeschlossen, ambitionierten und oft genug überdurchschnittlich gut ausgebildeten, die gehen.
        https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-05/ost-west-wanderung-abwanderung-ostdeutschland-umzug
        Das hat mit meiner Abstammung (ich bin nicht Jude, wie kommen Sie darauf?) gar nichts zu tun, da haben Sie Recht. Aber dass der Weggang der Juden (darunter mein Vater) nach 1933 Deutschland nachhaltig und bis heute wirksam geschadet hat, das kann nicht einmal ein Ostdeutscher leugnen, dem das natürlich in der Schule nicht erzählt wurde. Die Sache ist die, dass der Egalitarismus eine der übelsten Hinterlassenschaften der DDR ist – die Vorstellung, dass alle nicht nur gleiche Rechte haben und als Menschen gleich viel wert seien, sondern, dass es keine Unterschiede gebe – und wenn, dass „die da oben“ eher schlechter sind als wir hier unten. Dem ist nicht so.

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    Beeindruckend. Auf der Schulfarm Insel Scharfenberg weilte ich 1983 und 1984 im Zuge der vom Leiter des Literaturreferats in der Berliner Senatskulturverwaltung, Dietger Pforte, initiierten Schullesungen ausgebürgerter Autoren. Ich schrieb damals das zurückgelassene Romanmanuskript über den DDR-Jugendstrafvollzug nach, das wiederum Jahre später als gut gefördertes Sachbuch erschien. Ich fand die Atmosphäre auf der Insel ziemlich gemischt. Die Fähre war schon romantauglich.
    Mit 22, 23 trennten mich auch nicht allzu viele Jahre von den Schülern, was auch das ganz schön war. Aber sonst wirkte es auch wie eine abgeschnittene Welt der besonderen und auch ein bisschen versteckten Art. Ich erinnere mich an Fragen nach der politischen Beeinflussung in der DDR, an Schulfächer wie Staatsbürgerkunde. Wie ich Marx und Lenin sehe, Etcetera. Engels „Über die Familie“ hatte ich auch gelesen, klar.
    Ich erzählte aber, wie ich mir bei „Kiepert“ am Ernst-Reuter-Platz die „Wahrheit“ kaufte für eine Mark, der ich wegen der Schamlosigkeit des Blattes nachtrauere. Ich erinnere mich heute noch an den dreisten Text zu Reiner Kunze. War es aber nur meine Biografie, dass ich SEW, DKP, KP, im Grunde die ganze Linke; mit einer Fasel-Agenda ohne eigene menschliche Überzeugung sah? Wäre ich im Westen geboren, sähe das für mich vielleicht ganz anders aus? Ich habe keine Antwort darauf und werde mich also hüten, mit Vorwürfen um mich zu schmeißen. Die DDR-Ideologen aber hatten ihr eigenes Sinn-und Zweck-Denken. Aktenkundig ist aber – und deswegen schreibe ich das auch – der Auftrag an DKP-Funktionäre, die KP zu bekämpfen. Das war in Thüringen in einer gut bürgerlichen Gaststube. Zum Thema Lenin empfehle ich weiterhin gern das Buch „Auf dem Weg zum finnischen Bahnhof“ von Edmund Wilson.
    Gott – oder einfach nur das Leben -, schütze uns vor solchen Psychopathen wie Lenin und solchen Leuten, die Bewegungen der Unterdrückung, Versklavung und menschlicher Verwüstung verehren. „Wehe dem, der Wüsten bringt“ – Nietzsche. In den politischen TV-Gesprächen bewundere ich Deinen Scharfsinn, Deine Gelassenheit und Deine Menschlichkeit.

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    @ Stevanovic: Was Sie zum Bedürfnis nach „Wir“ schreiben, ist absolut richtig. Darüber will ich gelegentlich einen Essay für die „Welt“ schreiben.
    @ Lyoner: Schön beschrieben, Ihre Jugendirrfahrten. ein gutes Wort übrigens, das ich irgendwo (bei der klugen Katharina Ruthschky?) aufgeschnappt habe. „Jugendirresein“. Gehört dazu. Rictig auch, was Sie über die Familie schreiben. Sage ich als begeisterter Großvater.
    Ansonsten sind alle off topic. Über den Verrat an sich und den Verräter Snowden im besonderen schreibe ich vielleicht ein andermal.

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    68er ‘Was Sie schreiben oder lesen wollen, ist alles brauner Speculatius.‘

    … zu viel der Ehre, werter 68er. ‚Spekulatius, speculator, speculari, Spekulator war der Beiname des hl. Nikolaus, der nach der Legende bes. den Kindern wohlgesinnt war und sie das Jahr über beobachtete; zu seinem Gedenken wurden (und werden noch) jährlich an seinem Festtag (6. Dezember) und an Weihnachten Gebildbrote mit seiner Gestalt gebacken,…‘

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    Werter 68er, ich zitiere aus den von Ihnen verlinkten Artikel in Wiki: ‘Die Konferenz von Évian fand vom 6. Juli 1938 bis zum 15. Juli 1938 im französischen Évian-les-Bains am Genfersee statt. Vertreter von 32 Nationen trafen sich auf Initiative des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, um die Möglichkeiten der Auswanderung von Juden aus Deutschland und Österreich zu verbessern.‘

    … meine Frage war ob Sie konkret ‘Deutschlands historische Aufgabe‘ benennen können. Da Sie in vorangegangenen Diskussionen sich gegen die Zirkumzision, d.h. für deren Strafbarkeit ausgesprochen haben, wollen Sie nun ‘die Möglichkeiten der Auswanderung von Juden aus Deutschland und Österreich verbessern‘ ???

    … ich meine, das sollte nicht Deutschlands Aufgabe sein.

    Sie sind ein Sozialist – links. Oder? Und‚ schnüffeln‘ o.ä. tun Sie womöglich auch noch … waaas?

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    @ Parisien: ob man eine kurzfristige Psychopharmakagabe bedenkt, damit er wieder auf Vernunft reduziert wird

    Sicher. Muss ja nicht immer gleich waterboarding sein.

    Sie sind/ waren Arzt, wenn ich richtig verstanden habe? Nicht im zivilen Sektor, sondern in irgendwelchen „Diensten“?

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