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Der Pipeline-Fluch

Von Sonja Margolina:

Fast unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit wurde auf dem East Economic Forum, das am 3-5.September in Wladiwostok stattfand, ein Milliardendeal zwischen dem russischen Staatskonzern Gazprom und dem Chemiekonzern BASF unterzeichnet. Das Abkommen sieht vor, dass die BASF-Tochter Wintershall ihre Gashandel- und Gasspeichergeschäft zum Ende dieses Jahres vollständig an Gazprom abgibt. Zugleich haben Gazprom und eine Reihe europäischer Partner, unter anderem EON, Wintershall und Royal Dutch Shell, ein Konsortium gebildet, das bis Ende 2019 zwei zusätzlichen Gas-Pipelines in der Ostsee verlegen wollen. Bei der Kapazität von 55 Mrd. Kubikmeter Gas werden die neuen Stränge zusammen mit dem bereits in Betrieb genommenen Nordstream Russland ermöglichen, ein Drittel des gesamteuropäischen Verbrauchs zu decken und die Ukraine als Transitland überflüssig machen.

Für die betroffenen deutsche Wirtschaft ist das Abkommen, das bereits 2013 beschlossen, aber wegen der Ukraine-Krise aufs Eis gelegt wurde, eine Rückkehr zum business as usual. Vor dem Hintergrund der immer noch bestehenden Sanktionen gegen Russland ist der Deal jedoch ein politischer Dolchstoß. Weiterlesen

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Identitätspolitik und Nationalismus

 

Der Chefideologe der Rest-AfD, Alexander Gauland, ist nicht der Meinung, dass die Fremdenfeindlichkeit im Osten Deutschlands ein Problem ist, wie es – unter anderen – hier auf „Starke Meinungen“ Rainer Werner und in der „Welt“ Thomas Schmid behauptet haben. Anders als viele Westdeutsche, so Gauland in der „Jungen Freiheit“, wollten sich die Bürger der ehemaligen DDR ihre Unabhängigkeit erhalten und ihren Stolz auf die eigene Nation.

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Christen mit Kälte im Herzen

 Von Karl Marx kennen wir das geflügelte Wort, Religion sei Opium des Volkes. Zur Zeit hat es den Anschein, als habe dieses spezielle Opiat die Gedanken vor allem der Christen in Europa vernebelt. Polen, das erzkatholische Land, weigert sich strikt, Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufzunehmen. Der polnische Europa-Abgeordnete Janusz Korwin-Mikke bezeichnete die Flüchtlinge als „menschlichen Müll“. Ungarn, das sich als Speerspitze des Christentums in Europa sieht, behandelt Flüchtlinge wie Kriminelle, lässt sie ohne Nahrung im Freien kampieren oder sperrt sie in Lager. Der ungarische Bischof László Kiss-Rigó warnte vor einer islamischen Invasion: „Sie kommen her und rufen ‘Allah ist groß’. Sie wollen die Kontrolle übernehmen“. Der Satz könnte so auch vom „Front National“ oder von „Jobbik“ stammen. Eine Kamerafrau eines rechtslastigen ungarischen (privaten) Fernsehsenders stellte einem rennenden Vater, der ein kleines Kind auf dem Arm trug, ein Bein, so dass beide stürzten. Auf anderen Bildern ist zu sehen, wie sie ein Flüchtlingskind mit Fußtritten traktiert. Pressearbeit auf Ungarisch. Weiterlesen

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Antwort an die Kritiker – Eine Replik auf Alan Poseners und Patrick Bahners‘ Besprechungen von „Gefährliche Bürger“

Was könnten sich Autoren eines Buchs, das wie „Gefährliche Bürger – Die neue Rechte greift nach der Mitte“ als Debattenbeitrag gedacht ist, mehr wünschen als eine schnell einsetzende und kontroverse Rezeption, die das eigene Anliegen in den Fokus der Öffentlichkeit rückt? So gesehen ist jede Besprechung in den Leitmedien ein Gewinn, und zwar auch dann, wenn sich darunter ein Verriss befindet. Ein solcher kann sich vor allem dann als besonders wertvoll herausstellen, wenn er bzw. sein Autor im Jargon und Inhalt zum Teil genau die Thesen bestätigt, die die Streitschrift aufstellt. Aber der Reihe nach. Weiterlesen

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Deutschlands Hauptstadt: unter Wert regiert

  1. Teil

Erinnert sich noch jemand an Klaus Wowereit? Seit seinem unrühmlichen Abgang als Regierender Bürgermeister Ende 2014 ist er in der Versenkung verschwunden. Kein Berliner weint ihm eine Träne nach, auch die notorischen Partygänger, die in Wowereit einen Gleichgesinnten sahen, sind zur Tagesordnung übergegangen. Heute weiß man, was hinter seinen kessen Sprüchen und seinem lockeren Auftreten stand: eine bestenfalls mittelmäßige Regierungsführung. Mehr Schein als Sein. Weiterlesen

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Schickt die Syrer nach Hause!

Es ist wahr: Deutschland – zumal Westdeutschland – hat Erfahrungen mit Flüchtlingen. Millionen kamen aus den Ostgebieten. Hunderttausende aus der DDR. Sie wurden absorbiert und integriert, wenn auch nicht ohne Konflikte. Mein Vater, damals britische Besatzungsoffizier, notierte 1946: „Es ist letzthin vorgekommen, dass es den ‚amerikanischen’ Deutschen in Bayern zuviel wurde, den ‚englischen’ Deutschen aus der Ruhr auf Monate und Jahre Unterkunft zu gewähren, und eines schönen, oder vielmehr eines kalten Tages im November rollte ein Zug mit Deportierten aus Bayern in Essen ein.“ Die bayerische Vorliebe für Abschiebungen als Lösung hat also Tradition.

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Der Osten ist braun

Zur Verwunderung der Republik trat am 20. Oktober 2014 in Dresden die Vereinigung mit dem komplizierten Namen zum ersten Mal an die Öffentlichkeit: die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, abgekürzt: PEGIDA. An den wöchentlich, später 14-tägig veranstalteten Demonstrationen beteiligten von Mal zu Mal mehr Menschen, die von sich behaupteten, sie repräsentierten die bürgerliche Mitte der Gesellschaft. Sie protestierten gegen eine vermeintlich verfehlte Flüchtlings- und Asylpolitik, vor allem gegen das Vordringen des Islam, dem sie subversive und antidemokratische Absichten unterstellten. Der Höhepunkt der Bewegung wurde am 12. Januar 2015 erreicht, als sich in Dresden 25.000 Menschen versammelten. Auch wenn Veranstalter und Teilnehmer vehement abstritten, rechtsradikal eingestellt zu sein, war doch eine gedankliche und vor allem verbale Nähe zum braunen Milieu nicht zu übersehen. Die Begriffe „Volksverräter“ (für Politiker) und „Lügenpresse“ (für die bürgerlichen Medien) erinnern fatal an das Vokabular der Nationalsozialisten. „Lügenpresse“ wurde zum Unwort des Jahre 2014 gewählt. Weiterlesen

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Die Deutschlandhasser

In der „Neuen Rechten“ und dem von ihr beeinflussten vorpolitischen Raum der Blogs, Facebook-Gruppen, Pegida-Sympathisanten und Bürgerbewegungen gegen Asylantenheime und dergleichen wird unterstellt, die „linksgrünen Gutmenschen“ seien von allem vom Hass auf Deutschland und die Deutschen motiviert. Wer mir nicht glaubt, sollte mal „Deutschlandhass“ oder „Deutschlandhasser“ in seine Suchmaschine eingeben.
Wie stimmig ist dieser Vorwurf?

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Regierungspropaganda eines beflissenen Adlatus

Aus der Politik kennt man das Phänomen, dass degradierte Politiker sich in den Schmollwinkel zurückziehen und alles, was sie zuvor vollmundig vertreten haben, als schädlich verdammen. Wir lernen: Auch in der Politik ist Rache süß. Die Herren Friedrich und Ramsauer (CSU) gehören zu dieser Spezies. Dann gibt es noch Norbert Röttgen (CDU), der ganz anders auf die Herabstufung durch Angela Merkel reagiert. Er ist heute Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des deutschen Bundestages, was kein unwichtiges Amt ist. Von Schmollen keine Spur! Er geriert sich vielmehr als beflissener Adlatus der Kanzlerin und glühender Verfechter ihrer Griechenland-Rettungspolitik. Sein Engagement wirkt so, als wolle er seinen Bedeutungsverlust durch Übermotivation kompensieren. Weiterlesen

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Advocatus Dei?

Zugegeben, ich bin Atheist. Anglikanischer Atheist jüdischer Herkunft, sollte ich hinzufügen, denn es gibt so viele Sorten Atheisten, wie es verschiedene Arten gibt, Christ, Jude oder Moslem zu sein, was allzu oft vergessen wird. Hier möchte ich – sozusagen als Advocatus Dei – zwei Einwände gegen den Atheismus vorbringen. Und zwar auch deshalb, weil mir eine bestimmte Sorte Atheismus gehörig auf den Wecker geht: Der Atheismus aus Ignoranz. Der Atheismus, der nicht begreifen kann oder will, dass der Glaube an Gott – oder an Götter – nicht bloß Ausdruck unaufgeklärter Dummheit ist.

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Wie der Staat den Wohnungsbau verteuert

 Der Wohnungsmarkt in den Großstädten unseres Landes ist äußerst angespannt. In München, Frankfurt und Hamburg nähern wir uns allmählich Londoner Verhältnissen. Dort ist der Mangel an Wohnraum in der Innenstadt inzwischen so krass, dass Menschen in umgebauten Garagen, Kellern oder Dachverschlägen hausen – zu horrenden Preisen. Ein Drittel der Londoner Eltern hat ein erwachsenes berufstätiges Kind wieder bei sich aufgenommen. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass die Einwohnerzahl Londons bis zum Jahre 2020 von jetzt 8,1 Millionen auf 10 Millionen steigen wird. Um den Wohnbedarf dieser gigantischen Stadt zu decken, müssten schon jetzt pro Jahr 250 000 Wohnungen gebaut werden. Tatsächlich gebaut wird gerade einmal die Hälfte. Wie auch bei uns hat die Politik in London die Einwohnerentwicklung verschlafen. Weiterlesen

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