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Die rechten Verführer und die Apathie der Gesellschaft

Die Parolen der rechten Scharfmacher delegitimieren zunehmend die liberale Demokratie. Umso befremdlicher ist die Apathie weiter Teile des Bürgertums angesichts dieser Entwicklung. Hat dieses keine Lehren aus der Spätphase der Weimarer Republik gezogen?

Brennende Flüchtlingsheime, Angriffe auf Journalisten bei Pegida-Demonstrationen, ein versuchter Mordanschlag auf eine Kölner Kommunalpolitikern, Todesdrohungen gegen amtierende Bürgermeister. Deutsche Zustände im Herbst des Jahres 2015. Weiterlesen

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Die letzte Ambulanz

Von Sonja Margolina:

Auf einer Tagung begegnete ich einem Bulgaren, der in Berlin promoviert wurde und in einer Parteistiftung arbeitet. Sein Berufsweg war exemplarisch für Ostblock-Zeitgenossen, die als Heranwachsende dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems beigewohnt hatten und mit einer bis dahin undenkbaren Selbstverständlichkeit die Vorteile der Bewegungsfreiheit genießen dürften. Wir unterhielten uns über die Abwanderung des Bildungsnachwuchses aus Bulgarien und anderen postsozialistischen Ländern.

Kurz vor diesem Gespräch habe ich mir den Dokumentarfilm „Sofias letzte Ambulanz“(2012) im Berliner Off-Kino „Krokodil“ angeschaut. Dessen Regisseur Ilian Metev ist ein Bulgare, der nach London ging. Das Kamera-Team begleitete eine der wenigen übrig gebliebenen Notambulanzen in Sofia bei ihren Einsätzen. Deren Mannschaft – ein übermüdeter, unterbezahlter Arzt um die 50, eine ältere Krankenschwester und ein Fahrer – könnten ihren Lebensunterhalt im Ausland oder in einer privaten Klinik verdienen, aber sie retten Menschenleben in den gottverlassenen, buckligen, unbeleuchteten Gassen. Der Zerfall sozialer Strukturen, Anonymität, Hoffnungslosigkeit begegnen dem Zuschauer auf Schritt und Tritt. Weiterlesen

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Nur mit „mehr Europa“ lässt sich die Flüchtlingskrise bewältigen

Kaum ein Zeitungskommentar, der nicht besorgte Stimmen wegen der vielen Flüchtlinge zu Wort kommen lässt. Absurd ist deshalb die Behauptung, solche Besorgnisse würden unterdrückt. Komplizierter zu beantworten ist die Frage, was getan werden kann, um ihnen abzuhelfen. Das geht nur mit „mehr Europa“, und mit Unterstützung der Nachbarländer der EU, insbesondere der Türkei, die dafür Gegenleistungen erwarten wird.

Offensichtlich unerfüllbar und mit vielen negativen Nebenwirkungen behaftet ist die besonders lautstark erhobene Forderung nach einem Aufnahmestopp. Deutschland hat eine Außengrenze von über 3.000 km Länge. Auch ein so langer Stacheldraht-Zaun wäre nicht unüberwindbar. Wir würden unsere Freizügigkeit innerhalb Europas aufgeben. Weiterlesen

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Warum Claudia Roth die letzte ist, die Joachim Gauck kritisieren dürfte

 

Von Eva Quistorp:

Als eine, die schon 1992 als Europaabgeordnete der Grünen für den UNO- und dann NATO-Einsatz in Bosnien war, die 2001 für den Kampf gegen den Terror, aber gegen die Beteiligung am Afghanistaneinsatz unter Bush junior war, entschieden gegen den Irakkrieg global organisierte und die demokratische Opposition in Syrien schon seit 2006 unterstützte, habe ich die Rolle von Claudia Roth als Menschenrechtlerin und Außenpolitikerin wie die des Bürgerrechtlers Joachim Gauck viele Jahre aus nächster Nähe erlebt und habe ein gutes Gedächtnis.

In historischen Momenten wie dem des Ringens um die deutsche und europäische Wiedervereinigung, um den Militäreinsatz in Bosnien, um den Afghanistaneinsatz mit Bush, um den Türkeibeitritt und Erdogans Religionspolitik, wie um Waffen für die Kurden auch in Syrien, um Multikulti und Islamismustoleranz habe ich mich immer anders exponiert als Frau Roth, auch wenn uns einige Themen verbinden. 
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Sozialdarwinismus life

Liest man die Stellungnahme von Flüchtlingsverbänden wie Pro Asyl oder die Verlautbarungen der Grünen zur gegenwärtigen Flüchtlingskrise, so erfährt man unisono, bei den Flüchtlingen handele es sich um „die Ärmsten der Armen“, um Menschen, die „knapp dem Tod entronnen“ seien oder um „völlig hilfsbedürftige Menschen“. Selbst die Sprache der Bibel – „Erniedrigte und Beleidigte“ – wird bemüht. Kein vernünftiger Mensch kann bestreiten, dass eine Familie, die vor den Fassbomben des syrischen Präsidenten Assad aus Homs geflohen ist, „dem Tod entronnen“ ist. Und wer als Christ den Folterknechten des Islamischen Staates (IS) aus Mosul entkommen ist, ist vermutlich wirklich „erniedrigt“ worden und „hilfsbedürftig“ – auch in psychologischer Hinsicht. Doch trifft diese Einschätzung wirklich auf alle Flüchtlinge zu, die in diesem aufregenden Sommer nach Deutschland gekommen sind? Weiterlesen

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Träumerei und Realismus in der Flüchtlingspolitik

Mehr Realismus in der Migrations- und Flüchtlingspolitik mahnen derzeit ausgerechnet diejenigen an, die jahrelang von einer Festung Europa geträumt haben, abgeschottet von Kriegs- und Elendsfolgen sonst wo auf der Welt. „Realisten“, die aus ihren Festungsträumen nicht aufwachen wollten, obwohl allein im Jahr 2014 insgesamt 218.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa gekommen waren.

Wie realistisch war die Annahme, die Nachbarländer Syriens würden die zigtausende von Menschen schon weiterhin aufnehmen, die sich bis heute jeden Monat vor den Fassbomben Assads in Sicherheit bringen wollen? Obwohl die Türkei schon zwei Millionen von ihnen aufgenommen hat, Jordanien über 700.000 und der kleine Libanon mit 1,2 Millionen mehr als ein Viertel der eigenen Bevölkerung.

Wie fest hatten die „Realisten“ ihre Augen geschlossen, um nicht zu sehen, dass Länder wie Griechenland seit langem überfordert waren mit der Zahl Menschen, die die Grenzen ins Land überschritten hatten und Asyl und Aufnahme begehrte? Weiterlesen

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Europa grenzenlos?

Von Eva Quistorp:

Es ist ja heute zum Glück schick, Flüchtlinge sehr freundlich zu empfangen und sich um sie zu kümmern, einiges rührt zu Tränen und fordert volle Bewunderung ein für die sogenannten einfachen Leute, die nie in Talkshows kommen, oder nur als kurzer O-Ton und als exotische Ergänzung der ständigen Promis. Doch faktisch sind wir doch von der größten Völkerwanderung seit dem römischen Reich überrascht und teilweise auch überrollt, alle Institutionen müssten sofort flexibel werden, und es müsste sofort erfasst werden, wo es denn genug anständige Winterquartiere gibt, wo medizinische Dienste, die den Einheimischen nicht noch mehr Wartezeiten bescheren, wo Sozialarbeiter, Lehrerinnen, Erzieher, die wir dringend für mehr Kitas für und mit Flüchtlingskinder(n) brauchen, aber die wollen erst mal wieder streiken. Weiterlesen

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Putin, Syrien und die Islamisten

Wenn man den Demagogen der äußersten Rechten glauben soll, dann ist die gegenwärtige Flüchtlingskrise Produkt eines geradezu teuflischen Plans, Europa zu islamisieren. Hunderttausende junge islamische Männer strömen nach Europa hinein, unter ihnen Extremisten und Terroristen, um als fünfte Kolonne den Kontinent für die Umma, die Gemeinschaft aller Muslime, zu erobern.

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Neusprech für NeubürgerInnen

Von Eva Quistorp:

Liebe MitbürgerInnen,
ich weiß ja nicht, ob Sie sich als Deutsche, Europäer, Weltbürgerinnen oder Berliner, Kölner oder Neuköllner fühlen, was sie sagen, wenn sie in Europa oder der Welt unterwegs sind mit dem Flugzeug oder Auto und dann gefragt werden, wo sie her sind.Jedenfalls kommen wir alle am besten jetzt aus Merkelland, das wird in einigen Ländern jetzt sogar besser und schneller verstanden werden als Deutschland, denn wo liegt das denn?
Merkelland ist über die sogenannten sozialen Netzwerke, die man ja auch Brüll-, Quassel-, Katzen- oder Hass- oder Gerüchte- und Lügennetzwerke nennen könnte, bekannter – mit den schönen Selfies von Mama Merkel mit dunkeläugigem, jungem, gutaussehenden Flüchtling. Weiterlesen

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Stresstest für ein selbstzufriedenes Land

Angela Merkel hat auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise etwas geschafft, was ihr in ihrer zehnjährigen Regierungszeit bisher nicht beschieden war. Sie hat durch Worte geglänzt: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“. Diesem emotionalen Satz gingen noch andere bemerkenswerte Äußerungen voraus: „Deutschland braucht mehr Flexibilität.“/Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze.“ Und: „Wir schaffen das!“ Weiterlesen

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Christen mit Kälte im Herzen

 Von Karl Marx kennen wir das geflügelte Wort, Religion sei Opium des Volkes. Zur Zeit hat es den Anschein, als habe dieses spezielle Opiat die Gedanken vor allem der Christen in Europa vernebelt. Polen, das erzkatholische Land, weigert sich strikt, Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufzunehmen. Der polnische Europa-Abgeordnete Janusz Korwin-Mikke bezeichnete die Flüchtlinge als „menschlichen Müll“. Ungarn, das sich als Speerspitze des Christentums in Europa sieht, behandelt Flüchtlinge wie Kriminelle, lässt sie ohne Nahrung im Freien kampieren oder sperrt sie in Lager. Der ungarische Bischof László Kiss-Rigó warnte vor einer islamischen Invasion: „Sie kommen her und rufen ‘Allah ist groß’. Sie wollen die Kontrolle übernehmen“. Der Satz könnte so auch vom „Front National“ oder von „Jobbik“ stammen. Eine Kamerafrau eines rechtslastigen ungarischen (privaten) Fernsehsenders stellte einem rennenden Vater, der ein kleines Kind auf dem Arm trug, ein Bein, so dass beide stürzten. Auf anderen Bildern ist zu sehen, wie sie ein Flüchtlingskind mit Fußtritten traktiert. Pressearbeit auf Ungarisch. Weiterlesen

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