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Nein, Jürgen Zimmerer, der Holocaust ist nicht eine Folge des Kolonialismus

In einem Beitrag für „Starke Meinungen“ hatte ich dem Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer „Geschcihtsfälschung in exkulpatorischer Absicht“ vorgeworfen, weil er eine „Genealogie des Genozidgedankens“ vom Massaker an den Herero und Nama zum Holocaust konstruiert. Zimmerer fühlt sich von mir missverstanden. Zur Klärung seiner Ansichten verweist er in einem Tweet auf ein Interview, das mein Kollege Sven-Felix Kellerhoff mit ihm vor nicht ganz einem Jahr geführt hat. Jedoch wird in diesem Interview erst recht klar, dass Zimmerer den Holocaust lediglich als Fortsetzung der Kolonialverbrechen ansieht und sich die elementare Frage nicht stellt, die Götz Aly so formulierte: „Warum die Deutschen? Warum die Juden?“

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Glaubensstark gegen die Moderne

Blättert man in Zeitschriften aus den 1950er und 1960er Jahren  und betrachtet die Schwarz-Weiß-Fotos, reibt man sich verdutzt die Augen. Scharen junger Frauen flanieren untergehakt  durch die Straßen, die Röcke sind kurz, die Haare flattern im Wind. Im Mundwinkel glimmt kokett die Zigarette. Die Szenen spielten in  Kairo, Damaskus und Teheran. Von Straßenszenen in Berlin, Paris und London waren solche Demonstrationen selbstbewusster Weiblichkeit nicht zu unterscheiden. Heute fahren in Teheran Sittenwächter der Religionspolizei durch die Straßen und verhaften Frauen und Mädchen, die das Kopftuch zu sehr gelockert  oder die Schminke  „unislamisch“ aufgetragen haben. Ich kenne kein islamisches Land, in dem die Frauen heute gleichberechtigt wären. Sie sind es weder in der rechtlichen Stellung gegenüber dem Mann noch im wirklichen Leben in  Familie und  Gesellschaft. Die Fotos beweisen, dass es einmal Zeiten gegeben haben muss, in denen sich Frauen auch in muslimischen Gesellschaften  frei entfalten konnten. Warum sind diese Zeiten sang- und klanglos untergegangen? Ein Blick in die Geschichte gibt  Auskunft. Weiterlesen

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Jürgen Zimmerer relativiert den Holocaust

Der Historiker Jürgen Zimmerer stellt die Auslöschung des europäischen Judentums in die Tradition des europäischen Kolonialismus. Dadurch missversteht er den Holocaust und relativiert ihn; und das alles nur deshalb, weil er den Kolonialismus im Sinne der modischen Ideologie des Antiimperialismus – der „postkolonialen Studien“, wie man sich akademisch ausdrückt – verteufeln will.

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Ratschläge für einen schlechten Wahlkämpfer

Letzte Chance für Martin Schulz

Wenn die Lage  aussichtslos zu sein scheint, muss der Wahlkämpfer  nicht verzagen. Vor allem darf er sich nicht einreden lassen, Meinungsumfragen seien  schon vorweggenommene Wahlergebnisse. Bei Wahlkämpfen entscheiden immer die letzten Meter auf der  Zielgeraden. Hilfreich ist, wenn sich der Wahlkämpfer  an bewährten Mustern orientiert, die anderen Politikern schon zum Sieg verholfen haben. In diesem Sinne sind die folgenden Ratschläge zu verstehen. Sie sollen dem Hoffnungsträger des kurzen SPD-Frühlings, Martin Schulz,  Flügel verleihen, so dass er die Dauerkanzlerin vielleicht doch noch überholen kann. Weiterlesen

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Kriminell – aber nicht links?

Nach den bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen der Linksextremisten in Hamburgs  Schanzenviertel  versuchte die SPD als erste Partei die Deutungshoheit über die Geschehnisse zu erringen.   Schnell hatte die Parteispitze nämlich erkannt, dass die Gleichsetzung von „links“(-extrem) mit Gewalt gerade im Wahlkampf gar zu schädlich wäre. Wie immer gab Sigmar Gabriel die Tonart vor. Kurz und bündig dekretierte er, die Krawallmacher seien „nicht links“. Parteichef Schulz blies ins gleiche Horn: „Wer das links nennt, hat nicht kapiert, was links ist.“ Parteivize Ralf Stegner schloss aus, dass Gewalt überhaupt von Linken ausgehen könne: „Linkes Gedankengut kann mit Gewalt nicht einher gehen.“  – Merkwürdig war dann nur, dass  Justizminister Heiko Maas vor Journalisten sagte, er könne sich vorstellen, dass es analog zum „Rock gegen Rechts“ auch einen „Rock gegen Links“ geben könne. Also ging die Gewaltorgie in Hamburg doch von Linken aus? Konfusion allenthalben. Weiterlesen

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Patrick Bahners und der Antisemitismus

Kürzlich veröffentlichte die FAZ einen Beitrag ihres Kulturkorrespondenten Patrick Bahners unter der Überschrift: „Die Angst vor dem A-Wort“. Die wichtigste – wenn auch nicht belegte – Aussage des Beitrags lautete: „Nichts müssen Amtsträger in Deutschland mehr fürchten als das A-Wort.“ Unsinn natürlich. Würde man einen x-beliebigen deutschen Amtsträger – sagen wir: einen Finanzminister, Bürgermeister, Schulleiter oder General – fragen, wovor er sich am meisten fürchtet, wären die Antworten so vielfältig wie die Aufgaben: vom Ausbruch einer neuen Griechenlandkrise über rechtsextreme Gewalt gegen das geplante Asylantenheim, die nächste Bildungsreform bis hin zu einem russischen Angriff auf die Truppe in Litauen. Mit ziemlicher Sicherheit aber würde keiner sagen: „Davor, als Antisemit bezeichnet zu werden“.  Das zu unterstellen, ist an sich schon antisemitisch.

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Die postnationale Nation

Im Anfang waren weder Revolution oder Krieg noch nationale oder gar völkische Aufwallung. Der British North America Act vom 1. Juli 1867 war das Resultat pragmatischer Überlegungen, langwieriger Verhandlungen und spätimperialer Regierungsklugheit. Statt auf pathostriefende Beschwörungen von hohen und höchsten Werten und Bezugnahmen auf vorgeschichtlichen Mythen setzten die Fathers of Confederation auf das konkret Machbare: Peace, Order and Good Government. Das klingt für manche Ohren unheroisch, gar langweilig. Doch boring is better, wie das kanadische Nachrichtenmagazin Maclean’s vor einigen Jahren titelte. Mit der Gründung des Dominion of Canada vor 150 Jahren begann die letzte Etappe des Rückzugs Großbritanniens vom nordamerikanischen Kontinent, der sich formal bis 1982 hinzog. Und es begann die erstaunliche Geschichte eines Staates, der im Unterschied zu den europäischen Nachfolgestaaten der großen Reiche dem Prokrustesbett eines verengten nationalistischen Selbstverständnisses unaufhaltsam zu entfliehen scheint. Weiterlesen

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Die Wetterfahne

Sie hat es wieder getan. Asymmetrische Demobilisierung. Bei einer Veranstaltung der Zeitschrift „Brigitte“ ließ Angela Merkel durchblicken, sie befürworte in Sachen „Ehe für Alle“ eine Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang. Was trotz der Widerstände in einigen Teilen der Union bedeutet: Die Ehe für alle kommt. Und schon haben die anderen Parteien ein Wahlkampfthema weniger, gibt es ein Problem weniger bei der Koalitionsbildung nach der Wahl, gibt es einen Grund weniger, überhaupt zur Wahl zu gehen. Die da oben machen eh, was wir wollen.

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Leitkultur – pädagogisch

Jeden Tag machen sich von der Öffentlichkeit unbemerkt an den Schulen unserer Republik  Lehrkräfte ans Werk, um bei ihren Schülern eine Leitkultur einzuüben. Sie dient dem friedlichen Zusammenleben im Kosmos Schule, der in unseren  Großstädten von Kindern aus über 100 Nationen „bevölkert“ wird. Sie dient auch der Festigung der Werte, ohne die ein zivilisatorisches Miteinander in der Gesellschaft nicht möglich wäre. Die Lehrkräfte tun dies, ohne auch nur eine Sekunde lang an die ideologisch aufgeladene Debatte um eine „deutsche Leitkultur“ zu denken. Sie tun dies aus reiner Selbstverständlichkeit und weil eine Werteerziehung  der Persönlichkeitsbildung der Schüler dient. Im folgenden Glossar findet man die Werte, die mir in meiner Arbeit als Lehrer besonders wichtig waren. Sie reflektieren natürlich meine Unterrichtsfächer Deutsch, Geschichte und Politik. Aber auch meine Liebe zur Musik. Lehrkräfte anderer Fachrichtungen (Naturwissenschaften, Sprachen, Künste) mögen andere Vorlieben haben. Das zivilisatorische Wertefundament bleibt  jedoch stets das gleiche. Weiterlesen

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Islam und Gewalt

Am 17. Juni 2017 fand in Köln ein Friedensmarsch statt, zu dem die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor aufgerufen hatte. Sie wollte damit ein Zeichen dafür  setzen, dass die Muslime in Deutschland sich in keiner Weise mit den wirren Ideen der islamistischen Attentäter identifizieren:  „Wir Muslime müssen uns von den Tätern stärker abgrenzen und ihre gesellschaftliche Ächtung herbeiführen.“  Die Zahl der  Teilnehmer blieb weit  hinter den Erwartungen der Initiatoren zurück.  Nur maximal 2500 Menschen, darunter auch viele Nicht-Muslime, liefen durch die Straßen Kölns. Der türkische Islamverband DITIP und der Islamrat hatten sich geweigert, ihre Mitglieder zu der Demonstration aufzurufen. Wenn man bedenkt, dass nur ein Bruchteil der in unserem Land lebenden Muslime überhaupt  Mitglied in einem der Verbände ist, kann man schlussfolgern, dass den meisten Muslimen das von Lamya Kaddor vertretene Anliegen  reichlich  gleichgültig ist.  Weiterlesen

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Tabuisierter Israel-Hass

Ein Gastbeitrag von Martin Jander

Mehr als 50 Jahre nach der Entstehung der deutschen linksterroristischen Formationen – Rote Armee Fraktion (RAF), Bewegung 2. Juni und Revolutionäre Zellen (RZ) – ist über ihre Geschichten bereits viel geschrieben worden. Trotzdem wird es zum 40. Jahrestag der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers noch viele neue Publikationen geben, die von den Verlagen damit angepriesen werden, entscheidende noch unbekannte Details auszubreiten.

Der Jurist und Journalist Butz Peters, Verfasser von bereits drei Büchern zum Thema RAF, wartet 2017 gleich mit zwei neuen Publikationen auf. Eine davon ist mehr als Analyse des Phänomens RAF angelegt („1977 – RAF gegen Bundesrepublik“), die andere mehr erzählend als Chronik des Jahres 1977 („Hundert Tage – Die RAF-Chronik 1977“). Im Kern behandeln beide Bücher dieselbe Geschichte. Leider aber teilen beide neue Bücher den bisherigen Hauptmangel der großen Darstellungen zum Linksterrorismus in der Bundesrepublik: dessen Weltbilder bleiben unterbelichtet. Weiterlesen

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