Es ist schon bemerkenswert, dass 50 Jahre nach 1968 gleich drei führende Politiker rechts der Mitte – beziehungsweise deren Redenschreiber – es für nötig finden, einen Bruch mit den Ideen von 68 zu fordern. Den Anfang machte Jörg Meuthen von der AfD. Ihm folgte Alexander Dobrindt von der CSU. Und schließlich trippelte Marco Buschmann von der FDP hinterher. Wie es scheint, wird die künftige schwarz-blau-gelbe Koalition auf der Grundlage einer Kritik an 68 ideologisch vorbereitet.
In einem Kommentar für die WELT habe ich auf einige der unsinnigsten Behauptungen der wackeren 68er-Kritiker (die allesamt nicht dabei waren) verwiesen. Des Weiteren habe ich – ebenfalls in der WELT – darauf hingewiesen, dass 68 etwas ganz anderes war als jene Karikatur, die Meuthen, Dobrindt und Buschmann statt einer ernsthaften Auseinandersetzung präsentieren.
Tatsächlich ist „68“ – für die Gegner heute wie für die Apologeten früher – nur eine Chiffre; die „68er“ sind das, was das Trio banale Meuthen, Dobrindt und Buschmann daraus machen; mit den wirklichen 68ern – ich denke in Deutschland etwa an Götz Aly, Stefan Aust, Wolf Biermann, Henryk Broder, Daniel Cohn-Bendit, Rudi Dutschke, Joschka Fischer, Willy Jasper, Helmut Lethen, Ulrike Meinhof, Bahman Nirumand, Rüdiger Safranski, Christian Semler, Thomas Schmidt, Joscha Schmierer, um nur – in alphabetischer Reihenfolge – die zu nennen, die ich persönlich kenne oder kannte – haben die Karikatur-68ern so gut wie nichts zu tun.
Dobrindt als Revolutionär
Die Vorstellung überdies, heute wäre die „68er Ideologie“ die in Deutschland vorherrschende, ist absurd. Dobrindt schreibt zum Beispiel: „Fünfzig Jahre nach 1968 wird es Zeit für eine bürgerlich konservative Wende in Deutschland. Linke Ideologien, sozialdemokratischer Etatismus und grüner Verbotismus hatten ihre Zeit. Der neue Islamismus attackiert Europas Freiheitsidee und Selbstverständnis und darf seine Zeit gar nicht erst bekommen. Darum formiert sich in Deutschland eine neue Bürgerlichkeit. Auf die linke Revolution der Eliten folgt eine konservative Revolution der Bürger. Wir unterstützen diese Revolution und sind ihre Stimme in der Politik.“
Ähm, ja. Es fällt sofort auf, dass plötzlich von 68 gar nicht mehr die Rede ist. „Linke Ideologien“ gibt es seit 1848 und länger in Deutschland. „Sozialdemokratischer Etatismus“ ist ebenfalls nicht nur älter als 68; er ist die Antipode der Ideen von 68, die auf Selbstorganisation und Fantasie setzten – Räte, Kommunen, Kollektive, Kinderläden, Frauengruppen, selbstorganisiertes Lernen, „Rote Zellen“, „sozialistisches Studium“ usw. usf. – und konsequent in eine kleinbürgerliche Parallelwirtschaft mündeten. „Grüner Verbotismus“ ist weitgehend ein Hirngespinst, nicht weil es keine Leute bei den Grünen gäbe, die gern dies und das verbieten würden, sondern weil die Grünen selten die Macht hatten, viel zu verbieten.
In Parenthese sei nur angemerkt: „Verbotismus“ liegt immer im Auges des Betrachters. So wollen die Grünen Dieselfahrzeuge aus der Stadt, Dobrindt und Co, die Burka aus dem Stadtbild verbannen. Was für die Volksgesundheit schädlicher ist, Diesel oder Burka, ist vielleicht Ansichtssache. Man könnte immerhin eine glaubhafte Rechnung aufmachen, dass mehr Menschen in Deutschland am Dieselwahn gestorben sind als am Islam.
Womit wir beim „neuen“ (?) Islamismus wären. Der wiederum mag viele Väter haben, darunter auch welche im Pentagon, die ihn gegen die Sowjetunion zu instrumentalisieren suchten, aber dazu gehören gewiss nicht die weitgehend atheistisch geprägten 68er, obwohl ein Nirumand – wie er in seiner Autobiographie zugibt – die islamistische Revolution im Iran unterschätzt hat.
Nun gut, aber nun zurück zu dem, was Dobrindt, Buschmann und Meuthen mit ihrem 68er-Bashing eigentlich wollen.
Ist Deutschland ein christlicher Staat?
Es kann nicht wirklich gegen 68 gehen. Denn in den 36 Jahren seit 1982, als die Regierung Helmut Schmidt (nicht gerade als Vollstreckerin von 68er Ideen bekannt) durch Helmut Kohl und die FDP gestürzt wurde, hat die Union 29 Jahre lang den Kanzler bzw. die Kanzlerin gestellt. Die SPD also nicht einmal zwei volle Legislaturperioden. (Und vergessen wir nicht, dass zu den Errungenschaften der Regierung Willy Brandts 1969ff die Berufsverbote, die enge Freundschaft mit Leonid Breschnew, der 68 den Prager Frühling niederwarf, die Wiederzulassung der moskauhörigen und von der DDR gelenkten DKP war, die alles daran setzte, die Ideen von 68 an den Hochschulen und in den Betrieben zu negieren.)
Wie Dobrindt sagt: „Deutschland ist ein bürgerliches Land. Die Mehrheit der Menschen in unserem Land lebt und denkt bürgerlich. Es gibt keine linke Republik und keine linke Mehrheit in Deutschland.“ Eben. Und wenn das Land revolutionsbedürftig ist, wie Dobrindt behauptet, dann müsste sich diese Revolution gegen die Mehrheit richten, die bürgerlich lebt und denkt.
Mit der Chiffre – oder besser dem Schreckgespenst – „68“ wird, wie 1848 mit dem Gespenst „Kommunismus“ ein Anschlag gegen das liberale Bürgertum vorbereitet. Dobrindt etwa macht keinen Hehl daraus, was er will. Seine „Konservative Revolution“ will die religiöse Neutralität des Staates und den Pluralismus der Gesellschaft – beides vom Grundgesetz garantiert – aufheben: „Der christliche Glaube ist das Fundament unserer Politik. Wir stehen für die Bewahrung der Schöpfung, den Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit, die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und die Verteidigung unserer christlich-abendländischen Leitkultur. Sie bildet den Grundkonsens unseres Zusammenlebens und ist die zentrale Voraussetzung für funktionierende Integration.“
Jüdische Menschen in Deutschland werden aufmerken, dass hier immerhin die Lebenslüge von der „christlich-jüdischen“ Leitkultur nicht wiederholt wird. (Später dann schon.) Das Schlagwort von der „körperlichen Unversehrtheit“ hat in diesem Kontext nur einen möglichen Sinn: Dobrindt will die männliche Beschneidung kriminalisieren. Und – apropos „Verbotismus“ – offensichtlich – siehe „Schutz des Lebens“ – die Abtreibung auch.
Übrigens: Wenn die „christlich-abendländische“ Kultur den „Grundkonsens des Zusammenlebens“ in Deutschland bilden sollte, stehen die östlichen Bundesländer offensichtlich außerhalb dieses Konsenses. Und nicht nur die.
„Interessen, wenn sie aggressiv werden, nennen sich Werte.“ (M. Klonovsky)
Im Weiteren widerspricht sich Dobrindt, indem er behauptet: „Demokratie, Menschenrecht, Freiheit, Recht und die christlich-jüdische Glaubenstradition formieren eine Wertegemeinschaft des Abendlands.“ Man könnte sich nun fragen, was denn nun die „Wertegeminschaft“ ausmacht, das christliche oder das Jüdische, Demokratie und Menschenrechte oder die Religionsgeminschaften, die sie Jahrhunderte hindurch bekämpft haben – aber das ist alles unausgegorenes Zeug. Bekanntlich bin ich kein Freund des Michael Klonovsky, der wie so mancher unbegabter Journalist seine Seele verkauft hat, um einer Organisation (in diesem Fall einer Partei, der AfD) zu dienen. Früher hat er jedoch hin und wieder Geistreiches von sich gegeben, so folgender Aphorismus: „Interessen, wenn sie aggressiv werden, nennen sich Werte.“
Genau. Und das Interesse Dobrindts besteht darin, die AfD in Bayern rechts auszubremsen. Dazu ist ihm anscheinend jedes rhetorische Mittel recht. Jörg Meuthen schimpft gegen die 68er: Dobrindt schimpft noch mehr. Meuthen behauptet, die Republik sei „rot-rot-grün versifft“. Dobrindt behauptet das auch, auf die Gefahr hin, 29 Jahre Regierungsarbeit der Union zu verleugnen. Meuthen und die AfD machen sich zu Sprechern des Mobs: Dobrindt tut es auch: „Die 68er waren immer eine Elitenbewegung, eine Bürger-, Arbeiter- oder Volksbewegung waren sie nie. Sie kamen aus den Hörsälen und Redaktionsräumen, aber nicht aus den Reihenhäusern und Fabriken. (…) Deutschland ist nicht der Prenzlauer Berg, aber der Prenzlauer Berg bestimmt die öffentliche Debatte. (…) Auf die linke Revolution der Eliten folgt eine konservative Revolution der Bürger. Wir unterstützen diese Revolution und sind ihre Stimme in der Politik.“
Elitenhass statt Elitenförderung
Wer gegen die Elite hetzt (vor wenigen Jahren klagten die Konservativen über die angebliche elitenfeindliche Stimmung in Deutschland, an der natürlich auch „die 68er“ schuld waren), macht sich mit dem Mob gemein. Der Hinweis auf Prenzlauer Berg ist bezeichnend. Wahrscheinlich gibt es kein Viertel in Berlin, das mit 68 weniger zu tun hätte als Prenzlauer Berg. Jedenfalls mit der Karikatur von 68, die von der schwarz-blau-gelben Koalition in Umlauf gesetzt wird.
In Berlin ist das Viertel berüchtigt als bevorzugter Wohnort zugezogener Schwaben mit ihren – im Dobrindt‘schen Sinne – bürgerlichen Gewohnheiten. Nirgendwo ist Berlin weniger multikulturell. Nirgendwo leben weniger Ausländer. In Prenzlauer Berg ist die Zahl der Geburten zwischen 2005 und 2010 um rund 30 Prozent gestiegen. 2008 kamen in Prenzlauer Berg 44 Kinder pro 1000 Frauen im gebärfähigen Alter zur Welt. Der Bundesdurchschnitt liegt zurzeit bei 43, in Berlin bei 42 Geburten. Trotzdem wählen diese durch und durch bürgerlichen Menschen die Grünen.
Wie schon die erste „Konservative Revolution“ nach dem Ersten Weltkrieg richtet sich Dobrindts „konservative Revolution im Namen des Bürgertums gegen das Bürgertum. Damals war die liberale jüdische Bürgerlichkeit der Hauptgegner, heute ist es die liberale, weltoffene Bürgerlichkeit. Und so wie man damals behauptete, die ganze Republik sei „verjudet“, behaupten Meuthen und Co., die Republik sei von den 68ern gekapert worden und „rot-rot-grün versifft“.
Wohlgemerkt: Es gab und gibt gute Gründe, „68“ zu kritisieren. Götz Aly etwa hat das getan, und er ist beileibe nicht der einzige selbstkritische Ex-68er. Alys Selbstkritik zielte – wie die praktische Selbstkritik der meisten anderen oben genannten Koryphäen – auf die Stärkung des liberalen Bürgertums; Meuthen, Dobrindt und Buschmann wollen das Gegenteil: die Radikalisierung des illiberalen Bürgertums.
Meuthen, Dobrindt und Buschmann schlagen den Sack „68er“ und meinen den Esel liberales Bürgertum. Man sollte den Anfängen wehren. Die „Konservative Revolution“ bereitete den Nazis den Weg. Dobrindts zweiter Aufguss verschafft der AfD Legitimität. Aber das ist vielleicht auch der Sinn der Übung.
(Aktualisierte Fassung.)
„Man könnte immerhin eine glaubhafte Rechnung aufmachen, dass mehr Menschen in Deutschland am Dieselwahn gestorben sind als am Islam.“
Könnte man. Vielleicht sollte man es aber auch bleiben lassen. Denn irgendwie zwingt sich dann die Parallel-Rechnung auf, dass mehr Menschen in Deutschland bei Verkehrsunfällen gestorben sind als durch die Untaten des NSU. Geschmacklos und undurchdacht? Ja, ist es. Aber das Parallelbeispiel ist es eben auch.
Lieber Thomas Baader, die Rechnung an sich ist natürlich völlig legitim. Sie hilft, Bedrohungen in ihrem Kontext zu verstehen und Panik zu vermeiden. Die spezifische Gefahr des politischen Terrors (egal welcher Provenienz) ist nämlich nicht seine objektive Gefährlichkeit für Leib und Leben; sondern eben, dass er eine im Vergleich zur objektiven Gefahr übertriebene Angst („Terreur“) verbreitet und das Vertrauen in den Staat untergräbt.
Apo: … ‚Sie hilft, Bedrohungen in ihrem Kontext zu verstehen und Panik zu vermeiden. Die spezifische Gefahr des politischen Terrors (egal welcher Provenienz) ist nämlich nicht seine objektive Gefährlichkeit für Leib und Leben; sondern eben, dass er eine im Vergleich zur objektiven Gefahr übertriebene Angst („Terreur“) verbreitet und das Vertrauen in den Staat untergräbt …‘
… es gibt schon einen Unterschied zwischen menschlichen, ob mit oder ohne eigene Schuld, und politischem Versagen. In der Politik darf es nicht ein einziges Versagen geben. Dafür wird die Politik, in einer Demokratie, gewählt und abgewählt. Wenn politisches Versagen nicht sofort ‚bestraft‘ wird – ist das keine Demokratie. Diese Figuren kommen nicht einmal ins Fegefeuer, sondern gleich in die Hölle. Das sieht in etwa so aus: Purgatory (Achtung, 1,5 Stunden.) 😉
Der Unterschied liegt darin, daß die Terroristen eine Schuld haben, aufgrund der Existenz eines freien Willens. Wenn ein rein utilitaristisch ausgerichteter Staat oder eine entsprechende Gesellschaft nur noch Politik nach Statistik macht, also, um es mal zuzuspitzen, die fette Bratwurst politisch mehr Thema sein soll, als Vergewaltigung und Mord, stimmt was nicht. Mag sein, daß es einen wirklich freien Willen nicht gibt, aber eine Kultur, die für sich beansprucht, moralisch zu sein, sollte einen solchen freien Willen postulieren. In einer ‚Brave New World‘ möchte ich zumindest nicht leben.
ich möchte in einer Welt leben, die mich die Entscheidung, was für mich gut ist, nicht vorschreibt (und dies z.B. mit Umwelt-Horrorszenarien über harmloses Intermediate NOx und CO2 begründet).
Risikoabschätzung ja, aber den rechten Horrorszenarien über ‚Rapefugees‘ und den linken über ‚Diesel-Killer-Unsinn‘ ist eins gemein: Eine Taubheit auf dem Nerv oder Sinn für Individualität.
Ich höre schon jetzt wieder die von mir oftgehörte Frage: „Was hat ‚der Diesel‘, Umweltgesetze, der Nanny-Staat mit dem Thema zu tun? – Er schützt doch damit das Individuum..“
Genau das ist das Problem dieser Leute.
Großes Thema, Klaus J. Nick. Mir ging es nicht um Schuld; obwohl man sich schon bei Softwaremanipulateuren die Schuldfrage stellen kann, die und in den USA auch schon beantwortet wurde. Aber auch da gibt es natürlich großen Unterschiede. Mir ging es um die subjektive Gefahrenempfindung, wie Chris Rea singt: „And the perverted fear of violence / chokes the smile on every face“ („The Road To Hell“).
Wie Sie bin ich gegen jeden Versuch, mit angst Politik zu machen, ob von links oder rechts.
Lieber Herr Alan Posener,
ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meinen Beitrag als Gastbeitrag veröffentlichen würden.
Als Überschrift schlage ich vor: „Die «Konservative Revolution» und das Erbe von 68“. Eine Antwort an Alan Posener.
Viele Grüße
Lieber Herr Alan Posener,
ich stimme Ihnen zu: nicht zufällig fordern heute „gleich drei führende Politiker rechts der Mitte – einen Bruch mit den Ideen von 68“ , um, „wie es scheint“, „die künftige schwarz-blau-gelbe Koalition auf der Grundlage einer Kritik an 68 ideologisch“ vorzubereiten, zumindest die zur AfD abgewanderten Wähler_innen zu gewinnen bzw. zurückzugewinnen.
Die Selbstkritik vieler 68er, wie auch Ihre im „Der Freitag“ („Starrsinn und Form“), ziele, wie sie bemerken, „auf die Stärkung des liberalen Bürgertums; Meuthen, Dobrindt und Buschmann wollten das Gegenteil: die „Radikalisierung des illiberalen Bürgertums“. Nur, man muss aufpassen, dass wir das „Erbe von 68“ nicht leichtfertig auf´ s Spiel setzen. Vor allem muss deutlich gemacht werden, warum Dobrindt & Co und mit ihm die Neue Rechte, ähnlich wie Trump, auch in Deutschland, Erfolg haben können.
Längst geht es nicht nur um einige Wähler rechts der Mitte. Es könnten noch viel mehr werden. Trump hat gezeigt, dass heute wieder Mehrheiten rechts von der Mitte mobilisiert werden können: Wähler, die keinen großen Wert auf Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Liberalität und Weltoffenheit legen. „Einzusammeln“ sind nicht allein die Verlierer der Globalisierung, die Abgehängten, sondern auch die, denen die ganze Richtung nicht passt, Menschen, die bisher SPD, CDU, FDP oder auch Linke gewählt haben. Diesen Wählern geht es weniger um wirtschaftliche Fragen als um kulturelle. Wohin das „Bündnis“ des illiberalen Bürgertums mit dem Mob führen kann, wissen wir aus der Geschichte.
Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde ein Rassismus in der Mittel- und Oberschicht sichtbar. Es wurde deutlich, die Neue Rechte wird auch von Menschen unterstützt, die den Pluralismus und den Kosmopolitismus ablehnen, Menschen, die im unteren und mittleren Bereich nicht zu den Gewinnern der Globalisierung zählen, aber auch nicht stark verloren haben. Ihre Wut speist sich „aus der kulturellen Enttäuschung“ über eine Welt, die moderner, liberaler und komplizierter geworden ist, in der auch das Individuum entgrenzter und einsamer wird. Aus ihrer Sicht gibt es Grund zur Beunruhigung: Verlust der Beziehungen zueinander, Fragmentierung und Auflösung von Tradition und Gemeinschaften. Schon Marx hat den Prozess der Individualisierung und Singularität als Folge der Globalisierung vorausgesehen. Der industrielle Kapitalismus bewirke eine Auflösung aller hergebrachten gesellschaftlichen Beziehungen. Die „Bourgeoisie“ sei nicht traditionell, sondern revolutionär; sie löse auch diejenigen Bindungen, die sie selber geschaffen habe. Die Nation, so Marx, werde untergehen in den Nivellierungstendenzen der weltmarktorientierten Wirtschaft. Religiöse Bindungen, die Familie und kulturelle Traditionen hätten keinen Bestand mehr. Die neue Qualität der antiliberalen Revolte besteht darin, dass sie sich horizontal wie vertikal ausbreitet. Sie erfasst auch gutbürgerliche Kreise und Teile der Linken. Die neue politische Scheidelinie verläuft nicht zwischen links und rechts, sondern zwischen der offenen Gesellschaft und dem Rückzug in die nationale Burg, zwischen globaler Integration und nationaler Abschottung.
Mit dem „Sieg von Trump“, so Micha Brumlik, „werde deutlich, dass wesentliche Teile nicht nur der industriellen Arbeiterschaft ihr Heil heute nicht mehr in sozialistischen oder sozialdemokratischen Parteien“ suchten, sondern „in rechten, sprich: in abgeschotteten Nationalstaaten, in Fremdenfeindlichkeit und Protektionismus“ (Brumlik). Das Fatale sei: Die Reaktionen der Rechten und vieler (Traditions-)Linker gleichen sich immer mehr an. „In jüngster Zeit kehrt die „Arbeiterklasse“ als „Phantom der „regressiven Moderne“ (Oliver Nachtweih) zurück. Im Namen der „hart arbeitenden Menschen“ wird die Revision des Kosmopolitismus vollzogen. Diejenigen, die auf die nationalistische Karte oder gar auf eine „konservative Revolution“ setzen behaupten, Einwanderung, Globalisierung, Klimaschutz, Identitätspolitik und der Liberalismus, kurz „die 68er“ seien Ursprung allen Übels. Sigmar Gabriel sieht das ähnlich, genau wie der Politikwissenschaftler Claus Leggewie: Die Linke habe die soziale Frage leichtfertig vernachlässigt, es gehe nicht mehr um Klassenfragen, sondern vor allem um Identitätsfragen.
Begonnen hat diese Debatte in den USA mit dem Sieg von Trump, Mark Lilla als ihr Wortführer. Lillas Argumentation stieß auch hierzulande in der Debatte um die Friedenspreisrede (Adam Soboczynski) von Carolin Emcke auf Resonanz. Hillary Clinton, so Lilla, habe sich im Wahlkampf mehr um die Rechte von Minderheiten als um die weiße Arbeitsklasse gekümmert. Lilla wurde auch dafür bekannt, dass er in der Vergangenheit immer wieder gegen den Feminismus aufgetreten ist. Ein erzkonservativer Denker, der Autoren herausgab, die gegen Schwule und Lesben gewettert haben. Mit dem „Identitätsliberalimus“, so Lila, und kürzlich noch Gabriel, müsse Schluss sein.
Für Zizek und Badiou sind Schwule Egoisten, die nur an ihre privaten Interessen interessiert seien und so das Funktionieren der Gesellschaft störten. In Frankreich ist es der Front National und Intellektuelle wie Houllebecq, die den postmodernen Liberalismus kritisieren. Nun scheint diese Sichtweise, die vor allem die AfD präferiert – „Wir wollen weg vom links-rot-grün-versifften 68er-Deutschland und hin zu einem friedlichen wehrhaften Nationalstaat“ – auch bei Alexander Dobrindt und Sigmar Gabriel auf fruchtbaren Boden zu fallen.
Wenn Dobrindt, wie bereits Thilo Sarazzin, eine „linke Meinungsvorherrschaft“ sowie „selbsternannte Volkserzieher“ in Politik und Medien, die eine „bürgerliche Mehrheit“ zu ertragen hätte, beklagt, ist das vor allem an die Grünen, an die Repräsentanten der 68er, gerichtet. Dobrindt legt jetzt, fast zwei Jahre verspätet, nach, und hofft den längst abgefahrenen AfD-Zug einzuholen.
Dobrindt ist nicht entgangen, dass das „Gespenst 68“ eine nachhaltige Rolle für das Selbstverständnis der AfD spielt. Zu erinnern sei hier an den Stuttgarter Parteitag der AfD 2016 als Meuthen den Saal mit dem Satz „vom links-rot-grün verseuchten 68er- Deutschland“ zum Toben brachte. Das zeigt: Das links-liberale Lager, zu deren Kern heute die Grünen gehören, haben viel erreicht und die AFD will da erklärtermaßen ran, will den roll back. Man darf die AfD nicht reduzieren auf Anti-Euro und Anti-Islam. Die wollen viel mehr – „die haben wirklich die Idee von einer anderen Gesellschaft: geschlossen, autoritär, ausgrenzend“ (Claudia Roth). Nicht zufällig stehen die Grünen heute nicht nur im Fokus der AfD, sondern auch in dem der CSU und der SPD. Sie gehören zu jenen, die seit vielen Jahren den gesellschaftspolitischen und kulturellen Fortschritt in der Bundesrepublik vorantreiben.
Meuthen hat mit seiner in Gossensprache auf dem Stuttgarter Parteitag 2016 vorgetragenen Provokation das Feindbild seiner Partei geschärft und den Stöpsel aus der Flasche gezogen: “Plötzlich schien vorstellbar, dass die seit Jahrzehnten währende Hegemonie der Linksliberalen über die gesellschaftliche Debatte in Deutschland, deren letzte Verbündete ausgerechnet die CDU-Kanzlerin Angela Merkel sein mag, zu Ende gehen könnte. Denn die AfD radikalisiert mit ihrem reaktionären, populistischen Gerede den politischen Diskurs im ganzen Land und drückt ihn nach rechts“ (Holger Schmale, Berliner Zeitung, 12.07.16).
Lieber Herr Posener! Dass es „nicht wirklich gegen 68 gehen“ soll, dass damit 68 auch nichts zu tun haben soll, kann ich nicht teilen. Sie haben recht, „68“ war in Form von Rot Grün nur kurz an der Macht. Dennoch halte ich „die Vorstellung“ „heute wäre die „68er Ideologie“ die in Deutschland vorherrschende“, nicht für völlig „absurd“. Wörtlich genommen haben Sie natürlich auch hier recht. Ich kenne die Programme von KPD/AO und KBW sehr gut. Aber „68“ ist heute für seine Gegner nicht Dutschke & KPD/KBW, und mehr als „nur eine Chiffre“, sondern steht für all das, was die Neue Rechte erfolgreich bekämpft – es steht für Pluralität und Kosmopolitismus und: Und die Partei, die diesen Pluralismus heute am entschiedensten vorantreibt ist weder die SPD oder die CDU, weder die FDP noch die Linke, sondern die Grünen, die Erben von 68.
Ja, „Meuthen, Dobrindt und Buschmann schlagen den Sack „68er“ und meinen den Esel liberales Bürgertum“, der heute von den Grünen repräsentiert wird. All das, wofür dieser „Esel“ (Grüne) steht, ist ohne den Sack (68) nicht vorstellbar. Ohne 68 hätte es keine Friedens- und keine grün-alternative Bewegung gegeben. Deutschland hätte heute ein anderes politisches Gesicht, d. h. ohne 68 wäre Deutschland weniger demokratisch, liberal und bunt. Was „die 68er“ einte ist das Antiautoritäre, der Drang nach individueller Gestaltung des je eigenen Lebens, aus der der staatliche Vormund sich rauszuhalten hat; heute sagen wir dazu linker Liberalismus. Ja, die „antiautoritäre Revolte“ begann für viele von uns erst mal mit Kinks, Beatles, Stones, Hendrix, mit Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll. 68 steht für die Entdeckung der eigenen Individualität durch die erste Nachkriegsgeneration, steht für den Wunsch nach einem selbstbestimmten autonomen und aufgeklärten Leben in einer freien und offenen Gesellschaft. Da „die 68ger“ die Gesellschaft zu recht als repressive erlebten und diese Erfahrung auch in Verbindung mit dem Nationalsozialismus brachten, hatten viele den Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung. Einige auf dem Weg von Reformen andere auf einem eher revolutionären Weg. Wie sie in Ihrem „Freitag“ Text („Starrsinn und Form“) kürzlich richtig bemerken ist 68 nicht die Ursache der Modernisierung, sondern „ihr Symptom“.
Die westdeutsche antiautoritäre Bewegung war Teil einer globalen Freiheitsbewegung in der Mitte des 20. Jahrhunderts, die ihren Ausgang nicht zufällig in den USA nahm. Sie war, marxistisch gesprochen, der sich neu herausbildende Überbau der beginnenden ökonomischen Globalisierung. Von den USA über Frankreich und die Tschechoslowakei bis hin zu Japan demonstrierten junge Menschen vor allem gegen den Vietnamkrieg und die Todesstrafe und für eine neue soziale und gleichberechtigte Gesellschaftsordnung. Ihr Selbstverständnis war emanzipatorisch und größtenteils antiautoritär. Dazu gehörten auch Woodstock, Love & Peace. Was die politischen Gruppen einte war, die autoritären Strukturen aufzubrechen und die Gesellschaft von der Basis aus zu demokratisieren. Ja, die Akteure von 68 waren „verfassungsfeindlich, verbohrt“, auch „verrückt“, aber sie folgten einem humanistischem Impuls. Im Kern war 68 der Beginn und Ausdruck einer linken freiheitlichen Bewegung mit jeder Menge Kinderkrankheiten. Im Geiste fortschrittlich, aber nicht reaktionär, wie die Neue Rechte. 68 wollte die soziale Spaltung in der Gesellschaft überwinden. 68 steht für Anti-Rassismus, Gleichstellung der Geschlechter und sexuellen Neigungen, für „Nie wieder Krieg“ und für „Nie wieder Auschwitz und Faschismus“, für eine kooperative auf Frieden ausgerichtete Außenpolitik; 68 steht für Weltoffenheit. Es ist genau dieser freiheitliche, liberale, antiautoritäre und demokratische Impuls, gegen den die Neue Rechte heute überall Sturm läuft. Für Höcke ist es nicht der Islam, es ist die „Dekadenz“, d. i. für ihn die Liberalität „dieses Links-Grün versifften Deutschland“ (AfD Meuthen), das die Neue Rechte hasst wie der Teufel das Weihwasser. 68 hat, wie Karl Marx, die richtigen Fragen gestellt: Warum gibt es Armut in einer reichen Welt? Wie muss eine freie Gesellschaft beschaffen sein, in der der Einzelne seine Fähigkeiten optimal entfalten kann, nicht vermarktet wird und dem nicht ein Preis, sondern Würde zukommt? Wie weit reicht die Freiheit des Menschen, wenn es um das eigene Überleben und die Rettung der Welt geht? Wie schaffen wir internationale Gerechtigkeit? Genaue Antworten konnte Marx nicht geben, ebenso nicht 68. Heute sind wir ein großes Stück weiter und müssen aufpassen, dass wir die bisherigen Erfolge nicht verspielen.
Wir leben heute in einer „Zeitenwende“. Tribalistische Identitätsansprüche entlang ethnischer Gemeinschaften stehen nicht nur im Widerspruch zu einer modernen pluralistischen Kultur, sondern auch gegen die uns vorgegebenen Formen der globalen Produktion und Reproduktion unseren Lebens. Universalismus, Menschenrechte und Global Governance gehören marxistisch gesprochen zum Überbau der ökonomischen Globalisierung. Die Grünen sind, wie die 68er, erneut Teil einer globalen Freiheits-, Gerechtigkeits- Modernisierungs- und ökologischen Bewegung und fordern retardierende Kräfte heraus.
Aufgrund der Studien von Michael Zürn ist die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit nicht mehr der entscheidende Konflikt im 21. Jahrhundert: heute deute sich „eine neue, tief reichende Kluft an: die zwischen Gewinnern und Verlierern der Globalisierung, zwischen Kosmopoliten, die für offene Grenzen und universell Werte eintreten, und Kommunitaristen, denen eine Begrenzung der Offenheit und nationalstaatliche Souveränität wichtig“ sei: „Was wir erleben“, so Zürn weiter,“ sei „der Niedergang der klassischen Linken, die Herausbildung einer neuen liberalen Mitte auf der einen und der Aufstieg einer anitmodernistischen Rechten auf der anderen Seite“, die versuche, „die soziale Leerstelle der alten Linken zu besetzen“ (Zürn). Dobrindt & Co. wollen offensichtlich Teil dieser antimodernistischen Rechten werden und ihre Führung übernehmen, statt auf Basis unseres Wertesystems die Debatte mit ihnen zu suchen.
Spätestens als Trump den Liberalismus in Amerika besiegte und die politischen Koordinaten verschob, wird jetzt auch in der CSU und in der FDP das Spielen mit illiberalen Positionen wieder attraktiv, d.h. Dobrindt & Co. übernehmen diese, statt sie zu bekämpfen. Wer, wie Meuthen, Dobrindt und Buschmann, „die Radikalisierung des illiberalen Bürgertums“ betreibt, spielt nicht nur mit dem Feuer, er stellt sich außerhalb unserer demokratischen Werteordnung und wird damit zum Steigbügelhalter der Kräfte, die einen anderen Staat wollen.
Was wir mit Dobrindt´s „bürgerlich-konservativen Manifest“ und den Rechtsnationalen erleben ist, wie es kürzlich der Historiker Jürgen Osterhammel formulierte, ein „postimperialer Abwehrnationalismus mit hohem Rassismuspotential“. Die Mittelschichten ahnten längst, so Osterhammel weiter, dass die Wachstumsdynamik der deutschen Aufstiegsgesellschaft ihrem Ende entgegengehe, während die Macht der globalen, insbesondere der chinesischen Mittelschichten, bedrohlich wachse. Hinzu kommen die Flüchtlingsbewegungen.
Es sind nicht allein die Aufsteiger der alten Bundesrepublik, wie Lessenich formuliert, die um ihre Privilegien fürchten und AfD wählen. Die Spaltung geht durch die gesamte Gesellschaft. Wenn Dobrindt jetzt gegen die Grünen und die Linken hetzt macht er das nicht nur als Vertreter des alten Mittelstandes, sondern auch all derer, denen die ganze kulturelle Richtung nicht stimmt. Die neue Mitte hingegen, die sich der digitalen Informationsökonomie, der Umwelt und den Menschenrechten verbunden fühlt, setzt auf die Modernisierung der Gesellschaft, auf einen modernen „grünen“ innovativen Kapitalismus bzw. auf Postwachstum. Was wir erleben, ist nicht allein ein „Klassenkampf der Mitte“ (Lessenich), sondern ein Kampf zwischen den alten und den neuen Eliten um die Zukunft Deutschlands. Die „Erben von 68“ mitten drin.
Ob wir uns heute in „einer Periode wie den Dreißigerjahren“ befinden, wie Steve Bannon kürzlich in Zürich erklärte, sei dahingestellt. Richtig aber ist seine Diagnose des sich verschärfenden Konflikts zwischen den Anhängern der „illiberalen“ Demokratie (orientiert an Carl Schmitt) und denen der demokratischen Republik (orientiert an Kant), zwischen Nationalismus und offener Gesellschaft. Dobrindt & Co scheinen sich auf die Seite von Schmitt, und damit außerhalb der offenen Gesellschaft, zu stellen. Wir sollten das Erbe von 68 trotz aller berechtigten Kritik nicht kleinreden, sondern bewahren und gegen die Gegner der offenen menschenrechtlich verfassten Gesellschaft verteidigen!
Viele Grüße
„Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit seiner Würde und seiner Freiheit.“ Der erste Satz unseres aktuellen Grundsatzprogramms gilt für uns damals wie heute: Grüne Politik will das Leben der Menschen, und zwar aller Menschen, besser machen. (aus: Grundsatzprogramm von Bündnis 90/Die Grünen)
P.S. Anbei meine Antwort auf Ihren Text im „Der Freitag“ vom
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/starrsinn-und-form?utm_medium=raadar&utm_source=raadar.de
https://www.freitag.de/autoren/bruno-heidlberger
@Bruno
… mir gelingt einfach keine Replik auf Ihren Kommentar. Schon bei – ‚ einen Bruch mit den Ideen von 68‘ – entschlüpfte meinem Hamster ein Bäuerchen. Wirklich. Ihre ‚Ideen‘ sind doch wahr geworden.
Ich erlaube mir, hier wiederholt, einen Hinweis auf Franz Josef Strauß aus 1986. Leider ist seine düstere Ahnung eingetroffen.
o.t.: Genossen unter sich, quod erat demonstrandum
Lieber Herr Alan! Ich glaube Sie sind ein wirklich netter Mensch, der es grundsätzlich gut meint, aber einer der hier ständig gegen Rechts zickt ( was habts ihr denn für eine Demokratie und nicht vorhandene Vielfalt, die bürgerliche oder konservative Ansichten unterbinden will?) Sie setzen sich teils gegen Judenhetze ein, richtig- Daumen hoch, aber pauschal für Muslime und ihre religiösen Befindlichkeiten zu kämpfen, das finde ich nicht gut, die kämpfen auf allen Ebenen schon für sich selbst, teils dermaßen Intolerant und unfriedlich und zu keinem Kompromiss bereit.
Ich bin ja nur Gast in eurem Deutschland, aber wenn das so weiter geht, bin ich wie alle anderen, bereits abgewanderten Fachkräfte, wieder weg. Deutschland ist nicht mehr das, was es einmal war, kein Wunder dass viele Migranten AFD wählten oder sogar Partei Mitglieder sind, eventuell sollten Sie sich mal mit liberalen Muslimen unterhalten, die sich für eine modernisierung ihrer GewaltMordIntolerantLehre einsetzen, dafür aber Morddrohungen von „wahren Gläubigen“ erhalten, oder mit Exmoslems, Homos, Juden oder mit Lehrer oder Kindergärtner, was die Ihnen von den Facetten des ISlams erzählen und Integrationsproblemen, von liberal bis radikal ist alles dabei. Sollten Sie mal auf der Straße unterwegs sein, dann dürfte Ihnen auch die Kopftücher und sogar Burka/ Niqab ( absolute Radikalisierung und gehört verboten) aufgefallen sein, das ist doch nicht deutsch, es kann ja nicht sein, dass ich als tendentiell deutsch aussehende, als ungläubige Schlampe begafft und angequatscht werde. Das ist für eine offenen, freie Gesellschaft nicht gut und sehr viele Migranten warnen vor diesen Zuständen, die sind vor solchen Zuständen ja geflohen!
Der Islam ist leider nicht für Menschenrechte und Frauenrechte bekannt, schaut man in deren unreformierten Lehre, weiß man auch warum. Und dass ihr Deutschn eure eigene Kultur nicht mal benennen könnt ist traurig genug, ich geb euch mal einen Tipp: das Deutsche ist der Grund warum alle Welt bei euch einwandern will. Eure Kultur ist NICHT islam. geprägt, sondern christl. dieses eröffnete Freiheit, Vielfalt und Möglichkeit zur Veränderung. Die islam. Kultur erkennt nur eine als die richtige und beste an, die Islamische.
Bitte aufpassen: es geht nicht um alle Moslems oder den gesamten Koran, sondern eben die intoleranten und Radikalinski, die sich Aufgrund GewaltSuren ergeben.
Und dass Sie die Männer Beschneidung so verharmlosen, finde ich unmöglich! Schon mal mit einem Moslem geredet, der darunter leidet, ungefragt als !Kind! da empfindliches Gewebe entfernt zu bekommen, unter diesem Dogmatismus des ISlams?
Natürlich ist nicht alles schlecht an dieser Kultur, aber nicht alles ist gut. Könnt ihr Deutschn nur beide Extreme bedienen?
„Natürlich ist nicht alles schlecht an dieser Kultur, aber nicht alles ist gut. Könnt ihr Deutschn nur beide Extreme bedienen?“ Nö. Wir können auch differenzieren.
68er, 68er, 68er, 175er, 08/15er, 88er (wegen dem HH) das sind eigentlich Kürzel bzw. Signifikanten für Menschen wogegen der böse, böse Heidegger einwendet, dass so etwas der Berechnung, der Schacherei mit der Welt gleich komme. Ich war 68 21 Jahre alt und musste meinen Wehrdienst leisten, hatte den Überfall des Warschauer Packtes auf Prag an der Backe. Ausgangsbeschränkung, Kampfanzug, Ausgang gestrichen. Aber die „68 er“ intonierten „Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh“ und nie „Dubceck, Duncek“. Denen war der ferne Osten wichtiger als die Nachbarschaft. Meine Schulkameraden verstanden sich als 68er. Bis zum Abitur gingen sie jeden Samstag in die Kirche zu Beichte, damit sie Sonntags die hl. Komunion empfangen durften. Als sie das Abi hatten und in Köln bei Scheuch Soziologie studierten, war das wie weggeblasen. Nachdem sie als Gymnasiasten ihre Seele retten wollten, wollten sie nun die Welt – und so nebenher Deutschland – retten. Wir machten immer noch unsere Partys und teilten die Freundinnen. Unserem „Oberrevoluzer“ bemalte ich den DKW in Flower Power Manier, danach sah er aus wie John Lennons Rolls Royce. Wenige Jahre später grüßte unser 68er Revoluzer mich nicht mehr, sah mich nicht mal mehr an. Ich hatte wohl nicht das richtige Bewustsein! So erlebte ich u.a. die 68er!! – Revolution ? Alles Quatsch und hilflose Projektionen.
Ja, Rainer Reusch, so ist das wohl. Jeder erlebte „68“ anders. Ich zum Beispiel – um nur auf eines Ihrer Argumente einzugehen – nahm im August des Jahres sehr wohl an einer großen Berliner Demonstration gegen den Einmarsch der Russen in Prag teil. Dafür bekamen wir Schüler sogar frei, wenn ich mich nicht irre.
Die Unterstellung freilich, Vietnam sei im Gegensatz zu Prag weit weg, finde ich am Jahrestag des Massakers von MyLai unangebracht. Mir sitzt noch heute der Schreck in den Gliedern, wenn ich die Bilder sehe. Es waren ja UNSERE Beschützer, die das anrichteten.
https://www.welt.de/geschichte/article174569608/Massaker-von-My-Lai-Ich-wuerde-sagen-wir-haben-sie-erledigt.html
Sehr geehrter Herr Posener!
„Wenn die „christlich-abendländische“ Kultur den „Grundkonsens des Zusammenlebens“ in Deutschland bilden sollte, stehen die östlichen Bundesländer offensichtlich außerhalb dieses Konsenses.“ — könnten Sie Ihre Hypothese bitte begründen?
Und: Warum bloß müssen Sie in Ihren Beträgen so oft so persönlich werden?
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Great minds discuss ideas;
Average minds discuss events;
Small minds discuss people.
Lieber Matt Paul:
1. https://www.welt.de/politik/deutschland/article114889749/Ostdeutschland-die-unglaeubigste-Region-der-Welt.html
2. Nicht ich wurde „persönlich“, sondern Herr Klonovsky. Ich habe Klonovskys Veröffentlichungen thematisiert. Er hat mit dem Spitznamen „Gollum“ (wahlweise) meine ethnische Herkunft, meinen Charakter oder meine Aussehen thematisiert, vielleicht alles zusammen. So viel zu „small minds“.
Ich lasse einmal die Polemik hinter uns und nehme den Satz von Posener: „Damals war die liberale jüdische Bürgerlichkeit der Hauptgegner, heute ist es die liberale, weltoffene Bürgerlichkeit. Und so wie man damals behauptete, die ganze Republik sei „verjudet“, behaupten Meuthen und Co., die Republik sei von den 68ern gekapert worden und „rot-rot-grün versifft“.“
Interessant sind ja die furchtbaren Parallelen. „Versifft“, das zielt zwar auf die Leistung verweigernden und ungepflegten Cannabis – Konsumenten und Drogen-Dealer. Aber die gibt es schon lange nicht mehr. Die Angst vor „sozialer Infektion“ ist also von vorgestern. Die moralische Abwertung ohne Ende, na ja – das ist keine neue Idee, zumal niemand weiß, was eigentlich gegen „linksliberal“ gesetzt werden soll. Der nun gut gealterte Joschka Fischer ist doch ganz stattlich.
Was nun „68“ als Chiffre meinen soll, das ist einerseits völlig kontrovers, andererseits völlig unbestimmt. Nimmt man nur das sich revolutionär gebende eine Jahr 1968 mit den Aktivisten, dann müsste auch ein „rechter“ Demagoge auf die Pose des Revolutionären verzichten. Tun sie aber nicht. Also wollen sie grundlegende liberale Errungenschaften bekämpfen. So etwas will in Bayern fast keiner, also geht’s mal wieder gegen die armen Italiener, die man auf dem Problem sitzen lassen will, dass das Mittelmeer nun einmal nicht effektiv kontrolliert werden kann. Auch in Italien wird extrem polemisiert, was aber nichts nutzt. Tja – da hoffe ich doch auf das schlechte Beispiel Italien und die relativ gute Oberfläche Frankreich, ein Prise Vernunft dazu: Deutschland muss Frankreich entgegen kommen (Finanzpolitik). na, dann warten wir einmal ab!
@Alan Posener
„Dieselwahn“
Wahn wäre ein irrationales, projezierendes Verhalten. Dem Diesel, also der Kraftmaschine mit dem höchsten Wirkungsgrad den Vorzug zu geben, ist genau das Gegenteil, nämlich das Handeln des vielbeschworenen Homo Oekonomicus.
Und an NOX ’stirbt‘ überhaupt niemand – allerdings möglicherweise an brennenden Akkus.
Wahnhaft ist also das Eindreschen auf diese effiziente Technologie, gleichermaßen wie die paranoische Vorliebe für 3 t – SUVs im Stadtverkehr, der von TAZ, linken NGOs und ‚Grünen‘ befeuerte Konsumismus („Elektromobilität“), der jeder eigenverantwortlichen privaten Investition den Garaus machen will.
Mag sein, daß derartige programmgläubige Spießigkeit (oder besser geistige Kleingärtnerei) den Ur-68ern fremd war – tatsächlich glaube ich das – aber dann sollen jene sich auch verteidigen und sich nicht mit dem Prenzlauer Öko-Konsumismus gemein machen. So ist ‚Links‘ und ‚Grün‘ nichts anderes, als sowas wie modischer ‚Edelpunk‘: Spießer/innen mit Che Guevara – Poster im Keller. Ein gefundenes Fressen für die, die sie in Ihrem Artikel kritisieren.
Nachtrag aus aktuellem Anlass:
Das sog. Umweltbundesamt ist in dem Sinne gar kein ‚Amt‘, also eine Behörde, sondern ein Forschungsinstitut unter vielen, das sich im Übrigen eher durch einseitigen Lobbyismus z.B. für die Wasserwirtschaft, als durch wissenschaftliche Stringens hervorgetan hat. Beispiele aus der Vergangenheit sind die völlig aus der Luft gegriffenen, sprich ohne jegliche toxikologische Begründung festgelegten Grenzwerte für Nitrat und Herbizide im Grundwasser oder der sog. ‚Elektrosmog‘ – etwas das neuerdings gar nicht mehr so gerne thematisiert wird, weil das für die sog. Energiewende unabdingbare ‚Smart Grid‘ mehr, als genug davon erzeugt. Die ’statistischen Belege‘ oder ich sollte wohl besser sagen das Geschäftsmodell dieses Vereins (sowie der anderen ‚Umwelt‘-NGOs) funktioniert so (am Beispiel ‚Elektrosmog‘): Erfasse die Leukämierate von Menschen, die unter Hochspannungsleitungen wohnen mit der von Menschen, die fern davon wohnen (z.B.Helgoland, Sylt oder Mallorca). Natürlich erhalten Sie das, was Sie haben wollen. So geht das auch mit allem anderen. Sie müssen nur etwas aufpassen, was Sie korrelieren wollen:
– Asthma und NOX an Hauptverkehrsstraßen: Klar
– Kopfschmerzen in der Nähe von Windrädern: Das dürfen Sie noch nicht mal denken..
Meine derzeitigen Favoriten:
– Einkommen und Kokainkonsum
– Übergewicht und Veganismus
– Verkehrsunfälle und Einwohnerzahl
– Klimawandel und Vulkanausbrüche usw…
Nur eins ist wohl sicher: Sex sells. (Deswegen sollten vielleicht Politiker/innen nicht versuchen, Elektroautos zu verkaufen.)
Lieber Klaus J. Nick: Wow, es steckt ja richtig Feuer in Ihnen! Ich gebe zu, dass ich von Dieselautos nichts verstehe. Vielleicht lassen wir’s fürs Erste bei dieser Feststellung.
Lieber Alan Posener,
ich nenne Dobrindt eine Dumpfbacke, weil man damit in einem Wort ausdrücken kann, daß dieser Herr ein intellektuell minderbemittelter Politbürokrat ist, der in dem ihm anvertrauten Ministerium seiner Aufgabe nicht gerecht wurde sondern entweder kläglich versagt hat oder sogar mit Absicht seinen Amtseid verletzt hat in seiner Amtsführung.
Und wenn Sie mit dem Begriff „Verhältnisse“ nichts anfangen können, womit soll ich anfangen ?
Beim Zustand unserer Infrastruktur, des Krankenwesens, der öffentlichen Sicherheit, der Sozialsicherungssysteme, des Bildungswesens, der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr, der Währungssicherheit, der EU usw.
Ich bin auch nicht dafür, daß die Presse die Machtverhältnisse im Staat abzubilden haben. Ganz im Gegenteil ich bin froh darüber, daß die neuen Medien die Macht der Familien Springer, Mohn, Holtzbrink etc. gebrochen haben.
Noch zu Gerhard Schröders Zeiten(„Zum regieren brauch ich nur BILD, BamS und Glotze.“) hat die Titelseite der BILD in der Tat Wahlen entschieden, aber diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei.
Lieber Don Geraldo, sie beklagen den „Zustand unserer Infrastruktur, des Krankenwesens, der öffentlichen Sicherheit, der Sozialsicherungssysteme, des Bildungswesens, der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr, der Währungssicherheit, der EU usw.“
Das sind aber Bereiche des Regierungshandelns. Und die Regierung lag nachweislich noch nie in der Hand der 68er, wie ich geschrieben habe. Sie können nicht ohne intellektuelle Akrobatik à la Dobrindt die Verantwortung für Defizite von der CDU/CSU und der SPD auf die Grünen oder gar die 68er abwälzen.
Wenn in Berlin deutlich weniger Asylbetrüger abgeschoben werden als in Bayern ist das eine politische Entscheidung der dort herrschenden Parteien, wer gerade die Bundesregierung stellt ist dabei vollkommen irrelevant.
Und Regierungshandeln ist natürlich an Parlamentsbeschlüsse gebunden, auf Bundesebene ist das nicht nur der Bundestag, sondern auch der Bundesrat.
Und welche Partei ist an den meisten Regierungen beteiligt und konnte daher den unseligen Beschluß über den Familiennachzug durchsetzen ?
Und über die Unterschiede in der öffentlichen Sicherheit zwischen Berlin und Bayern muß ich doch Ihnen als Berliner nichts erzählen ?
Und wenn doch, fahren Sie einfach mal nach Bayern, Sie werden es schnell erkennen. Ich wohne im hessischen Grenzgebiet zu Bayern, und die Unterschiede in der Polizeipräsenz, aber auch im Gesundheitswesen, der Infrastruktur und dem Bildungswesen sind nur ein paar Kilometer weiter eklatant.
ich freue mich schon auf die Klatsche, die die Södersche CSU im Herbst bei der Landtagswahl von der AfD bekommen wird, aber wenn man erhrlich ist wird Bayern seit Jahrzehnten deutlich besser regiert als alle anderen Bundesländer. nicht zuletzt deshalb, weil die 68er-Parteien SPD, Linke oder gar Grüne auch nur in die Nähe einer Regierungsbeteiligung gekommen sind.
Lieber Don Geraldo, Sie haben Recht. Berlin wird seit Jahrzehnten schlecht verwaltet. (Das meinen Sie, denke ich, wenn Sie „schlecht regiert“ sagen.) Die Behörden hier funktionieren oft nicht. Hingegen Bayern: toll. Meine Frau brauchte neulich eine Kopie ihrer Geburtsurkunde aus Weiden / Oberpfalz anfordern. Das ging formlos, unbürokratisch („legen Sie dem Brief 10 Euro bei“) und schnell. Hut ab.
Wo Sie irren: Wenn Sie Berlins Misere auf „die 68er-Parteien SPD, Linke oder gar Grüne“ schieben. Erstens sind das eben KEINE „68er Parteien“, wie ich nicht müde werde zu betonen. Und zweitens war in Berlin die CDU seit der Wiedervereinigung fast durchweg an der Regierung beteiligt, Stichwort Eberhard Diepgen. Die Grünen hingegen sind erst seit der letzten Wahl wieder dabei.
Der Aphorismus von Herrn Klonovsky ist zwar ein Eigentor, aber trotzdem nicht geistreich. Interessen und Werte liegen in ihrer Bedeutung dicht beieinander, das ist klar – viele Sätze enhalten beides („Interessen und Werte“). Der Unterschied liegt aber nicht im Grad der Aggression. Interessen können sehr aggressiv auftreten, ohne dass sie zu Werten werden.
Lieber Roland Ziegler, Sie haben es immer mit Worten und Definitionen. Aber ein Aphorismus ist keine Definition. Wenn etwa der große Dr. Johnson 1775 sagte: „Patriotism ist the last refuge of a scoundrel“ (Der Patriotismus ist die letzte Zuflucht eines Schurken), so kann man das – gerade heute – nachvollziehen, aber es handelt sich nicht um eine Definition. Derselbe Dr. Johnson gab in seinem berühmten Wörterbuch der englischen Sprache (1755) folgende Definition für „Patriot“: „One whose ruling passion is the love of his country.“ (Jemand, dessen herrschende Leidenschaft die Liebe zu seinem Land ist.“) Erst in der vierten Ausgabe fügte er hinzu: „It is sometimes used for a factious disturber of the government.“ (Manchmal verwendet zur Bezeichnung eines parteilichen Störers der Regierungsgeschäfte). Damit waren vermutlich die Rebellen in den amerikanischen Kolonien gemeint, die sich „Patrioten“ nannten.
„Patriotismus“ gilt uns als Wert, aber im England des 18. Jahrhunderts galt es manchen Kreisen nur als Maske für die Interessen der Kolonisten, die keine Steuern zahlen wollten.
Im Fall des Patriotismus ist es eher so, dass sich ein (ökonomisches) Interesse als Wert tarnt. Sicher, das ist kommt oft vor. Aber mit Aggressivität hat das wenig zu tun. Der Drogenbaron etwa kommt völlig ohne Werte aus und ist bestimmt nicht weniger aggressiv in seinen Interessen als der Nationalist.
…oder wenn nicht Tarnung, dann: ein (allgemeiner) Wert wird für ein (partikulares) Interesse instrumentalisiert.
Also kurz gesagt: ein Aphorismus ist zwar keine Definition, kann aber trotzdem falsch bzw. schief oder unpassend sein. Wie in diesem Fall.
… am besten gefällt mir, ‚Der Aphorismus von Herrn Klonovsky ist zwar ein Eigentor, aber trotzdem nicht geistreich.‘ … das ist wie, als wenn die Volksarmee alte Kameraden schmettert … *rofl*
Das Zitat von Dr. Johnson hat aber insofern einen „Haken, als daß der gute Doktor wohl falschen Patriotismus meinte:
http://www.samueljohnson.com/refuge.html
und siehe die Diskussion in:
https://en.wikiquote.org/wiki/Patriotism
Heute sollte man eher sagen: Antigermanismus ist das Credo, die Afterreligion des gesamten linken Charakterlumpenpacks in der Politik, im (Un-)Bildungswesen, in der sog. Kunst- und Literaturszene und in den Medien.
Da sind Sie schon wieder am „After“, Linkenhasser. Was haben Sie bloß für Fixierungen?
„Afterreligion“ hat nichts mit dem Körperteil „After“ zu tun. Müßten Sie als Germanist eigentlich wissen 🙂
Wo haben Sie denn studiert, wenn ich fragen darf?
Stimmt, Linkenhasser.
FU Berlin und Ruhruniversität Bochum.
Ein paar (subjektive) Beispiele für Werte: den Kindern ein geborgenes, erlebnisreiches Leben ermöglichen; gemeinsam musizieren; Leuten in Not helfen; morgens sich hochquälen u. aufstehen (Plichterfüllung). Vielleicht nicht die riesigsten Werte, aber eindeutig Werte. Jetzt bin ich gepannt auf eine Darlegung, inwiefern hier Interessen aggressiv geworden sind.
Aber um bei den von Dobrindt angeführten Werten zu bleiben: „Demokratie, Menschenrecht, Freiheit, Recht und die christlich-jüdische Glaubenstradition formieren eine Wertegemeinschaft des Abendlands“: keine Einspüche. Das sind eindeutig Werte und ergeben tatsächlich eine Wertegemeinschaft, in der auch ich gerne leben möchte. Dass sich einige dieser Werte ggf. widersprechen oder zumindest in einem Spannungsverhältnis zueinander befinden, ändert daran nichts. Es muss ja so in einer Werte-Zweckgemeinschaft nicht immer harmonisch zugehen. Eine Wertegemeinschaft ist sowas wie eine Wohngemeinschaft. Da passt auch nicht immer alles, aber man muss sich irgendwie einrichten. Mit aggressiven interessen haben diese Werte nichts zu tun. Man kann sie natürlich im Eigeninteresse benutzen, das ist klar. Das kann man aber mit fast allem tun, eben auch mit Werten.
Nun ja, Roland Ziegler, aber gerade Sie als jemand, der auf Wörter achtet, müssten erkennen: „Freiheit“ ist nicht eigentlich ein Wert, sondern ein Recht, es gehört eben zu den Menschenrechten und beinhaltet die Freiheit zu leugnen, dass es ewige oder bindende Werte gebe. Und „Recht“ als solches ist auch kein „Wert“. Ebenfalls ist eine „Glaubenstradition“ kein „Wert“, sondern eben eine Tradition und als solche zwiespältig. Und dass es eine „christlich-jüdische Tradition“ im „Abendland“ gäbe, würden die meisten Juden leugnen oder anders definieren: nämlich als Tradition der Judenverfolgung durch Christen.
Dieser Argumentation kann ich nicht folgen, Herr Posener. Wenn Sie statt „Freiheit“ z.B. Kekse einsetzen, ergibt sich bei Ihnen: Kekse wären kein Wert, sondern ein Recht. Nehmen wir an, Sie haben sich ein Recht auf Kekse erarbeitet. Dann haben Sie ein Recht auf Kekse, genauso wie wir ein Recht auf Freiheit haben. Und die Kekse sind dann für Sie ein Wert. Genauso wie für uns die Freiheit ein Wert ist.
Seufz. Das sind Tugenden, lieber Roland Ziegler, keine Werte. Und auch SS-Leute erfüllten ihre Pflicht, musizierten gemeinsam und wollten ihren Kindern ein gutes Leben ermöglichen.
Aber noch einmal: Es handelt sich bei Klonovsky um einen Aphorismus. Nicht um eine Wortdefinition. Ich schrieb, der Aphorismus sei geistreich – nicht, er sei universell anwendbar. Sie finden ihn nicht einmal geistreich. Auch OK.
ich war vielleicht etwas m issverständlich. Kurz zusammengefasst:
Klonovskys Aphorismus lässt sich auf drei Weisen interpretieren. Zwei davon wären interessant, sind aber leider falsch und eine ist banal und wahr.
1. ALLE Interessen nennen sich, wenn sie aggressiv genug sind, Werte. Dieser Satz ist falsch.
2. ALLE Werte sind eigentlich aggressive Interessen. Auch falsch.
3. EINIGE aggressive Interessen nennen sich Werte. Wahr & seiend. Aber gibt es jemanden auf der Welt, der das noch nicht wusste?
Zu den SS-Leuten: ja. Man sollte der Versuchung widerstehen, SS-Leute als Dämonen oder Teufel zu betrachten, die keinerlei Werte haben und brauchen. Oder nur teuflische Werte. Die haben einige teuflische Werte. Die meisten ihrer Werte sind aber eher allgemeingültig – jede rbeschützt seine Kinder, das ist ein allgemeinmenschlicher Wert. Meinetwegen auch eine Tugend. Tugenden sind ebenfalls Werte, nur in etwas kleineren Größen. Ich stehe auf, weil ich die Vermutung habe (bewiesen ist das nicht), dass es besser ist, morgens aufzustehen. Nicht nur für mich und mein schnödes Interesse, sondern für meine Familie und auch ganz allgemein. Es ist im Allgemeinen gut , morgens aufzustehen. Damit man etwas machen kann. Aufstehen als Wert. Keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht im Winter.
Das ist immer noch eine zu dünne Basis für SBG. Hoffe ich.
Der Angriff auf das liberale Bürgertum kommt vom liberalem Bürgertum selbst. Ich wiederhole mich, aber das rot/grün versiffte, die 68er Ideologie und das Abschaffen Deutschlands und Europas ist mit der Islamkritik nach 9/11 aufgekommen. Auch die Gleichsetzung von Links und Nationalsozialismus, damit auch die EUdSSR Rhetorik, kommt nicht von der AfD, weil es die damals gar nicht gab. Kubitschek kannte auch noch niemand. Das nun jede bürgerliche Partei eine Denkschrift zu diesem Thema abgibt, ist doch der Wortgewalt dieser Kaste zu verdanken. Natürlich wollten die das dann so nicht. Dass der Weg in die Hölle mit guten Absichten gepflastert ist, sieht man an den Begriffen, die die Flachnase Dobrint jetzt verwendet: Konservative Revolution. Und auch der Konsens zum Holocaust bröckelt ja gerade gewaltig. Vergesst Ausschwitz! Keine Angst, ging schneller als erwartet. Blöd nur für die, die nicht vorhaben nach Island auszuwandern. Natürlich ist Broder nicht alleine schuld, vielleicht habe ich ihn einfach nur am meisten gelesen, aber von ihm bin ich am meisten enttäuscht. Nicht weil „er als Jude“, sondern weil er als kluger Kopf Geburtshelfer des deutschen Neofaschismus gewesen ist.
Trotzdem will ich nicht glauben, dass CDU und FDP sich darauf einlassen würden.
@Stevanovic
… es steht mir nicht zu HMB zu verteidigen, kann er wohl selber auch viel besser. Ich meine er will gestalten, nicht teilhaben, wie die Genossen es tun. Und wenn Sie schon Faschismus erwähnen, den haben/hatten wir hier schon.
Faschismus? Den haben wir längst, er nennt sich bloß anders, heute wird er als „Linksliberalismus“ bezeichnet.
Ignazio Silone hatte wohl doch recht…
Broder, der Neofaschist mit der Geburtszange, Stevanovic, ich weiß nicht mit welchen Geistern Sie zu kämpfen haben, aber hiesig sind die nicht.
Eine Figur wie Dobrindt, Angestellter der Autoindustrie in Deutschland, faselt irgendwas von „konservativer Revolution“. So what? Muss man das ernst nehmen? Nein. Er selbst ist das beste Beispiel für die Erosion der von ihm selbst beschworenen „Werte“.
Zu dem schwammigen Thema „Werte/Identität usw. usf“ (durchaus streitbar, aber weitaus fundierter als dieses wolkige Gesülze):
Francois Jullien, Es gibt keine kulturelle Identität, Frankfurt 2017.
Müller, Jan-Werner, Das Elend der Christdemokraten, in: „Der Spiegel“, Nr. 7/2018, S. 118f.
Und am besten, lieber Stefan Trute: Richard Herzinger, „Republik ohne Mitte“.
http://www.kas.de/wf/doc/kas_5.....1022095911
Ich habe nur das Exposé gelesen, frage ich aber, wie man ernsthaft meinen kann, in unserer Gesellschaft gäbe es keine Mitte. Wir haben ein Grundgesetz, das ist unsere Mitte. Die ist auch nicht kleiner, nichtssagender oder allgemeiner oder sonstwie beeinträchtigt im Vergleich zu den Mitten anderer Gesellschaften. Im Gegenteil.
Am besten lesen. Wozu Herzinger ein ganzes Buch braucht, kann ich nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen. Eines aber kann ich sagen: Der Titel ist irreführend, und Herzinger ist unglücklich darüber. „Republik ohne Mitte“ ist keine Klage, sondern eine Forderung.
Die von Merkel in die Irre geführte Mitte – So würde mein Buch heißen, wenn ich einen Stift hätte.
Ich ziemlich sicher, dass Meuthen, Dobrindt und Buschmann Götz Aly, Stefan Aust, Wolf Biermann, Henryk Broder, Daniel Cohn-Bendit, Rudi Dutschke, Joschka Fischer, Willy Jasper, Helmut Lethen, Ulrike Meinhof, Bahman Nirumand, Rüdiger Safranski, Christian Semler, Thomas Schmidt und Joscha Schmierer im Blick haben, wenn sie von der links-grün-versifften Republik sprechen.
Offensichtlich stimmen Fremd- und Selbsteinschätzung bei den 68er immer noch nicht.
Es gibt im Grunde nichts Neues unter der politischen Sonne, jedenfalls nichts, was einst schon Wolfgang Pohrt seit den 80er Jahren irgendwann mal kritisiert hatte. Und das kam aus einer Perspektive der Selbstkritik der 68er, was die Dutschkes, Rabehls und so mancher Maost an Nationalismus hervorbrachte fand man bereits kritisiert.
https://edition-tiamat.de/wolfgang-pohrt-werke-in-11-baenden/
Die Subskription dürfte sich lohnen für Freunde und Feinde der 68er.
Daß man diese linke oder linksliberalen Bewegungen nicht – wie Nazis ja schon im Grunde olfaktorisch die Feinde wahrnahmen – nicht olfaktorisch als links-grün-versifft bezeichnen kann, ohne sich selber lächerlich zu machen, könnte man wissen. Man müßte mehr mit dem Kopf als mit der Nase denken.
Daß die Rechte in letzter Instanz nichts dazugelernt hat, merkt man jetzt, wo so gut alles, was man „Rechtes“ von der ersten 20. Jahrhundert-Höfte kennt, recycelt wird. Geklaut ist das alles bei der vermeintlichen „konservativen Revolution“, die ein Katalysator für den Nationalsozialismus war, dessen Vokabular zu verwenden nun in Salamitaktik, scheibchenweise, wieder eingeführt wird, aber von den Klügeren der Rechtsextremen sei es Afd, Pegida IB usw. vermieden wird.
Anleihen bei anderen völkischen Bewegungen, ein halbherziger Verzicht auf antisemitische TIckets, das alles wird zu einem Konglomerat vermischt und, um das halbwegs noch in Ordnung zu bringen mit Carl Schmitt als Gerüst zu einer neuen identitären Ideologie gebräut, wie sie auch schon dagewesen ist. Die Linken waren aber nie wirklich die vaterlandslosen Gesellen, die sie hätten sein müssen, wenn man sie ernst zu nehmen Grund genug haben wollte.
Wilhelm Stapels „Antisemitismus und Antigermanismus“ erfreut sich mal wieder freudiger Urständ. Und eine günstige Neuauflage von Panajotis Kondylis, Konservativismus, ein Werk das die These ertritt, daß dieser „weitgehend mit der Geschichtes des Adels zusammen(fällt), was offensichtlich bedeutet, daß das Ende des Adels als tradtionell (im Weberschen Sinne) herrschende Schicht auch das Ende des sozial relevanten und begrifflich prägnanten Konservativismus nach sich ziehen mußte“. S. 27 des Werkes, wäre eigentlich mal fällig. Konservativ war jedenfalls das, was da vertreten wurde, gar nicht. Und wenn noch heute (Sic!) jemand sich konservativ nennt, ist das Etikettenschwindel. Und selbst Mohler hat die Widersprüche und Polaritäten seins recht willkürlichen Konstrukts der „Konservativen Revolution“ nicht einmal bestritten. Aber der wollte ja mehr die Absicht realisieren, „eine Hilfe für die rechte Intelligenz“ zu sein, als eine konsistete Ideologie zu formulieren, was vom Begriff von Ideologie her ja ohnehin nicht möglich ist.
Dobrindts Problem ist, dass er nur konservative Buzzwords schwallen kann, wie vor ein Tagen in der WELT in einem Ausmaß ausgebreitet, das auf mich beinahe wie eine Karikatur wirkte. Die „68er“ sind dabei nur einer von vielen Begriffen, die auf nichts verweisen als auf eine Wolke aus diffusem Unbehagen an der angstmachenden Jetztzeit. Als Rücknahmeangebot an die abtrünnigen CSU-Wähler funktioniert das aber nicht. Es fehlt das Konkrete, der Action-Plan. Selbst wenn er ihn hätte, würde er ihn nicht auf den Tisch legen, weil im gleichen Moment die reale politische Schlacht loslegen würde – auch innerparteilich. Also bleibt er vage und hohl. Das Resultat ist, dass die CSU mit dieser Rederei die Stoßrichtung der AfD und die Sentimente ihrer Wähler befestigt, gleichzeitig selbst aber ihre Glaubwürdigkeit abschleift. Die AfD erscheint „umsetzungsstärker“ und „entschlussfreudiger“, die CSU schwächer und unverbindlich. Gut möglich, dass die CSU wegen (!) dieser Werte-Offensive im Herbst scheitern wird, vielleicht sogar in die Exitenzkrise kommt. Es sei denn, Söder schafft es, politisch real zu beeindrucken (was ich eher für unwahrscheinlich halte). Vielleicht ist das die grundsätzliche Konstellation zwischen Opposition und Regierenden: Opposition kann mit Reden beeindrucken, Regierende müssen mit Taten beeindrucken.
Daß Sie über eine Dumpfbacke wie Dobrindt so viele Worte verlieren wundert mich schon.
Mich wundert allerdings auch, daß Sie so tun als hätte 68 und die 68er nichts mit den heute in Deutschland herrschenden Verhältnissen zu tun.
Natürlich haben die Grünen – um das von Ihnen gewählte Beispiel aufzugreifen – nur 7 Jahre auf Bundesebene regiert, aber dennoch ist der Einfluß dieser Partei, die sich auf 68 beruft auf allen Ebenen unseres Landes unverkennbar.
Und ich gehe davon aus, daß ihnen die Umfrage über die parteipolitischen Präferenzen in deutschen Redaktionsstuben bekannt ist. Um es kurz zu sagen, sie entspricht nicht ganz der Zusammensetzung der Bundestages oder irgendeines deutschen Parlamentes. Dementsprechend spielen im öffentlichen Diskurs Themen eine Rolle, die an den Stammtischen niemanden interessieren.
Ein klassisches Beispiel dafür war die „Ehe für Alle“:
Schon an sich ein falscher Begriff, denn gemeint war ja die Ehe für Homosexuelle, und eben nicht für „Alle“, was ja Kinderehe, Mehrfachehe, etc. beinhalten könnte.
Interessant für die Betroffenen, aber wen interessiert es sonst ?
Lieber Don Geraldo, ich weiß nicht, warum Sie Herrn Dobrindt eine „Dumpfbacke“ nennen. Ist Ihr Denken „links-rot-grün versifft“?
Auch ansonsten enthält Ihr Kommentar viel Krauses.
Sie schreiben, ich würde „so tun als hätte 68 und die 68er nichts mit den heute in Deutschland herrschenden Verhältnissen zu tun“. Welche „Verhältnisse“ meinen Sie? Und was heißt „nichts zu tun“? Ihre Aussage ist sinnfrei, weil auch das Gegenteil nicht stimmt.
Sie schreiben über eine „Umfrage über die parteipolitischen Präferenzen in deutschen Redaktionsstuben“ (Redaktionsstuben! wo gibt es denn heute „Redaktionsstuben“! Aber lassen wir das.) „Um es kurz zu sagen, sie entspricht nicht ganz der Zusammensetzung der Bundestages oder irgendeines deutschen Parlamentes. Dementsprechend spielen im öffentlichen Diskurs Themen eine Rolle, die an den Stammtischen niemanden interessieren.“
Nun, diese Umfrage von vor ichweißnichtwievielen Jahren, aus der hervorging, dass eine Mehrheit der Journalisten eher links tickt, geistert seit ichweißnichtwievielen Jahren herum. Aber was beweist sie, selbst wenn sie heute noch zutreffen sollte? Dass der Einfluss der Medien auf die „Stammtische“ (auch so ein Wort aus den 1950er Jahren wie „Redaktionsstube“) und vor allem auf das Wahlverhalten verhältnismäßig gering ist. Und genau das schreibe ich auch.
Man kann natürlich der Ansicht sein, die Presse habe gefälligst die Machtverhältnisse im Staat abzubilden. Der Meinung sind Putin und Leute seines Schlags. Demokraten sehen die Frage eher, na … differenziert.
Sehr geehrter Don Geraldo,
anbei ein paar Links zum Thema der Parteipräferenzen von Journalisten:
https://www.eike-klima-energie.eu/2013/03/19/umfrage-bestaetigt-72-der-journalisten-sind-links-oder-gruen/
http://www.science-skeptical.d.....e/0015363/
Vorsichtiger formuliert seitens der Journalisten hier: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163740/umfrage/parteipraeferenz-von-politikjournalisten-in-deutschland/
Und zuletzt der wahrscheinlich wissenschaftlich Astreinste: http://www.statistiker-blog.de...../5262.html
Quod erat demonstrandum. Für mich insbesondere interessant, als das meine politische Meinung in jeder Hinsicht der der Grünen diametral entgegensteht. Ein Mitglied oder Wähler dieser Partei der Sonnenblumen und ich, wir würden einander nicht einmal die Hand geben.