1435 meist ältere Menschen starben allein in Frankreich binnen weniger Wochen. Das war letztes Jahr im Sommer. Der Grund war kein neuartiges Virus, sondern eine Hitzewelle. Die gute Nachricht, so Frankreichs Gesundheitsministerin Agnès Buzyn: Bei der Hitzewelle 2003 waren zehn Mal so viele Menschen gestorben. Richtig: über zehntausend Menschen.
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Die Ranschmeißer
Erfolgreiche und charismatische Menschen müssen es erdulden, dass sie von Personen, denen bisher wenig Erfolg beschieden war, umschmeichelt werden. So geschieht es gerade mit Emmanuel Macron, dem frisch gewählten französischen Präsidenten. Wer sich dabei besonders hervortut, ist unser Außenminister Sigmar Gabriel, der nicht müde wird, Macron als „seinen Freund“ zu bezeichnen. Dieses Verhalten könnte man als Marotte eines Sprunghaften und Rastlosen ertragen, wenn da nicht die Erinnerung an eine andere Freundschaftsinszenierung wäre. Als François Hollande 2012 zum Präsidenten gewählt worden war, flog die sozialdemokratische Trias Gabriel, Steinmeier und Steinbrück flugs nach Paris, um sich im Glanze des Wahlsiegers zu sonnen. Er gehörte ja schließlich zur sozialistischen Familie. Weiterlesen
Gegen die Kritik am PISA-Test
Alle drei Jahre veröffentlicht die OECD die Resultate des weltweit durchgeführten Pisa-Tests. Die Schwerpunkte bei den getesteten Wissensgebieten variieren von Test zu Test. Mal müssen die Schüler ihr Leseverständnis unter Beweis stellen, mal ihre Fähigkeiten in den Naturwissenschaften oder in Mathematik. Die Politik sieht den Ergebnissen erwartungsvoll entgegen, weil das Ranking des eigenen Landes im Pool der teilnehmenden Länder Anerkennung und Prestige verheißt – oder Enttäuschung und Beschämung. Weiterlesen
Scheitern eines Orientierungslosen
Es ist ein Novum in der Geschichte der V. Republik Frankreichs: Zum ersten Mal verzichtet ein amtierender Präsident bei Ende seiner Amtszeit auf eine Wiederwahl. Francois Hollande hat eingesehen, dass eine erneute Kandidatur um das höchste Staatsamt in einem Fiasko enden würde, und deshalb das Handtuch geworfen. Zugegeben: Das Erbe, das er im Jahre 2012 antrat, war alles andere als rosig. Nicolas Sarkozy – ähnlich orientierungslos wie Hollande – hatte ihm einen hoch verschuldeten Staat hinterlassen, eine Wirtschaft, die nicht mehr wuchs, eine hohe Arbeitslosigkeit und ein nicht mehr finanzierbares Sozialsystem. Weiterlesen
Wollen wir wirklich ein gaullistisches Europa?
Boris Johnson, der sich zum Führer oder doch Sprecher der Anhänger eines Brexit in der Konservativen Partei aufgeschwungen hat, erntete in Deutschland viel Ärger mit seiner Feststellung, die Europäische Union sei die Fortsetzung des schon von Napoleon und Hitler verfolgten Projekts, aus Europa einen „Superstaat“ zu machen. Wen er nicht zitierte, aber lieber hätte zitieren sollen, war Charles De Gaulle.
Front Deutschland?
Das Leben kann manchmal so einfach sein. Nicht die Franzosen sind dafür verantwortlich, dass Marine Le Pen mit dem „Front National“ am Sonntag stärkste Kraft bei den Kommunalwahlen in Frankreich wurde. Nein, auch die Deutschen sind schuld am Erfolg der Rechtspopulisten. So schreibt Ulrike Herrmann heute im Leitartikel der taz. Die taz versteht sich, seitdem die Grünen immer bürgerlicher und die Bürger immer grüner werden, als das Leitorgan der übrig gebliebenen Linken in Deutschland. In dem Maße, indem die real existierende Linke sich hierzulande täglich selbst erledigt, steigt offenbar die Verzweiflung in der Rudi-Dutschke-Straße unweit des Axel-Springer-Hauses. „Deutschland“, so der zentrale Befund, „hat sich auf Kosten seiner Nachbarn saniert.“ Mit Dumpinglöhnen zerstört Deutschland Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit und hat durch „Tricksereien… jetzt einen Wettbewerbsvorteil von etwa 20 Prozent.“ Die französischen Parteien seien dagegen machtlos, der Erfolg des Front National unausweichlich. Weiterlesen
Warum wir in Syrien kämpfen
Zweifellos richtete sich der Beschluss der Regierung und des Parlaments, deutsche Soldaten nach Syrien zu schicken, in erster Linie nicht gegen den Islamischen Staat, sondern gegen Marine LePen. Insofern sieht es so aus, als sei der Einsatz schon vor dem eigentlichen Start gescheitert. Andererseits ist es nicht zu spät, vor Ort eine Strategie zu entwickeln, mit der noch 2016 der IS besiegt und damit 2017 nicht nur Angela Merkels Wiederwahl gesichert, sondern auch eine Lösung der syrischen Flüchtlingskrise wenigstens eingeleitet werden kann. Was auch helfen könnte, der rassistischen Rechten in Europa das Wasser abzugraben.
Ach, der Mensch kann so gründlich vergessen, dass Mensch er doch ist !
Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das gegen die Natur und damit auch seine Natur aufsteht, aufzustehen hat. Er muss seine Triebe der Idee der Menschheit unterordnen, hat der gute alte Kant gesagt. Sonst ist er halt nur ein Tier in Hosen und manchmal halt eine Bestie. Der Mensch ist ein Projekt gegen die Natur. Ich habe diesen Gedanken immer gemocht. Und verstehe ihn mit jedem Terrorakt besser.
Wir behandeln uns als Menschen, wenn wir den anderen respektieren als Idee der Menschheit in ihm. Auch wenn er ein Arschloch ist. Oder anderen, für mich falschen, Glaubens. Oder einer ungeliebten Rasse zugehörig. Oder aus Feindesland. Wir verlieren unsere Würde, wenn wir sie anderen nehmen. Das lässt sich nicht relativieren. Darum gibt es das absolut Böse. Darum behandeln wir selbst das Böse mit Respekt.
Reden wir von jenem jungen Franzosen arabischer Abstammung („le petit arabe“), der in den Vororten, die Monsieur le Président Nicolas Sarkozy mit dem Kärcher vom Gesindel reinigen wollte, aufwuchs und zum Mörder wurde. Was ist der Fall Mohamed Merah? Weiterlesen
Schwarze Burka und Rote Fahne
In der „Welt“ erschien die meines Erachtens bisher klügste Verteidigung des Burka-Verbots. (Ich benutze das Wort für das Verbot, das Gesicht zu verschleiern. Der Vollschleier in jeder Form ist nämlich in Frankreich verboten, nicht allein das Tragen jenes mobilen Zelts, das man Burka nennt). Hier ist das Interview mit der französischen Philosophin und Feministin Elisabeth Badinter:
http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article13189066/Hier-ist-doch-nicht-Afghanistan.html
Was an der Position Badinters gefällt ist, erstens, ihre klare republikanische Gesinnung; zweitens ihre Weigerung, dem Islam eine negative Sonderstellung unter den monotheistischen Religionen einzuräumen; und drittens in dem Zusammenhang ihre klaren Worte gegen die Islamophobie: „Der Kampf gegen den radikalen Islamismus gehört genauso geführt, wie jener zur Durchsetzung des Respekts vor dem Islam.“ So isses. Weiterlesen
Burka-Verbot: Warum der Staat Flagge zeigen muss
Bei der Kleidung halte ich es grundsätzlich mit Friedrich dem Großen. Jeder soll ruhig nach seiner Façon selig werden. Ob pluderige Ballonseidenhose oder elegantes Kostüm – eigentlich ist mir das schnurz. Ok, das eine beleidigt das Auge, das andere erfreut es. Aber von diesen, dem persönlichen Geschmack geschuldeten ästhetischen Kriterien einmal abgesehen, kann ein jeder unsere Straßen unsicher machen, wie es ihm beliebt. Und zu Hause ist eh erlaubt, was gefällt. Da das Private zu Recht privat bleiben muss, muss innerhalb der heimischen vier Wände sogar eine Burka möglich sein.
Was allerdings gar nicht geht, ist die Vollverschleierung der Frau in der Öffentlichkeit. Weiterlesen
Burka-Verbot: French Angst
Jede Nation hat, so scheint es, ihre eigenen Ängste. Gegen die Atomkraft geht kein Franzose auf die Straße. Aber wegen des „französischen Klempners“ ließen unsere Nachbarn die EU-Verfassung beim Referendum durchfallen; wegen des Versprechens „mit dem Kärcher“ gegen die randalierende arabische Vorstadtjugend vorzugehen, gewann Nicolas Sarkozy die Präsidentschaft; und nun wird, in einem dritten Akt französischer Symbolpolitik, Frauen das Tragen einer Gesichtsverhüllung verboten. Weiterlesen