Nach den bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen der Linksextremisten in Hamburgs Schanzenviertel versuchte die SPD als erste Partei die Deutungshoheit über die Geschehnisse zu erringen. Schnell hatte die Parteispitze nämlich erkannt, dass die Gleichsetzung von „links“(-extrem) mit Gewalt gerade im Wahlkampf gar zu schädlich wäre. Wie immer gab Sigmar Gabriel die Tonart vor. Kurz und bündig dekretierte er, die Krawallmacher seien „nicht links“. Parteichef Schulz blies ins gleiche Horn: „Wer das links nennt, hat nicht kapiert, was links ist.“ Parteivize Ralf Stegner schloss aus, dass Gewalt überhaupt von Linken ausgehen könne: „Linkes Gedankengut kann mit Gewalt nicht einher gehen.“ – Merkwürdig war dann nur, dass Justizminister Heiko Maas vor Journalisten sagte, er könne sich vorstellen, dass es analog zum „Rock gegen Rechts“ auch einen „Rock gegen Links“ geben könne. Also ging die Gewaltorgie in Hamburg doch von Linken aus? Konfusion allenthalben. Weiterlesen
SPD
Schlechte Zeiten für soziale Gerechtigkeit
Eine Eigenart der SPD ist es, dass sie schon einmal gemachte Fehler gerne wiederholt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als tappte die SPD – berauscht vom zündenden Beginn der Kandidatur von Martin Schulz – in eine altbekannte Falle. 2013 führte die SPD schon einmal einen Gerechtigkeitswahlkampf. Wenn man dieses Thema in den Mittelpunkt rückt, ist man immer verführt, die Lage schlechter darzustellen, als sie in Wirklichkeit ist. Sonst hätte man ja keine Angriffsfläche und es bestünde auch keine Notwendigkeit, die sozialdemokratischen Rezepte zur Anwendung zu bringen. Der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeichnete von Deutschland ein Elendsgemälde, in dem sich die Mehrzahl der Deutschen nicht wiederfand. Die Folgen sind bekannt. Nach der Wahlniederlage bekannte Steinbrück offen, dass er selbst nicht an das geglaubt habe, was die Partei ihm im Wahlkampf diktiert hat. Auffällig ist, dass das von Martin Schulz gewählte Generalthema der sozialen Gerechtigkeit auch in der gegenwärtigen Wahlkampagne nicht richtig verfängt. Die ganze Welt hält Deutschland für den sozial gerechtesten Staat. Viele Menschen wollen zu uns kommen, um an unserem Wohlstand zu partizipieren. Nur die SPD sagt: „Es geht ungerecht zu in Deutschland“. Die Niederlagen in den drei letzten Landtagswahlen haben sicher auch ihre Ursache in der Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Realität und sozialdemokratischer Wahrnehmung. Weiterlesen
Wieder oben auf
Merkel sitzt fester im Sattel denn je – dank Martin Schulz, Christian Lindner und Björn Höcke
Noch vor wenigen Monaten sah es nach einer Kanzlerinnendämmerung aus. Die Tage von Angela Merkel schienen gezählt zu sein. Selbst die Schwesterpartei CSU stellte ihre Führungsrolle in Frage. Die AfD fuhr einen Wahlerfolg nach dem anderen ein. Und nach der Rochade zwischen Sigmar Gabriel und Martin Schulz im Januar rasten die Umfragewerte der SPD in die Höhe. Erstmals ließen auch die Zahlen der Meinungsforschungsinstitute einen Machtwechsel in Berlin als möglich erscheinen. Weiterlesen
Der Wunderheiler aus Würselen
Wer die Ereignisse der letzten Wochen verfolgt hat, reibt sich verdutzt die Augen: Was ist nur mit der SPD los? Die Partei, die sonst jeglicher Emotionalisierung abhold ist und stets der Ratio den Vorrang einräumt, gibt sich sinnestrunken einem kollektiven Taumel hin. Die Partei, die auf Parteitagen verbissen Stapel von Papier durcharbeitet, als hinge von der letzten Fußnote eines Antrags das Schicksal der Menschheit ab, bejubelt besinnungslos einen neuen Messias namens Schulz, der vom Himmel herabgestiegen zu sein scheint, um die darbende Partei aus dem irdischen Jammertal, den niedrigen Umfragewerten, zu erlösen. Dabei hat Schulz politisch noch gar nicht richtig Stellung bezogen. Was er bisher getan hat, nennen die Psychologen „Autosuggestion“. Vor jeder Versammlung verkündet er voller Inbrunst: „Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden!“. Die F.A.Z. nennt Schulz deshalb einen Illusionskünstler. Wie bei allen Magiern verfliegt die Illusion, wenn das Saallicht angeht. Die interessierte Öffentlichkeit wird deshalb in den verbleibenden sieben Monaten vor der Bundestagswahl das Scheinwerferlicht auf Martin Schulz richten, um seine Schwachstellen auszuleuchten. Die politischen Gegner werden dasselbe tun. Fündig werden können sie allemal. Weiterlesen
Von „R2G“ zu „R2B“
Wir schreiben das Jahr 2019. Die rot-rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Sigmar Gabriel ist nun schon zwei Jahre im Amt. Große Teile des vereinbarten Regierungsprogramms hat sie erfolgreich abgearbeitet. Die Vermögenssteuer wurde eingeführt, der Spitzensteuersatz auf 55% erhöht, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge abgeschafft und durch den persönlichen Steuersatz ersetzt. Die private Krankenversicherung wurde abgewickelt und die „Bürgerversicherung“ eingeführt. Für alle KfZ mit Verbrennungsmotor wurde das Auslaufen der Zulassung auf das Jahr 2035 festgelegt. Weitere einschneidende Reformmaßnahmen sind in Arbeit. Weiterlesen
Gegen die Kritik am PISA-Test
Alle drei Jahre veröffentlicht die OECD die Resultate des weltweit durchgeführten Pisa-Tests. Die Schwerpunkte bei den getesteten Wissensgebieten variieren von Test zu Test. Mal müssen die Schüler ihr Leseverständnis unter Beweis stellen, mal ihre Fähigkeiten in den Naturwissenschaften oder in Mathematik. Die Politik sieht den Ergebnissen erwartungsvoll entgegen, weil das Ranking des eigenen Landes im Pool der teilnehmenden Länder Anerkennung und Prestige verheißt – oder Enttäuschung und Beschämung. Weiterlesen
Putins Jünger
Die Liste der Putin-Verehrer ist lang und bunt. Alle politischen Lager sind darin vertreten. Donald Trump sieht in ihm einen Bruder im Geiste, ein Raubein, das sich nimmt, was es will. Wie der TV-Star Trump nach Frauen griff, greift Putin nach Territorien. Er tut es, weil er es kann und weil er keine Gegenwehr zu befürchten hat. Weiterlesen
Verteidigung der Gesamtschule
Das deutsche Erbrecht kennt die Regelung, dass man ein Erbe ausschlagen kann. Dies ist vor allem dann ratsam, wenn man von dem Verstorbenen Schulden erbt, die man mit dem eigenen Vermögen nicht begleichen kann. In der Politik kommt es selten vor, dass man das politische oder moralische Erbe negiert, das von einem früheren Heros der Partei überkommen ist. So sonnt sich die CDU heute noch im Glanze Konrad Adenauers. In der SPD ist Willy Brandt fast zur Heiligenfigur aufgestiegen. Mit der Sachpolitik früherer Parteiführer geht man schon etwas vorsichtiger um. Manches Erbteil wird auch schlicht verweigert. So distanzieren sich heute große Teile der SPD von der Agenda 2010 von Gerhard Schröder, obwohl diese Reform die Grundlage für unser heutiges Wirtschaftswachstum gelegt und den Sozialstaat vor dem Kollaps bewahrt hat. Schändlich geht die SPD heute mit einer Schulform um, die sie einst erfunden hat und die auf eine lange, ehrwürdige Geschichte zurückblicken kann: die Gesamtschule. Weiterlesen
Die Irrfahrten des Sigmar Gabriel
Irgendwie hat Sigmar Gabriel mit seinen Russland-Besuchen kein Glück. Als er vor genau einem Jahr Putin aufsuchte, um mit ihm über die Weltlage zu plaudern, hatte dieser sich gerade als Kriegspartei in den Syrienkrieg eingemischt und begonnen, die Stellungen der Freien Syrischen Armee zu bombardieren, was er in der Öffentlichkeit als „Krieg gegen den Terror“ ausgab. Gabriel bedankte sich bei Putin, dass er Zeit für ihn gefunden habe, obwohl er „gerade mit dem Konflikt in Syrien viel zu tun“ habe. Es klang so, als habe ein ungebetener Gast einen pflichtbewussten Beamten vom Aktenstudium abgehalten. Ein Jahr später – September 2016 – die gleiche Situation. Putins Luftwaffe hatte gerade einen Hilfskonvoi, der von der Türkei aus nach Aleppo gestartet war, bombardiert und weitgehend zerstört. Dabei waren 20 Weißhelme (so heißen die freiwilligen Helfer in Syrien) getötet worden. Gabriel bedankte sich artig, dass er den Angriff auf den humanitären Konvoi mit Putin „erörtern“ könne. „Unbedingt“, antwortete Putin, „man habe viele Freunde in Deutschland.“ Gabriel gehört bestimmt zu ihnen, Frank Walter Steinmeier auch. Gerhard Schröder sowieso. Weiterlesen
Der fabelhafte Herr Schulz
Die Lieblingsvokabeln von Herrn Schulz (SPD) sind „leidenschaftlich“, „emotional berührt“ , „bewegt“ und „kämpferisch“. In seinen Stellungnahmen nach dem Brexit hat er diese Worte auch wieder benutzt. Auch in dem Essay, den die FAZ am 4. 7. 2016 von ihm andruckte, tauchen diese Zauberwörter wieder auf. In allen Lebenslagen und bei allen Anlässen, bei freudigen und traurigen, gibt sich Martin Schulz als passionierter Europäer, der seine Europabegeisterung mit Leidenschaft lebt. Auf Parteiversammlungen der SPD ist er der (neue) Star, der die Funktionäre zu Begeisterungsstürmen hinreißt, während das Berliner Spitzenpersonal, die Gabriels, Oppermanns und Steinmeiers, nur noch Pflichtbeifall ernten. Weiterlesen
Die SPD und Russland: Unterwegs zu neuen Ufern
Seit einigen Monaten grummelt es in der SPD in Sachen Russland. Immer wieder sondiert ein führender Genosse das Terrain, indem er anregt, die Sanktionen gegen Russland auch ohne die volle Erfüllung des Minsker Abkommens aufzuheben. Einen völlig neuen, ungewohnt aggressiven Ton schlug ausgerechnet unser oberster Diplomat an: Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er verstieg sich zu der Aussage, das NATO-Manöver an der Ostgrenze Polens sei „Säbelrasseln“ und „Kriegsgeheul“ und störe den Verständigungsprozess mit Russland. Steinmeier lässt bei dieser ungeheuerlichen Wortwahl völlig außer Acht, dass es Russland war, das durch seine Aggression gegen die Ukraine erst das Sicherheitsbedürfnis der baltischen Staaten und Polens geweckt hat. Was treibt den deutschen Außenminister an, dem auch Ambitionen auf das Amt des Bundespräsidenten nachgesagt werden, Ursache und Wirkung in so eklatanter Weise zu vertauschen? Weiterlesen