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Leitkultur alphabetisch

Da es eine große Verwirrung darüber gibt, was zur deutschen Leitkultur gehört, haben wir hier – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – ein leicht verständliches, alphabetisch geordnetes Glossar zusammengestellt. (Bei Einträgen, die nicht von mir stammen, ist der Autor bzw, die Autorin in Klammern vermerkt.)

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Was im „Cicero“ gesagt werden darf: „Kriegs- und Auschwitz-Komplex“

Sollten sich Historiker dereinst fragen, wo sich die immer rasanter verlaufende Rechtsdrift im Bürgertum besonders deutlich manifestierte, werden sie gewiss früher als später auf den „Cicero“ stoßen. Inzwischen wird dort sogar die These vom „Kriegs- und Auschwitzkomplex“ der Deutschen propagiert.

Das 2004 von Wolfram Weimer gegründete Magazin „Cicero“ genoss lange einen tadellosen Ruf, galt in liberal-konservativen Kreisen als eine Art Pflichtlektüre, stieß Debatten an und wurde ob seiner Qualität auch in eher linksliberalen Milieus geschätzt. Kurz: es war ein seriöses Blatt. Weiterlesen

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Von den falschen Freunden Israels. Oder: eine antisemitische Fratze hinter der proisraelischen Maske?

Europaweit geben sich die Neuen Rechten große Mühe, die zum Teil antisemitischen Tendenzen innerhalb ihrer Anhängerschaft und in ihrem politischen Denken zu camouflieren. Weil mit dem politischen Antisemitismus aus dem Land und der Zeit der Väter und Vorväter kein Staat mehr zu machen ist, inszenieren Rechtspopulisten und Rechtsextremisten (allerdings anknüpfend an die Vorlagen der „politischen Mitte“) ein jüdisch-europäisches Abendland, das es so nie gegeben hat – man befrage hierzu nicht zuletzt die Nachkriegswerke gerade deutsch-jüdischer Denker wie Leo Baeck oder Gershom Scholem -, pilgern sie nach Israel, um dort ihre Judenfreundschaft in Szene zu setzen oder winken bei allen Gelegenheiten mit Israelfahnen, um Solidarität – ja, mit wem eigentlich? – zu demonstrieren. Doch manchmal fällt die Maske. Über den Zusammenhang von Antisemitismus und Proisraelismus nachzudenken, führt direkt in die Abgründe der Inkonsistenzen der Neuen Rechten.

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Das Schwein des Anstoßes. Über die Kulturalisierung von Ressentiments und Hass

Man könnte es kurz machen und fragen, wie armselig es um eine Kultur bestellt sein muss, wenn der Verzehr von Schweinefleisch zu einem ihrer identitätsbildenden Kerne erklärt wird. Doch kennen alle Kulturen Speisetabus und alle Religionen Speisegesetze, die mehr oder minder strikt eingehalten werden. Also möchte ich versuchen, die aktuelle Diskussion um Schweinefleischgebote und -verbote ernst zu nehmen. Aus hygienisch-gesundheitlichen, sozio-ökonomischen oder anderen zutiefst profanen Gründen einmal erlassen, wurden Speisegesetze kulturell bzw. theologisch veredelt und schließlich zu einem verbindlichen Teil der kulturellen Eigenart bzw. des religiösen Bekenntnisses erhoben. Hier reden wir nicht über das Fleisch von Babyrobben oder Pferden, von Hunden oder Katzen. Wir reden über das Fleisch von Schweinen, dessen Verzehrverbot der Islam vom Judentum übernommen hat, so wie umgekehrt der Hellenismus die Verachtung und Verhöhnung schweinefleischfreier Ernährungsweisen dem Christentum vererbte, das es wiederum an den radikalen Säkularismus unserer Tage weiterreichte. Weiterlesen

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Wiederkehr des Verdrängten: Kauft nicht bei Juden

Die Fotos findet man in allen Geschichtsbüchern. SA-Mitglieder belagern jüdische Einrichtungen, an denen sie Plakate angebracht haben: „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“ – Die Schaufensterscheiben und Fassaden der Geschäfte haben sie mit Judensternen beschmiert und für diejenigen, die dieses Symbol nicht kennen, in Großbuchstaben in weißer Farbe dazu geschrieben: „J U D E !“

Das geschah am 1. April 1933, nur zwei Monate nach der Machtübertragung an Adolf Hitler und seine NSDAP. Dieser Judenboykott war generalstabsmäßig vorbereitet. Im ganzen Reich sollten am frühen Morgen jüdische Geschäfte, Warenhäuser, Rechtsanwaltskanzleien, Notariate und Arztpraxen von SA-Einheiten abgeriegelt und die nichtjüdische Kundschaft am Betreten gehindert werden. Schon im ersten Parteiprogramm von 1920 hatte die NSDAP angekündigt, dass sie, wenn sie an die Macht komme, alle Juden aus dem Wirtschaftsleben „entfernen“ wolle. In einem hatte sich die NSDAP allerdings verrechnet: Die Bevölkerung stand dem Boykott so passiv gegenüber, dass man die Abriegelung der Geschäfte kaum mit der Vollstreckung des „Volkszorns“ begründen konnte. Der Boykott wurde deshalb schon am Abend des 1. April für beendet erklärt. Er gilt dennoch als der erste schwerwiegende Angriff auf die Juden im Deutschen Reich nach Machtantritt Hitlers. Weiterlesen

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Kaftanjuden und Meme

1. Kaftanjuden
In „Mein Kampf“ erzählt Adolf Hitler, wie er Antisemit geworden sei. Sein Vater habe den Antisemitismus als rückschrittlich abgelehnt; auf der Realschule sei der einzige jüdische Mitschüler stets rücksichtsvoll behandelt worden; und er selbst habe, als er das erste Mal Diskussionen beiwohnte, in denen antisemitisch argumentiert wurde, leicht geniert auf diese „konfessionellen Stänkereien“ reagiert.
Schließlich habe er die Juden in Linz als unauffällige Bürger unter Bürgern gekannt. Erst als ihm in Wien „eine Erscheinung in langem Kaftan mit schwarzen Locken“ erschienen sei, habe er sich gefragt, ob sich ihm in der Gestalt des ganz und gar fremden Kaftanjuden nicht das Wesen des Juden an sich, das Wesensfremde des Judentums, erschienen sei. Von da an habe er in Wien „überall Juden“ gesehen. Weiterlesen
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Religionskritik und Antijudaismus

Die „Vorhautkriege“ habe auch ihr Gutes. So sortiert sich unter den philosemitischen und prozionistischen Islamophoben derzeit einiges. Die einen begreifen, dass ihre Islamophobie sich eigentlich doch ganz gut durch Antisemitismus ergänzt. Die anderen opfern ihre Islamophobie ihrem Philosemitismus.
Natürlich spült die gegenwärtige Diskussion um die Beschneidung eine Menge an Antisemitismus hoch. Wie zwischen legitimer Kritik an Israels Politik und antisemitischer „Israelkritik“ besteht zwischen legitimer, ja notwendiger Kritik an Bräuchen, Texten oder Glaubensinhalten des Judentums und Antijudaismus ein großer Unterschied. Darauf hinzuweisen, ist gerade inmitten der „Vorhautkriege“ nicht unwichtig. Und zwar nach beiden Seiten. Weiterlesen
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Vorhautkriege

Am Montag bekam ich folgende Mail von einem jungen Blogger, den ich nicht zuletzt wegen seines Eintretens für Israel (aber keineswegs nur deshalb) bewundere:

Lieber Alan Posener,
das war ein ganz interessantes Wochenende. Ich habe am Samstag einen Artikel geschrieben, in dem ich gewisse Zweifel daran erkennen lasse, ob es tatsächlich so selbstverständlich sein muss, dass man kleine Jungs beschneidet. Und schon war es vorbei mit der Entspanntheit in Teilen meines jüdisch-christlichen (was wollen die Christen überhaupt?) Bekanntenkreises. Weiterlesen

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Neu: Beschneidungen sind nicht (mehr) kriminell

Ich habe meine Meinung geändert. Ich hatte unrecht. Vor einer Woche stand hier: Beschneidungen sind kriminell. Klare Kante, aber es wurde auch zu einem bedachten Umgang damit aufgefordert. Nun: Heute steht hier das Gegenteil. Warum?

Vertreter meiner jüdischen Mitbürger haben sich empört. Muslime in Deutschland haben sich empört. Ich habe zugehört und meine Meinung geändert. Es ist dem deutschen Nationalcharakter eigentlich ein Gräuel zuzugeben, dass er falsch lag. Aber es ist so. Weiterlesen

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Beschneidungen sind kriminell

Männlichen Nachkommen wird, bevor diese mündig sind, die Vorhaut abgetrennt. So beschnitten gelten die Jungen zum Beispiel vielen aus der jeweiligen Gemeinschaft als wahre Juden oder echte Muslime. Es gibt für diese Verstümmelung, die Eltern an ihren Kindern vornehmen lassen, keine medizinischen oder hygienischen oder sexuellen Gründe. Zu den religiösen Motivationen später, zunächst die anthropologische, jedenfalls kulturhistorische Wahrheit.

Es handelt sich archetypisch um eine rituelle Kastration, die kulturhistorisch auf einen rituellen Kindesmord zurückgeht. Weiterlesen

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Radfahrer, Juden und andere Sündenböcke

Zum rhetorischen Arsenal meines Freunds und Kollegen Henryk M. Broder gehört ein Gedankenexperiment, das er letztens wieder bei der Besprechung von Götz Alys neuem Buch „Warum die Deutschen? Warum die Juden?“ eingesetzt hat:

„Wenn Sie das nächste Mal bei Ihren Nachbarn zu einer Geburtstagsparty eingeladen sind, dann machen Sie – beiläufig, zwischen einem Prosecco und einen Mojito – die Probe aufs Exempel. Sagen Sie einfach, ohne ihre Stimme zu erheben oder zu senken, den Satz: „An allem sind die Juden und die Fußgänger schuld.“ In neun von zehn Fällen wird Ihr Gegenüber mit der Frage reagieren: „Wieso die Fußgänger?“ Weiterlesen

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