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Das Schwein des Anstoßes. Über die Kulturalisierung von Ressentiments und Hass

Man könnte es kurz machen und fragen, wie armselig es um eine Kultur bestellt sein muss, wenn der Verzehr von Schweinefleisch zu einem ihrer identitätsbildenden Kerne erklärt wird. Doch kennen alle Kulturen Speisetabus und alle Religionen Speisegesetze, die mehr oder minder strikt eingehalten werden. Also möchte ich versuchen, die aktuelle Diskussion um Schweinefleischgebote und -verbote ernst zu nehmen. Aus hygienisch-gesundheitlichen, sozio-ökonomischen oder anderen zutiefst profanen Gründen einmal erlassen, wurden Speisegesetze kulturell bzw. theologisch veredelt und schließlich zu einem verbindlichen Teil der kulturellen Eigenart bzw. des religiösen Bekenntnisses erhoben. Hier reden wir nicht über das Fleisch von Babyrobben oder Pferden, von Hunden oder Katzen. Wir reden über das Fleisch von Schweinen, dessen Verzehrverbot der Islam vom Judentum übernommen hat, so wie umgekehrt der Hellenismus die Verachtung und Verhöhnung schweinefleischfreier Ernährungsweisen dem Christentum vererbte, das es wiederum an den radikalen Säkularismus unserer Tage weiterreichte.

 

Eigentlich hätte die Erhebung von Schweinefleischklopsen zum nationalen Kulturgut im dänischen Städtchen Randers auch als eine kuriose Notiz aus der Provinz verbucht und vergessen werden können. Doch ist seitdem das Schwein gleich mehrfach als Symbol in einem vermeintlichen Kulturkampf verwendet worden. Infolge der zunächst jütländischen, dann dänischen Posse befand es die FAZ berichtenswert, dass in Frankfurter Kindertagesstätten Schweinefleisch kaum noch verköstigt würde. Dann hörten wir aus Leipzig, dass zum wiederholten Mal ein totes Schwein auf dem Baugelände einer künftigen Moschee abgelegt wurde. Und nun haben sich einige dem Verzehr von Schweinefleisch zugeneigte norddeutsche Christdemokraten zu Wort gemeldet. Diese Diskussionen und Handlungen stehen insofern in einem unmittelbaren Zusammenhang als sie eine tiefe kulturelle Differenz zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen (unausgesprochen auch Juden / Nicht-Juden) konstruieren. Und sie stehen in einer langen, wenigstens 2.500 Jahre alten Tradition der Verhöhnung und Diskriminierung kulturell-religiöser Minderheiten.

Die jüdische Geschichte ist reich an Erzählungen, in denen Verhöhnung, Unterdrückung und Verfolgung mit der demonstrativen Zurschaustellung von Schweinen und dem Zwang zum Verzehr von Schweinefleisch einher geht. Die Makkabäerbücher und der römisch-jüdische Historiker Flavius Josephus berichten vom hellenistischen Seleukidenkönig Antiochos IV., der in Jerusalem Schweine schlachten und mit deren Blut die Heiligtümer im Tempel bespritzen ließ. Die besiegten Juden zwang er obendrein, das Schweinefleisch zu essen. Während zur Zeit des Flavius Josephus – etwa 200 Jahre später – die judenchristliche Urgemeinde in Jerusalem die Gesetze achtete, öffnete sich die paulinische Heidenmission der griechisch-römischen Welt, wo Schweine als Opfertiere besonders verehrt wurden. Was bei Paulus noch ambivalent formuliert war und die Judenchristen explizit einschloss – für Bibelschwache: „Seht aber zu, dass diese eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß wird. Darum, wenn Speise meinen Bruder zu Fall bringt, will ich nie mehr Fleisch essen, damit ich meinen Bruder nicht zu Fall bringe“ (1.Kor. 8, 9.13) -, buchstabierten die Kirchenväter als unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Christen und Juden aus. Weil die Juden in der christlichen, wie später auch in der antisemitischen Heilslehre einen herausragenden (und zum Leidwesen vieler nicht eliminierbaren) Platz einnahmen, musste ihre Anders- und Abartigkeit um so stärker kulturell verfestigt werden. Die beleidigende Gleichsetzung von Juden mit Schweinen wurde im christlichen Europa geradezu sprichwörtlich. Zwangsgetaufte Juden auf der iberischen Halbinsel wurden spätestens seit dem Spätmittelalter (und bis heute) als marranos bezeichnet. Der christliche Antijudaismus machte sich die Zwangsverköstigung von Schweinefleisch und die Verwendung drastischer Schweinesymbolik gegenüber den jüdischen Minderheiten in Europa umfänglich zu eigen. Noch heute ist an etlichen Kirchenbauten eine „Judensau“ zu sehen, die in obszön-sexualisierter Aufladung die teuflische Widernatürlichkeit „des Juden“ darstellt. In dieser Nachfolge haben sich bislang noch alle Antisemiten Europas von Martin Luther über Julius Streicher bis Heinz-Christian Strache des Judensau-Motivs in Wort und Bild bedient.

In der christlich-abendländischen Agitation gegen den Islam spielte das Schweinemotiv nur in gemischten ethnisch-religiösen Regionen eine hervorgehobene Rolle, bis ins 15. Jahrhundert in Spanien und bis heute auf dem Balkan. Seine gegenwärtige Verwendung zur Markierung und Verhöhnung des religiös-kulturell vermeintlich Anderen bietet insofern ein besonders anschauliches Beispiel, wie kulturalistisch überhöhte Ressentiments (und die dazugehörigen Techniken der Ausgrenzung) wandern und auf andere Zielgruppen übertragen werden können. Es sollte den Gebietern des Schweinefleischkonsums zumindest klar sein, in welche Traditionslinien sie sich stellen.

Wie kann und sollte man aber mit offenkundiger Diversität im Alltag umgehen – wenn man denn überhaupt ein Interesse daran hat, kulturelle Vielfalt in unserer Gesellschaft zu ermöglichen? Eine erste kluge Antwort darauf gab die Leiterin der dänischen Kindertagesstätte persönlich als sie sich eine Einmischung seitens des Gemeinderats verbat, weil dadurch nur unnötige Probleme geschaffen worden seien. In der Regel sind kleine Gemeinschaften nämlich durchaus sehr gut in der Lage, Differenzen einvernehmlich zu überbrücken und pragmatische, alltagstaugliche Lösungen zu finden. Sollte es einer politisch-rechtlichen Bestimmung bedürfen, dann doch nur dieser, dass eine divergierende Essgewohnheit nicht zum Ausschluss von der Möglichkeit zur Teilnahme führen darf – zumal diese Praxis doch tagtäglich aufs Neue ohne großen Lärm gepflegt wird: Allergiker, Vegetarier und selbst Veganer (um mal nicht immer nur von Diversität im verengenden kulturell-religiösen Sinn zu sprechen) können mittlerweile ohne größere Schwierigkeiten in öffentlichen Kantinen und Mensen einkehren. Ein zweites sollte bedacht werden: Das Wohl des christlichen Abendlands hängt zuallerletzt an einem Wurstzipfel. Schnitzel und Kotelett in Kindertagesstätten und Schulmensen liefern auch keinen Präzedenzfall für irgendetwas. Es würde deren Liebhaber gut anstehen, diese Diskussion weder im Namen eines höheren Kulturideals noch der großen Politik zu führen. Zu beobachten ist hier nämlich eine geradezu vulgäre Kulturalisierung noch der banalsten Alltagsgeschäfte, die nur dem einen Zweck dient, primitiven Ressentiments höhere Plausibilität und Weihen zu verleihen.

Allen Empörten sollte auch klar sein, dass die wirklichen Zerreißproben in einer vielgestaltigen Gesellschaft ganz woanders liegen und auf uns erst noch zukommen. Allerdings sind sie eher in selteneren Fällen tatsächlich religiösen und kulturellen, sondern sozialen und politischen Ursprungs.

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29 Gedanken zu “Das Schwein des Anstoßes. Über die Kulturalisierung von Ressentiments und Hass;”

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    Wissen Sie, Parisien, Merkel reagiert doch schon längst auf den Druck von Seehofer bzw. den AfD-Stimmen (-> „man kann auch in Griechenland übernachten“). Die CSU ist wohl zwischen die Mühlsteine AfD und CDU geraten, deswegen Seehofers Profilierungsaktionen und Merkels Kuschen vor Seehofer. Polit-Taktik von beiden, vermute ich. Dieser indirekte Einfluss der AfD ist also bereits (oder schon länger) da. Letztlich hat aber Donald Tusk das Ruder in der Flüchlingspolitik übernommen, weil Merkel sich europataktisch nicht durchsetzen konnte.
    Zeit hatten wir letztlich keine, die Vor- und Nachteile von Merkels Sonderweg in der Flüchtlingspolitik zu erkunden. Und wir haben darüber vergessen, daß die ‚Alternative‘ in der AfD zunächst ein Protest gegen Merkels Banken- und Industriepolitik auf Kosten der nicht regierungsgeförderten deutschen Restwirtschaft war. (Deswegen hatte ich sie mal gewählt!) Andere Kanzler, insbesondere Gerhard Schröder hätten das aber genauso gemacht. Aber es stimmt, was Sie sagen: eine Anti-Merkel existiert nicht außerhalb der AfD. Bestenfalls in Merkel selber, die mit dem Zweck reagiert, wie sie reagiert, die AfD nicht zu stärken. Sie hat also ihre Widersacher ausgeschaltet bzw. deren Themen assimiliert und findet die Antithesen, die jeder Machthabende braucht, nun in der AfD oder außerhalb von Deutschland. Was mich ein wenig enttäuscht an unseren Landsleuten ist, daß diese ‚Alternativlosigkeit‘ erst beim Thema ‚Flüchtlinge‘ bemerkt wird und nicht bereits bei der kollektiven Enteignung durch die Banken- und Großindustrierettung (ich finde Geld/persönliches Interesse oder das der Familie muss einfach wichtig sein, dann passiert auch nicht soviel Schlimmes). Aber warum sollten die Deutschen auch besser sein (ihr Einwand bei den US-Indianern) als andere. Immerhin sind wir doch Spendenweltmeister, nicht unbedingt bei der Gastfreundschaft – deswegen jetzt die Programmatik ‚Willkommenskultur‘ – also man sollte darüber nicht zuviel meckern, normal halt und das ist gut so. Die FDP müsste sich bemühen, das Thema ‚persönliche Freiheit‘ und ‚öffentliche Ordnung zwecks Schutz den Individuums‘ mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Amerika ist darüber hinaus, deswegen wird dort aus den Gründen der Evolution Bernie Sanders ein Thema.

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    @ KJN
    Andererseits muss ich leider feststellen, dass diese PEGIDA-Leute immer radikaler zu werden scheinen. Welchen Sinn sie darin sehen, erschließt sich mir gar nicht.
    Anfangs dachte ich, Bednarz usw. übertrieben. Weiß nicht. Was die Welt heute berichtet, klingt düster. Wir diskutieren hier, gut, aber die Welt außen um uns fällt in Grabenkämpfe, und Sie wissen, dass wir nicht viel zu melden haben, allenfalls Journalisten mal eine Idee aufgreifen mögen.
    Auf beiden Seiten sieht es düster aus und in der Mitte dünn. Vielleicht wird’s besser, wenn die FDP in Land- und Bundestage zurückkehrt.
    Wir wären kaum in dieser Situation, wenn wir 2013 neue Kanzlerkandidaten gehabt hätten. Das ist eine Schlacht gegen Alternativlosigkeit, eine Schlacht mit den flaschen Mitteln, oder?

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    @ KJN
    Wenn Sie das Vorige gelesen haben, falls das hier erscheint, dürfen Sie sich fragen, warum die SPD so eine Talfahrt macht. An Gabriel (guter Kerle) liegt das eher nicht und auch eher nicht an Nahles.
    Noch haben wir etwas Meinungsfreiheit. Selbst Anne Will hatte Sonntagabend einen sehr guten Moment.

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    @Parisien: Da sist aber glücklicherweise keine Einbahnstraße. Es gibt Möglichkeiten, diese Un-Orte wieder zu Orten zurückzuverwandeln, zu denen man gehen, wo man womöglich sogar wohnen kann. Zumindest habe ich das von New York gelesen. Brooklyn war wohl ein solcher Unort, inzwischen kann man da kaum mehr hin, weil so viele andere dort wohnen wollen.

    Wobei die Küstenlandschaft in Spanien (Torremolinos) unwiderruflich dahin ist. Das haben letztlich die Touristen für alle (für menschen überblickbare) Ewigkeiten zerstört und eine völlig planlose Wirtschaft auf dem Gewissen.

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    @ Roland Ziegler
    Es fing auch damit an, dass man sowas baute, siehe Bilder:
    http://www.welt.de/kultur/arti.....chuld.html
    Sie wollen dort nicht wohnen. Ich kannte das schon, als Sie noch in den Windeln lagen, Märkisches Viertel, München Neuperlach, HH-Wilhelmsburg und vor allem Florenz zwischen Zentrum und AB Bolgna-Rom oder Paris-Nord. Es scheint immer sehr eng mit Drogen zusammen zu hängen. Wir lasen jung „Die Kinder von Torremolinos“, einer Beton-Verbauung eines südspanischen Fischerortes. Es ist desolat, dass man das zugelassen hat, desolate Politik und von der Bauwirtschaft bestochene Bürgermeister gab es immer, in Spanien mehr. Würde man nicht neue Unterschichten ins Land lassen, würde es irgendwann leer stehen.
    Ich kenne es auch aus New York City, wo die Polzei schon früher Angst hatte, in bestimmte Stadtteile zu fahren. Und vor allem aus Rio.
    Da sieht man kein Land. Mich bedrückt so etwas. Hannah Lühmann ist nicht allein dorthin gefahren. Unglaubliche Lethargie gegenüber dem Wohlbefinden, dass Mensch und Tier brauchen. Erinnert vage an Zeiten im 19.Jh. Riecht nach Sucht und Crime und Bürgerkrieg und Krieg. Vielleicht übertreibe ich. Schuldige?:
    Dieser ganze gottverdammte Lobbyismus.

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    Die Verteidigung des Eigenen ist eine wichtige Sache. Da würden mir viele Sachen einfallen, die nicht verhandelbar sind. Schweinefleisch gehört nicht dazu, obwohl ich über dem Durchschnittskonsum liege. Warum wird das Schwein für Leute die entweder keine Religion haben oder deren Religion keine Speisegesetze außerhalb der Fastenzeit kennt, zu einem Kulturträger? Weil man den anderen ans Bein pissen kann, ganz einfach. Warum werden viele (ansonsten säkulare) Muslime so hysterisch, wenn es ums Schwein geht? Aus demselben Grund. Westen ist es dann, wenn einem so ein Blödsinn egal ist. Aber so richtig egal.

    @Parisien
    Ohne Ihre Ressentiments, die Sie mir zum Aufregen kultiviert zur Verfügung stellen, wäre mein Leben langweiliger.

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    @ R. Ziegler
    Hab‘ ich auch nicht verstanden. Ist übrigens nicht sein Stil.
    Haben Sie meine Einlassung über „Spectre“ bei Marcus Funck gesehen? FSK verkehrt. Spannend, aber zu brutal für Youngsters. Erst allein gucken.

  8. avatar

    @Nora Brunn
    „wandelndes Ressentiment“
    Richtig. Hat Parisien, ich, wir alle. Aber im Gegensatz zu ihnen arbeiten wir daran, diskutieren sie und wollen unseren Horizont erweitern, denn nur so kann ein Zusammenleben, auch z.B. mit Flüchtlingen, Zuwanderern usw. gelingen.
    Und ich denke es reicht jetzt mal mit Ihrer aufgeblasenen dramatisierenden und stets nur bewertenden Schulmeisterei lieber Nora Brunn, Michael Borch et al (den anderen neckischen Pseudonymen, hinter denen Sie sich verstecken). Nicht nur, daß Sie hier Ihre ekelhafte Vorstellung von Sexualität auf mich projezieren – Sie veranstalten hier einen Meinungsterror, der niemandem nützt, außer Ihrer bräsigen Selbstgewissheit und bedienen damit überflüssigerweise auch noch die Verschwörungstheorien der rechtsradikalen Rassisten. In Ihrer bornierten Oberlehrerhaftigkeit und Ihrer paranoischen Sektierertum sind Sie den Nationalsozialisten ähnlicher, als Sie denken. Holen Sie professionelle Hilfe, hier kann Ihnen niemand helfen, Mann! Sie können sich auch gerne weiter an mir abarbeiten, aber erwarten Sie keine Antwort. Ich muss es leider so sagen, aber im wahren Leben hätte ich das Lokal schon längst gewechselt.

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    @Herr Kaufmann: Ich verstehe die Frage nicht. Ich bin hier u. rette gerade das Vater- u. Abendland durch den Verzehr von Schweinefleisch. Was sollte ich da in Idomeni? Und was genau ist ein Schönwetterhumanist? Und gibt es auch einen Schlechtwetterhumanisten?

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    Gute Frau Brunn, ja: Mein Ressentiment gegen Religion wächst mit jedem Jahr:
    Judentum (ca. 5000! Jahre her) plus AT:
    “ „Werdet ihr mir aber nicht gehorchen und nicht alle diese Gebot tun … so will auch ich euch dieses tun: Ich will euch heimsuchen mit Schrecken, mit Auszehrung und mit Fieber, dass euch die Augen erlöschen und das Leben hinschwindet.“ So resümiert das 3. Buch Mose des Alten Testaments die Übergabe der göttlichen Gesetze auf dem Berg Sinai.“

    Christentum:
    „Weil die Sorge für deren Einhaltung im jüdischen Kult den Nachfahren des Levi zukam, wird das 3. Buch Mose auch „Levitikus“ genannt. Daraus wurde im christlichen Mittelalter die Redewendung „die Leviten lesen“, wenn jemand eine Strafpredigt über sich ergehen lassen musste. Ein Bahnbrecher dafür soll der Bischof Chrodegang von Metz gewesen sein. Weil er bei seinen Geistlichen das rechte Maß an Tugend vermisste, ließ er ihnen tagtäglich aus dem Buch Levitikus vorlesen.“

    Über 200 Jahre und mehr her.
    Wo Religion und Macht kopulieren. Die Fortsetzung wissen Sie selbst. Sie begann ca. 1979.
    http://www.welt.de/geschichte/.....lesen.html

  11. avatar

    Werter Marcus Funck,

    Sie hatten angekündigt, die besseren Argumente für Merkels Politik zu bringen,

    Marcus Funck sagt:
    31. Januar 2016 um 23:23

    Die Beweislast liegt auf beiden Seiten, wobei es wohl eher um das bessere Argument und die attraktiveren / verträglicheren Vorstellungen von Gesellschaft geht.

    Stattdessen beschäftigen Sie sich mit dem Schwein. Nun gut, wir lassen nur herein, wer einen schönen Schweinebraten und ein schönes Bier bzw. Wein verzehren kann. Ansonsten ist er kulturfremd. Ist eine Gesellschaft ohne Schwein und schönen Spirituosen attraktiver als eine mit?

  12. avatar

    @ Roland Ziegler

    Schönwetterhumanist Ziegler, warum sind Sie nicht zusammen mit Angie in Idomeni? Angela Merkel, Roland Ziegler, wo seid Ihr?

  13. avatar

    Die “Schweinefleisch-Angelegenheit” ist lächerlich, viel mehr etwas, das Menschen brauchen, die es unbedingt nötig haben sich über jemanden aufzuregen, anstatt sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern.

  14. avatar

    Noch eine kleine side-story, Herr Prof.(?)Funck (bei mir sind Historiker automatisch Professoren, so wie Brillenträger in Italien früher zum Dottore aufstiegen):
    Auf derselben Station war eine Saudi-Mutter mit einem Kind mit einer ebfs. schwierigen Erkrankung. Kam ihr Kerl zu Besuch, war alles hergerichtet, ihr outfit, der Gebetsteppich, das Essen. Verschwand er, zog sie sich sofort aus, wohl weil sie erbärmlich schwitzte und lief vor den anderen Vätern und Ärzten in einem allerdings prächtigen Unterkleid durch den Flur. Den Teppich packte sie in den Schrank.
    Das ist alles eine Farce, und viele Muslime wissen das, vor allem die Frauen. Vielleicht zog sie ihren offiziellen outfit auch nur für ihre deutsche Übersetzerin an.
    Im Iran soll es viele kleine Schnapsbrennereien geben. Das Hauptproblem ist, dass sich die vergnügungsfeindlichen Unterdrückungsmechanismen beharrlich halten und von westlichen Politikern nicht klar genug benannt werden, vermutlich aus Angst vor Rechts, womit man aber erst recht Rechts ernten kann und solche Vorwürfe wie „Lügenpresse“. Die calvinistische Dürre (kein Tanzen , keine schöne Kleidung etc.)hielt sich nicht allzu lange. Das Land des Wilhelm Tell hatte genug Abwehrmechanismen.
    Liest man ganz simpel Karl Mays Buchserie über „Das wilde Kurdistan“ bis „Der Schut“, weiß man, wo’s alles herkommt: Aus einer immer schon grassierenden Ungesetzlichkeit, also vielleicht ursprünglich als Protektion gedacht.
    Nun sind wir hier nicht so ungesetzlich und sollten daher auf der gesetzlich geschützten Freiheit, auch der Frauen, und auf der Toleranz bestehen. Um nichts anderes ging es der CDU: Nachdem die Stadt Fl Schweinefleisch aus den KiTas und Schulen verbannen wollte, statt zu Toleranz aufzurufen, kommt natürlich eine Gegenreaktion.
    Traurig ist, dass die Muslime oft gar nicht solche Verbote verlangen, sondern dass manche Lokalpolitiker sich im Knicks üben, vor einer Gruppe, die oft schier überrascht ist. Als in Berlin vor Jahren (ca. 2008) ein Theaterstück abgesetzt wurde, weil unter vielen Religionsgrößen auch Moh. enthauptet wurde, war die muslimische Community völlig blanko bzw. blanca, denn sie waren erst durch voreilige Reaktionen darauf aufmerksam geworden.
    Die Spaltung kann wohl nur mit ganz klaren Ansagen geheilt werden, sehr langsam. Zudecken hilft nicht. Und den Muslimen, die aus antiken Verhaltensweisen aufbrechen möchten, hilft man damit nicht. Ich kenne einige von ihnen und dabei reichlich, die den Kopf über uns schütteln. Durch Drohgebärden und Terrorismus muss man durch. Wie man an Schmidts klarer Einstellung zur RAF sah, ist irgendwann damit Ende, es sei denn, man wollte das so und holte immer neuen Nachschub.
    Der Film „Spectre“ deutet das an, aber das ist hoffentlich nur ein movie, also weitgehend eine Phantasie.

    @ Ziegler: Spectre nicht mit Töchtern gucken! FSK verkehrt! Brutale Folterszene mit stereotaktischer Operation bei Bewusstsein.

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    „Ich halte das Thema für hochgespielt.“

    Sie spielen nicht hoch, wie hans es tut. Stattdessen sind Ihre Kommentare das wandelnde Ressentiment. Für Das Ressentiment ist für Sie das Selbstverständliche. Sie formulieren kultiviert. Aber Ihre Kultur ist kulturelle Beschränktheit.

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    @Marcus Funck

    … nun, werter Hr. M.F., ich lebe in Deutschland und schreibe was ich erlebe. Sie beschreiben, was Sie in Filmclips sehen. Das ist allerdings bemerkenswert.

    Was die Abschaffung der Todesstrafe in Deutschland betrifft, bin ich der falsche Adressat. Das sollten Sie unbedingt den islamischen Ideologen erklären, denn jeder ‚Ehrenmord‘, in Deutschland, ist mit der Apostasie, den Glaubensabfall im Islam, begründet.

    Zum ‚christlich-jüdischen Dialog‘ hatte ich nix geschrieben. Das dieser in der Historie nicht einfach war, ist mir schon klar. Dass Christen in den ersten 3 Jahrhunderten Juden verfolgt und diskriminiert haben, halte ich für ein Gerücht.

    Überhaupt, ist die Historie wohl ein wenig differenzierter, als an einer ‚Durchsetzung von Essensgeboten und Essensverboten‘, wie Sie, zumindest hier ohne Quellennachweis, behaupten, zu betrachten. Oder?

    Wenn ich von der Gegenwart auf die Vergangenheit schließe, komme ich zu dem Ergebnis, dass allein Ideologien ‚Essensgebote und Essensverbote‘, besonders Verbote, verlangten und weiterhin verlangen.

    Die Kirche Christie, ja nicht mal ‚ungläubigen‘ Europäer, verlangten und verlangen, außer Mäßigung, da nix vergleichbares.

  17. avatar

    @ Marcus Funck, da haben Sie schon recht. Dennoch möchte ich dezidiert darauf hinweisen, dass ich es begrüße, wenn hier ein Historiker mitschreibt, denn die Historie ist zweifellos interessanter als manche Gefechte der Gegenwart.
    Aber eine kleine Geschichte möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Einer meiner Söhne litt, als er klein war, an einer langwierigen Erkrankung, für die er eine Zeitlang ins KH musste, dort Privatpatient. Aufgrund einer plötzlich grassierenden Virusgrippe lief die Klinik voll, so dass auch in seinem Zimmer Platz gemacht wurde für einen kleinen Kurden. Wir versorgten unseren Sohn regelmäßig mit Essen von der Straße, weil er die Klinikkost zu Recht ablehnte. Meistens kam Pizza dabei zum Einsatz. Als die Pizza mit Schinken und Salami in dem Krankenzimmer auftauchte, verlangte die kurdische Mutter, dass unser Sohn aus seinem Zimmer verlegt wird, was nicht geschah. Ihr Sohn wurde verlegt.
    Also soweit darf es wirklich nicht kommen. Man muss Muslimen wenigstens Toleranz beibringen, wenigstens das, und je gebildeter sie sind, desto mehr ist die selbstverständlich vorhanden. Wir reden die ganze Zeit über Unterschichtenbefindlichkeiten. M.E. braucht man hier ganz klare Ansagen, ansonsten eine Empfehlung, in der Türkei zu bleiben oder nach Saudiarabien oder Indonesien auszuwandern.
    Außerdem ist es abzulehnen, wenn wir gleichzeitig von Eliten und intoleranten Ungebildeten regiert werden. Es wird Zeit, die Mittelschichten wieder mehr zu berücksichtigen.
    Im Gegensatz zu den Juden 1933-1945, in Polen sogar bis mindestens 1947, haben Muslime Länder, in die sie zurückkehren können, wenn sie mit einer an sich toleranten und noch weitgehend offenen Gesellschft, die aber auch Traditionen hat, nicht klarkommen. Fragt man gebildetere Muslime, was sie davon halten, ziehen sie ein Gesicht. Die schleppen aber auch keinen Gebetsteppich mit sich herum.

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    Ich halte das Thema für hochgespielt. Es ist so’ne Sau, die ab und zu durch’s Dorf gejagt wird.
    Am interessantesten, seit Sie hier erscheinen, fand ich Ihre Bemerkungen in Bezug auf Rom.
    Man will auch gern mal was Neues lernen, statt sich mit den Essensbefindlichkeiten von Spießern auf beiden Seiten der Kluft zu beschäftigen.

    1. avatar

      @Parisien. Natürlich ist das hochgespielt, wenn Schweinefleisch plötzlich zum essentiellen Bestandteil einer „Kultur“ erhoben wird. Aber nochmal, nach meiner Meinung sind es genau solche Debatten, die eine „Kluft“ herbeizureden versuchen, wo es so viele andere Klüfte gibt, die sich aber nicht an einer „Kultur“, sondern an politischen Teilhabemöglichkeiten und sozialen Lebenschancen festmachen lassen.

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    … Sie verkennen Ursache und Wirkung, Sie unterschlagen, warum auch immer, dass Schweinefleischverzehr von Ideologen, Mohammedanern, als haram, als unrein regelrecht beschimpft wird. Kinder in Kindergärten und auf Schulhöfen, beispielsweise. Ganz extrem gilt Schweinefleischverzehr gar als Abfall vom Islam und wird mit dem Tod bestraft.

    Insofern sind die ‚Schweinefresser‘ die falschen Adressaten, wenn es um Ressentiments geht. Oder?

    Ich esse übrigens auch kein Schwein und werde trotzdem als ‚Schweinefresser‘ und ‚Kartoffel‘ von Mohammedanern beschimpft. Besonders wenn ich mich als Christ oute. Was läuft falsch in Europa?

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      @blonder hans. Ich weiß nicht, wo sie leben, dass Ihnen so viel Böses widerfährt. Und den „Schweinefresser“ kenne ich nur als ironische Wendung aus einem Filmclip, den meine Tochter mich anzuschauen nötigte (und der sehr lustig ist). Da wir hier über deutsche Verhältnisse reden, erlaube ich mir den Hinweis auf die Abschaffung und Ächtung von Todesstrafen auf irgendwas. Und über Reinheitsideologien werden wir sicher ein andermal streiten.

      Was Ursache und Wirkung angeht, kann ich nur darauf verweisen, dass mein historischen Rückblick ca. 150 v. Chr. einsetzt. Es ist m.E. schon erstaunlich, wie sie fast zwei Jahrtausende christlicher Diskriminierung und Verfolgung, die sich eben auch an der Durchsetzung von Essensgeboten und Essensverboten festmachen läßt, einfach unterschlagen wollen.

      In Europa läuft in dieser Hinsicht nichts falsch, es läuft nur anders. Die Mehrheit der Europäer ist endlich bereit zu akzeptieren, dass wir nicht in homogenen Dorfgemeinschaften leben. Also müssen wir uns arrangieren. Immer wieder aufs Neue. Das ist manchmal nicht leicht, manchmal tut es weh. Dass es aber geht, wird tagtäglich hundertfach ganz unspektakulär und ohne hirnrissige Pressemeldung nachgewiesen. Ich bin da ganz gelassen und setze auf die Macht der Veralltäglichung.

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    Danke fuer den interessanten historischen Rueckblick. Aber sind es wirklich radikale Saekularisten, die eine Schweinefleischangebotspflicht einfuehren wollen (= die schleswig-holsteinische CDU)? Oder eher eine Vermengung von Fremdenfeindlichkeit und Schweinezuechterlobby? Natuerlich interessant, wenn eine Partei sich so definiert.

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      In der Schweinegebotsfraktion kommen viele zusammen. Die radikalen Säkularisten sind da sicher in der Minderzahl. Doch fand ich eine mittlerweile schon etwas ältere Beobachtung von Daniel Bax, dass sich unter den prominenten „Islamkritikern“ eine nicht unbeträchtliche Zahl sich als säkular verstehenden (ehemaliger) Linken befände, zumindest nicht ganz unzutreffend.

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    „Es sollte den Gebietern des Schweinefleischkonsums zumindest klar sein, in welche Traditionslinien sie sich stellen.“

    Eine Nazikeule aus Schweinefleisch; den Linken fällt doch immer wieder was Neues ein, um sich an ihrem Hassobjekt abzuarbeiten.

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      Dies hier wird nur veröffentlicht, um dem Autor des Kommentars die Möglichkeit zu geben, die Blödheit seines Widerspruchs noch einmal schwarz auf weiß nachlesen zu können.

      Merken Sie denn nicht, wie der Vorwurf der „Nazikeule“ mittlerweile selbst schon keulenartigen Charakter hat? Merken Sie denn nicht, dass es nicht ausreicht, auf einen Beitrag, der sich intellektuell redlich mit einem aktuellen Thema in historischer Perspektive auseinandersetzt, mit in der Szene tausendfach wiederholten Signalwörtern zu antworten? Und schließlich, merken Sie denn nicht, dass Ihre politische Richtungszuweisung eigentlich nur etwas über Ihre eigene politische Position aussagt? Nein, Sie merken es nicht.

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