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Mit Verlaub, Herr Augstein …

Nun hat auch Jakob Augstein gemerkt, dass etwas Unheimliches im Gange ist. Er nennt es eine „völkische Revolution“.
Nun ja, es handelt sich eher um eine antiliberale Reaktion, also um das Gegenteil von Revolution, aber halten wir uns nicht bei der Semantik auf. Schon vor einiger Zeit habe ich hier gezeigt, wie die extreme Rechte die angebliche „Islamisierung“ Europas als Kampfbegriff benutzt, um die liberale Demokratie zu delegitimieren.
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Warum wir in Syrien kämpfen

 

Zweifellos richtete sich der Beschluss der Regierung und des Parlaments, deutsche Soldaten nach Syrien zu schicken, in erster Linie nicht gegen den Islamischen Staat, sondern gegen Marine LePen. Insofern sieht es so aus, als sei der Einsatz schon vor dem eigentlichen Start gescheitert. Andererseits ist es nicht zu spät, vor Ort eine Strategie zu entwickeln, mit der noch 2016 der IS besiegt und damit 2017 nicht nur Angela Merkels Wiederwahl gesichert, sondern auch eine Lösung der syrischen Flüchtlingskrise wenigstens eingeleitet werden kann. Was auch helfen könnte, der rassistischen Rechten in Europa das Wasser abzugraben.

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Unsere Freiheit verteidigen= trotzig und lässig so weiterleben wie bisher ?

Quer durch die meisten Feuilletons war neben kurzem Erschrecken über die Massaker
der IS Terrorszene in Paris vom 13.11.der Tenor, cool bleiben, lässig bleiben, gelassen bleiben.
Zu Zeichen gegen den IS Terror wurde einiges verklärt, was eben so zum Alltag der heutigen globalen Mittelschicht oder noch kleineren Eliten gehört neben Champagner trinken, Drogen nehmen, ins Berghain gehen, auf alle möglichen weltweiten Disco-Events und Kunstmessen fliegen, mit schicken Autos auf alle möglichen Partys rasen , Sex-Partys inklusive, der individuellen Lust , der Mode, dem Diesseits jung und fit und so hedonistisch wie möglich frönen, Nacktfotos überall neben Kopftuchfrauen in der Werbung auf den Straßen, Filme genießen, die Gewalt feiern und sie so angeblich kritisieren, den Karrieren frönen, sich dann bei Yoga und in Wellness-Tempeln entspannen, den Literaturbetrieb bestücken, sich auf Messen wiedersehen, die fünf Sterne Köche diskutieren, die besten Schauspieler etc…..Ob ich dagegen etwa eine Bußpredigt halten will?
Nein, aber etwas genaueres Nachdenken einfordern, was denn die Freiheit sei, die zu verteidigen ist, ein Besinnen, wie es zur Advents- und Chanukkazeit gehören sollte, statt nur  Kommerz- Einkaufs- und Geschenke -Streß, eine Art Fasten, damit der Kopf wieder klar wird. So kann  die Weltlage und die eigene Lage genauer erkannt werden, auch der eigene Anteil an  Terror und Krisen,  zumindest eine Wiederentdeckung der Freiheit zur Vernunft , auch in der Kritik am eigenen Lebensstil, der zur Klimazerstörung beiträgt, die zur Zeit auf der grossen Unokonferenz in Paris bekämpft werden sollte. Weiterlesen

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Wiederkehr des Verdrängten: Kauft nicht bei Juden

Die Fotos findet man in allen Geschichtsbüchern. SA-Mitglieder belagern jüdische Einrichtungen, an denen sie Plakate angebracht haben: „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“ – Die Schaufensterscheiben und Fassaden der Geschäfte haben sie mit Judensternen beschmiert und für diejenigen, die dieses Symbol nicht kennen, in Großbuchstaben in weißer Farbe dazu geschrieben: „J U D E !“

Das geschah am 1. April 1933, nur zwei Monate nach der Machtübertragung an Adolf Hitler und seine NSDAP. Dieser Judenboykott war generalstabsmäßig vorbereitet. Im ganzen Reich sollten am frühen Morgen jüdische Geschäfte, Warenhäuser, Rechtsanwaltskanzleien, Notariate und Arztpraxen von SA-Einheiten abgeriegelt und die nichtjüdische Kundschaft am Betreten gehindert werden. Schon im ersten Parteiprogramm von 1920 hatte die NSDAP angekündigt, dass sie, wenn sie an die Macht komme, alle Juden aus dem Wirtschaftsleben „entfernen“ wolle. In einem hatte sich die NSDAP allerdings verrechnet: Die Bevölkerung stand dem Boykott so passiv gegenüber, dass man die Abriegelung der Geschäfte kaum mit der Vollstreckung des „Volkszorns“ begründen konnte. Der Boykott wurde deshalb schon am Abend des 1. April für beendet erklärt. Er gilt dennoch als der erste schwerwiegende Angriff auf die Juden im Deutschen Reich nach Machtantritt Hitlers. Weiterlesen

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Die Aktualität Adolph Kolpings

Von Martin Grünewald:
Heute organisieren sich deutschlandweit eine Viertelmillion Menschen im Kolpingwerk, der Verband ist weltweit verbreitet. Was fasziniert heute an Adolph Kolping? Wie ist seine Wirkung in der Gesellschaft?

Adolph Kolping starb am 4. Dezember 1865, also vor 150 Jahren. Dieses Jubiläum bildete den wichtigsten Anlass für den Kolpingtag 2015, der 15.000 Teilnehmende drei Tage lang in diesem September in Köln begeisterte.

In den Tagen um den 4. Dezember begehen die allermeisten der bundesweit 2.500 Kolpingsfamilien sowie Kolpingmitglieder in weltweit 61 Ländern mit Gottesdiensten und Feierstunden den Kolping-Gedenktag. Warum interessieren sich heute so viele Menschen für diese Person?

Als viertes Kind eines Schäfers in Kerpen bei Köln am 8. Dezember 1813 geboren, wächst Kolping in sehr bescheidenen Verhältnissen auf und erlernt das Schuhmacherhandwerk. Weiterlesen

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Muss der Staat Prostituierte vor sich selbst schützen?

In den Schubladen der Koalition ruht ein abgespeckter Entwurf eines Gesetzes zum Schutz Prostituierter (SZ-Politik, vom27.11.2015: „Schutz und Pflicht“). Federführend ist das Frauenministerium. Nun wollen ausgerechnet die Länder im Bundesrat nicht zustimmen, welche eine Reform angestoßen hatten (etwa NRW). Ziel müsste eine möglichst effektive Kontrolle der Bordellbetreiber sein, entstanden ist ein Entwurf, der das Gegenteil bewirkt: eine engmaschige und bürokratische Überwachung der Prostituierten. Statt „Schutz“ vor Übervorteilung sieht der Entwurf Anmeldepflichten und eine Pflichtuntersuchungen vor (früher hieß das „Bockschein“). Zuständig sollen die Gesundheitsämter sein. Diese können aber weder umfassend beraten noch werden sie eine bezahlbare HIV-Prävention anbieten. Schreibt man dennoch sanktionsbewehrte Pflichtuntersuchungen vor, schafft man eine völlig sinnlose Normenfalle. Weiterlesen

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Zur Aktualität von Martin Walsers Paulskirchenrede

Martin Walsers Paulskirchenrede von 1998 wurde vor nunmehr beinahe zwanzig Jahren wegen ihrer Kritik an der so genannten Gedenkkultur berüchtigt. Als Walser „vor Kühnheit zitternd“ behauptete, die Deutschen seien ein „ganz normales Volk“ geworden und seine Abscheu gegen die „Dauerrepräsentation unserer Schande“ bekundete, als er bekannte, er habe sich angewöhnt, bei Bildern aus den KZ „wegzuschauen“, da sprang die versammelte Elite der Bundesrepublik – mit einer Ausnahme, nämlich Ignatz Bubis – von den Sitzen auf und applaudierte. Womit sie ungewollt jenem „wirklich bedeutenden Denker“ Recht gab, der im Zentrum der Walser’schen Kritik stand, weil er von einer „moralisch-politischen Verwahrlosung“ des Landes gesprochen hatte.

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Das Verbot der professionellen Sterbehilfe vom 6.11.2015

 Von Prof. Dr. Monika Frommel:

 Gegen die grundlegende strafrechtliche Regel, dass Beihilfe zu einer erlaubten Tat, dem wohlüberlegten Freitod, nicht verboten sein kann, sie gilt seit 1871, beschloss der Bundestag am 6.11.2015, die „geschäftsmäßige Sterbehilfe“ zu verbieten. Laien mag es einleuchten, wenn man rhetorisch formuliert und sagt, niemand dürfe mit der Not sterbewilliger Menschen Geschäfte machen. Aber darum geht es nicht, wenn Menschen erfahrene Ärzte um Rat fragen, weil sie nicht mehr weiter wissen. Und selbstverständlich rechnen Ärzte Beratungsgespräche ab. Das Gesetz hätte also alle Ärzte von dieser Regelung ausnehmen müssen, wenn sie umfassend beraten, Alternativen aufzeigen und dann Sterbehilfe im Rahmen des geltenden Strafgesetzes leisten, also die Letztentscheidung dem Patienten aufbürden. Ein Strafgesetz mit einem derartig dehnbaren Inhalt hat aber unkalkulierbare Wirkungen. Weiterlesen

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Törichte Worte

Als die französische Nationalversammlung am 20. 11. 2015 über die Verschärfung der Sicherheitsgesetze und die Verlängerung des Ausnahmezustands abstimmte, gab es dafür eine überwältigende Mehrheit. Bei 551 Ja-Stimmen gab es nur sechs Nein-Stimmen. Eine davon gehörte dem  grünen Abgeordneten Noêl Mamère. Bemerkenswert war seine Begründung: „Das Überangebot an Sicherheit passt nicht zur Situation.“ (FAZ vom 21. 11. 2015) – Dem grünen Herrn  ist anscheinend entgangen, dass das „Unterangebot“ an Sicherheit in Paris zu 130 ermordeten Menschen geführt hat.

„Dann hätte der Terror gesiegt“

In Deutschland gibt es ähnliche konfuse Stimmen. Bei den Grünen werden schon wieder die alten Reflexe bemüht: Eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze sei unnötig, sogar schädlich, weil dies unsere Freiheitsrechte zerstöre. Wenn wir jetzt in diesem Sinne „aufrüsteten“, „hätte der Terror gesiegt“. Viele plappern dieses Wort nach, ohne zu merken, wie töricht es ist. Als ginge es den Terroristen vom Islamischen Staat darum, die europäischen Gesellschaften von Demokratien in autoritäre Staatsformen umzuwandeln. Weiterlesen

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Fünf Lügen, die sie uns über Paris erzählen

Jetzt, da jeder und sein Hund sich in Sachen Paris zu Wort gemeldet haben, mit und ohne Smileys, möchte ich fünf Lügen auflisten, die ich in der Debatte immer wieder gehört haben, was sie nicht besser macht.

Erste Lüge: Der Terror ist auch Ergebnis der Ausgrenzung und Diskriminierung der Muslime in Frankreich.
Unsinn. Viele Minderheiten werden im Westen ausgegrenzt und diskriminiert. Das ist schlimm. Die Juden zum Beispiel wurden über Jahrhunderte in Europa verfolgt. Deshalb griffen sie aber nicht zum Terror. Die Schwarzen in den USA erlitten Jahrhunderte der Sklaverei, ein Apartheidregime in den Südstaaten, ständige Zurücksetzung bis heute. Dennoch griffen sie – von wenigen Ausnahmen in den 1970er Jahren abgesehen – nicht zum Terror.

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Aux armes citoyens- was heisst jetzt: Solidarität mit Paris und Frankreich?

Heute wurde in allen europäischen Städten und auch beim G 20 Gipfel in der Türkei um 12 Uhr mittags eine Schweigeminute abgehalten.Im Radio wurde nach dem Glockenläuten dann gesagt, Präsident Hollande hätte mit Minister Valls an der Sorbonne in Paris mit Studenten für 60 Sekunden inne gehalten.
Inne halten, eine seltene Haltung und Sprache in der heutigen Twitter -und Millisekunden Reaktionsgesellschaft.Inne halten hätte ich mir für mehr deutsche Politikerinnen und Medien und Experten erst mal nach den grausigen Nachrichten von dem IS Terroranschlag auf Paris, sein Massen-morden am Tag des deutsch französischen Fußballspiels dort gewünscht.
Sollten nicht die Opfer und Freunde und Verwandten derer, die in Cafes und in der Musikhalle mitten im Konzert brutal ermordet wurden, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen so wie die Arbeit der Sicherheitsdienste und Polizei , die nach dem Terroristenumfeld aus den strategisch immer besser organisierten, nun fast global agierenden IS Staates in Syrien und dem Irak fahnden?
Ich hätte mir gewünscht, dass wie die schönen Lichtinstallationen mit den französischen Nationalfahnenfarben in den USA , am Brandenburger Tor ,weltweit, darüber hinaus für einige Tage die Hälfte der Kinos und Programme der Musikevents umgestellt worden wären, Solidarität mit der französischen Lebensweise demonstriert worden wäre mit Filmen, französischer Musik, französischem Essen und Trinken wie mit Wahrnehmen französischer Debatten. Statt dessen wurde wieder typisch deutsch der fast immergleiche Diskurs dem mutigen Handeln vorgezogen, die Wahltaktik der echten Solidarität. Es wurde über die korrekte Verwendung des Begriffes und Wortes Krieg parliert und der focus der Debatte wieder auf die deutsche Flüchtlingsdebatte zurückgeführt von allen Seiten, mal wieder um Wahltaktik aller Parteien hier gekreist. Weiterlesen

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