In einem ironischen Kommentar zum Abbruch der Jamaika-Verhandlungen hatte ich mich in der WELT mit den Positionen Wolfgang Kubickis auseinandergesetzt. Reaktionen ließen natürlich nicht auf sich warten. Eine solche Reaktion – und meine Antwort darauf – dokumentiere ich hier, weil sie mir Gelegenheit gibt, den Unterschied zwischen Antisemitismus als psychologischem Defekt und Antisemitismus als gesellschaftlichem Diskurs zu betonen – ein Unterschied, der wesentlich ist, wenn man den Antisemitismus bekämpfen will und nicht die angeblichen Antisemiten.
Alan Posener
Gegen ein Europa der Regionen
In einem leidenschaftlichen Plädoyer haben sich die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot (mit der ich seit Jahren befreundet bin) und der Schriftsteller Robert Menasse (mit dem ich in einer lauen Brüsseler Nacht ich nach einem Essen mit José Manuel Barroso ein paar Weine zu viel getrunken habe) für ein Europa der Regionen statt der Nationen ausgesprochen. Der Ansatz ist mir nicht völlig fremd, aber völlig unrealistisch. Und, wie ich zeigen werde: Das ist auch gut so.
„Israelkritik“ und Antisemitismus. Ein Fallbeispiel
Ernst Nolte, Jürgen Zimmerer, Jakob Augstein: Relativierer des Holocausts
Lange Zeit galt die Relativierung und „Historisierung“ des Holocausts als Phänomen der Rechten. Dafür mag die Debatte um Ernst Nolte als Beispiel dienen. Innerhalb des „Kyffhäuser“-Flügels der AfD um Björn Höcke ist dieses Denken noch – oder wieder – virulent. Gleichzeitig aber ist seit Jahrzehnten innerhalb der „antiimperialistischen“ Linken eine ähnliche Historisierung und Relativierung im Gange. Dafür haben Jürgen Zimmerer – den ich hier wiederholt kritisiert habe – und Jakob Augstein wieder einmal ein Beispiel geliefert.
Eine Meldung und ihre Geschichte
Wie schlampiger Journalismus denjenigen in die Hände arbeitet, die den Klimawandel leugnen oder herunterspielen. Ein Lehrstück in drei Akten.
Vom Dombau lernen
Wie steht es um Europa? Für Papst Benedikt XVI stand fest: „Europa von innen her leer geworden“, sagte er vor dem Italienischen Senat. „Diesem inneren Absterben entspricht es, dass auch ethnisch Europa auf dem Weg der Verabschiedung begriffen erscheint. Der Vergleich mit dem untergehenden Römischen Reich drängt sich auf, das als großer geschichtlicher Rahmen noch funktionierte, aber praktisch schon von denen lebte, die es auflösen sollten, weil es selbst keine Lebenskraft mehr hatte.“
Merkel auf YouTube
Natürlich waren die jungen Interviewer viel zu unkritisch – noch unkritischer, als man es von berüchtigten Formaten wie dem devoten „Sommerinterview“ mit der Kanzlerin her kennt. Natürlich war der Auftritt von Angela Merkel bei #DeineWahl auf YouTube ein Heimspiel, bei dem sie im Wesentlichen mit der Antwort durchkam: Wir haben schon viel gemacht, aber wir müssen noch mehr machen. Aber das ist nicht der Punkt. Mit diesem Interview hat die opportunistische Revolutionärin Merkel gezeigt, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hat. Und die stehen gegen die öffentlich-rechtlichen Medien.
Der Fall Lindner
Dass der SPD-Mann Gerhard Schröder gegen Russland-Sanktionen ist, kann man verstehen. Er ist Lobbyist der russischen Gasindustrie. Peinlich, aber nachvollziehbar. Aber was reitet Christian Lindner?
Nein, Jürgen Zimmerer, der Holocaust ist nicht eine Folge des Kolonialismus
In einem Beitrag für „Starke Meinungen“ hatte ich dem Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer „Geschcihtsfälschung in exkulpatorischer Absicht“ vorgeworfen, weil er eine „Genealogie des Genozidgedankens“ vom Massaker an den Herero und Nama zum Holocaust konstruiert. Zimmerer fühlt sich von mir missverstanden. Zur Klärung seiner Ansichten verweist er in einem Tweet auf ein Interview, das mein Kollege Sven-Felix Kellerhoff mit ihm vor nicht ganz einem Jahr geführt hat. Jedoch wird in diesem Interview erst recht klar, dass Zimmerer den Holocaust lediglich als Fortsetzung der Kolonialverbrechen ansieht und sich die elementare Frage nicht stellt, die Götz Aly so formulierte: „Warum die Deutschen? Warum die Juden?“
Jürgen Zimmerer relativiert den Holocaust
Der Historiker Jürgen Zimmerer stellt die Auslöschung des europäischen Judentums in die Tradition des europäischen Kolonialismus. Dadurch missversteht er den Holocaust und relativiert ihn; und das alles nur deshalb, weil er den Kolonialismus im Sinne der modischen Ideologie des Antiimperialismus – der „postkolonialen Studien“, wie man sich akademisch ausdrückt – verteufeln will.
Patrick Bahners und der Antisemitismus
Kürzlich veröffentlichte die FAZ einen Beitrag ihres Kulturkorrespondenten Patrick Bahners unter der Überschrift: „Die Angst vor dem A-Wort“. Die wichtigste – wenn auch nicht belegte – Aussage des Beitrags lautete: „Nichts müssen Amtsträger in Deutschland mehr fürchten als das A-Wort.“ Unsinn natürlich. Würde man einen x-beliebigen deutschen Amtsträger – sagen wir: einen Finanzminister, Bürgermeister, Schulleiter oder General – fragen, wovor er sich am meisten fürchtet, wären die Antworten so vielfältig wie die Aufgaben: vom Ausbruch einer neuen Griechenlandkrise über rechtsextreme Gewalt gegen das geplante Asylantenheim, die nächste Bildungsreform bis hin zu einem russischen Angriff auf die Truppe in Litauen. Mit ziemlicher Sicherheit aber würde keiner sagen: „Davor, als Antisemit bezeichnet zu werden“. Das zu unterstellen, ist an sich schon antisemitisch.