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Kann man den Osten integrieren?

Ich gestehe: ich habe Vorurteile gegen bestimmte Menschengruppen. Zum Beispiel gegen Ostdeutsche. Interessanterweise bin ich noch nie mit anderen Wessis zusammengekommen, die solche Vorurteile nicht hätten. Das liegt entweder daran, dann man sich gegenseitig in seinen Vorurteilen bestätigt, oder daran, dass irgendetwas an diesen Vorurteilen dran ist. Die sind nämlich je ausgeprägter, desto mehr tatsächliche Erfahrungen – zum Beispiel bei der Arbeit im Osten und mit Ostdeutschen im Westen – diese Leute hatten.

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Denkschablonen statt Analyse – Trumps Wahlsieg im Zeichen des Postfaktischen

Nach dem Trump-„Schock“ verrennt sich die deutsche Debatte in Eliten-Bashing. Die Engführung der Wahlanalyse zeigt, wie sehr sich der rechte Wertekanon – allen Unterdrückungsvorwürfen zum Trotz – in der Mitte des öffentlichen Diskurses etabliert hat

Vielleicht ist es typisch deutsch, aus allem sofort „Lehren“ ziehen zu wollen. Vielleicht liegt es auch an der Medienbeschleunigung im digitalen Zeitalter, die kein Deutungsvakuum mehr aushält, sondern auf der Stelle Sinn liefern muss. Dennoch wirkt es befremdlich, wie schnell sich die deutsche Debatte nach dem Präsidentschaftswahlsieg von Donald Trump auf eine alles dominierende Erzählung eingeschworen hat: Das Versagen einer sowohl in Amerika, aber auch in Merkel-Deutschland tonangebenden „liberalen“ Meinungs-„Elite“, die „die da unten und ihre Sorgen“ seit langem verachte. So schrieb es Elisabeth Raether in der ZEIT, flankiert von zahlreichen ähnlich lautenden Kommentaren in anderen deutschen Zeitungen. Inzwischen ist die Deutung von der Anti-Establishment-Revolte der „Abgehängten“ offenbar so sehr common sense, dass Anne Will sie zum Ausgangspunkt ihres Fernseh-Interviews mit der wieder kandidierenden Kanzlerin Angela Merkel machte. Die „Modernisierungsverlierer“ müssten auch hierzulande schnellstmöglich adressiert und ernstgenommen werden, so die Forderung. Andernfalls drohe auch in Deutschland ein Sieg der Rechtspopulisten.

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Neidkomplexe

In der Ballade „Der Ring des Polykrates“ von Friedrich Schiller warnt ein Freund den griechischen Tyrannen  mit den Worten: „Mir grauet vor der Götter Neide“. Der Potentat wirft darauf seinen kostbarsten Ring ins Meer, um die neidischen Götter durch Verzicht zu besänftigen. Im modernen Sozialstaat könnte die Warnung lauten: Mir grauet vor der Linken Neide. Diese urmenschliche Neigung, die im christlichen Mittelalter zu den sieben Todsünden zählte, ist nämlich besonders den Parteien eigen, die die Umverteilung durch Steuern zu ihrem Markenkern erkoren haben. Soziologen vertreten die Ansicht, dass der Neid der Armen und ihrer politischen Fürsprecher ein wichtiges Motiv sei, um die Besitzenden aus Angst, bei  anderen Neid zu erregen und dafür geächtet zu werden, zur sozialen Konformität zwinge. Die linken Neidapostel wissen um die scharfe Waffe, die ihnen durch die Weckung von Neid in die Hand gegeben ist. Und sie zücken sie besonders gerne in Wahlkampfzeiten. Weiterlesen

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Mit Erdogan den Strauß wagen

 Die jüngste Entwicklung in der Türkei wird auch dem größten Türkei-Freund die Augen darüber geöffnet haben, dass dieses Land in der EU nichts verloren hat. Erdogan arbeitet zielstrebig darauf hin, ein  autoritäres  Präsidialsystem nach dem Vorbild Wladimir Putins zu errichten. Alle  Maßnahmen, die er in den Monaten seit dem Militärputsch im Sommer unternommen hat, dienen diesem Ziel: „Säuberung“ aller gesellschaftlichen Bereiche (Justiz, Armee, Schule, Hochschule, Verwaltung, Wirtschaft) von „Feinden“, denen die Regierung entweder Sympathie für die Gülen-Bewegung oder für die PKK unterstellt. Alle unabhängigen Zeitungen und Fernsehkanäle wurden entweder geschlossen oder durch dubiose Eigentumsübertragungen gefügig gemacht. Um seine Gegner auch physisch ausschalten zu können, plant Erdogan die Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Partei der kurdischen Minderheit HDP wird von der Regierung als politischer Arm der PKK stigmatisiert. Ihre ganze  Führungsspitze  wurde  inhaftiert, ihr droht ein Prozess wegen Terrorunterstützung. Zuvor war allen Abgeordneten der  HDP   von einem inzwischen  Erdogan-hörigen  Parlament  die Immunität aberkannt worden. Weiterlesen

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Haben die Medien bei Donald Trump versagt?

Gerade nahm ich an einer Talkshow teil. Der Moderator zitierte Quellen, die den Sieg Donald Trumps als größtes Medienversagen seit einem halben Jahrhundert bezeichneten. Schließlich habe keines der Mainstream-Medien in den USA oder Deutschland dieses Ereignis vorhergesehen. Na und? Wir sind Journalisten, keine Propheten.

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Donald Trump und seine deutschen Freunde

Ich finde es einigermaßen typisch, dass hierzulande weniger darüber diskutiert wird, was ein Präsident Donald Trump für Deutschland und Europa bedeutet, sondern vielmehr darüber, ob die medialen Reaktionen auf seine Wahl angemessen seien oder nicht.

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Nicht Fakten, sondern „Frames“ gewinnen Wahlen

Warum Trump gegen fast alle Voraussagen Präsident wurde – und was wir tun müssen, um den Siegeszug der Demagogen zu stoppen

Nicht Fakten, sondern Denkraster („Frames“) gewinnen Wahlen, postuliert die Linguistin Elisabeth Wehling. Die im amerikanischen Berkeley lehrende Linguistin Wissenschaftlerin Elisabeth Wehling stellte ihre Thesen am vergangenen Freitag auf der von Deutschlandfunk und der Bundeszentrale für politische Bildung veranstalteten Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin vor. Anders als progressive hätten konservative Menschen eine größeres Ekel- und Angstempfinden, so Wehling. Das lasse sich bei Messungen mit dem Neuroscanner feststellen. Diese Ängste ließen sich durch entsprechende Signale verstärken. Abwehrmechanismen gebe es kaum, wenn die Botschaften direkt aufs Hirn zielen. Donald Trump, stellte Wehling fest, fahre eine klassische Framing-Strategie, während Hillary Clinton den Fehler mache, auf politische Aufklärung zu setzen. Prophetische Worte. Weiterlesen

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Über Armut und Ungleichheit und was wir dagegen tun können

Mit mehr als 850 Milliarden Euro in diesem Jahr gibt Deutschland viel Geld für seinen Sozialstaat aus. In den nächsten Jahren wird die Billionen-Marke erreicht werden. Eine älter werdende Bevölkerung und die Integration der neuen Geflüchteten bedeuten mehr soziale Ausgaben. Umso wichtiger wird die Frage, ob die Sozialausgaben im Hinblick auf die Zukunft gut angelegt sind. Die gute Nachricht: die Zahl der in erheblicher Armut lebenden Menschen geht nicht nur weltweit, sondern auch hierzulande erheblich zurück. Weiterlesen

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Schweigen ist Gold – Stellungnahme zum SZ-Artikel „Angst ist Gold“

Von Enzio Rességuier de Miremont, Rechtsanwalt, München

Die öffentliche Diskussion um die Verfilmung des Theaterstücks „Terror“ von Ferdinand von Schirach war gerade erst abgeebbt, da erschien mit dem SZ-Artikel „Angst ist Gold“ von Johannes Boie die Beschreibung eines weiteren, wenn auch anders gelagerten Sachverhaltes, in dem eine vorbehaltlos richtige Entscheidung nicht möglich erschien.

„Angst ist Gold“: Hier bestand für die Protagonistin des Artikels, die Rechtsanwältin und Publizistin Dr. Liane Bednarz das Dilemma: Abwägung zwischen umfassender publizistischer Aufklärung einerseits und dem strengen Berufsrecht eines Rechtsanwalts andererseits. Meine Mandantin entschied sich für die Befolgung des Gesetzes sowie die aristotelische Mitte.

Christoph Giesa und Liane Bednarz haben gemeinsam das Buch „Gefährliche Bürger“ (Hanser, 2015) verfasst. Gegen Ende des langen Entstehungsprozesses stellte meine Mandantin fest, dass ein Teil eines von Giesa geschriebenen Kapitels sich nicht mit ihren berufsrechtlichen Pflichten vereinbaren ließ. In der Rohfassung nennt Giesa bestimmte Namen und behauptet, dass man in der Sachwertbranche Wert darauf lege, Ängste zu verbreiten. Mit der Angstmacherei würde, so Giesa, gutes Geld verdient und man habe gemeinsame Interessen mit der AfD und der neurechten Szene, die man damit gleichsam fördere.

Kurz vor Abgabe der letzten Version an den Verlag musste eine Abwägung vorgenommen werden, an der ich maßgeblich beteiligt war. Als Anwalt musste ich dabei wesentlich das scharfe Schwert des Berufsrechts, das Interessenskonflikte verbietet, im Auge behalten. Im Ergebnis gab es klare vertragliche Absprachen zwischen den beiden Autoren: das Kapitel in seinem Kern beizubehalten, aber auch einige Passagen abzuändern. Giesa selbst hat den Entwurf dazu geliefert. Der Verlag war einverstanden, auch weil das Kapitel in der Rohfassung teilweise presserechtlich justiziabel erschien. Giesa war überdies freigestellt, in einem Zeitungsartikel separat und ohne Bednarz´ Zutun über seine Recherchen zu berichten. Warum er dies niemals tat, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Das Betonen privater Befindlichkeiten erschien ihm vorrangig.

Den Sachverhalt hat Johannes Boie in seinem Artikel „Angst ist Gold“ verkürzt und einseitig dargestellt. Mit Hilfe eines Medienethikers ist er zu einem entsprechend eindeutigen Votum gekommen: Bednarz habe in ihrem Interessenskonflikt zuungunsten der Wahrheit und im Sinne ihres Arbeitgebers gehandelt. Dieser Vorwurf kann jedoch nicht unwidersprochen bleiben. Die nach Boies Vorstellung offenbar richtige Handlungsalternative hätte zwingend einen Gesetzesbruch beinhaltet.

Interessenkonflikte sind im Journalismus völlig normal; die künstliche Skandalisierung des vorliegenden Falles erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der erfolgten Einigung beider Autoren mit dem Verlag unzulässig und wenig seriös. Auch Christoph Giesa sind solche Interessenskonflikte nicht fremd: Auch er bat noch im Vorfeld des Buches Bednarz ausdrücklich, eine Person zu verschonen, von der er sich für seine Freundin berufliche Aufträge erhofft hatte. Dieser Bitte kam Bednarz nach.

Von verantwortungsvollen Journalisten darf daher erwartet werden, die Komplexität des Falles im Auge zu behalten. Jan Fleischhauer schrieb im Spiegel, es sei keine so schlechte Idee, dass für die Einschätzung verfassungsfeindlicher Tendenzen eine Behörde wie der Verfassungsschutz zuständig sei. Denkt man Fleischhauers Ansatz zu Ende, so bliebe gerade für denjenigen, der publizistisches Engagement nicht im Hauptberuf betreibt, kein Raum mehr.

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Bella Italia

Seit der Renaissance gilt Italien als das gelobte Land der Deutschen, deren Sehnsucht ein prominenter Italienreisender einst in berühmte Verse gefasst hat: „Kennst du das Land wo die Zitronen blühen? … Dahin, dahin / Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!“ (Johann Wolfgang von Goethe). Fast alle Kavaliers- und Bildungsreisen führten nach Italien, wo sich Maler, Musiker und Dichter Anregungen aus dem historischen  Fundus der Antike und aus dem Flair malerischer Landschaften holten. Unzählige Schlager haben den Weg über die Alpen zu uns gefunden oder wurden im italienischen Stil komponiert („Wenn in Capri die rote Sonne im Meer versinkt…“). In der Politik gab es die Toskana-Fraktion (Fischer, Schily), die das harte Geschäft der Realpolitik mit mediterraner Lebensfreude würzen wollte. Weiterlesen

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Honecker-Schergen

Es ist für kleine Lichter wie unsereinen immer schön, von Bestsellerautoren zitiert zu werden. Mir hat neulich Jan Fleischhauer fast eine ganze Kolumne auf SPON gewidmet. „Ich kenne ihn nur flüchtig“, schreibt Fleischhauer, „aber nach dem, was ich bislang von ihm gelesen habe, hatte ich den Eindruck gewonnen, dass auch er eher zu den Leuten gehört, die gegen die Radikalisierung der Gesellschaft sind. Wer zum ersten Mal seine Facebook-Seite besucht, käme nie auf die Idee, dass es sich um die Seite eines Wutjournalisten handeln könnte. Das Profilbild zeigt einen freundlich lächelnden Herren über 60, der Blues und malerische Landschaften mag.“

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