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50 Jahre Vatikanum Zwei

Ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass sich die Katholische Kirche mit dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils auf das Wagnis des „Aggiornamento“ einließ. Ein Wagnis, vor dem viele in der Kirche gleich wieder zurückgeschreckt sind.

Der prominenteste Renegat ist der gegenwärtige Papst Benedikt XVI, der als Theologe Joseph Ratzinger zusammen mit Karl Rahner und Hans Küng zu den jungen Wilden des Konzils zählte, der aber seit seiner Flucht aus Tübingen im Revolutionsjahr 1968 mit der ganzen Emphase des Renegaten die von ihm selbst mitformulierten Beschlüsse des Konzils rückgängig machen will. Weiterlesen

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Von der eigenen Hände Arbeit leben

Der erste Mörder in der Menschheitsgeschichte, Kain, wird nach der Ermordung seines Bruders Abel  von Gott  damit bestraft, dass  sein   Acker keinen Ertrag mehr  bringen  solle:  Armut und Hunger  als Buße für    Verbrechen und  Sünde.

Im Umkehrschluss  bedeutet  das Urteil  Gottes über den Verbrecher Kain, dass der Schöpfer will, dass  die Menschen von den Erträgen ihrer Hände Arbeit  leben können.  Diese Vorstellung ist so elementar, dass sie sich ins mythische Gedächtnis der Menschheit eingeschrieben hat.  Wer ein Leben lang gearbeitet hat, sollte –  so die zwingende Logik der Bibelstelle – auch ein auskömmliches Ruhestandsgeld erwarten können. Weiterlesen

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Zivilgesellschaft und Zensur

Vorletzte Woche wandte sich ein Redakteur der „Jüdischen Allgemeinen“ an mich mit der Frage, ob ich für die nächste Ausgabe den Feuilleton-Aufmacher schreiben wollte. Das Thema, „anlässlich diverser Mohammedfilmchen und –karikaturen“ sollte sein: „Blasphemie und die Frage, was Satire darf. Darf sie in multikulturellen Gesellschaften immer noch alles? Oder darf sie zwar, sollte aber tunlichst nicht alles tun, was sie kann oder darf? Warum ist ein Titanic-Cover mit dem inkontinenten Papst kein Aufreger, Mohammedkarikaturen aber schon? Weiterlesen

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                                                        Müssen  Lehrer Beamte sein?                                                            

Kurz nach den Sommerferien berichteten Berliner Zeitungen von einem  befremdlichen Schauspiel an einem Berliner Gymnasium. Elf  Lehrkräfte, darunter auch Mitglieder der Schulleitung, hatten sich am ersten Tag des neuen Schuljahres krank gemeldet, um durch den Boykott des Unterrichts die Schulleiterin, der sich Unfähigkeit vorwerfen, zum Rücktritt zu zwingen. Die Aufregung bei Eltern, Schülern und beim Schulamt war groß. Die Schulbehörde setzte zwei Mediatorinnen ein, die die Konflikte lösen sollten. Gleichzeitig wurden die „erkrankten“  Lehrer zum Amtsarzt zitiert. Weiterlesen

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Nichts ist gut in Euroland

Nach dem ESM-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ging ein Seufzer der Erleichterung durch die politische und publizistische Klasse Deutschlands. Abgeordnete und Journalisten müssen sich fortan nicht mehr mit der schwierigen Materie „Euro“ befassen und können sich Dingen zuwenden, von denen sie genauso wenig verstehen, zu denen sie aber umso leichter eine Meinung haben: Bettina Wulff, dem Islam, den künftigen Koalitionsspielen, der K-Frage bei der SPD usw. usf.

Denn in Verbindung mit Mario Draghis Ankündigung, die Europäische Zentralbank werde künftig in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen kaufen, um dem Druck der Finanzmärkte auf insolvente Regierungen zu begegnen, bedeutet die Ratifizierung des ESM-Vertrags durch Deutschland, dass die Währungs- und Fiskalpolitik der Europäischen Union nicht mehr in den Händen der nationalen Regierungen und Parlamente liegt, sondern fortan von einer Brüsseler Viergruppe geregelt wird, bestehend aus den Chefs der nicht gewählten Institutionen ESM, EZB, Kommission und Rat.

Dies ist gut für die Märkte, aber schlecht für die Demokratie. Weiterlesen

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Verzagtes Verhinderungsland                                                                

Am 3. September 2012 stemmte Kanzlerin Angela Merkel  im niederbayerischen Abensberg   in einem  Bierzelt im Anschluss an ihre Rede fröhlich  eine Maß Bier. Zuvor hatte sie ihren Deutschen die Leviten gelesen: In Fernost – sie meinte wohl China – würden  binnen kürzester Zeit ganz neue Städte aus dem Boden gestampft. „Und hier gibt es schon Theater, wenn eine dritte Landebahn gebaut werden soll.“

Mit dieser Philippika traf die Kanzlerin  den Nerv unserer wohlstandsgesättigten Verdrießlichkeit. Ja, Deutschland ist ein merkwürdiges Land geworden, ein verzagtes Verhinderungsland. Weiterlesen

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Scharfenberg: Nachruf auf ein Experiment

Wie manche Leser wissen, bin ich Produkt einer sozialdemokratisch orientierten Reformschule:
Nun hat diese Schule, an der übrigens mein Ex-Genosse, Freund und „Starke Meinungen“-Ko-Autor Rainer Werner  lange nach meiner Schulzeit zufällig Lehrer gewesen ist, kürzlich ihren 90. Geburtstag begangen. Dazu erschien eine Festschrift 90 Jahre Schulfarm Insel Scharfenberg 1922 – 2012. Redaktion: Burkhard Ost, in der auch ich kurz vorkomme. Weiterlesen
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Leistung als Makel

Im Unterricht  kann es passieren, dass der Lehrer einen begabten Schüler, der sich schon zu Beginn der Stunde eifrig meldet, mit den Worten bremst: „Dich kann ich erst am Ende der Stunde dran nehmen, du nimmst mir ja  das Stundenziel vorweg!“ – Verkehrte Welt.

Da gibt es in einer Schulklasse einen Überflieger, der  in Windeseile alles  kapiert, der aber ruhig gestellt werden muss, damit er den schön austarierten Stundenentwurf des Lehrers nicht durcheinander bringt. Solche leistungsstarken Schüler, die mit einer hohen Intelligenz und einer flinken Auffassungsgabe ausgestattet sind, gibt es zu Hauf. Im normalen Unterricht  werden sie  nicht gefördert. Der Gründe sind viele. Weiterlesen

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Kann Karlsruhe das Imperium stoppen?

Mittwoch also entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ (ESM) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Voreilig hatte der selbst ernannte „Demokratielehrer“ (Gauck über Gauck) im Schloss Bellevue bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel vor Monaten schon versichert, die Verfassungsrichter würden das Ding schon durchwinken, obwohl er bei späterer Gelegenheit zugab, er würde die Politik der Bundeskanzlerin in Sachen Europa selbst gar nicht verstehen, weshalb er sie öffentlich um Nachhilfeunterricht bat.

Bekanntlich ist der ESM ein Kernpunkt der Merkel’schen Europa-Politik. Weiterlesen

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Kaftanjuden und Meme

1. Kaftanjuden
In „Mein Kampf“ erzählt Adolf Hitler, wie er Antisemit geworden sei. Sein Vater habe den Antisemitismus als rückschrittlich abgelehnt; auf der Realschule sei der einzige jüdische Mitschüler stets rücksichtsvoll behandelt worden; und er selbst habe, als er das erste Mal Diskussionen beiwohnte, in denen antisemitisch argumentiert wurde, leicht geniert auf diese „konfessionellen Stänkereien“ reagiert.
Schließlich habe er die Juden in Linz als unauffällige Bürger unter Bürgern gekannt. Erst als ihm in Wien „eine Erscheinung in langem Kaftan mit schwarzen Locken“ erschienen sei, habe er sich gefragt, ob sich ihm in der Gestalt des ganz und gar fremden Kaftanjuden nicht das Wesen des Juden an sich, das Wesensfremde des Judentums, erschienen sei. Von da an habe er in Wien „überall Juden“ gesehen. Weiterlesen
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Keine Angst vor Gentrifizierung!

Wenn man in den  Berliner Szene-Vierteln   Prenzlauer Berg oder Friedrichshain durch die Straßen flaniert, kann man an die Hausfassaden  geschmierte Parolen lesen, die  eine bestimmte Gruppe von  Zuzüglern aufs Korn nehmen: „Verpisst euch, Schwaben!“ oder: „Nach Stuttgart 600 km!“.

Was hat den Angehörigen dieses doch so tüchtigen Volksstammes den Zorn der einheimischen Berliner zugezogen? Unter den Alt-Bewohnern  der Stadtquartiere geht die Angst um, sie könnten durch die zugezogenen Schwaben, die sie zu den „Besserverdienenden“ zählen, verdrängt werden. Die Reichen aus Deutschlands Süden kaufen Eigentumswohnungen, manchmal auch ganze Häuser, die sie dann aufwändig   ökologisch korrekt sanieren. Weiterlesen

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