Barack Obama hat also überraschend deutlich gewonnen. Und mit ihm die „Regenbogenkoalition“, die zuerst vor einem halben Jahrhundert für John F. Kennedy gestimmt hat. Obama war der Kandidat aller Minderheiten. Mitt Romney, der mindestens die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat, war der Kandidat der weißen Männer und – nicht ganz so deutlich – der weißen Frauen. Man kann auch sagen: Obama war der Kandidat der Zukunft der Vereinigten Staaten, die bunter, weiblicher und jünger wird; Romney war der Kandidat der Vergangenheit. Weiterlesen
Allgemein
Lehren aus einem Erdbeben
Wenn man beginnt, mit der Repetiertaste zu schreiben, ist es langsam Zeit, entweder mit dem Schreiben aufzuhören oder sich ein paar neue Gedanken zu machen.
Dies ging mir beim Lesen einer Kolumne von Maxeiner und Miersch durch den Kopf, in der sie sich mit dem Urteil zum Erdbeben von L’Aquila auseinandersetzten (bzw. gerade nicht auseinandersetzten):
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/haftung_fuer_falsche_propheten/
Der Artikel beginnt so: „Ein italienisches Gericht verurteilte kürzlich sieben Wissenschaftler zu hohen Haftstrafen, weil sie es angeblich versäumt hatten, ein schweres Erdbeben vorherzusagen, das im Jahr 2009 die Abruzzenstadt L’Aquila zerstörte. Die seismologische Analyse der Experten, sagte der Staatsanwalt, sei fehlerhaft, nutzlos und widersprüchlich gewesen. Eindeutig ein Fehlurteil, denn jedermann weiß, dass es bis heute leider unmöglich ist, Erdbeben vorauszusagen.“
An diesem Abschnitt stimmt fast nichts. Weiterlesen
Bildungspolitik ratlos
Selten hat man Politiker so ratlos gesehen, wie bei der Vorstellung der von der Kultusministerkonferenz in Auftrag gegeben Vergleichsstudie zur Leistung der deutschen Grundschüler. Getestet wurden die Fähigkeiten von 27.000 Viertklässlern in Mathematik, Lesen und Hörverstehen.
Wie zu erwarten war, schnitten die bayerischen Grundschüler in allen Disziplinen am besten ab, gefolgt von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Schlusslichter sind die Schüler aus den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Aus nationaler Sicht tröstlich ist der Befund, dass mehr als 70% aller Schüler den Durchschnittswert der verlangten Kompetenzen erreichen. Die Ergebnisse des Tests scheinen wie zementiert. Weiterlesen
Strom: die neue Neiddebatte
Dass die großen Gewinner der bisherigen Energiepolitik – die Strommonopole, die Deutschland unter sich aufgeteilt haben – gegen eine Wende anrennen würden, war klar.
Neuerdings haben deren Ideologen ein neues Agitationsmittel gefunden. Sie mobilisieren den Sozialneid.
Beispielhaft wird das vorgeführt etwa von einem gewissen Günter Ederer, der seit Jahrzehnten davon lebt, Deutschland den Untergang zu prophezeien. Weiterlesen
Eurovisionen
Hat Peer Steinbrück mein Buch „Imperium der Zukunft“ gelesen? Man könnte es fast glauben, wenn er im Gespräch mit Thomas Schmid auf der Frankfurter Buchmesse davon sprach, dass „sich die Kommission und die europäischen Institutionen zunehmend – fast ein bisschen imperial – Zuständigkeiten anmaßen“, die ihnen nicht zustehen. (Die Welt, 16. Oktober 2012, S.7, auch online abrufbar unter www.welt.de/europa).
Wie sehr die Europäische Kommission Züge einer imperialen Behörde annimmt, wurde wenige Tage später klar, als der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschlug, dem Währungskommissar das Recht zu geben, die nationalen Haushalte der Euro-Länder zu überwachen und ggf. Regierungen zu zwingen, sie gemäß europäischer Richtlinien und Vereinbarungen zu ändern, bevor sie den nationalen Parlamenten zugeleitet werden – ein Vorstoß, der unmittelbar vor dem Europagipfel ausdrücklich von Kanzlerin Angela Merkel gebilligt wurde. Weiterlesen
Was Europa tun muss
Oft liest man in Kommentaren zur Euro-Krise die resignierte Botschaft, die Euro-Zone beruhe auf einem Irrtum, der nicht zu korrigieren sei, es sei denn, man ginge zu den nationalen Währungen zurück. Als Problem werden immer die unterschiedlichen Mentalitäten der Völker angeführt, die eine Wirtschaft im Gleichklang nicht ermöglichten, von einer Anpassung der Südländer an deutsche Leistungsbereitschaft ganz zu schweigen.
Den Griechen wird Schlendrian und eine Mentalität der Staatsausbeutung unterstellt, die Italiener seien insgeheime Anarchisten, Schlawiner, die das Dolce Vita lieben, aber die Arbeit nicht erfunden hätten. Weiterlesen
Benedikt kritisiert das Konzil
Letzte Woche habe ich an dieser Stelle zu zeigen versucht, wie Joseph Ratzinger das Zweite Vatikanische Konzil entwertet, indem er es zu Unrecht ursächlich verantwortlich macht für die „Gärungen“ von 1968 und sogar für den Terrorismus, der auf das Scheitern von 68 folgte. Leider wurde hier darüber wenig, dafür 68 und die 68er viel diskutiert.
Nun liegt eine aktuelle Stellungnahme des Papstes zum Konzil vor. Sie ist lesenswert, weil Benedikt XVI im Kern sagt, dass die zwei zentralen Dokumente des Konzils fehlerhaft waren. Weiterlesen
50 Jahre Vatikanum Zwei
Ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass sich die Katholische Kirche mit dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils auf das Wagnis des „Aggiornamento“ einließ. Ein Wagnis, vor dem viele in der Kirche gleich wieder zurückgeschreckt sind.
Der prominenteste Renegat ist der gegenwärtige Papst Benedikt XVI, der als Theologe Joseph Ratzinger zusammen mit Karl Rahner und Hans Küng zu den jungen Wilden des Konzils zählte, der aber seit seiner Flucht aus Tübingen im Revolutionsjahr 1968 mit der ganzen Emphase des Renegaten die von ihm selbst mitformulierten Beschlüsse des Konzils rückgängig machen will. Weiterlesen
Von der eigenen Hände Arbeit leben
Der erste Mörder in der Menschheitsgeschichte, Kain, wird nach der Ermordung seines Bruders Abel von Gott damit bestraft, dass sein Acker keinen Ertrag mehr bringen solle: Armut und Hunger als Buße für Verbrechen und Sünde.
Im Umkehrschluss bedeutet das Urteil Gottes über den Verbrecher Kain, dass der Schöpfer will, dass die Menschen von den Erträgen ihrer Hände Arbeit leben können. Diese Vorstellung ist so elementar, dass sie sich ins mythische Gedächtnis der Menschheit eingeschrieben hat. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, sollte – so die zwingende Logik der Bibelstelle – auch ein auskömmliches Ruhestandsgeld erwarten können. Weiterlesen
Zivilgesellschaft und Zensur
Vorletzte Woche wandte sich ein Redakteur der „Jüdischen Allgemeinen“ an mich mit der Frage, ob ich für die nächste Ausgabe den Feuilleton-Aufmacher schreiben wollte. Das Thema, „anlässlich diverser Mohammedfilmchen und –karikaturen“ sollte sein: „Blasphemie und die Frage, was Satire darf. Darf sie in multikulturellen Gesellschaften immer noch alles? Oder darf sie zwar, sollte aber tunlichst nicht alles tun, was sie kann oder darf? Warum ist ein Titanic-Cover mit dem inkontinenten Papst kein Aufreger, Mohammedkarikaturen aber schon? Weiterlesen
Müssen Lehrer Beamte sein?
Kurz nach den Sommerferien berichteten Berliner Zeitungen von einem befremdlichen Schauspiel an einem Berliner Gymnasium. Elf Lehrkräfte, darunter auch Mitglieder der Schulleitung, hatten sich am ersten Tag des neuen Schuljahres krank gemeldet, um durch den Boykott des Unterrichts die Schulleiterin, der sich Unfähigkeit vorwerfen, zum Rücktritt zu zwingen. Die Aufregung bei Eltern, Schülern und beim Schulamt war groß. Die Schulbehörde setzte zwei Mediatorinnen ein, die die Konflikte lösen sollten. Gleichzeitig wurden die „erkrankten“ Lehrer zum Amtsarzt zitiert. Weiterlesen