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Die Körnerfresser greifen nach der Macht – wer hätte das gedacht?

Sind die Grünen eine Volkspartei? Gar die einzig erfolgreiche? Es reiben sich Politiker, Journalisten und Meinungsforscher die Augen. Ein Umbruch im Zeitgeist wird prophezeit – die Bio-Republik breche an.

Mich plagen Zweifel. Dem genialen Publizisten Vijai Sapre („Effilee“, eine Zeitschrift für Kulinaristik, mit einem Journalismus, den man ansonsten nur im „New Yorker“ findet) verdanke ich die kühne Frage: „Wie braun ist bio?“ Der Hamburger Kulinarist bezieht das natürlich nur auf den kleinbäuerlichen Lebensmittelkult der Bio-Fans, aber die Frage hat etwas. Weiterlesen

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Alle Blöden bloggen: das Internet als Medium infantiler Idioten

Jeder Berufsstand hat seine eigenen Idioten. In der Philharmonie ist es die Bratsche, die als Dummbüttel gilt. In der Gerichtsbarkeit denkt man niedrig vom Dorfrichter Adam, dem Amtsrichter in Kleinkleckersdorf. Im klassischen Journalismus war es der Gerichtsreporter, dem man jede Niedertracht zutraute. Das Internet erweist sich als der große Gleichmacher. Hier versagen auch die Edelsten und zeigen sich als die letzten Deppen.

Zu reden ist von dem PR-Chef eines renommierten Verlagshauses, zugleich Sohn des Verlegers selbst, der sich aus seinem publizistischen Olymp in die allgemeine Lächerlichkeit gestürzt hat. Eine Karriere ist vernichtet, wahrscheinlich auch ein großes Erbe. Wir werden Zeugen eines Königsdramas, einer göttliche Tragödie, die uns Sterblichen zeigt, was die Blogosphäre aus den charakterlich Schwachen machen kann. Weiterlesen

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Statt der deutschen will ich die englische Leitkultur: Ich migriere!

Meine Herbstferien habe ich in London verbracht. Während ich den alten Koffer ausräume, räsoniere ich. Das ist, wenn mir kreuz und quer so allerlei durch den Kopf geht. Will ich in Deutschland mit Erika Steinbach und Horst Seehofer allein sein? Sie kennen doch die berühmte Frage: Wen würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen? Würde ich also in einem kleinen Paradies in der Südsee auf deutscher Leitkultur bestehen? Ach ja, das Leid mit der Leitkultur.

Da fallen mir Zeitungsausrisse aus einer englischen Tageszeitung in die Hand, die ich bei meinem London-Besuch in den Koffer gestopft hatte. Sie waren mir so wichtig, diese Dokumente einer anderen Welt, dass ich sie aufheben wollte. Jetzt halte ich sie wieder in Händen und in mir wächst der Entschluss: Ich werde auswandern! Ich migriere auf die Britischen Inseln. Weiterlesen

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Brot und Spiele, vor allem Spiele

Das alte Rom unterhielt mit viel klugem Können ein Weltreich. In der Hauptstadt selbst aber, der politischen Zentrale, waren die Dinge einfacher gestrickt. Man gewährte seitens der politischen Klasse dem Volk Brot und Spiele. Die Raffinesse des Colosseums, in dem zu jedermanns Belustigung wilde Löwen verstörte Christen zerrissen, steht hinter der Hollywoods oder unserer Medienlandschaft nicht wirklich zurück.

Eher im Gegenteil: Wenig amüsiert ist die Wählerschaft von den schwarz-gelben Staatsakten. Die ungeliebte Regierung greift zu Notmaßnahmen aus dem Verbandskasten; jetzt werden schon die gröberen Pflaster geklebt. Man sieht in der Wochenendpresse eine Doppelseite des Bundesministeriums für Wirtschaft, dem Haus von Herrn Brüderle, in dem der wirtschaftliche Aufschwung mit Argumenten unterlegt werden soll; das Ganze ist eine sogenannte PR-Anzeige und soll, raffiniert, raffiniert, mit dem redaktionellen Teil der Zeitung verwechselbar sein. Weiterlesen

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Wessen Staatsoberhaupt?

Fußball interessiert mich nicht. Ich habe von Sport keine Ahnung. Und Fan-Kulturen sind mir völlig fremd. Es hat mich zwar mal eine Edelfeder in einem Zeitungskommentar „Hooligan“ genannt, aber das war wohl nicht wegen meines Sportsgeistes, sondern wegen meiner schlechten Manieren.

Ich stehe fassungslos vor Menschen, die sich darüber unterhalten, ob sie für die Borussen sind oder für die Bayern und das für ein Thema halten. Mich ergreift nicht mal Hochgefühl, wenn, knister-knaster, Deutschland gegen England spielt. Weiterlesen

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Vaterlandslose Gesellen bilden die Spitze der Wirtschaft: Das hat Merkel von Kohl gelernt

Ich bin der kleine Mann in Merkels Ohr. Ich durfte ihr zuhören, als sie die Börsenzeitung las. Und ich bin nicht der große Mann an der Spitze des Stromkonzerns RWE. Der hatte die Nachrichtenlage erzeugt, von der Merkel gestern beim Frühstück las.

Also, wir sind bei Merkel&Sauer zu Hause; der Joachim frühstückt still und so hat die Angela Zeit, die vielen Clippings zu lesen, die ihr vom Bundespresseamt zusammengestellt werden. Darin soll sich der Erfolg ihrer Politik spiegeln. Stressige Wochen liegen hinter der Kanzlerin. Sie hat Dinge tun müssen, die sie selbst für sachlich richtig hält, die aber beim Wähler keine Punkte bringen. Das sind die schweren Stunden der Pflicht, zu Zeiten, in denen sich die Opposition in Populismus suhlt. Weiterlesen

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Vom Lackmustest zur Leitkultur: Wünschen wir uns noch mehr, noch viel mehr Skandale!

Erinnern wir uns an den Chemieunterricht, jene seltenen, weil aufregenden Schulstunden, in denen ein weißbekittelter Pauker seine ihm eigene Ungeschicklichkeit zeigen konnte und die Schülerschar johlte, wenn es knallte. Es gab jene Papierstreifen, mit denen man den Lackmustest vollführen durfte. Eingetaucht in die suspekte Flüssigkeit, zeigte er durch Veränderung der Farbe an, ob es sich um Essig oder Natron, um Salpeter oder Ammoniak, sprich um eine Säure oder eine Base handelte.

An diese Schülerfreuden werde ich erinnert, während die Skandalpresse an mir vorbeizieht. Beginnen wir mit dem Buch des moslemscheuen Thilo Sarrazin, nach dem sich Deutschland abschafft durch eine überproportionale Fruchtbarkeit bildungsferner islamischer Einwanderermilieus. Auch ich habe die 22,99 € nicht ausgegeben und bin so der Anschaffung des Werks ausgewichen. Obwohl noch gestern ein arabischstämmiger Taxifahrer aus einem einschlägigen Berliner Bezirk wirklich unverschämt zu mir war, werde ich mich nicht in rassenbiologische Spekulationen flüchten, um zu verstehen, was fehlende Schulpflicht und eine Wattebäuschchenjustiz anrichten. Dazu ist alles gesagt. In eine andere Sauce möchte ich mein Lackmuspapier tauchen. Weiterlesen

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Dunkle Wolken über Bullerbü – die schwedische Musterdemokratie auf ressentimentgeladenen Abwegen

Fremdenfeindlichkeit und rassistische Ausfälle in einem EU-Staat, da fallen einem zunächst die gegenwärtigen Eskapaden Nicolas Sarkozys ein: In Zeiten innenpolitischer Krisen und kleinerer persönlicher Demütigungen (dieser Tage zitiert eine größere deutsche Tageszeitung die Präsidentengattin mit dem wenig staatstragenden Ausspruch ‚Monogamie langweilt mich’) gibt der Sohn ungarischer Immigranten den Superbullen im Kampf gegen die Roma.

Doch nicht von ihm soll hier die Rede sein. Auch die gegenwärtige italienische Regierung, sonst häufiger mal für ein xenophobes Abenteuer zu haben, ist diesmal außen vor. Der Ort des Geschehens liegt viel weiter im Norden, es handelt sich um das traditionsreiche Königreich Schweden. Der Beobachter reibt sich zunächst verwundert die Augen.

Schweden, das idyllische Paradies des sozialdemokratischen Egalitarismus, das Land von Bullerbü und Köttbullar als Hort der Fremdenfeindlichkeit? Weiterlesen

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Gauloises oder Gitanes? – Das fragt Nicolas Sarkozy, der Volksverhetzer von der Seine

„Flic, faschiste, assassin!“ Ich muss einräumen, dass dies auch mein Kampflied war, als ich im Mai 1968, von einer bildschönen Sorbonne-Studentin begleitet, vin-rouge-ordinaire-fröhlich und kämpferisch gesinnt durch die Straßen von Paris zog.

Natürlich war das politisch falsch. Die französische Polizei bestand nicht aus Faschisten, und die Verunfallten der Demos waren tragische Kollateralschäden. Aber so eine französische Studentenrevolte, die hatte seinerzeit schon was für einen deutschen Oberschüler. Man fühlte sich im historischen Atem der großen Französischen Revolution am Rive Gauche dieser Tage und setzte sich nach der Demo gemütlich neben Sartre ins Deux Magots. Weiterlesen

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Für Zweckehen, die Fremdenlegion und Einwanderungsländer – Plädoyer eines Sarrazin-Kranken (Opfer der Volksfürsorge)

Soziologen sind, wenn sie gut sind, die Pathologen der Gesellschaft, gänzlich unsentimental. Ein Soziologe leidet an der Sarrazin-Krankheit, dieser bösartigen Volksfürsorge, fürchterlich.

Weil, er denkt so: Die modernste Organisation im ideengeschichtlichen Sinne ist ein Söldnerheer, die französische Fremdenlegion. Sie fragt nicht, woher die Menschen kommen. Sie kümmert nicht, ob der Vater Muselmann oder Jude oder Christ war, ob es den Brei mit goldenen Löffeln oder aus Holzschalen gab. Sie fragt nicht mal, wie ihre Aspiranten heißen. Die Geschundenen dieser Erde verpflichten sich für eine bestimmte Zeit und auf einen bestimmten Codex, und alles ist gut. Weiterlesen

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Man sieht nur mit den Augen gut

Der berühmte Kleine Prinz, der Lieblingsroman aller Realschüler, sagt, dass man nur mit dem Herzen gut sehe. Das ist natürlich einfach sozialromantischer Kitsch. Und bestimmt das Lieblingsbuch von Christian Wulff aus Hannover.

Alles Quatsch: Man sieht nur mit den Augen gut. Allerdings ist man auch gut beraten, ihnen zu trauen und die Wahrnehmung nicht durch Sprüche  überlagern zu lassen. Der Kaisers neue Kleider nimmt man wahr, wenn man sich die Ohren vor der majestätischen Propaganda verschließt und seinen Augen traut. Ich habe in Hannover diesen Freund, der gehörlos ist, ein Tauber, so hätte man das früher gesagt. Weiterlesen

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