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Vaterlandslose Gesellen bilden die Spitze der Wirtschaft: Das hat Merkel von Kohl gelernt

Ich bin der kleine Mann in Merkels Ohr. Ich durfte ihr zuhören, als sie die Börsenzeitung las. Und ich bin nicht der große Mann an der Spitze des Stromkonzerns RWE. Der hatte die Nachrichtenlage erzeugt, von der Merkel gestern beim Frühstück las.

Also, wir sind bei Merkel&Sauer zu Hause; der Joachim frühstückt still und so hat die Angela Zeit, die vielen Clippings zu lesen, die ihr vom Bundespresseamt zusammengestellt werden. Darin soll sich der Erfolg ihrer Politik spiegeln. Stressige Wochen liegen hinter der Kanzlerin. Sie hat Dinge tun müssen, die sie selbst für sachlich richtig hält, die aber beim Wähler keine Punkte bringen. Das sind die schweren Stunden der Pflicht, zu Zeiten, in denen sich die Opposition in Populismus suhlt.

Aber die Merkels&Sauers sind Naturwissenschaftler und keine Berufspolitiker ohne jede Bildung, von denen es freilich Heerscharen im sogenannten Westerwelle-Format gibt. Merkel hat die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängert, weil sie das von der Sache her für geboten hielt.

Sie hat den schwarz-grünen Opportunisten Röttgen zurückgestutzt, und dem liberalen Wirtschaftsminister seinen Willen gelassen. Sie hat sich bemüht, die „windfallprofits“ der Industrie soweit steuerlich abzuschöpfen, dass das Ganze nicht wie eine Begünstigung der Abzocker aussah. Und danach hat sie sich weiß Gott eine Schrippe mit Rübenkraut aus der Uckermark, ihre Leibspeise, verdient.

Das Marmeladenbrötchen fiel der Guten aber aus dem Mund, ich schwöre, schließlich bin ich der kleine Mann in ihrem Ohr. Dann las sie dem Ehegatten Joachim vor, was da in der Börsenzeitung, unzweifelhaft die seriöseste Zeitung über den Kapitalmarkt, stand. Das ging so: „Es waren gute Nachrichten für die Stromversorger in Deutschland, die aus Berlin kamen: Die Laufzeiten der Atomkraftwerke wurden verlängert, die finanziellen Belastungen fallen hingegen geringer aus, als von den Unternehmen befürchtet. Die Börsen reagierten prompt, und die Versorgeraktien zogen teils kräftig an. Jetzt da die Sektlaune verflogen ist, fällt auch die Betrachtung etwas differenzierter aus. Die großen Versorger dürfen tatsächlich von der Laufzeitverlängerung profitieren, doch echte Planungssicherheit besteht trotzdem nicht.“

Während Angela ihr Konfitürenbaguette aus dem Tee fischte, grummelte Gatte Joachim: „Sektlaune? Aber das haben die doch dementiert!“ Angela erklärt ihm das: „In der Politik gilt nicht die Aussagenlogik. Wenn Du etwas negierst, gilt es doppelt. Aus der Aussage „a“, wird beim „nicht a“ ein „doppeltes a“. Das ist nicht Deine Welt.“ Das findet der Jockel auch. „Aber warum heulen die erst wie die getretenen Hunde und sagen dann hinterher den Analysten, dass die Belastung nicht so dolle ausgefallen sei, wie sie eigentlich gefürchtet hatten?“

Merkels Mundwinkel nahmen die harte Kerbung an, die man von der Hohensteiner Puppenkiste kennt. Das habe der Alte, sie meint Kohl, immer gesagt, dass man sich auf diese Herren nicht verlassen könne. Er habe dann immer etwas von Wackersdorf erzählt, einer Wiederaufarbeitungsanlage für Uran, die er habe mit dem Bundesgrenzschutz verteidigen müssen, bis die Herren der Versorger ihn auf dem Ticket hätten hängen lassen.

Kohl habe sie für vaterlandslose Gesellen gehalten, die Herren der Vorstandsetagen. Joachim will seinen Schatz trösten und sagt: „Dafür hast Du einen Jahrtausendvertrag geschlossen. Eine Revolution, das hast Du doch selbst gesagt. Guck nicht so grimmig, Du siehst schon wieder aus wie eine Marionette!“ Das scheint sie nicht gerne zu hören. „Wie eine Marionette sah ich aus, als die Herren mir kurz vor der Entscheidung in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige noch mal den Stinkefinger zeigen mussten“, grollte sie.

Wer all das, was ich hier erzähle, für frei erfunden hält, den muss ich noch mal erinnern: Ich bin der kleine Mann in Angelas Ohr. Und nach der Droh-Anzeige, da kann man den großen Mann beim RWE fragen, der das über seine Entourage beim BDI inszeniert hat.

Eine ordnungspolitische Idiotie von Weimarer Ausmaß. Kaum zu glauben, aber wahr. Nachdem so die Sozis und die Grünen ein Megathema auf dem Tablett serviert bekamen, wird der Jahrtausendvertrag nicht mal ein Jahrhundertvertrag, sondern das Erste, was nach der nächsten Wahl fällt.

Und dann hat die Angela was dazu gesagt, wer Schwarz-Grün die nächste Wahl versaut habe: Das will ich hier nicht wiederholen, weil auch ein kleiner Mann im Ohr so seine Regeln der Diskretion hat. Auch das unterscheidet den kleinen Mann von den großen Männern, die nach Terminen im Kanzleramt von Geheimverhandlungen faseln und die Bundesregierung durch solche Plaudereien nachhaltig diskreditieren.

Solche Großmänner erinnern mich immer an eine Figur bei John Steinbeck, Von Menschen und Mäusen, die Kätzchen streicheln will und dabei dem Tier das Genick bricht; aber das ist, wie Kipling sagt, eine andere Geschichte.

Erzählen kann ich aber noch, was die Angela dann aus der Börsenzeitung vorgelesen hat. Nämlich: „Neben den zahlreichen politischen Fragen kommt auf die globalen Versorger aber eine strukturelle Herausforderung zu: Der Atomstrom ist international auf dem Rückmarsch; und die erneuerbaren Energien sind im Kommen. Deren Anteil an der Stromproduktion in der EU wird von 19 auf 36% ansteigen, zulasten der fossilen Brennstoffe und des Atomstroms.“

Das fand der Jockel wiederum klasse, weil das habe Angie doch immer schon gesagt. „Eine gute Startbasis für Deine Zeit als Oppositionsführerin unter der neuen rotgrünen Regierung von Gabriel und Trittin“ waren seine Worte. Gut, dass sie ihre Schrippe schon aufhatte, sonst wäre auch der Rest noch im Tee versunken: storm in a teacup. Joachim ging ins Institut, Angela ins Amt und der große Mann in sein Dreisterne-Restaurant: Deutschland im Herbst.

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3 Gedanken zu “Vaterlandslose Gesellen bilden die Spitze der Wirtschaft: Das hat Merkel von Kohl gelernt;”

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    Gut, muy bueno/muito bom: Jetzt balgen sich die klugen Euros wegen ihren eigenen Umwelt&Energiesorgen, und was tun mit Ethnien welche noch nicht tadelose „reinpassen“ – also in BRD ueber Atomkrawall, in Frankreich wegen wandernde Romas, in Niederland ueber Muslimeinwanderung. Da haben die klugen Euros nicht so viel geopolitische Energie sich anderen Kontinenten aufzudraengen getarnt als „Umweltschutz“ und „Ethnienrechte“ mit NROs fuer die geostrategische Kontrolle durch den Natoklub ! Zumindest in Suedamerika hat Lula da Silva das mit einer volkstuemlichen Warnung ganz klar den „NATO-NRO-Umweltschuetzern“ zur Kenntnis uebermittelt: „Kein Fremder soll seine Nase dort hinein stecken wo er nicht gerufen wurde! Wir wissen wie um unsere Waelder zu sorgen!“ — Immer mehr erschallen Stimmen in den sich entwickelnden Nationen welche den Unmut ueber die Einmischung der „Natopartner“ mit den Vorwand von „NRO-Umwelt & Ethienschutz“ als neokoloniale „Soft Power“ Geopolitik kritisieren. So nickt man dort heute ueber die Ereignise in Europa und meint : „Now the shoe is on the other foot!“ Muy bueno/Muito bom!

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