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Videobotschaft vom rechten Rand

Die Spitzenkandidaten der AfD rufen die Partei zur Räson – dabei haben sie selbst maßgeblich zur Verharmlosung „dumpfer Parolen“ beigetragen

Alice Weidel und Alexander Gauland haben sich in einer Videobotschaft an die Mitglieder der AfD gewandt. Die knapp dreieinhalb Minuten haben es in sich: Sie zeigen, dass die beiden Spitzenkandidaten angesichts fallender Umfragewerte und immer neuer parteiinterner Skandale höchst alarmiert sind. Eindringlich appellierte Gauland an das Parteivolk, auf „dumpfe Parolen“ zu verzichten. Die Angst, noch mehr Wähler mit NPD-Parolen zu verschrecken, ist deutlich spürbar. Und sie ist berechtigt. Denn seit Björn Höckes Dresdner Rede im Januar dieses Jahres kennen die Werte der Meinungsforscher für die AfD nur eine Richtung: nach unten. Doch dafür sind Weidel und Gauland wesentlich mitverantwortlich. Weiterlesen

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Die Wetterfahne

Sie hat es wieder getan. Asymmetrische Demobilisierung. Bei einer Veranstaltung der Zeitschrift „Brigitte“ ließ Angela Merkel durchblicken, sie befürworte in Sachen „Ehe für Alle“ eine Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang. Was trotz der Widerstände in einigen Teilen der Union bedeutet: Die Ehe für alle kommt. Und schon haben die anderen Parteien ein Wahlkampfthema weniger, gibt es ein Problem weniger bei der Koalitionsbildung nach der Wahl, gibt es einen Grund weniger, überhaupt zur Wahl zu gehen. Die da oben machen eh, was wir wollen.

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Leitkultur – pädagogisch

Jeden Tag machen sich von der Öffentlichkeit unbemerkt an den Schulen unserer Republik  Lehrkräfte ans Werk, um bei ihren Schülern eine Leitkultur einzuüben. Sie dient dem friedlichen Zusammenleben im Kosmos Schule, der in unseren  Großstädten von Kindern aus über 100 Nationen „bevölkert“ wird. Sie dient auch der Festigung der Werte, ohne die ein zivilisatorisches Miteinander in der Gesellschaft nicht möglich wäre. Die Lehrkräfte tun dies, ohne auch nur eine Sekunde lang an die ideologisch aufgeladene Debatte um eine „deutsche Leitkultur“ zu denken. Sie tun dies aus reiner Selbstverständlichkeit und weil eine Werteerziehung  der Persönlichkeitsbildung der Schüler dient. Im folgenden Glossar findet man die Werte, die mir in meiner Arbeit als Lehrer besonders wichtig waren. Sie reflektieren natürlich meine Unterrichtsfächer Deutsch, Geschichte und Politik. Aber auch meine Liebe zur Musik. Lehrkräfte anderer Fachrichtungen (Naturwissenschaften, Sprachen, Künste) mögen andere Vorlieben haben. Das zivilisatorische Wertefundament bleibt  jedoch stets das gleiche. Weiterlesen

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Islam und Gewalt

Am 17. Juni 2017 fand in Köln ein Friedensmarsch statt, zu dem die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor aufgerufen hatte. Sie wollte damit ein Zeichen dafür  setzen, dass die Muslime in Deutschland sich in keiner Weise mit den wirren Ideen der islamistischen Attentäter identifizieren:  „Wir Muslime müssen uns von den Tätern stärker abgrenzen und ihre gesellschaftliche Ächtung herbeiführen.“  Die Zahl der  Teilnehmer blieb weit  hinter den Erwartungen der Initiatoren zurück.  Nur maximal 2500 Menschen, darunter auch viele Nicht-Muslime, liefen durch die Straßen Kölns. Der türkische Islamverband DITIP und der Islamrat hatten sich geweigert, ihre Mitglieder zu der Demonstration aufzurufen. Wenn man bedenkt, dass nur ein Bruchteil der in unserem Land lebenden Muslime überhaupt  Mitglied in einem der Verbände ist, kann man schlussfolgern, dass den meisten Muslimen das von Lamya Kaddor vertretene Anliegen  reichlich  gleichgültig ist.  Weiterlesen

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Kritik der identitären Ideologie 2.

Vor Kurzem veröffentlichte die Bild eine Fassung der Dokumentation mit dem TItel: „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“, der so einige identitäre Ideologen verstörte, mehr als die Terroristen-Lobby ertragen konnte. Beinahe hätte es ja geklappt, einen Film einzukaufen, um ihn dann anschließend in den Archiven verschwinden zu lassen, sei es von vornherein geplant sei es, weil auch den Verantwortlichen der Inhalt verstörte. War es doch genau diese Ideologie der Fortsetzung des Antisemitismus als Israelkritik, der der Boden weitgehend unter den Füßen weggerissen wurde, ohne das strategische Moment der Ausgewogenheit, mit der jede Dokumentation zur Folgenlosigkeit verurteilt worden wäre. Weiterlesen

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Tabuisierter Israel-Hass

Ein Gastbeitrag von Martin Jander

Mehr als 50 Jahre nach der Entstehung der deutschen linksterroristischen Formationen – Rote Armee Fraktion (RAF), Bewegung 2. Juni und Revolutionäre Zellen (RZ) – ist über ihre Geschichten bereits viel geschrieben worden. Trotzdem wird es zum 40. Jahrestag der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers noch viele neue Publikationen geben, die von den Verlagen damit angepriesen werden, entscheidende noch unbekannte Details auszubreiten.

Der Jurist und Journalist Butz Peters, Verfasser von bereits drei Büchern zum Thema RAF, wartet 2017 gleich mit zwei neuen Publikationen auf. Eine davon ist mehr als Analyse des Phänomens RAF angelegt („1977 – RAF gegen Bundesrepublik“), die andere mehr erzählend als Chronik des Jahres 1977 („Hundert Tage – Die RAF-Chronik 1977“). Im Kern behandeln beide Bücher dieselbe Geschichte. Leider aber teilen beide neue Bücher den bisherigen Hauptmangel der großen Darstellungen zum Linksterrorismus in der Bundesrepublik: dessen Weltbilder bleiben unterbelichtet. Weiterlesen

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Schlechte Zeiten für soziale Gerechtigkeit

Eine Eigenart der SPD ist es, dass sie  schon einmal gemachte Fehler gerne wiederholt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als tappte die SPD – berauscht vom zündenden Beginn der Kandidatur von Martin Schulz – in eine altbekannte Falle. 2013 führte die SPD schon einmal einen Gerechtigkeitswahlkampf. Wenn man dieses Thema in den Mittelpunkt  rückt, ist man immer verführt, die Lage schlechter darzustellen, als sie in Wirklichkeit ist. Sonst hätte man ja keine Angriffsfläche und es bestünde auch keine Notwendigkeit, die sozialdemokratischen Rezepte zur Anwendung zu bringen. Der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeichnete von Deutschland ein Elendsgemälde, in dem sich die Mehrzahl der Deutschen nicht wiederfand. Die Folgen sind bekannt. Nach der Wahlniederlage bekannte Steinbrück offen, dass er selbst nicht an das geglaubt habe, was die Partei ihm im Wahlkampf diktiert hat. Auffällig ist, dass das von Martin Schulz gewählte Generalthema der sozialen Gerechtigkeit auch in der gegenwärtigen Wahlkampagne nicht richtig verfängt. Die ganze Welt hält Deutschland für den sozial gerechtesten Staat. Viele Menschen  wollen zu uns kommen, um  an unserem Wohlstand zu partizipieren. Nur die SPD sagt: „Es geht ungerecht zu in Deutschland“. Die Niederlagen in den drei letzten Landtagswahlen haben sicher auch ihre Ursache in der Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Realität und sozialdemokratischer Wahrnehmung. Weiterlesen

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Historische Säuberungen

An einem 31. Oktober  fragte ich die Schüler meines Geschichtskurses in der Gymnasialen Oberstufe, ob sie wüssten, welchen Tag wir heute feierten. „Halloween“ schallte es mir vielstimmig entgegen. An meiner Miene, die sich verfinsterte, sahen die Schüler, dass ihre Antwort nicht optimal ausgefallen war. Nach einigem Hin und Her fand schließlich eine Schülerin, die in einer evangelischen Gemeinde aktiv war,  die richtige Antwort:   Es war der Reformationstag. Was Luther damals wollte und worin seine bleibende geschichtliche Leistung besteht, wussten die Schüler spontan  nicht zu sagen. Im Geschichtsunterricht war das sicher irgendwann einmal „dran gewesen“. Nur hängen geblieben ist nichts. So sieht es auch mit anderen wichtigen historischen Ereignissen aus. Kaum ein Schüler weiß etwas über die wichtigsten römischen Kaiser der Deutschen im Mittelalter zu sagen, die Fragen  nach den demokratischen Bestrebungen im 19. Jahrhundert bleiben ohne Antwort. Selbst Ereignisse, die ihre Eltern oder Großeltern noch selbst erlebt haben, wie der Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR oder der Mauerfall 1989,  sind im Gedächtnis der Schüler nicht  präsent. Weiterlesen

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