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Hamed Abdel-Samad und die arabische Revolution

Prognosen sind eine unsichere Sache, sagt der Volksmund, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Man kann niemandem vorwerfen, kein Prophet zu sein; aber wenn jemand seinem Buch den Untertitel „Eine Prognose“ gibt, darf man schon fragen, wie genau diese Prognose war. Hamed Abdel-Samad hat den „Untergang der islamischen Welt“ vorhergesagt. Nachzulesen ist die Prognose auf den Seiten 224 bis 231 seines gleichnamigen Buchs. Weiterlesen

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Wenn die Luft in den Chefetagen nach Männerschweiß riecht

51 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung sind Frauen. 46 Prozent der Erwerbstätigen. 51 Prozent der Hochschulabsolventen. Immerhin  werden 31 Prozent der Führungspositionen allgemein schon von Frauen besetzt, aber nur 15 Prozent im mittleren Management,  zehn Prozent der Aufsichtsräte und drei Prozent der Vorstände deutscher Unternehmen. Hier stimmt etwas nicht. Weiterlesen

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Revisited: Die Götterdämmerungs-Operette von Arnulf Baring

Nicht ganz von ungefähr (aber dazu komme ich gleich) las ich dieser Tage wieder Arnulf Barings Manifest „Bürger auf die Barrikaden“, das im November 2002 in der FAZ erschien:

http://www.arnulf-baring.de/html-dateien/presse_buergeraufdiebarrikaden.htm

Der verdiente Historiker sah Deutschland „auf dem Weg zu einer westlichen DDR“. Er bemühte außerdem als historische Vergleichsgröße die letzten Tage der Weimarer Republik, verglich den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Reichskanzler Heinrich Brüning, sah das „Parteiensystem“ am Ende und einen „massenhaften Steuerboykott“, „aktiven und passiven Widerstand“ und „empörte Revolten“ gegen den Staat voraus, wenn sich nichts ändere, wobei ihm freilich nicht viel Konkretes einfiel außer einer Verfassungsänderung, die es einer zur „Reform“ (sprich: Reduzierung der Sozialausgaben) entschlossenen Bundesregierung ermöglichen würde, tatsächlich auch – wie es Angela Merkel später formulieren sollte – „durchzuregieren“. Weiterlesen

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Der arabische Aufstand, die Türkei und wir

„Empires of the Sand“ – so heißt ein lesenswertes Buch des Historikers Ephraim Karsh über den Versuch, im nahen und mittleren Osten imperiale Strukturen aufzurichten. Zuletzt sind die Ottomanen, die Briten und – wenn man so will – die Amerikaner damit gescheitert.

Dabei ist das Imperium gerade in dieser Region die nahe liegende und traditionelle politische Daseinsform – anders als etwa in Europa mit seinen vielen Völkern, Sprachen und Kulturen, das den Nationalstaat erfunden hat und erst ex negativo – aus der nationalen Hybris, die zu zwei Weltkriegen führte, und dem Niedergang der alten nationalimperialistischen Mächte seit 1945 – zu einer postnationalen Ordnung gefunden hat. Weiterlesen

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Willkommen zurück in der Verantwortung. Zwei Bücher widerlegen das Dogma von der Allmacht der Gene

Genetik und Demographie sind zu den Leitwissenschaften des 21. Jahrhunderts avanciert. Die angeblich ehernen Gesetze der Bevölkerungswissenschaft erzwingen etwa die Erhöhung des Renteneintrittsalters; angeblich gesicherte Erkenntnisse über die genetischen Ursachen von Schulversagen und anderen unliebsamen Erscheinungen befeuern die Fremdenangst und rechtfertigen die Ausgrenzung des Prekariats. Und ein Buch, das Demographie und Genetik miteinander verrührt, wird zum Bestseller.

Ein erstaunliches Comeback. Weiterlesen

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Das Versagen der Europäischen Union in Tunesien

Die Ereignisse in Tunesien müssen das Herz eines jeden Demokraten höher schlagen lassen. Wie die „Zedernrevolution“ im Libanon 2005, die Demonstrationen gegen den Wahlbetrug im Iran 2009 und gegen steigende Preise und Jugendarbeitslosigkeit Anfang dieses Jahres in Algerien, zeigt der Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali, dass die Bereitschaft, autoritäre Regimes zu akzeptieren, in der „islamischen Welt“ – einer Welt, die ebensowenig ausschließlich „islamisch“ ist wie unsere christlich – schwindet. Das gilt es auch dann festzuhalten, wenn man feststellen muss, dass keine dieser Bewegungen bisher zu dauerhaften demokratischen Strukturen geführt hat.

Umso deprimierender fällt die Antwort auf die Frage aus, was eigentlich die Europäische Union getan hat (und tut), um die Demokratie und die Rechtstaatlichkeit in diesem Teil der Welt zu fördern. Weiterlesen

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Ursula Sarrazin und die Schule als Service-Unternehmen

Ob Ursula Sarrazin, wie sie selbst meint, eine gute, obwohl – oder weil – strenge Lehrerin ist, oder, wie der Berliner Landeselternausschuss meint, eine Lehrerin, die Kinder mobbt, anschreit und mit Verbalinjurien („du Hauptschüler!“ du Opfer!“) zu Tränen rührt, kann ich nicht beurteilen.

Möglicherweise stimmt beides – es kommt ja vor, dass gute Lehrer durchdrehen; möglicherweise stimmt auch, dass an ihr etwas ausagiert wird, was mit ihrer Fähigkeit oder Unfähigkeit gar nichts, mit ihrem Mann aber sehr viel zu tun hat. Ich weiß es nicht, und ich denke, das weiß niemand außerhalb ihrer Schule. Weiterlesen

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Ernst Nolte, Thilo Sarrazin und die Struktur des Vorurteils

Aus Gründen, die hier zunächst nicht interessieren, habe ich mir wieder Ernst Noltes „Der Faschismus in seiner Epoche“ hervorgekramt; das Buch begründete bei seinem Erscheinen 1963 Noltes Ruf als Ausnahmehistoriker und ist nach wie vor lesenswert.  Verstörend freilich ist das Vorwort zur Ausgabe von 1995, in dem Nolte den Versuch macht, das Werk sozusagen in eine Gesamtschau seines Schaffens einzuordnen. Insbesondere versucht er hier noch einmal, die Genese jener Thesen vom „kausalen Nexus“ zwischen Gulag und Auschwitz und von der Nachvollziehbarkeit der eliminatorischen Juden-Phobie der Nazis nachvollziehbar zu machen, die im Zentrum des „Historikerstreits“ standen. Weiterlesen

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Kann das Christentum tolerant sein?

Beim – ziemlich schlecht besuchten – Festgottesdienst am 2. Weihnachtsfeiertag im Berliner Dom hielt Domprediger Thomas C. Müller eine interessante Predigt, die meines Erachtens die Möglichkeit des Relativismus im Glauben begründete und zugleich erklärte, warum der Begriff der „christlichen Leitkultur“ für einen wahren Christen problematisch ist.

Es war angenehm, im protzigen Dom, einem Sinnbild für das Bündnis zwischen Thron und Altar, in dem schon der christlich-soziale Hofprediger Adolf Stöcker seine antisemitischen Tiraden im Namen des Glaubens hielt, nun eine ganz andere Stimme zu vernehmen. Weiterlesen

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Frohe Weihnacht allerseits

„Und sie gebar ihren ersten Sohn und legte ihn in eine Futterkrippe, denn der Wirt hatte gesagt. Trollt euch in den Stall! Das hier ist eine Herberge und keine Transferunion!“

Von den kostbaren Geschenken der Weisen aus dem Morgenland – darunter immerhin Gold, schon damals eine wertbeständige Anleihe – scheint später nichts übrig geblieben zu sein; und wenn, dann hätte der missratene Sohn alles den Armen geschenkt, wie er es dem reichen Mann vorschrieb, der gehofft hatte, sein Jünger zu werden. Weiterlesen

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Die Islamophobie und ihr Kritiker

Der französische Publizist Pascal Bruckner möchte ein Wort verbieten lassen. Eigentlich eher eine deutsche Obsession. Für Bruckner aber gehört das Wort „Islamophobie“ zu „jenen Begriffen, die wir dringend aus unserem Vokabular streichen sollten.“ Man fragt sich etwas bang, was die anderen Dinge sind, die wir nach Bruckner „dringend“ entworten sollten: Rechtspopulismus? Rassismus? Werterelativismus? Weiterlesen

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