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„Liste Wagenknecht“

Wie Sahra Wagenknecht versucht, die versprengten linken Truppen zu sammeln

Talkshows Liebling, Sahra Wagenknecht, hat ihre Ankündigung wahr gemacht und eine linke Sammlungsbewegung mit dem Namen „Aufstehen“ ins Leben gerufen, die – in Kopie eines französischen  Vorbilds  („La France insoumise“ –  „Unbeugsames Frankreich“ von Jean-Luc Mélenchon) – die versprengten linken Truppen sammeln soll. Das Führungspersonal der in Frage kommenden Parteien (Grüne, Linke, SPD) ist „not amused“. Die Reaktionen reichen von Hohn und Spott bis zum Vorwurf, es handele sich um den Ego-Trip der exzentrischen Lafontaine-Gattin Wagenknecht. Im Internet kursiert  eine Karikatur, auf der man eine rot gekleidete Suffragette im Rosa-Luxemburg-Look (Sahra Wagenknecht) das Fenster eines stickigen Zimmers aufreißen sieht. Dazu ruft sie laut: „Aufstehen!“ – Gemeint ist ein weißbärtiger  Zausel, der sich unter einer Bettdecke vergraben hat: Karl Marx. Gibt es nach den gescheiterten Marx-Inszenierungen  der Vergangenheit jetzt ein neues Retro-Stück von ähnlich miserabler Qualität? Weiterlesen

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Wehrhaftes Israel

Seit seiner Gründung am 14. Mai 1948 muss sich Israel  der Angriffe seiner arabischen Gegner erwehren – bis heute. Schon am Tage nach der Unabhängigkeitserklärung durch David Ben Gurion versuchten 25.000 Soldaten aus Ägypten, Syrien, Transjordanien, Libanon und  dem Irak das neue Staatsgebilde zu erobern und zu zerstören.  Wehrhaftigkeit ist seitdem zur israelischen Staatsraison geworden. Die Armee, in der junge Israelis beiderlei Geschlechts dienen (Männer drei Jahre, Frauen 21 Monate), erfreut ich höchster Beliebtheit. Wenn Soldaten in ihrem Einsatz sterben oder von arabischen Terrorgruppen gefangen genommen werden, trauert das ganze Land. Die Geschichtsschreibung zählt acht offene Kriege, die  Israel seit seiner Gründung  bestreiten musste, um das Land gegen die Angriffe seiner arabischen Nachbarn zu verteidigen. Alle hat Israel – freilich unter hohen Verlusten – erfolgreich bestanden. Weiterlesen

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Der Dominikanerpater in der AfD-nahen Stiftung – Nachdenken über Wolfgang Ockenfels

In dem 25köpfigen Kuratorium der jüngst von der AfD als parteinah anerkannten Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt auch der Dominikanerpater und Sozialethiker Wolfgang Ockenfels. Vor rund zwei Wochen gab er der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ ein Interview zu diesem Engagement. Unser Gastautor Holger Doetsch bot der Zeitung daraufhin den nachfolgenden Beitrag an. Da die „Tagespost“ ihn nicht veröffentlichen möchte, erscheint er nun bei uns.

Von Holger Doetsch

Pater Wolfgang Ockenfels ist Mitglied im Kuratorium der AfD-nahen „Desiderius Erasmus Stiftung”. Was, so frage ich mich, tut dieser überaus kluge Mann da? Zumal der Parteivorsitzende Gauland nicht müde darin wird, zu betonen, dass die AfD mit dem „C” nicht zu tun haben will. Was also hat ihn zu diesem Schritt bewogen und was will er erreichen in der Stiftung einer Partei, die getrost als rechtsradikal bezeichnet werden kann, und die Ockenfels für mich völlig unverständlich als demokratisch und konservativ huldigt? Fühlt sich Ockenfels wie weiland der von mir bis heute verehrte Pater Basilius Streithofen es bei Helmut Kohl gewesen war dazu berufen, nun der geistliche Beistand Gaulands zu werden, wobei es weh tut, Kohl und Gauland in einem Satz zu nennen …? Weiterlesen

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„[Ich bin] ein Teil von jener Kraft, Die… das Gute will und… das Böse schafft.“ (frei nach Goethes „Faust“)

Angela Merkel hat in ihrer bisherigen politischen Karriere ein deutlich ausgeprägtes  Machtbewusstsein bewiesen, mit dem es ihr gelungen ist,   innenpolitische Kontrahenten  aus dem Feld  zu  schlagen.  Auch außenpolitischen  Gegnern – selbst egomanen  Autokraten –   hat sie erfolgreich  Paroli  geboten. Dass Trump sich auf sie einschießt, hat mit diesen Qualitäten zu tun, die er (starken) Frauen missgönnt.  Die Kanzlerin  hat einen überragenden Verstand und die Fähigkeit, politische Prozesse  von ihrem vermutlichen Ende her zu bewerten. Dies hat blendend funktioniert, bis die Kanzlerin von dieser Rationalität abgelassen und ihren Emotionen freien Lauf gelassen hat: im denkwürdigen September 2015, als sie für den über die Balkan-Route anmarschierenden Flüchtlingsstrom die Grenzen des Landes öffnete. Weiterlesen

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Die Grenze des Sagbaren

Sprache hat die schöne Eigenschaft, den gesellschaftlichen Wandel abzubilden. Mit zeitlicher Verzögerung sickern sprachliche Prägungen  sozialer Bewegungen in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und werden vom flexibel reagierenden Sprachkörper absorbiert. So hat die  Studentenbewegung von 1968  sprachliche Wendungen geprägt, die heute selbstverständlich zum Sprachgebrauch der Deutschen gehören: „Selbstbestimmung“, „mündiger Bürger“, „Basisdemokratie“, „ziviler Ungehorsam“, „strukturelle Gewalt“, „antiautoritäre (partnerschaftliche) Erziehung“, „etwas ausdiskutieren“. Auch die  Grünen waren seit ihrer Gründung im Jahre 1980 beim Prägen neuer Begriffe sehr erfolgreich: „Nachhaltigkeit“, „biologische Nahrungsmittel“, „regenerative Energiegewinnung“, „Klimaschutz“  zählen zu ihren großen Hits. In der Pädagogik ist ihnen ein besonderer Clou gelungen. Mit der Forderung nach „längerem gemeinsamen Lernen“ haben sie eine Formel geprägt, die durch die positive Konnotation des Wortes  „gemeinsam“ bei vielen Eltern gut  ankommt. Weiterlesen

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Gaulands agitatorische Rede auf dem Parteitag der AfD in Augsburg – eine Analyse

Alexander Gauland, Co-Bundesvorsitzender der AfD, hat auf dem jüngsten Parteitag in einer agitatorischen Rede klar gezeigt, wie doppelzüngig sein Verständnis von Pluralismus ist. Während die AfD seiner Auffassung nach im Bundestag für Pluralismus sorgt, überzieht Gauland die politische Konkurrenz mit DDR-Vergleichen wie „Blockparteien“ und attestiert der CDU gleich ganz, „in der Demokratie nichts verloren“ zu haben. Eine ausführliche Analyse.

Seit mehr als fünf Jahren existiert die AfD nun und irgendwie hat man sich an ihre ständigen Tabubrüche schon so sehr gewöhnt und wird von diesen auf Trab gehalten, dass man den Blick für den jetzigen Grundsound der Partei verliert. Deshalb lohnt es sich, einen näheren Blick auf die Rede zu werfen, mit welcher der Co-Bundesvorsitzende Alexander Gauland den Bundesparteitag der AfD am vorletzten Wochenende in Augsburg eröffnet hat. Weiterlesen

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Orwells Schafe

Ich hatte hier Rainer Werners Kritik an Willi Jaspers Buch über 68 und die Folgen meinerseits kritisiert. Darauf antwortete Rainer ausführlich in einem Kommentar. Auch dieser Beitrag kann nicht unwidersprochen stehen bleiben.

Lieber Rainer,
1. Herr Keuner ist ein Weiser. Er weiß, dass nicht nur Linke sich irren, sondern dass Irren menschlich ist. Vielleicht kann man die Welt sogar einteilen in solche, die demütig wie Herr Keuner sind und solche, die glauben, ihre politische Position – links, rechts, grün, liberal, feministisch, antiimperialistisch – mache sie für Fehler immun.

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Kritik im Selbstschongang

Der Beitrag meines Freunds und Ex-Genossen Rainer Werner kann nicht unwiderprochen bleiben.

Lieber Rainer,
du wirfst vielen ehemaligen 68ern zu Recht vor, Ihre Jugend zu verklären.
Genau dagegen richtet sich Jaspers Buch. Erstaunlich, dass du das nicht erkennst. Jasper macht klar, dass 68 mitnichten eine frohes antiautoritäres Fest der Fantasie war, sondern eben schon voller Gewalt steckte; dass Mao lange vor Gründung der K-Gruppen Säulenheiliger des 68er Establishments war.

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Selbstkritik im Schongang

Wie ein führender Maoist der 1970er Jahre die 68er-Bewegung erklärt

 Es ist menschlich, die Zeit, die man als Jugendlicher und Heranwachsender verbracht hat,  in rosiges Licht zu tauchen,  Unliebsames und   Peinliches auszublenden. Politische  Aktivisten, die einst angetreten waren, Geschichte zu schreiben, sind davor nicht gefeit. Allzu gerne reden sie sich ihr Engagement nach dem Scheitern ihrer Ambitionen schön. Wie das funktioniert, kann  man an den „Erinnerungen“ ehemaliger  „68er“  sehen:   Schönfärbereien und   Geschichtsklitterungen zuhauf.  Ein extremes Mittel der Realitätsverdrängung ist  die Fälschung. Eine solche Retusche nahm z. B. der Schriftsteller Peter Schneider in seinem Buch „Rebellion und Wahn“ (2008)  vor. Bei der Strategiekonferenz des SDS im Jahre 1969 habe er den Gedanken vorgetragen, es komme darauf an, „in die Betriebe [zu] gehen und die Arbeiterklasse [zu] mobilisieren.“ Vor allem aber forderte  er, wie  Tonbandprotokolle jener Sitzung  belegen,  in  einem  flammenden  Plädoyer,  „eine zentralisierte Organisation nach marxistisch-leninistischem Vorbild“ zu gründen. Joschka Fischer und Jürgen Trittin versuchten, ihr  gewalttätiges Auftreten im Frankfurter Straßenkampf (Fischer) und an den Zäunen der Atomanlagen von Brokdorf, Kalkar, Grohnde  (Trittin)  kleinzureden, als sie Minister  waren.  Weiterlesen

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Die „Zeit“, der „Spiegel“ und der Jude Leo Strauss

Wann immer linken deutschen Intellektuellen die Politik der US-Administration nicht passt, suchen sie nach einer Verschwörung, die hinter jener Politik steht. Und landen regelmäßig beim emigrierten deutschen Juden Leo Strauss. Die Obsession deutscher Linker mit Strauss ist das Pendant zur Obsession deutscher Rechter mit den jüdischen Emigranten Horkheimer, Marcuse und der Frankfurter Schule. Beide Obsessionen sind, wie alle Obsessionen, abwegig.

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Das Recht des Stärkeren

Zu Pfingsten haben Aktivisten der Berliner  Autonomen verschiedene  leer stehende Häuser besetzt. Einige davon  verließen sie wieder, nachdem sie Transparente mit Protestparolen an den Fassaden angebracht hatten. Ein Haus in Neukölln musste allerdings  von der Polizei geräumt werden. Gegen 56 Personen wird seitdem wegen Hausfriedensbruchs und gegen sechs  zusätzlich wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt  ermittelt. Innensenator Geisel, SPD, gehorchte, als er den Räumungsbefehl erteilte, der sog. „Berliner Linie der Vernunft“ aus dem Jahr 1981, die besagt, dass jedes besetzte Haus binnen 24 Stunden geräumt werden müsse. Hintergrund dieser Maxime war die Einsicht des damaligen Regierenden Bürgermeisters Hans-Jochen Vogel (SPD), dass Hausbesetzungen unsozial seien, weil sich kleine militante Grüppchen an der Schlange der   wohnungsuchenden Bürger vorbei  selbst bedienten. Er wollte solche Aktionen nach dem Prinzip  „Frechheit siegt“ zugunsten eines geregelten Ablaufs der Vermietung  beenden. Alle darauf  folgenden Senate führten diese Linie fort – ungeachtet der farblichen Zusammensetzung der Regierung. Weiterlesen

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