Fragte man die Deutschen nach ihrer Wunschkoalition im Deutschen Bundestag, wäre die Antwort eindeutig: Große Koalition for ever! Die Bürger lieben ein sozialdemokratisches Programm, aber durchgeführt von einem christdemokratischen Kanzler. Für sozialdemokratische Angebote ist immer Bedarf: Dem einen ist die Miete zu hoch. Er verlangt deshalb nach einer effektiven Mietpreisbremse. Der andere hätte gerne einen höheren Bafög-Betrag für die studierende Enkeltochter. Auch billige Seniorentickets im Öffentlichen Nahverkehr sind willkommen. Trotzdem möchten die Wähler das wichtigste Amt, die Kanzlerschaft, nicht gerne einem Sozialdemokraten anvertrauen. Diese Vorsicht hat einen plausiblen Grund. Sozialdemokraten neigen dazu, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu testen. Die Bürger sind zu gut informiert, um die Quelle allen Reichtums, auch der steuerlichen Umverteilung, die Wirtschaft, irgendwelchen sozialpolitischen Experimenten auszusetzen. „Keine Experimente!“ – diese Uralt-Losung der CDU bleibt für den Kernbereich unseres Wohlfahrtsstaates immer gültig. Weiterlesen
Wirtschaft
Neuer Nationalismus in Europa
von Marcus Felsner
Die Wirtschaft bangt um das Projekt Europa. Die Unternehmer stehen angesichts ihrer eigenen existenziellen Abhängigkeit von dem Funktionieren europäischer Verflechtung hilflos vor dem Phänomen des neu erstarkenden Nationalismus. Ungeachtet der Erfolge populistischer Phänomene auch in den USA und andernorts besteht offenbar eine besondere Beziehung zwischen dem Wiederaufstieg des Nationalismus in Europa und der Krise der Europäischen Integration selbst. Besser als andere müssen geschichtsbewusste Europäer verstehen, dass die Regel vom qualitativen Umschlagspunkt (tipping point) nicht nur auf klimatische Phänomene, bei denen eine vorher geradlinige Entwicklung plötzlich abbricht und mit hoher Geschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung führt, sondern auch auf wirtschaftliche und politische Prozesse Anwendung findet: Von dem Umschlagspunkt zurück zu dem Europa vor 1945 sind wir immer nur einen Wimpernschlag entfernt. Weiterlesen
Marktwirtschaft braucht Moral und Akzeptanz
Was unterscheidet eine Wirtschaft von einer Räuberbande? Regeln kennt auch eine Bande. Ebenso Vertrauen und Netzwerke. Der bestimmende Unterschied liegt in der Vorstellung einer guten und gerechten Ordnung, die von einer Mehrheit in der Bevölkerung auch akzeptiert wird. An der Akzeptanz hat es zuletzt gefehlt. Zwar war die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise nicht „made in Germany“, sondern made in the USA. Dennoch haben deutsche Banken und Unternehmen mächtig mitgezockt beim Spiel der leeren Kredite.
Höchste Zeit also für mehr Moral und Gemeinwohlorientierung. Das neue „Leitbild der Manager für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft“ ist eine Kampfansage der deutschen Wirtschaftselite gegen den zunehmenden Vertrauensverlust in der Gesellschaft. Weiterlesen
Vorwärts zur Mäßigung
Von Hans Christoph Binswanger, Denkwerk Zukunft:
Unsere moderne Wirtschaft unterliegt einer geradezu zwanghaften Tendenz zum Wachstum. Diese Tendenz hat sich in letzter Zeit überschlagen und ist in eine Finanz- und Wirtschaftskrise ausgeartet. Diese Krise wurde dadurch überwunden, dass die Regierungen mit Hilfe der Zentralbanken massiv Geld in die Wirtschaft gepumpt haben.
Eine solche künstliche Überwindung der Krise hat aber keine Dauer, zumal die Krise gerade dadurch ausgelöst wurde, dass die Geldmengensteigerung überbordet hat. Man kann eine Krise nicht mit den Mitteln heilen, die für die Entstehung derselben verantwortlich sind! Weiterlesen
Für eine Renaissance der Gemeinschaftsgüter
Von Wolfgang Sachs, Projektleiter am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH:
Wie kann eine Wirtschaft funktionieren, ohne zu wachsen? Auf diese Großfrage wird es keine Antwort geben, ohne die verborgenen Quellen des Wohlstands in den Blick zu nehmen.
Zwar ist privater Reichtum die am meisten ausgeleuchtete Quelle des Wohlergehens, doch ebenso wichtig sind alle Varianten gemeinschaftlichen Reichtums wie Schwimmbäder und Schauspielhäuser, Plätze und Parks, Bibliotheken und Car-sharing, Tagesmütter und Tauschringe, Aktionsgruppen und Freundesnetze. Darin liegt die Chance: Ein Mehr an gemeinschaftlichem Reichtum kann ein Weniger an privatem Reichtum ersetzen. Weiterlesen
Zeit für Pflege? – Eine alternde Gesellschaft braucht innovative soziale Antworten
Kommt nach der Eltern- bald die Pflegezeit? Die neue Bundesfamilienministerin hat ihr erstes großes Thema gefunden. In wenigen Jahren wird es mehr über als unter 60jährige geben. Und jeder der dann noch Berufstätigen wird neue Antworten auf die Frage finden müssen: Wer kümmert sich um Vater und Mutter?
Noch werden die Meisten zuhause von den eigenen Angehörigen, in der Regel den Töchtern, gepflegt. Doch diese werden kaum zur Verfügung stehen in Zeiten von Doppelverdienerhaushalten. Weiterlesen
Gier ist gut. Jetzt erst recht
Heute ist es allenthalben Mode, die Gier zu kritisieren. Aber damit kritisiert man die Grundlage unserer kapitalistischen Zivilisation, und damit die moderne Zivilisation schlechthin, denn alle Alternativen zum Kapitalismus haben sich als Barbarei erwiesen.
Wenn ich einkaufe – warum gibt es all diese schönen Dinge? Bio-Fleisch und Flachbildschirme, Bücher und französischen Käse, Musik auf CD und aus dem Internet? Etwa weil die Leute mir Gutes tun wollen? Nein, weil irgendjemand irgendwo ein Geschäft gewittert hat, eine Marktlücke, eine Möglichkeit, Geld zu machen. Weiterlesen
Niebel: Scheinwerfer- nein danke!
Endlich hat der erste seine Maske fallen lassen. Sein Ministerium, das er übrigens noch im Wahlkampf hat auflösen wollen, sei kein „Weltsozialamt“ meinte Dirk Niebel, seines Zeichen Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Schön dass wir und alle Welt nun wissen, woran wir mit diesem Entwicklungshelfer sind. Besonders verräterisch an seiner zynischen Formel ist seine Auffassung von der Funktion von Sozialämtern die wahrscheinlich auch samt und sonders so schnell wie möglich aufgelöst gehörten. Weiterlesen