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Gesicht zeigen! Wider die Kultur des Anonymen im Netz

Vor einem Jahr veröffentlichte ich in der „Welt am Sonntag“ einen harmlosen Artikel über die Stuttgarter Wutbürger, die den geplanten unterirdischen Bahnhof zum Teil mit rabiaten   Mitteln bekämpften. Ich riet ihnen zu mehr Gelassenheit und legte  ihnen als Vorbild ihren schwäbischen Landsmann, Dichter und Pfarrer Eduard Mörike („Doch in der Mitten / Liegt holdes Bescheiden“) ans Herz.

Es gab die üblichen Leserbriefe, die in der Printausgabe der Zeitung abgedruckt wurden.  Pro und Kontra, schön ausgewogen, argumentativ und gemäßigt  im Ton. Ganz anders in den Kommentareinträgen der Online-Ausgabe. Die Spalten quollen über vor Hasstiraden, wüsten Beschimpfungen. Ein Leser drohte mir Schläge an, sollte ich jemals wieder Stuttgarter Boden betreten. Weiterlesen

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Wider den demokratischen Totalitarismus

Als Joachim Gauck Bundespräsident wurde, gab es viele, die ihm vorwarfen, er „könne nur Freiheit“. Inzwischen fragen sich einige, ob er Freiheit kann. Wer seine Äußerungen seit der Wahl zusammennimmt, kann darin eine bedenkliche Umdeutung der Idee der Freiheit erkennen – weg von der Freiheit des Individuums, auch gegenüber dem demokratischen Staat, hin zur Formierung eines demokratischen Kollektivs oder einer kollektivistischen Demokratie, einer „formierten Gesellschaft“, wie sie dem späten Ludwig Erhard vorschwebte, bei der die „Freiheit“ vor allem definiert wird dadurch, was sie nicht ist oder nicht sein darf.

Die neueste Äußerung dieses Gauck’schen Missverständnisses von Freiheit war seine Rede beim Antrittsbesuch bei der Bundeswehr. Weiterlesen

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Die Migrantenkinder ermutigen!

Von Rainer Werner

Wenn die Schüler einer Gesamtschule in Duisburg, Bremen  oder Berlin für ein multiethnisches Fest  die Flaggen ihrer Herkunftsländer malen, kann es vorkommen, dass  anschließend über 100 Fahnen vom Dach des Schulgebäudes flattern.

Daran kann man ablesen: Die Schule ist ein außergewöhnlicher Ort multikultureller Begegnung, an dem sich jeden Tag  Schüler unterschiedlicher ethnischer Herkunft versammeln, um gemeinsam zu lernen.  Weiterlesen

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Vatileaks: Neues aus dem Intrigantenstadl

Was sagt uns der neueste (nun auch nicht mehr ganz neue) Skandal aus dem Vatikan? Ich habe bislang nicht dazu Stellung nehmen wollen, weil mich weniger der römische Intrigantenstadl interessiert als vielmehr die reaktionäre Ideologie des Papstes. „Um Ideen geht es in diesem Buch“, schreib ich im Vorwort zur Taschenbuchausgabe meiner Polemik gegen Benedikt XVI., „nicht um Enthüllungen neuer Sexskandale, die Machenschaften der Vatikanbank oder das Privatleben des Papstes.“
Andererseits hängen Intrigen und Ideologie vielleicht doch miteinander zusammen. Weiterlesen
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Hausaufgaben bei Kerzenschein

Von Rainer Werner

Neulich teilte mir  ein 14-jähriges Mädchen – Schülerin in meiner 8. Klasse – während eines Gespräches beim Wandertag mit, sie werde die Hausaufgaben nur noch im Sommer machen können, im Winter nicht mehr. Ich hielt diese merkwürdige Mitteilung für die übliche  Koketterie, die man   von   Mädchen in  der Pubertät gewohnt ist.

Als ich dann nach dem Grund fragte, erfuhr ich etwas Erschütterndes: Der Familie, einer alleinerziehenden Mutter mit Tochter, war vor kurzem der Strom abgestellt worden, weil sie die letzten Stromrechnungen  nicht bezahlt hatte. Die Familie bezieht Leistungen nach Harz IV, also 361, 81 €  für die Mutter, 287, 00 €  für die Tochter,  dazu die Kosten für die Warmmiete der Wohnung. Die Stromrechnung  muss  vom Regelsatz bezahlt werden. Der Gesetzgeber hat  für Strom  40,-  €  im Monat veranschlagt. Die Kosten für die Energiewende waren in diese Berechnung noch nicht eingegangen.

Die Sozialverbände und   Verbraucherzentralen schätzen, dass  im letzten Jahr rund  200 000 Hartz IV-Empfängern der Strom abgestellt wurde, weil sie die Stromrechnung nicht mehr bezahlen konnten. Weiterlesen

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Der Verschlimmbesserer – Gauck, Israel und der Islam

Man dachte, er wäre abgetaucht. Umstellt von seinen Beratern, Redenschreibern und Beratern, die dafür sorgen sollten, dass Joachim Gauck seine Drohung nicht wahrmacht, sich als  „Politiklehrer der Nation“ zu inszenieren.

Doch dann war er wieder da. Gleich zweimal in einer Woche hat der Bundespräsident von sich reden gemacht. Einmal, als er in Israel der Bundeskanzlerin widersprach: Das Existenzrecht Israels gehöre nicht zur Staatsräson der Bundesrepublik. Und dann, als er in der „Zeit“ seinem Vorgänger widersprach: Der Islam gehöre nicht zu Deutschland.

 

Beginnen wir mit dem Islam. Weiterlesen

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Israel und die Vorurteile deutscher Schüler

Von Rainer Werner

Das törichte Gedicht  von Günter Grass über die Gefährdung des Weltfriedens durch Israel hat in der deutschen Öffentlichkeit überwiegend Unverständnis hervorgerufen. Kaum eine bekannte Persönlichkeit und schon gar kein Politiker  wollten  ihn dabei verteidigen, Israel an den Pranger des Weltgerichts  zu stellen. Selbst die Linkspartei, die sonst nicht zimperlich ist, wenn es darum geht, „antizionistische“  Affekte  zu mobilisieren, hielt sich bedeckt.

Anders sieht es aus, wenn man im Freundeskreis oder an der Arbeitsstelle  diskutiert. Hier stößt man durchaus auf Sympathien mit Grass. Weiterlesen

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Warum man Sarrazin nicht zum Opfer machen sollte

Als Thilo Sarrazin ankündigte, sein nächstes Buch werde sich mit dem Euro befassen, war ich nicht überrascht. Denn auch andere europäische Rechtspopulisten, allen voran Geerd Wilders, haben seit Beginn der Krise ihre ideologische Basis zu erweitern versucht und die Europäische Union  ins Visier genommen Weiterlesen

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Fliegen, nicht shoppen, fressen und anstehen. Gegen die Fantasielosigkeit beim Flughafenbau.

Über den neuen „Groß“Flughafen Berlins lässt sich viel Negatives sagen, beginnend mit der  Anwohnertäuschung hinsichtlich der An- und Abflugrouten und dem völligen Versagen des so genannten „Aufsichtsrats“ (und damit sind wir erst beim Buchstaben „A“). Wenige Tage, bevor jener Augen-zu-und-durch-Rat die Verschiebung der Eröffnung bekannt gab, habe ich die  Baustelle besucht, und es war selbst einem Laien wie mir klar, dass der Termin nicht zu halten sein würde. Nach der Eröffnung im März 2013 dürfte ziemlich schnell klar werden, dass der neue Flughafen schon jetzt zu klein ist und dass insbesondere die zentrale Check-in-Halle fürs Chaos vorprogrammiert ist.

You read it here first.

Eine Sache aber haben Gerkan, Marg und Partner in BER richtig gemacht, und zwar bei den Billig-Airlines Easyjet, Germanwings und Co., und auf deren ausdrücklichen Wunsch hin: Es gibt keine Fluggastbrücken. Weiterlesen

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Allons enfants: Europa in der Krise

Die Wahl von Francois Hollande bedeutet einen Wendepunkt in der europäischen Politik. Flankiert wird er von der Wahl in Griechenland, die anti-europäischen Populisten von links und rechts eine Mehrheit im Parlament gab, dem Sturz der Regierung in den Niederlanden durch den antieuropäischen Rechtspopulisten Geert Wilders, von zornigen Demonstrationen in Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit 40 Prozent beträgt, von einem neuen Buch Thilo Sarrazins in Deutschland, der die Abschaffung des Euro fordert, und anderen Anzeichen einer ernsthaften Krise der Europäischen Union.

In Deutschland sind Politik und Medien noch in einer Phase der Realitätsverweigerung, die sie ihrerseits den anderen Europäern vorwerfen. Aber die Krise ist da, und sie geht nicht weg. Und Krise bedeutet: Entscheidung. Weiterlesen

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Freiheit, die er meint: Joachim Gaucks Kritik des Liberalismus

Man hat es kommen sehen. Die  Frage war nur, wann Joachim Gauck die Gelegenheit ergreifen würde, wie von vielen Kritikern verlangt, seine Freiheitsrhetorik zu zügeln. Nun hat er ausgerechnet eine Rede zum Jahrestag der gewaltsamen Befreiung der Niederlande von der deutschen Besatzung dazu verwendet. Keine gute Idee. Weiterlesen
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