avatar

Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 8/9)

Fast jeder Mann, der ungefähr vor 1970 geboren wurde und bis 1990 in der DDR lebte, musste dort den Grundwehrdienst in der NVA oder anderen kasernierten Einheiten ableisten. Der Autor, Jahrgang 1960, erinnert sich in neun Kapiteln an seine eigenen entsprechenden Erfahrungen.

Kapitel 8

Ich hatte jetzt die Hälfte der Dienstzeit hinter mich gebracht, das Berg­fest war gefeiert worden, und wir »Vize« genannten Angehörigen des zweiten Dienst­halb­jahres fassten den Tag der Entlassung zusehends fester ins Auge. Wir blickten voll durch, hatten alle ungeschriebenen Regeln begriffen, die Schlupflöcher ausge­kund­schaftet und uns Privilegien verschafft. Wir warte­ten lediglich noch auf den Entlassungstag der gegenwärtigen EK’s, um danach selbst die un­ge­krön­ten Könige im Regiment zu sein. Bald würden wir uns unter­ein­ander ganz zivili­stisch mit »Kollege« anreden können. Weiterlesen

avatar

10.000 km ostwärts – eine Reise durch das beginnende 1989 (23), auf der Rückreise

SOTSCHI, 14. und 15. März 1989

(Hier der Link zu allen Tagesberichten.)

Der Reisebus des sowletischen Partners von Jugendtourist mit Schwester, Bruder, Schwager und Schwägerin (*) und ihrer ganzen Reisegruppe rollt genSüden.

Am Ufer eines Gebirgsflüsschens geht es immer höher und höher in den Kaukasus hinauf. Oben, wo die Straße an einem kleinen Bergsee gesperrt ist, machen wir Halt. Wir müssen auf ziemlicher Höhe sein, oben an den Hängen liegen die Gletscher und Schneefelder, deren einer bis hier hinunter ins Tal reicht.

Weiterlesen

avatar

Horror plötzlich ganz nah

Meine Tochter war mit ihren beiden kleinen Töchtern und ihrem Mann auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Sie verließen ihn nur drei Minuten bevor der Todesfahrer durch die Menschenmenge raste. Sonst wären auch sie womöglich seine Opfer geworden. Verändert das meinen Blick auf den Täter und seine unfassbare Tat?

Manchmal kann ein Klogang Menschenleben retten. Meine Tochter hatte sich mit ihrem Mann am vergangenen Freitag spontan zum Besuch des Weihnachtsmarkts in Magdeburg entschlossen, nachdem sie vorher seine Eltern in Brandenburg besucht hatten, wie sie mir erst an Weihnachten – noch immer völlig unter Schock – berichtete. Er hat in Magdeburg studiert und wusste, dass der Weihnachtsmarkt dort immer sehr schön ist (oder war – bis zu diesem Tag). Deshalb wollten sie mit meinen drei und sechs Jahre alten Enkelinnen dorthin. Es sei für die beiden Kleinen toll gewesen. Sie seien zum ersten Mal in ihrem Leben Schlittschuh gelaufen. Dann holte meine Tochter etwas zu essen an einem der Stände in der Budengasse, durch die der Täter nur wenige Minuten später als erstes mit seinem SUV raste. Weiterlesen

avatar

Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 7/9)

Fast jeder Mann, der ungefähr vor 1970 geboren wurde und bis 1990 in der DDR lebte, musste dort den Grundwehrdienst in der NVA oder anderen kasernierten Einheiten ableisten. Der Autor, Jahrgang 1960, erinnert sich in neun Kapiteln an seine eigenen entsprechenden Erfahrungen.

Kapitel 7

Mit Stefan T. war ich noch bis Ende der achtziger Jahre – wenn auch abneh­men­d – eng befreundet. Vor allem kulturelle Interessen verbanden uns. Im Sommer nach dem Wehr­dienst wanderten und trampten wir überdies gemeinsam durch Bulgarien. Stefan war Mitglied der SED, was eigentlich Grund genug sein sollte, ihn zu ver­ach­ten und zu schnei­den, aber gleich­wohl schätzte ich ihn sehr wegen seiner außerordentlichen Auf­rich­tig­keit und Mora­lität, die ans Naive gren­zen konnte. Da ich gerade viel Hermann Hesse las, defi­nierte ich unser beider Ver­hält­nis als das von Narziss (Stefan) und Goldmund (ich). Weiterlesen

avatar

Randy Newmans Lieder (4): In Germany Before the War

Dieser Song ärgert mich. Er ärgert mich vor allem, weil ich ihn so gut finde. Weil er mich anrührt und beschäftigt, obwohl ich nicht sicher bin, dass er das verdient.

Weiterlesen

avatar

Selbstmord aus Angst vor dem Tod – Magdeburg und die Folgen

Manche Sätze, die Politiker zu aktuellen Ereignissen in Mikrofone sprechen, erleiden das Schicksal, dass sie sich selbst überleben, weil sie durch die nachfolgende Realität überholt werden. Der berühmteste Satz der jüngeren Geschichte dieser Art ist das „Wir schaffen das.“ Nun, die Wirklichkeit hat diesen Satz damit ad absurdum geführt und damit zu einem Meme gemacht. Dicht gefolgt im Bingo der Textbausteine, denen das selbe widerfuhr ist: „Unsere freiheitliche Gesellschaft wird sich unsere Art, zu leben, nicht durch Terroristen zerstören lassen.“

Weiterlesen

avatar

Randy Newmans Lieder (3): God’s Song

Wie ist es also, wenn man der größte Star von allen ist? Nein, nicht Elvis. Gott. Verachtet er uns, wie der Star in „Lonely At the Top“ seine Fans verachtet? Im Gegenteil, sagen manche Leute, Gott liebt uns. Sagen wir es so: Er hat eine merkwürdige Art, das zu zeigen. In diesem Song unterstellt Randy Newman, der Atheist, dass es Gott gibt; ja, dass er uns sogar liebt. Aber seine Motive findet Newman in hohem Grad suspekt.

Weiterlesen

avatar

10.000 km ostwärts – eine Reise durch das beginnende 1989 (21), auf der Rückreise

MOSKAU – SOTSCHI, 12. und 13. März 1989

(Hier der Link zu allen Tagesberichten.)

„Guten Abend !“ sage ich zu den Mitreisenden im halbdunklen Abteil, um mich dann gleich ihnen schlafen zu legen. Die Mitreisenden lerne ich erst am nächsten Morgen kennen. Weiterlesen

avatar

Anschlag in Magdeburg: Vom Wert des Schweigens

Nach der erneuten Mordfahrt über einen Weihnachsmarkt verbieten sich schnelle Interpretationen. Dennoch schwirrten im Netz und auch in Medien sofort Spekulationen über das Motiv, statt inne zu halten und um die Opfer zu trauern. Dass der Täter wohl kein Islamist ist, beruhigt allerdings nicht.

Ich gebe zu: Auch mir kam gleich der Gedanke, es müsse ein islamistischer Attentäter gewesen sein, als ich die ersten Nachrichten las, ein Auto sei über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast, mehrere Menschen seien getötet und viele verletzt worden. Auf scheckliche Weise schien das Muster vertraut: Aus Hass auf die westliche Lebensart macht sich jemand auf, friedlich feiernde Menschen massenhaft in den Tod zu schicken. Wie auf dem Stadtfest in Solingen und auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz fast auf den Tag acht Jahre zuvor. Doch bald stellte sich heraus: Es war ein saudischer Arzt, der den Islam hasst. Aber macht das irgend etwas besser? Weiterlesen

avatar

10.000 km ostwärts – eine Reise durch das beginnende 1989 (20), auf der Rückreise

MOSKAU, 11. März 1989

(Hier der Link zu allen Tagesberichten.)

Am nächsten Tag, einem Sonntag, geht es erst auf die diversen Reisebüros. Kolja begleitet mich. Mit Tanja und Alina haben wir uns für Nachmittag verabredet.

Der Erwerb der Fahrkarte nach Sotschi bereitet unerwartete Probleme. Weiterlesen

Scroll To Top