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Gaulands agitatorische Rede auf dem Parteitag der AfD in Augsburg – eine Analyse

Alexander Gauland, Co-Bundesvorsitzender der AfD, hat auf dem jüngsten Parteitag in einer agitatorischen Rede klar gezeigt, wie doppelzüngig sein Verständnis von Pluralismus ist. Während die AfD seiner Auffassung nach im Bundestag für Pluralismus sorgt, überzieht Gauland die politische Konkurrenz mit DDR-Vergleichen wie „Blockparteien“ und attestiert der CDU gleich ganz, „in der Demokratie nichts verloren“ zu haben. Eine ausführliche Analyse.

Seit mehr als fünf Jahren existiert die AfD nun und irgendwie hat man sich an ihre ständigen Tabubrüche schon so sehr gewöhnt und wird von diesen auf Trab gehalten, dass man den Blick für den jetzigen Grundsound der Partei verliert. Deshalb lohnt es sich, einen näheren Blick auf die Rede zu werfen, mit welcher der Co-Bundesvorsitzende Alexander Gauland den Bundesparteitag der AfD am vorletzten Wochenende in Augsburg eröffnet hat. Weiterlesen

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Orwells Schafe

Ich hatte hier Rainer Werners Kritik an Willi Jaspers Buch über 68 und die Folgen meinerseits kritisiert. Darauf antwortete Rainer ausführlich in einem Kommentar. Auch dieser Beitrag kann nicht unwidersprochen stehen bleiben.

Lieber Rainer,
1. Herr Keuner ist ein Weiser. Er weiß, dass nicht nur Linke sich irren, sondern dass Irren menschlich ist. Vielleicht kann man die Welt sogar einteilen in solche, die demütig wie Herr Keuner sind und solche, die glauben, ihre politische Position – links, rechts, grün, liberal, feministisch, antiimperialistisch – mache sie für Fehler immun.

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Kritik im Selbstschongang

Der Beitrag meines Freunds und Ex-Genossen Rainer Werner kann nicht unwiderprochen bleiben.

Lieber Rainer,
du wirfst vielen ehemaligen 68ern zu Recht vor, Ihre Jugend zu verklären.
Genau dagegen richtet sich Jaspers Buch. Erstaunlich, dass du das nicht erkennst. Jasper macht klar, dass 68 mitnichten eine frohes antiautoritäres Fest der Fantasie war, sondern eben schon voller Gewalt steckte; dass Mao lange vor Gründung der K-Gruppen Säulenheiliger des 68er Establishments war.

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Selbstkritik im Schongang

Wie ein führender Maoist der 1970er Jahre die 68er-Bewegung erklärt

 Es ist menschlich, die Zeit, die man als Jugendlicher und Heranwachsender verbracht hat,  in rosiges Licht zu tauchen,  Unliebsames und   Peinliches auszublenden. Politische  Aktivisten, die einst angetreten waren, Geschichte zu schreiben, sind davor nicht gefeit. Allzu gerne reden sie sich ihr Engagement nach dem Scheitern ihrer Ambitionen schön. Wie das funktioniert, kann  man an den „Erinnerungen“ ehemaliger  „68er“  sehen:   Schönfärbereien und   Geschichtsklitterungen zuhauf.  Ein extremes Mittel der Realitätsverdrängung ist  die Fälschung. Eine solche Retusche nahm z. B. der Schriftsteller Peter Schneider in seinem Buch „Rebellion und Wahn“ (2008)  vor. Bei der Strategiekonferenz des SDS im Jahre 1969 habe er den Gedanken vorgetragen, es komme darauf an, „in die Betriebe [zu] gehen und die Arbeiterklasse [zu] mobilisieren.“ Vor allem aber forderte  er, wie  Tonbandprotokolle jener Sitzung  belegen,  in  einem  flammenden  Plädoyer,  „eine zentralisierte Organisation nach marxistisch-leninistischem Vorbild“ zu gründen. Joschka Fischer und Jürgen Trittin versuchten, ihr  gewalttätiges Auftreten im Frankfurter Straßenkampf (Fischer) und an den Zäunen der Atomanlagen von Brokdorf, Kalkar, Grohnde  (Trittin)  kleinzureden, als sie Minister  waren.  Weiterlesen

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Die „Zeit“, der „Spiegel“ und der Jude Leo Strauss

Wann immer linken deutschen Intellektuellen die Politik der US-Administration nicht passt, suchen sie nach einer Verschwörung, die hinter jener Politik steht. Und landen regelmäßig beim emigrierten deutschen Juden Leo Strauss. Die Obsession deutscher Linker mit Strauss ist das Pendant zur Obsession deutscher Rechter mit den jüdischen Emigranten Horkheimer, Marcuse und der Frankfurter Schule. Beide Obsessionen sind, wie alle Obsessionen, abwegig.

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Das Recht des Stärkeren

Zu Pfingsten haben Aktivisten der Berliner  Autonomen verschiedene  leer stehende Häuser besetzt. Einige davon  verließen sie wieder, nachdem sie Transparente mit Protestparolen an den Fassaden angebracht hatten. Ein Haus in Neukölln musste allerdings  von der Polizei geräumt werden. Gegen 56 Personen wird seitdem wegen Hausfriedensbruchs und gegen sechs  zusätzlich wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt  ermittelt. Innensenator Geisel, SPD, gehorchte, als er den Räumungsbefehl erteilte, der sog. „Berliner Linie der Vernunft“ aus dem Jahr 1981, die besagt, dass jedes besetzte Haus binnen 24 Stunden geräumt werden müsse. Hintergrund dieser Maxime war die Einsicht des damaligen Regierenden Bürgermeisters Hans-Jochen Vogel (SPD), dass Hausbesetzungen unsozial seien, weil sich kleine militante Grüppchen an der Schlange der   wohnungsuchenden Bürger vorbei  selbst bedienten. Er wollte solche Aktionen nach dem Prinzip  „Frechheit siegt“ zugunsten eines geregelten Ablaufs der Vermietung  beenden. Alle darauf  folgenden Senate führten diese Linie fort – ungeachtet der farblichen Zusammensetzung der Regierung. Weiterlesen

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Lechte und Rinke missverstehen ein Buch

Mein alter Freund und Ex-Genosse Willi Jasper hat seine Erinnerungen an 68 – und davor und danach – vorgelegt. Ich habe sie in der WELT besprochen. Wie ich dort schrieb, dürfte „Der gläserne Sarg“ für manche „Verklärer der eigenen Jugend und Karriere, die ‚68‘ zu einem Fest des demokratischen Aufbruchs umdeuten und die ‚K-Gruppen‘ als sektiererische Verirrung abtun“, ein „Ärgernis“ sein. Denn Jasper zeige, „wie viel Mao in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) steckte, wie viel APO in den Maoisten“.

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Lieber Philipp, wir müssen vor allem über das Verhältnis von Kirche und Politik reden

Vor rund einem Monat hat Philipp Mauch, ein bayerischer Konservativer – und langjähriger guter Freund – sich auf seinem Blog mit meinem kurz zuvor an dieser Stelle erschienenen Kommentar „O’naglt is“ – Markus Söder und die Kreuzanbringung“ beschäftigt. „Liebe Liane, wir müssen noch einmal über Politik reden“ lautet die Überschrift der Replik. Das will ich nachfolgend gerne tun, lieber Philipp.

Um unsere Diskussion möglichst leserfreundlich zu gestalten, werde ich wie Du zuvor, was meinen Text betrifft, Deine zentralen Punkte im Original zitieren, damit klar ist, worauf ich reagiere. Gleich zu Beginn stellst Du klar, worum es Dir geht und sprichst mich direkt an:

In Deinem Text „O’naglt is“ – Markus Söder und die Kreuzanbringung zeichnest Du ein Bild der CSU als einer Partei, die in kopflosen Aktionismus verfallen sei und darüber vollkommen den intellektuellen Kompass verloren habe. Als alte Freunde, die wir sind, möchte ich Dir persönlich antworten. Dabei geht es mir aber – ausnahmsweise mal – nicht darum, die Vereinsfarben meiner CSU hochzuhalten. Ich bin ja selbst nicht der Meinung, dass die Sache mit den Kreuzen in Amtsstuben ein besonders smarter Move war. Mich interessieren vielmehr die Prämissen Deiner Kritik, weil sie mir in dieser Form immer wieder im konservativen Binnendiskurs mit der Schwesterpartei CDU und ihren Sympathisanten in der CSU begegnen.“ Weiterlesen

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Philosemiten allüberall

Der Philosemitismus treibt seltene Blüten. Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Kreuze in allen Amtsgebäuden anbringen lässt, damit jeder Moslem, Jude oder Atheist weiß, wo der leitkulturelle Hammer hängt, kündigt CSU-Generalsekretär Markus Blome die Gründung eines „Jüdischen Forums“ der Union an und erklärt: „Das Judentum in Bayern ist Teil unserer Leitkultur.“

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EURO-Zone vor dem Scheitern

Das Drama um die italienische Regierungsbildung zeigt mit aller Deutlichkeit, dass  die Euro-Zone  ohne  eine grundlegende Reform nicht wird überleben können. Der Einzug zweier populistischer,  EU-feindlicher Parteien („Fünf Sterne“, „Lega“) in die Regierung  ist nur vertagt. Spätestens im Herbst werden die vereinten Rechts- und Linkspopulisten  –  vermutlich sogar gestärkt –  die Regierung Italiens bilden und dann ihr Zerstörungswerk an den italienischen Staatsfinanzen und an der Euro-Zone beginnen. Italien ist mit 2,3 Billionen Euro (131,8  Prozent des Bruttoinlandsprodukts) verschuldet. Bis März 2019 müssen 182 Milliarden Euro refinanziert werden, was bei  jetzt schon steigenden Zinsen nichts Gutes verheißt. Die Ratingagentur „Moody´s“ droht damit, die Bonität der Staatsanleihen Italiens auf Ramschniveau herabzustufen, was die Zinsen noch  einmal erhöhen würde. Spätestens dann werden sich ausländische Investoren  hüten, Italiens Regierung weiterhin mit Krediten zu versorgen. Dann bleibt zur Finanzierung nur das eigene Bankensystem, das  heute schon 27 Prozent der Staatstitel hält. Wenn Italien in eine finanzielle Schieflage geriete, wären die Banken mit ihren  faulen Krediten schnell in Gefahr zu kollabieren. Das ist der Grund, weshalb Italien – wie auch die anderen Südländer der Eurozone – eine europäische Bankenunion mit einer umfassenden  Einlagengarantie fordert. Die Nordländer, darunter auch Deutschland, wehren sich bislang noch gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden, weil sie die Schuldenrisiken, die in den Staatstiteln stecken, sehr wohl  kennen. Wie lange wird ihr Widerstand noch dauern? Weiterlesen

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Ein Hauch von Männerschweiß und Koppelriemen

Günther Lachmann war über Jahre hinweg ein Kollege von mir. Wir waren freundschaftlich verbunden – nicht per du, aber doch so freundlich, dass Lachmann öfter bei mir im Büro vorbeischaute, um sich auszusprechen. Er fühlte sich nämlich von der Chefredaktion nicht anerkannt. Er wusste sicherlich auch, dass ich sein Buch „Die gescheiterte Integration“ positiv rezensiert hatte. Das war 2005. Lachmann bewies ein Gespür für das Kommende, als er sich unaufgefordert zum Experten für die 2013 gegründete AfD mauserte. Damals schien die Partei kaum mehr zu sein als eine Gruppe quengelnder Professoren, eine Randerscheinung der Euro-Krise. Mit dem Aufstieg der AfD wuchs auch Lachmanns Ansehen in der Redaktion, da er über Interna der Partei berichten konnte; übrigens nicht unkritisch.

Umso erstaunter war ich, als ich – 2016 – von den Vorwürfen des damaligen Chefs der AfD in NRW, Marcus Pretzell, hörte. Pretzell behauptete, Lachmann habe sich ihm als Berater angedient, oder, um mit Pretzell zu reden: „Lachmann wollte sich für 4.000 EUR monatlich kaufen lassen“. Neben seiner Arbeit als Redakteur der WELT, wohlgemerkt.

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