avatar

Ist der Antisemitismus eine Spielart des Rassismus?

Aufgrund eines Server-Absturzes musste der Beitrag neu gepostet werden. In Einzelheiten – Zwischenüberschriften etwa – weicht er vom Original ab.  A.P.)

Ist der Antisemitismus eine Spielart des Rassismus? Die Frage mag abwegig klingen. Schließlich trieben die Nationalsozialisten ihren Rassenantisemitismus so weit, dass sie meinten, faktisch das ganze jüdische Genpool (so haben sie es nicht genannt, aber darauf lief es hinaus) auslöschen zu müssen: Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge. Sonst wäre die arische Rasse und damit die gesamte Menschheit nicht sicher vor dem zerstörerischen Wesen des Judentums.

Doch gerade dieser Vernichtungswahn – es handelt sich eben um einen Vernichtungswahn, und nicht, wie der postkoloniale Theoretiker Achille Mbembe meinte, um einen „Trennungswahn“ – macht klar, dass die Triebkräfte des nationalsozialistischen Völkermords an den Juden – anders als etwa ihre ebenfalls verbrecherische, ja mörderische Politik der Reduzierung der „Slawen“ auf ein „Helotenvolk“ – nicht im Rassismus selbst zu suchen ist, der ja ein Produkt der Moderne ist, sondern in tieferen Schichten der abendländischen Kultur.

Hitler und Benedikt über die weltgeschichtliche Rolle der Juden

Schon in „Mein Kampf“ schildert Hitler die Juden als eine Art ökologische Bedrohung des gesamten Planeten: „Siegt der Jude mit Hilfe seines marxistischen Glaubens­bekenntnisses über die Völker dieser Welt, dann wird seine Krone der Totentanz der Menschheit sein, dann wird dieser Planet wieder wie einst vor Jahrmillionen menschenleer durch den Äther ziehen. Die ewige Natur rächt unerbittlich die Übertretung ihrer Gebote. So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herren.

Mit der Beschwörung des „Herrn“, also des Gottes der Christenheit, beschwört Hitler die Tradition eines fast 2000jährigen christlichen Antijudaismus.

Man vergleiche, was Papst Benedikt XVI bei seinem Besuch in Auschwitz, dem Kulminationspunkt dieser Tradition, sagte: „Im tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat. Wenn dieses Volk einfach durch sein Dasein Zeugnis von dem Gott ist, der zum Menschen gesprochen hat und ihn in Verantwortung nimmt, so sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht und endgültig durch den neuen, selbstgemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“

Ich sehe darüber hinweg, dass Benedikt es hier schafft, den christlichen Antijudaismus zu exkulpieren, ja den christlichen Glauben selbst zum eigentlich gemeinten Opfer des Holocausts zu machen, während er, statt von den deutschen Tätern zu sprechen, allgemein die Moderne – „den Glauben an die Herrschaft des Menschen“ – zum Schuldigen zu erklären. Das ist skandalös genug. Aber eines hat Benedikt sehr gut erfasst. Es ging beim Holocaust um mehr als die Abneigung oder Verachtung gegenüber einer „Rasse“, um ihre Instrumentalisierung zum Zweck der Ausbeutung oder um ihre Abwertung zum Zwecke der Legitimierung von Zwangsmaßnahmen und Gewalt gegen die als minderwertig angesehenen Angehörigen dieser Gruppe. Es ging um einen Paroxysmus, eine Art Exorzismus, jedenfalls um einen kulturellen Akt.

Der Judenhass ist älter als der Rassismus …

Im christlichen Europa spielte der Rassismus bis zum Beginn der Neuzeit keine Rolle. Germanische, keltische und slawische Völker und Stämme bekriegten und unterwarfen sich gegenseitig, ohne dass sie Vorstellungen der Über- Unterlegenheit der einen oder anderen Gruppe entwickelten; die Kreuzzüge, so blutig sie auch waren, verstanden weder Muslime noch Christen als Rassenkriege. Erst als die Europäer bei ihrer globalen Expansion die von Muslimen und Schwarzafrikanern praktizierte Sklaverei wiederentdeckten und bald den Sklavenhandel für ihre Zwecke – die Arbeit auf den Zucker- und Baumwollplantagen der Neuen Welt – ausbauten, brauchten sie eine Ideologie, um ihre Praxis zu rechtfertigen. Das Bedürfnis der Kolonisierung und Besiedlung brachte den Rassismus hervor. Da war jedoch der Judenhass schon seit anderthalb Jahrtausenden und mehr Bestandteil der abendländischen Zivilisation gewesen. Es ist also abwegig, den Antisemitismus als Unterart oder Spielart des Rassismus zu betrachten. Vielmehr ist der rassisch begründete Antisemitismus nur eine Spielart des kulturellen Phänomens Antijudaismus, Antisemitismus, Judäophobie, oder wie man auch immer den Judenhass umschreiben will.

Als die Europäer nach einer Begründung für ihre unmenschliche Behandlung der Afrikaner suchten, griffen sie darum zu dem Buch, das ihnen bisher schon die Rechtfertigung für den Judenhass geliefert hatte: Die Heilige Schrift. Während aber die wichtigste – keineswegs aber die einzige – judenfeindliche Stelle der christlichen Bibel jene ist, in der Pilatus Jesus für unschuldig erklärt, „das ganze Volk“ der Juden aber „antwortete und sprach: ‚Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!‘“ (Mt 27,25), so fanden die Christen zur Begründung der Sklaverei nur den Fluch Noahs über seinen Sohn Ham und dessen Nachfolger (Gen 9, 18-27), die als die Urväter der schwarzen Bevölkerung Afrikas gedeutet wurden. Sie sollten „den Knechten (Gottes) als Knechte“ dienen.

Abgesehen davon, dass die Pilatus-Geschichte eine bereits im Geist des christlichen Antijudaismus erfundene und der Noah-Mythus noch weniger Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, so fällt auf, dass schon in diesen Grundtexten zur Begründung christlicher Gemeinheiten gegenüber anderen Menschen den Juden Mord und Totschlag, den Schwarzen jedoch „nur“ die Knechtschaft zugedacht wird. Beides ist widerlich, und die Sklaverei war millionenfach mit Mord und Totschlag verbunden, aber der Unterschied ist dennoch wesentlich. Die Aufgabe der Juden war es nach der christlichen Theologie, durch ihr Elend Zeugnis abzulegen vom Zorn Gottes auf jene, die sein Angebot abgelehnt und seinen Sohn gemordet hatten. Die Aufgabe der Schwarzen war es, zu arbeiten. Und diese Stelle war, da sie dem „Alten“ Testament – also der jüdischen Bibel – entnommen war, unter Christen immer umstritten. Von Anfang an war der christliche Widerstand gegen die Sklaverei stärker, als er es je gegen den Antisemitismus war.

Der „wissenschaftliche“ Rassismus, der mit den Methoden der Biologie meinte, Wesensverschiedenheiten zwischen Europäern und anderen Menschengruppen (und auch zwischen einzelnen europäischen „Rassen“, Germanen und Slawen etwa) ausmachen zu können, war eine Reaktion auf den Niedergang des Christentums im 19. Jahrhundert in Verbindung mit der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei, die vom Britischen Weltreich ausging. Dass nun auch entdeckt wurde, die Juden seien „Semiten“, also mit den Arabern verwandt, war ein Nebeneffekt, der auch weitgehend folgenlos blieb. Nie wurde den Arabern etwa das gleiche Maß an Bosheit und Gefahr zugeschrieben wie den Juden. Diente der Rassenantisemitismus also zur Untermauerung der Forderung nach Trennung von den „wesensfremden“ Juden – etwa durch Zwangsrepatriierung nach Palästina – , so konnte er nie und nimmer die Eigenschaften begründen, die man den Juden andichtete.

… und überlebt die Diskreditierung der Rassentheorien

Der Unterschied kommt selbst heute bei jenen zum Ausdruck, die gegen die „Islamisierung“ kämpfen. Denn wenn auch vordergründig Muslime das Ziel ihrer Wut sind, so wird die Islamisierung per Masseneinwanderung selbst als Werk des Juden George Soros gesehen, der damit die Völker Europas wehrlos machen will für die Versklavung durch die „Globalisten“, zu denen prominente „jüdische“ Firmen wie Goldman Sachs und natürlich „die Rothschilds“ gehören. Die Trope der Weltbeherrschung hat den Niedergang der Rassentheorien mühelos überdauert.

Auch die so genannte „Israelkritik“ beruht nicht auf einer Rassentheorie. Sie beruht vielmehr auf der Einebnung der früher so entscheidenden „Rassenunterschiede“: Israel wird als europäische Kolonialmacht, als „weißer Siedlerstaat“ kritisiert, der weißen Rassismus gegenüber den örtlichen „PoC“, in diesem Fall den Arabern, praktiziert. Während die Rassisten meinten, die Juden gehörten in den Nahen Osten, weil dort ihre semitischen Rassenbrüder wohnten, meinten Zionismuskritiker, die Juden gehörten nicht in den Nahen Osten, weil ihre „Rassenbrüder“ (so sagt man es politisch korrekt natürlich nicht) – die „Weißen“ – dort auch nichts mehr zu suchen hätten.

Wie man es macht, ist es falsch. Und das ist natürlich das Wesen des Antisemitismus: Die Juden sind immer das Andere – zuerst für die christlichen Europäer, nun auch für die postkolonialen Theoretiker und ihre Adepten überall in der Welt.

Darum ist es wichtig, zwischen Antisemitismus / Antijudaismus / Judenhass und Rassismus zu unterscheiden.

Und genau deshalb ist es fatal, dass die hochtrabend  als „Jerusalemer Erklärung“ daherkommende Meinungsäußerung von 200 bunt zusammengewürfelten Akademikern und Intellektuellen, die vorgibt, eine gültige Definition des Antisemitismus vorzulegen, genau diesen Unterschied verwischt.

Die Jerusalemer Erklärung erklärt den Antisemitismus zu einer Form des Rassismus

In den „Leitlinien“ heißt es gleich zu Beginn:

  1. Es ist rassistisch, zu essentialisieren (eine Charaktereigenschaft als angeboren zu behandeln) oder pauschale negative Verallgemeinerungen über eine bestimmte Bevölkerung zu machen. Was für Rassismus im Allgemeinen gilt, gilt im Besonderen auch für Antisemitismus.

Damit wird der Antisemitismus für eine besondere Form des Rassismus erklärt. Was eben nicht stimmt.

(Ich sehe darüber hinweg, dass die Aussage, es sei bereists rassistisch, eine „Charaktereigenschaft als angeboren zu behandeln“, zumindest missverständlich ist. Ist die Vorliebe fürs eigene Geschlecht eine „Charaktereigenschaft“? Ist sie etwa nicht angeboren? Aber das würde hier zu weit und in eine falsche Richtung führen.)

In Punkt (2) wird auf diese angeblich besondere Form des Rassismus eingegangen:

  1. Das Spezifikum des klassischen Antisemitismus ist die Vorstellung, Jüd:innen seien mit den Mächten des Bösen verbunden. Dies steht im Zentrum vieler antijüdischer Fantasien, wie etwa der Vorstellung einer jüdischen Verschwörung, in der „die Juden“ eine geheime Macht besäßen, die sie nutzen, um ihre eigene kollektive Agenda auf Kosten anderer Menschen durchzusetzen. Diese Verknüpfung zwischen Jüd:innen und dem Bösen setzt sich bis heute fort: in der Fantasie, dass „die Juden“ Regierungen mit einer „verborgenen Hand“ kontrollieren, dass sie die Banken besitzen, die Medien kontrollieren, als „Staat im Staat“ agieren und für die Verbreitung von Krankheiten (wie etwa Covid-19) verantwortlich sind. All diese Merkmale können für unterschiedliche (und sogar gegensätzliche) politische Ziele instrumentalisiert werden.

Dass es einen „klassischen“ Antisemitismus geben solle, ist mir wie sicherlich der Mehrheit der seriösen Antisemitismusforscher*innen neu. Aber wie ich oben ausgeführt habe, ist die Vorstellung, Jüd:innen seien mit den Mächten des Bösen verbunden, viel älter als der Rassismus und hat ihn überdauert. Interessanterweise verweisen die Autor*innen der Erklärung an dieser Stelle nicht auf die heute offensichtlichste Form dieser „Fantasie“ hin, nämlich auf die Bezeichnung Israels als „kleiner Satan“ durch das Mullah-Regime im Iran. Aber das nur nebenbei.

Weil die Autor*innen der „Jerusalemer Erklärung“ auf einen angeblich „klassischen“ Antisemitismus fixiert sind, den sie fälschlicherweise als besondere Form des Rassismus identifizieren, sind sie nicht in der Lage, „nichtklassische“ Formen des Antisemitismus – wie den „israelbezogenen Antisemitismus“, die Delegitimierung, Dämonisierung und Diskriminierung Israels, des „Juden unter den Völkern“ – richtig zu erkennen.

Ein Dokument postkolonialer Verwirrung

Aber das hat Methode und geschieht mit Absicht. Mit der Reduzierung des Antisemitismus auf den Rassismus soll ja dem postkolonialen Narrativ gedient werden, demzufolge der Antisemitismus im Westen eine „privilegierte Stellung“ gegenüber anderen Rassismen genießt, weil die Juden ja „weiß“ seien. „Multidirektionale Erinnerung“, das neueste Schlagwort für „Relativierung“, soll dieses Privileg abbauen helfen. Der Rassismus soll als die Ursünde des Westens dingfest gemacht werden, in die sich der Antisemitismus als abgeleitete Form einreiht. Praktisch wird damit nicht nur tendenziell einer Abkehr von der angeblichen Konzentration auf den Antisemitismus und die Shoah zugunsten diverser „Decolonize!“-Aktivitäten das Wort geredet, sondern auch überzogene, auf die Vernichtung Israels gerichtete Kritik legitimiert, wenn sie nicht explizit rassistisch daher kommt.

Im vielleicht entlarvendsten Satz der gesamten Erklärung heißt es, es sei antisemitisch, „Jüd:innen im Staat Israel das Recht abzusprechen, kollektiv und individuell gemäß dem Gleichheitsgrundsatz zu leben.“ Was heißt das? Das heißt, es ist nicht antisemitisch, gegen den Willen von über 90 Prozent der Jüd*innen in Israel ein „Recht auf Rückkehr“ für Millionen Araber, Nachkommen der 1948 Geflüchteten oder Vertriebenen, zu fordern, mit denen die Jüd*innen „kollektiv und individuell gemäß dem Gleichheitsgrundsatz leben“ sollen. Wenn die Zurückgekehrten  dann die Mehrheit bilden und den Jüd*innen das Recht absprechen, „kollektiv und individuell“ dort zu leben, dann dürfen sich die Juden auf die Staaten verlassen, die schon den Bosniakern, den Rohinggas, den Tibetern, den Tamilen und den Uiguren so großartig geholfen haben und helfen. Spätestens dann werden auch die Autor*innen dieses Dokuments sie in „Al-Quds-Erklärung“ umbenennen müssen. Alles andere wäre ja rassistisch.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

25 Gedanken zu “Ist der Antisemitismus eine Spielart des Rassismus?;”

  1. avatar

    @alan

    > Ich hingegen betone den Antisemitismus als gesellschaftliches oder kulturelles Phänomen

    räusper, du hast den artikel, der den katholizismus als eine der wesentlichen triebkräfte hitlers darstellte offline genommen. in sachen antisemtismus, was er ist, wie er entstand, was man davon zu halten etc etc brauchen wir nicht groß zu diskutieren, auch wenn ich da so meine eigene eher von aharon appelfeld geprägte sicht habe. es geht immer um den einen menschen, was auch immer er sei. ich sehe da halt keine „hitparade“

    was den esoterischen teil angeht, da steht natürlich im raum, daß sich templer von muslimen „einweihen“ liessen und „christentum“ nun nicht unbedingt das feld ist, auf das du jetzt springen solltest. ich denke mal, die ganze sache geht an der stelle weiter und tiefer. griechischer mysterienkult, ägyptische einweihungskulte etc etc. und das chrstentum selbst eher so etwas aus allen zeitgenössischen religionen wie dem mithraskult zurechtgesampleter paulianismus. ein weites feld …

    aber auch das ist jetzt nicht so mein thema.

    wie gesagt, ich bin nicht hier, um recht zu haben.

    ich wollte dich auf neuere entwicklungen in der geschichtswissenschaft aufmerksam machen und habe dir eine (imho) beglückende diskussion bei swr2 forum aufmerksam machen, die deiner these in der anderen post heftigst widersprechen: katholizismus war eher nicht so sein ding. das passte ihm gut und er hats genutzt

    für mich ist es okay, wenn es dich nicht lockt. hat hallt jeder so seinen weg und verantwortet das ja auch nur vor sich selbst 😉

    liebe grüße

    1. avatar

      Ich habe nichts „offline genommen“. Es gab einen Serverbrand. Der Artikel ist wieder da, er steht so, wie er früher stand, über diesem Kommentarthread, und jeder, der wissen will, was ich meine, kann ihn lesen und feststellen, dass du Unsinn redest: ich habe nicht „den katholizismus als eine der wesentlichen triebkräfte hitlers“ dargestellt.
      Es gibt keine „andere Post“, in der ich das geschrieben hätte, wie du behauptest. Das bildest du dir bloß ein.
      Du schreibst, „ich bin nicht hier, um recht zu haben“. Das mag sein. Warum fälschst du dann meine Aussagen?
      Lies den Text noch einmal. Es geht, ich wiederhole mich, nicht um die Frage, welche Ideen Hitler individuell beeinflusst und bestimmt haben. Das ist nicht unwichtig, aber die Frage ist meines Erachtens nicht wirklich zu beantworten, sondern bleibt der Natur der Sache nach größtenteils im Dunkeln, und die Historiker streiten sich darüber: Linz, Wien, München, die Westfront, wieder München: Wo „wurde Hitler zum Nazi“? Da gibt es zig Theorien, ich kenne die meisten, und sie interessieren mich nur peripher.
      Was übrigens „neue Forschungsergebnisse“ angeht, eine Wendung, mit der du implizierst, im Besitz neuerer und damit besserer Erkenntnisse als ich. Jedoch sind selbst die kleinsten „Forschungsergebnisse“ in Sachen Hitler oft Gegenstand erbitterter Diskussion:

      https://www.welt.de/geschichte/article158741017/Bizarrer-Historikerstreit-ueber-Hitler-eskaliert.html

      Es geht mir aber, ich wiederhole es, nicht um Hitler, sondern um den Stellenwert des Antisemitismus in der europäischen und deutschen Gesellschaft und Geschichte. Ich zitiere aus „Mein Kampf“ eine Stelle und kommentiere: „Mit der Beschwörung des „Herrn“, also des Gottes der Christenheit, beschwört Hitler die Tradition eines fast 2000jährigen christlichen Antijudaismus.“ Ich sage ausdrücklich „beschwört“. Ich sage ausdrücklich nicht, dass Hitler selbst an den Gott der Christenheit so glaubte, wie ihn die katholische Kirche in ihren Dogmen beschreibt.
      Ich setze dagegen ein Zitat von Benedikt, der das Gegenteil behauptet: Hitler und die Nazis hätten mit dem Judenmord Gott morden wollen.
      Ich stimmte Benedikt zwar nicht zu. Aber ich schreibe, dass er eines gut erfasst habe: „Es ging beim Holocaust um mehr als die Abneigung oder Verachtung gegenüber einer „Rasse“, um ihre Instrumentalisierung zum Zweck der Ausbeutung oder um ihre Abwertung zum Zwecke der Legitimierung von Zwangsmaßnahmen und Gewalt gegen die als minderwertig angesehenen Angehörigen dieser Gruppe. Es ging um einen Paroxysmus, eine Art Exorzismus, jedenfalls um einen kulturellen Akt.“
      Mehr nicht. Aber auch nicht weniger. Und nun ist die einzige interessante Frage: Stimmst du dem zu oder nicht? Oder dient deine Beschäftigung mit Lanz, Ostara, Neutemplern usw. nur dazu, eben diese Tatsache zu leugnen?

  2. avatar

    “ Die Frage mag abwegig klingen.“

    Es gibt keine dummen Fragen, wenn überhaupt dumme Antworten. Eine wesentliche Erkenntnis der Aufklärung.

  3. avatar

    „Denn offiziell sind Rassentheorien zwar diskreditiert, spielen aber doch in den Gesellschaften noch eine erhebliche Rolle.“

    Im Sinne von „gruppenbezogene Vorurteile“ ganz sicher (und vermutlich in jeder Gesellschaft solange unvermeidbar, wie es eine deutlich sichtbare Mehrheitsgruppe gibt).

    Im Sinne von „Rassentheorie“ in der ursprünglichen Bedeutung IMHO eher nicht. Soweit ich das erkennen kann (nicht mein Hauptinteresse), gibt es in allen westlichen Gesellschaften nur noch wenige Rechtsextremisten, die tatsächlich an die genetische Unterlegenheit von über Hautfarbe definierter „Rassen“ glauben und daraus bestimmte, scheussliche, Handlungsempfehlungen ableiten.

    Und nein, das eine und das andere sind in keiner Weise äquivalent oder gleich schrecklich.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  4. avatar

    Eine Kleinigkeit ist nicht korrekt, Es gab Diskriminierung auf Grund der Abstammung in den Gebieten, die sozusagen am Rand waren: kein Mann slawischer Herkunft konnte Zunftmitglied in Cottbus werden, die „limpieza del sangre“ Reinheit des Blutes, die für alle wichtigen Ämter im Randbereich gegenüber dem maurischen Spanien gefordert wurde und erst recht, nach dem dies besiegt war und die ähnliche, durchaus erbliche Diskriminierung von „Eingeborenen“ in Irland spricht gegen die These der alleinigen Diskriminierung von Menschen mit falschem Glauben in der mittelalterlichen /frühneuzeitlichen Gesellschaft. Es wäre auch merkwürdig, wenn Menschen, die an angeborene Eigenschaften von Adligen (Mut, Weitblick) glaubten, das nicht auch übertragen hätten auf andere.

    1. avatar

      Danke für die Hinweise. Allerdings belegen sie eher, dass man in Brandenburg und Irland der Loyalität der Slawen beziehungsweise Iren nicht sicher war; so wie man in Spanien der Loyalität der verbliebenen Muslime und Juden nicht sicher sein konnte und sie darum auch nach der Zwangskonvertierung und der Vertreibung des Rests weiter verfolgte. Ähnliches galt für die Beziehung der Osmanen zu den Armeniern. Interessanterweise ist es genau die Frage der Loyalität, die bis heute beim Antisemitismus eine Hauptrolle spielt. Den Juden unterstellt man eine bestenfalls geteilte Loyalität zwischen Israel und dem Land, in dem sie leben. Der Rassismus stellt diese Frage nicht. „Der Schwarze“ ist unterlegen und muss dienen, Punkt. Rebelliert er, wird er bestraft.

      1. avatar

        wie gesagt: da gibt es jetzt ein buch, das die kürzlich aufgetauchten briefe des vaters analysiert: Roman Sandgruber, Hitlers Vater. Wie der Sohn zum Diktator wurde .

        die gesprächsrunde: Gregor Papsch diskutiert mit

        Prof. Dr. Wolfram Pyta, Historiker, Universität Stuttgart
        Prof. Dr. Roman Sandgruber, Historiker, Universität Linz
        Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, Philosophin, Universität Passau

        und sie sind sich alle einig in einem punkt: hitler war extrem antiklerikal.

        mir geht es hier nicht um rechthaberei,lieber alan, mir geht es um den aktuellsten stand der wissenschaft. wenn du dich doch, wenn du vielleicht unterwegs bist oder geschirr spülst, dazu hinreissen läßt, diese sendung (ich liebe sie seit 30 jahren, weil sich dort die menschen gegenseitig zuhören und wissen austauschen) zu hören, wirst du bemerken, wie begeistert die beiden anderen dasaufnehmen, was sandgruber da gerade dem stand des wissens hinzufügt.

        wie gesagt: keine rechthaberei meinerseits, eher der versuch, dir den aktuellsten stand nahezubringen. aber okay, ich habe das buch verlinkt. mein weg, mein dào bleibt weiter das stille zuhören, wenn kluge menschen sich austauschen 😉

      2. avatar

        Hardy, meine Ungeduld geht dahin: Du glaubst, es sei wichtig (und möglich), die individuellen Ursachen für Hitlers Antisemitismus aufzuspüren (der Vater etwa). Ich hingegen betone den Antisemitismus als gesellschaftliches oder kulturelles Phänomen. Es ist doch völlig egal, ob Hitler „antiklerikal“ war oder nicht: Er war Antisemit, und viele Kleriker waren Antisemiten. War Hitler ein Linker, eine Rechter? Er war Antisemit, und viele Linke waren Antisemiten, die Rechten sowieso. Diese ganze Diskussion nimmt ihren Ausgang von einer von mir zitierten Passage, in der Hitler sagt, er diene „dem Herrn“, wenn er die Juden bekämpfe. Du leugnest, dass damit der Gott der Christen gemeint ist. Weil ja Hitler in Wien auch allerlei gnostischen und paganen Unfug in sich aufgesogen hat, und weil er „antiklerikal“ eingestellt war. Das ist aber zweitrangig. Denn wer die Rede hörte oder die Passage las, musste annehmen, dass damit „Gott“ gemeint ist, zu dem Katholiken und Protestanten und Muslime beten, auch wenn sie seine Eigenschaften und Wünsche verschieden auslegen. Was genau Hitler unter „Gott“ vorstellte, ist hingegen weder klar zu eruieren, noch ist es besonders wichtig, weil er auf jeden Fall die Juden mehr hasste, als er Gott liebte, wenn er überhaupt Gott liebte.
        Mein Argument – und ich bitte, den TEXT noch einmal zu lesen – lautet, „dass die Triebkräfte des nationalsozialistischen Völkermords an den Juden – anders als etwa ihre ebenfalls verbrecherische, ja mörderische Politik der Reduzierung der „Slawen“ auf ein „Helotenvolk“ – nicht im Rassismus selbst zu suchen ist, der ja ein Produkt der Moderne ist, sondern in tieferen Schichten der abendländischen Kultur.“
        Das gilt auch dann, wenn Hitler wirklich den Quatsch der „Ostara“-Hefte glaubte, denn auch – ja gerade – Lanz von Liebenfels und die „Neutempler“ (e tutti quanti) gehen zurück auf gnostische Ideen, die genauso alt sind wie das Christentum und das Christentum als Häresie immer begleitet haben: man denke etwa an Giordano Bruno.
        Nie habe ich behauptet, Hitler sei gläubiger Katholik im Sinne päpstlicher Doktrin gewesen; andererseits ist er weder ausgetreten noch exkommuniziert worden. Aber sein Antisemitismus wie jener der deutschen Gesellschaft insgesamt war nicht das Resultat einer Übertragung rassistischer Vorstellungen, die man aus der Begegnung mit Afrikanern gewonnen hatte, auf die Juden. Er wurzelte in Tiefenschichten der Kultur. Und Barbara Zehnpfennig, die ich kenne und mag, würde das auch nie bestreiten.

      3. avatar

        APo: ‚Nie habe ich behauptet, Hitler sei gläubiger Katholik im Sinne päpstlicher Doktrin gewesen; andererseits ist er weder ausgetreten noch exkommuniziert worden.‘

        ‚Jene, die öffentlich gegen das Moralgesetz verstoßen, befinden sich in einem Zustand der Apostasie, und ein Apostat zieht automatisch die Exkommunikation nach sich, … Kardinal Burke.

        … d. h., exkommunizieren, warum auch immer, kann der Mensch sich nur selber. Das ist keine (alleinige) Frage der ‚Amtskirche‘.

      4. avatar

        Sagen wir es so: Bis vor Kurzem hat die Kirche von sich aus Leute exkommuniziert, die Protestanten heirateten. Da kenne ich persönlich einige Beispiele. Zugegeben, das hat Hitler nicht getan. Eva Braun war ja auch katholisch.

      5. avatar

        APo: ‚Bis vor Kurzem hat die Kirche von sich aus Leute exkommuniziert, die Protestanten heirateten.‘

        … das ist mir unverständlich. Die Liebe zwischen Mann und Frau gehört zur Gottebenbildlichkeit des Menschen. ‚Es war sehr gut.‘; Gen 1,31

      6. avatar

        Meine Frau brauchte übrigens noch 1998 (!) einen Dispens des katholischen Priesters, als ich als damals noch offizeller Protestant eine Katholikin geheiratet habe.

        Die ständigen Clashes zwischen dbhs sehr persönlicher Bibel-Interpretation und der (historischen) Realität gelebten organisierten Christentums sind eine Quelle ständiger Erheiterung für mich, danke, dass Sie ihn nicht einfach sperren.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

      7. avatar

        In Rom habe ich das Amt besichtigt, dass für die Annullierung von Ehen zuständig ist, die Rota. Früher war dieses Amt eine Haupteinnahmequelle des Vatikans, denn gegen Geld konnte man selbstverständlich alles bekommen. Siehe Jackie Kennedy, ihre Schwester Lee Radziwill, und deren Mutter.

      8. avatar

        @T.H.

        … ich verfüge in der Tat wenig Erfahrung und Wissen über die ‚reale Politik‘ der katholischen Kirche. Ich lerne gern hinzu.

        So wie ich ’s aaaber lesen kann, entspricht die Dispens dem, was ich zuvor geschrieben habe, ‚die Liebe zwischen Mann und Frau gehört zur Gottebenbildlichkeit des Menschen.‘ Also nix mit Exkommunikation.

      9. avatar

        Anno 1962:
        https://www.spiegel.de/politik/jeder-vierte-freit-die-falsche-braut-a-3f45ba88-0002-0001-0000-000045139266?context=issue

        MICHAEL SCHMAUS: „Auf der katholischen Seite ist es klar. Der Katholik kann seiner Kirche nur treu bleiben, wenn er die Bedingungen des Codex erfüllt: katholische Kindererziehung, kein Glaubensabfall. Wenn er sich aber von der evangelischen Kirche trauen läßt, wird er exkommuniziert, er darf dann nicht mehr an der Kommunion teilnehmen und nicht mehr zur Beichte gehen…“

        Von 1946 bis zu seiner Emeritierung 1965 war Schmaus ordentlicher Professor für katholische Dogmatik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zu seinen Schülern gehört Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.

        Das könnten Sie alles selbst ergoogeln, so Sie wirklich am real existierenden Katholizismus interessiert wären.

      10. avatar

        @APo

        … niemand, auch kein ‚kirchlicher Gesetzgeber‘, stellt sich über das ‚göttliche Recht‘. Das hat Michael Schmaus auch nicht getan.

        … allerdings hat unser ‚Diskurs‘ vordergründig nix mit einer Dispens, wie T.H. sie anführte, zu tun.

        Die Exkommunikation aaaber ist gerechtfertigt, selber gewollt, wenn, wie M. Schmaus es im Spiegel-Interview sagt; ‚… du bist katholisch, zu deinem Leben gehört Beichte, gehört Kommunion – wie denkst du darüber? Wenn der Mann oder die Frau sagt: Nein, das geht mich nichts mehr an – dann allerdings, so meine ich, braucht der katholische Pfarrer diese Leute nicht mit allen Hebeln und Schrauben ins katholische Lager zurückzuhieven versuchen.‘

        Was, um aller Welt, ist daran falsch?

      11. avatar

        Mir ist das doch schnuppe. Nicht mein Club, nicht mein Problem. Sie haben gesagt, die Exkommunikation wg. Mischehe habe es nicht gegeben. ich widerlege Ihre Behauptung. Jetzt sagen Sie: Richtig so. Dabei ist die Situation in Ihrer Kirche JETZT anders… Sie müssen sich schon darauf einigen, wie Sie argumentieren wollen.

  5. avatar

    Es gibt keine angeborene Charaktereigenschaft. Warum es eine Vorliebe für das eigene Geschlecht gibt, weiß niemand. Den ‚Queeren‘ gilt – als alleinige Ursache für die ‚Vorliebe für das eigene Geschlecht‘ – das kulturelle und soziale Umfeld. Die ‚Vorliebe für das eigene Geschlecht‘ also als soziales Konstrukt. Das ist Ideologie. Gender. Faktisch ‚Rassismus‘.

    Es gibt biologisch angeborene Eigenschaften. Das hat was mit dem Erbgut – (den Wechselwirkungen zwischen Genen) – das schon in der nächsten Generation ein anderes ist, zu tun. Beispiel; die Hautfarbe beim Menschen. Die Auf- oder Abwertung angeborener biologischer Eigenschaften beim Menschen – ist Ideologie. Charaktereigenschaften können durchaus als ‚doof‘ beschrieben werden.

    Einen ‚christlichen Antijudaismus‘ kann es nicht geben. Das ist nicht logisch. Der Antijudaismus der Lutheraner und sonstigen Bekloppten, einschließlich der Antisemitismus der Sozialisten, ist ebenso ideologisch begründet, wie das Antichristentum auch.

    Im Übrigen sind Antizionismus und Antipatriotismus auch ideologisch begründet.

    … dazu als Wiederholung aus der Datensicherung [sic!] meines Hamsters > APo; ‘… judenfeindliche Stelle der christlichen Bibel jene ist, in der Pilatus Jesus für unschuldig erklärt, „das ganze Volk“ der Juden aber „antwortete und sprach: ‚Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!‘“ (Mt 27,25),… ‘

    … das ist so nicht richtig. Dazu die Deutung dieser Textstelle aus dem Matthäusevangelium:

    ‘… in ihrer Auslegungsgeschichte wurde diese Textstelle dafür verwendet, den Tod vieler Jüdinnen und Juden zu rechtfertigen, da das gesamte jüdische Volk die Schuld am Tod Jesu trage. Diese Auslegung entspricht nicht dem Text des Evangeliums.

    Das Volk Israel lädt auf sich und seine Kinder – also auf diese beiden Generationen – die Schuld am Tod des unschuldigen Jesus. Und so geschieht im Jahre 70 n.Chr. das, was Jesus in Matthäus 23,37-39 ankündigt: Jerusalem wird fallen und verlassen werden. So erscheint diese Textstelle als ein Vorgang, wie er im ‘Alten Testament’ immer wieder geschildert wird: Israel hört nicht auf Gott, hört nicht auf seine Propheten, tötet sogar seine Propheten – und muss dafür die Konsequenzen erleiden.

    Dagegen ist eine Deutung, das ganze Volk der Jüdinnen und Juden sei für immer von Gott verworfen, falsch und geht weit über die Aussage des Textes hinaus. Altes und Neues Testament sind sich einig: In seinem allmächtigen Handeln bleibt Gott Israel (und allen Völkern) treu.’

  6. avatar

    In der Hauptsache teile ich Ihre Auffassung: Antisemitismus ist etwas anderes als Rassismus. Die „Jerusalemer Erklärung“ udn viele Postkolonialisten scheinen das unter den Teppich zu kehren.
    Trotzdem sollte man bedenken, dass es ohne Rassismus nicht zu dem umfassenden Holocaust gekommen wäre. Was Sie anfangs ja auch tun, aber den Gedanken dann nicht weiterverfolgen. Dann liegt es nahe zu überlegen, wo & wie der Rassismus – nicht der Antisemitismus – angefangen hat und wie er in Europa bei seiner Begegnung und ideellen Vermischung mit dem vorhandenen, uralten Antisemitismus so toxisch werden konnte. Dann muss man eben beides berücksichtigen: Antisemitismus UND Rassismus. Man kann den Postkolonialen vorwerfen, die eine Seite zu ignorieren, muss sich asber davor hüten, denselben Fehler mit um,gekehrtem Vorzeichen selber zu machen. Das haben Sie in Ihren einleitenden Zeilen versucht. Aber man kann sich darüber hinaus fragen, ob nicht doch einer der Wege nach Ausschwitz in Windhoek begann. Oder ob dies beides – ausnahmsweise – nichts miteinander zu tun hat. –

    Auch beim „Vernichtungswahn“ kann ich nicht erkenne, wieso der im Widerspruch oder gar Gegensatz zum „Trennungswahn“ stehen soll. Wie bereits an früherer Stelle diskutiert, bin ich der Meinung, dass es ein Vernichtungswahn ohne Trennungswahn („Kauft nicht bei Juden!“) nicht existiert. (Ich weiß, das sehen viele anders. Ich will diese Diskussion nicht wieder aufnehmen, lediglich eine Anekdote zum besten geben: Ich habe früher mal eine alte Frau sinngemäß sagen hören: „Also umbringen hätte Hitler die Juden ja nicht sollen! Das war schlimm! Rausschmeißen hätte auch genügt!“ Die war der Meinung: Trennung ist in Ordnung, Vernichtung aber geht zu weit. So denken viele. Dabei zeigt sich, dass Vernichtung eine Weiterführung/Eskalation einer Trennung ist und auch so verstanden wird. )

    1. avatar

      …Selbstkorrektur: ich hab Ihren Text jetzt noch einmal genauer gelesen und finde, dass Sie die Rolle des Rassismus doch gut gewürdit haben, d.h. das von mir geäußerte Problem der Einseitigkeit besteht nicht. Ihr anfangs geäußerter Gedanken – „Genpool auslöschen“ – weist auf die Rolle hin, die der Rassismus als Brandbeschleuniger gespielt hat und noch heute spielt. Denn offiziell sind Rassentheorien zwar diskreditiert, spielen aber doch in den Gesellschaften noch eine erhebliche Rolle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top