Die Bereitschaft von Betroffenheits-Deutschland, sich an die Brust zu klopfen, ist ehrenhaft. Ist aber, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) meint, „Tröglitz überall“?

Die Bereitschaft von Betroffenheits-Deutschland, sich an die Brust zu klopfen, ist ehrenhaft. Ist aber, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) meint, „Tröglitz überall“?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchstreit hat bei der Abwägung zwischen der Neutralitätspflicht staatlicher Institutionen und der freien Glaubensausübung auch für Staatsbedienstete zugunsten der individuellen Freiheit der Lehrkraft entschieden. Die Reaktionen in der Öffentlichkeit waren, wie zu erwarten war, gemischt. Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln Heinz Buschkowsky nannte das Urteil eine „Katastrophe“ und das Kopftuch ein „Besitzzeichen des Mannes“. Für die muslimische Journalistin Kübra Gümüsay hingegen ist das Kopftuch „Ausdruck ihrer Spiritualität“ und demzufolge unbedingt zu erlauben – auch auf dem Kopf einer Lehrerin. Die Soziologin Necla Kelek sieht in dem Urteil eine indirekte Ermunterung zum „Kopftuchzwang“. Die Journalistin Iris Radisch schrieb in einem Leitartikel der ZEIT ein flammendes Plädoyer gegen das Urteil der Richter: „Nicht mit mir!“. Weiterlesen
Axel Springers berühmt-berüchtigte „Leitlinien“. Woher kommen sie, was sollen sie, wie wirken sie sich in der Praxis aus?
Eine gewisse, na ich will nicht sagen klammheimliche Freude, aber doch etwas Verwandtes, ergriff mich, als ich von den „Lügenpresse!“-Rufen auf den ostdeutschen Pegida-Demonstrationen hörte. Denn für den gewöhnlichen Konsumenten der deutschen Medien, jedenfalls sofern er Wessi ist, gibt es eigentlich nur eine Presse, der gewohnheitsmäßig ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unterstellt wird: Das ist die so genannte Springer-Presse.
Anfang März wurde bekannt, dass die griechische Regierung über ihren Botschafter eine diplomatische Beschwerde an das deutsche Auswärtige Amt geschickt hat, weil Finanzminister Schäuble seinen griechischen Amtskollegen Varoufakis beleidigt habe. Der Vorwurf der Beleidigung bezieht sich auf das Wortgeplänkel, das zwischen Schäuble und Varoufakis seit dem Amtsantritt der Regierung Tsipras im Februar 2015 hin- und hergeflogen war und in dem Schäuble den griechischen „Halbstarken“ nichts schuldig geblieben war. Das ominöse beleidigende Wort wurde von den Griechen freilich nicht öffentlich wiederholt. Weiterlesen
Haben die Medien sich beim Absturz von Germanwings 4U9525 richtig verhalten? Genauer: War es richtig, den Namen und das Foto des mutmaßlichen Massenmörders Andreas Lubitz zu veröffentlichen und die Version der französischen Staatsanwaltschaft zu übernehmen, der zufolge er als Copilot vorsätzlich die Maschine zum Absturz brachte?
Bekanntlich bin ich ein Gegner hyperventilierender Unheilsverkünder. Gegen linke und rechte Hysteriker richtet sich ja mein kürzlich erschienenes Pamphlet „Die empörte Republik“. Das heißt aber nicht, dass nichts faul wäre im Staate Deutschland. Nur liegen die Probleme in der Regel nicht dort, wo sie von den Untergangspropheten verortet werden. (Dänemarks Hauptproblem war auch nicht die Art, wie der Onkel des Hysterikers Hamlet an den Thron und in das Bett der Königin gekommen war. Aber das ist eine andere Geschichte.) Wer eine sachliche und gerade wegen ihrer Sachlichkeit beunruhigenden Analyse der wirtschaftlichen Lage und Aussichten Deutschlands sucht, findet keine bessere als die meines Kollegen und Freunds Olaf Gersemann: „Die Deutschlandblase“.
Der Narzissmus, so heißt es jedenfalls, ist zu einem gesellschaftlichen Problem geworden: „Unterm Strich zähl ich!“ Dabei wird selten zwischen Egoismus und Narzissmus unterschieden. Es kann sein, dass „die Gesellschaft“, also der Kapitalismus, der „Konsumismus“, die „Leistungsgesellschaft“ oder wie man das auch immer nennen will, den Egoismus fördert. Aber der Egoismus, ob man ihn nun gut findet oder nicht, ist noch kein Narzissmus.
In der letzten Februarwoche 2015 wurden die Ergebnisse des Grundschultests „Vera 3“ in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht. Getestet wurden die Rechtschreibleistungen der Drittklässler. Das Ergebnis ist schockierend: Mehr als ein Drittel der Schüler (37,4 %) erreichen nicht einmal den Mindeststandard, den die Kultusministerkonferenz festgelegt hat. Weitere 25,9 % erreichen dieses Minimum nur knapp. Man kann also davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte der Grundschüler der 3. Klasse in diesem Bundesland die deutsche Rechtschreibung nicht oder nur unzureichend beherrscht. Ein niederschmetterndes Resultat. Weiterlesen
Aus irgendwelchen Gründen ist der „Tatort“ nach wie vor eine deutsche Institution. Die Sendung ist auch darin eine typisch deutsche Institution, dass alle über sie meckern, aber niemand etwas dagegen tut – zum Beispiel ab- oder umschalten.
Pascal Bruckner ist ein Denker nach meinem Gusto; was vielleicht damit zusammenhängt, dass er in etwa so alt ist wie ich und vermutlich ähnliche – sagen wir: zwiespältige – politische Erfahrungen im Gefolge von „68“ gemacht hat. Schon 1979 veröffentlichte Bruckner ein Buch über die repressiven Folgen der so genannten sexuellen Befreiung, und wenn die Grünen das damals gelesen hätten, so wäre ihnen viel Ärger und einigen Kindern und Jugendlichen viel Leid erspart worden.
Aus der Nautik kennt man das Phänomen der Kompassabweichung – bedingt durch Unregelmäßigkeiten im Magnetfeld der Erde. Sie stellt für Seefahrer, die noch auf die Navigation mit dem Kompass vertrauen, ein Problem dar. Sie lösen es, indem sie die Differenz anhand von Abweichungstabellen kompensieren. Nur so können sie ihren ursprünglichen Kurs halten. Bei politischen Parteien ist es ähnlich. Weiterlesen