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Roland Emmerich erledigt William Shakespeare

Am 7. Februar 1601 wurde im Globe Theatre das Stück „Richard II“ von William Shakespeare aufgeführt. Eine Abordnung des Grafen Essex hatte Shakespeares Truppe, „The Lord Chamberlain’s Men“, für die private Aufführung „40 Shilling über ihre gewöhnlichen Einnahmen hinaus“ versprochen, denn Essex sah in dem Stück, das die Absetzung eines unfähigen Königs durch einen fähigen und durch diesen König unrechtmäßig behandelten Adeligen eine Parallele zu seinem eigenen Fall und erhoffte sich vom Stück  die Schaffung einer günstigen öffentlichen Meinung für seinen geplanten Putsch gegen die alternde Königin Elizabeth, deren Günstling er einst gewesen war.

Natürlich wurde nichts von alledem den Schauspielern mitgeteilt, die dennoch nach dem Scheitern des Putsches von Elizabeths Geheimdienst verhört wurden, worüber es einen Bericht gibt. Weiterlesen
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Was passiert, wenn Amerikas Wille zur Macht erschlafft

In den Vereinigten Staaten haben die Republikaner mit dem Auswahlverfahren begonnen, das zur Nominierung ihres Präsidentschaftskandidaten führen soll. Alle Kandidaten der Rechten haben sich in ihrer ersten öffentlichen Debatte letzte Woche von der transformatorischen Außenpolitik George W. Bushs verabschiedet und einem mehr oder weniger radikalen Isolationismus das Wort geredet. Die Kriege im Irak, in Afghanistan und in Libyen sollen beendet werden.

Das entspricht übrigens dem Wunsch von geschätzten zwei Dritteln und mehr der amerikanischen Wählerschaft. Weiterlesen

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Advocatus Dei

Nach dem Pfingstsonntag, der ja den Beginn der Missionstätigkeit der Ur-Kirche markiert, möchte hier sozusagen als Advocatus Dei zwei Einwände gegen den Atheismus vorbringen, die meines Erachtens auch ein Gegner der Religion ernst nehmen muss, wenn er selber ernst genommen werden will.
Der erste Einwand ist der Einwand aus der Schönheit. Weiterlesen
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Eisberge und Tsunamis

Zuweilen wird in die Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie das Argument vorgebracht, dies bedeute einen technischen Rückschritt; sei Ausdruck einer in Deutschland ohnehin – und bei den Grünen insbesondere – vorherrschenden Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit, die in der Romantik wurzele; letztlich tobe sich hier eine reaktionäre Maschinenstürmerei aus, zum Schaden des Landes und seiner Zukunft.
Nun kann man kaum leugnen, dass es in Teilen der Linken eindeutig kulturpessimistische, technikfeindliche und fortschrittsskeptische Elemente gibt, über die sich schon Karl Marx – den mein Kollege Eckhard Fuhr in einer glücklichen Formulierung einen „Wachstumsjunkie“ nannte – in seiner Polemik etwa gegen die „deutschen oder wahren Sozialisten“ im Kommunistischen Manifest lustig machte. Weiterlesen
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Stéphane Hessel und die französische Drittklassigkeit

Ich schreibe das hier ungern. Denn ich bewundere Stéphane Hessel. Und weil ich ihn bewundere, habe ich mir die Lektüre seines Pamphlets „Empört euch!“ lange verkniffen. Neulich aber war ich eingeladen zu einer Feier zu seinen Ehren. Da las ich das Buch. Und musste mir die Feier verkneifen.

Hessel beginnt mit einer Zustandsbeschreibung der französischen Republik, einer „Gesellschaft der in die Illegalität Gedrängten, der Abschiebungen, des Misstrauens gegen Zuwanderer, in der die Sicherung des Alters, die Leistungen der Sozialversicherung brüchig geworden sind, in der die Reichen die Medien beherrschen“.

Hm. Weiterlesen

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Warum unsere Leitkultur kapitalismusfeindlich ist

Warum, so fragte mich (und sich) neulich der kluge Gideon Böss, lieben wir den Kapitalismus nicht? Es ist in der Tat nicht ohne weiteres zu verstehen.

Dem Kapitalismus verdanken wir einen unerhörten Wohlstand. Er war und ist in der Bundesrepublik Deutschland – viel mehr als Einigkeit, Recht und Freiheit – „des Glückes Unterpfand“.  Weiterlesen

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Warum Diskussionen um Wörter Mumpitz sind

Zu den unangenehmsten Eigenschaften unserer spezifisch deutschen Leitkultur gehört der Streit um Wörter. Wie zum Beispiel der ewige Streit um das Wort „Leitkultur“, das Henryk M. Broder treffend als „Leidkultur“ verfremdet hat.

Diese Neigung zum Streit um Wörter und Begriffe (und um die bei „Faust“ vom Schüler an Mephisto gestellte Fragte, ob denn beim Wort überhaupt ein Begriff sein müsse), ist vermutlich eine Folge der Prägung des deutschen Denkens durch den unseligen Platon; in den angelsächsischen Ländern ist spätestens seit Duns Scotus klar, dass Wörter halt nur Wörter sind, und dass ihnen nicht jene magischen Qualitäten zur Beschreibung irgendeiner real existierenden „Essenz“ oder Wesenheit innewohnen, die ihnen der Idealismus andichtet. Deshalb gibt es dort keinen Streit um Wörter. Als der Richter am Obersten Gericht der USA Potter Stewart gebeten wurde, Pornographie zu definieren, antwortete er: „I know it when I see it.“ Weiterlesen

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Sechs Gründe, weshalb die FDP eigentlich gegen Atomenergie sein müsste

Flankiert vom Gutachten der bestellten „Ethikkommission“ haben sich die Unionsparteien schnell auf Szenarien zum Atomausstieg geeinigt. Die FDP hingegen begnügt sich mit der Rolle des Mahners und warnt vor einem zu schnellen Abschied von der Atomenergie.

Das ist schwer verständlich. Oder sagen wir es so: es wäre nur verständlich, wenn sich die FDP als Partei der Wirtschaft, nicht des Wirtschaftsliberalismus, verstünde. Für eine wirtschaftsliberale Partei der Bürgerrechte hingegen würden eine Reihe grundsätzlicher Überlegungen gegen die Atomkraft sprechen. Atomenergie und Liberalismus sind nicht vereinbar. Weiterlesen

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Osama bin Laden: Nachruf auf einen Gescheiterten

Die gezielte Tötung Osama bin Ladens ist eine gute Nachricht. Sie kommt zehn Jahre nach den Anschlägen, die ihn weltberühmt machten und zugleich sein Schicksal besiegelten. Sie kommt zu einem Zeitpunkt, da die Jasmin-Revolution die Parolen Al Qaidas wie Botschaften aus einer anderen Zeit erscheinen lässt. Weiterlesen

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Wir brauchen ein Umdenken in den Köpfen der Lehrer

Studien über die deutsche Schule gibt es zwar zuhauf, aber die kürzlich von Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung durchgeführte Umfrage unter Eltern und Lehrern ist besonders aufschlussreich:

http://www.vodafone-stiftung.de/presseinfomodul/detail/118.html

Die entscheidende Aussage dieser Studie ist: die deutsche Schule liefert nicht das, was Eltern und Lehrer wollen.

Wenn etwa 74% der Lehrer es für wünschenswert erachten, Kinder gezielt nach ihren Begabungen zu fördern, aber nur 24% der Ansicht sind, dies geschehe an ihrer Schule auch, dann stellen sie damit der Schule ein Armutszeugnis aus.

Die Eltern ahnen das. Allen Beteuerungen der Kultusministerien zum Trotz glaubt eine Mehrheit der Eltern nicht, dass das Schulsystem durchlässig ist. Weiterlesen

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Schwarze Burka und Rote Fahne

In der „Welt“ erschien die meines Erachtens bisher klügste Verteidigung des Burka-Verbots. (Ich benutze das Wort für das Verbot, das Gesicht zu verschleiern. Der Vollschleier in jeder Form ist nämlich in Frankreich verboten, nicht allein das Tragen jenes mobilen Zelts, das man Burka nennt). Hier ist das Interview mit der französischen Philosophin und Feministin Elisabeth Badinter:

http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article13189066/Hier-ist-doch-nicht-Afghanistan.html

Was an der Position Badinters gefällt ist, erstens, ihre klare republikanische Gesinnung; zweitens ihre Weigerung, dem Islam eine negative Sonderstellung unter den monotheistischen Religionen einzuräumen; und drittens in dem Zusammenhang ihre klaren Worte gegen die Islamophobie: „Der Kampf gegen den radikalen Islamismus gehört genauso geführt, wie jener zur Durchsetzung des Respekts vor dem Islam.“ So isses. Weiterlesen

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