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Ein Pfarrer fälscht die Geschichte

Stefan Hartmann ist Pfarrer in Bamberg und – obwohl er es anscheinend anders sieht – keine besonders wichtige Persönlichkeit innerhalb der katholischen Kirche.

Wenn ich dennoch auf eine seiner zahlreichen Veröffentlichungen eingehe, so deshalb, weil sie mir typisch scheint für eine Gedankenfigur, mit der insbesondere die theologischen Anhänger Joseph Ratzingers  die katholische Kirche von aller Mitschuld am Holocaust reinwaschen, ja die Kirche selbst zum potenziellen Opfer des Holocaust stilisieren, so wie es Ratzinger selbst bei seiner skandalösen Rede in Auschwitz getan hat:

http://www.welt.de/die-welt/debatte/article4509479/Ein-Versuch-aus-Taetern-Opfer-zu-machen.html

Die von Ratzinger vorgegebene Linie – sucht den Span im Auge der anderen, überseht den Balken im eigenen Auge – führt Hartmann aus in einer Veröffentlichung, die verlogenerweise behauptet, eine „Zeitschrift für christlich-jüdische Begegnung“ zu sein. In Wirklichkeit werden die Opfer des Holocausts von Hartmann als ideologische Manövriermasse missbraucht. Hier ist der Artikel:

 

http://freiburger-rundbrief.de/de/?item=1177

 

Die entscheidende Behauptung lautet: „Nicht bloß antisemitisch als religiös-völkische Minderheit, sondern als ‚Gottes erste Liebe’ (Friedrich Heer) und als Träger des Anspruchs auf Recht und Gerechtigkeit im Erbe des Sinai-Bundes sind Juden durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer verfolgt und ermordet worden. Auch Gesetz (nomos) und Gewissen (für Hitler eine „jüdische Erfindung“) mussten gleichsam ‚getötet’ werden.“

Nun besteht ein großer Unterschied zwischen dem Vorhaben, Gesetz und Gewissen „gleichsam“ zu töten, und dem tatsächlichen Töten von Männern, Frauen und Kindern. Fraglos hatten die Nationalsozialisten eine andere Auffassung von Moral als Juden und Christen – jedenfalls als die meisten Juden und die meisten Christen, oder vielleicht sollten wir sagen. als Judentum und Christentum. Jedoch zeigten die Erfolge des Regimes bei der Abrichtung seiner Untertanen zu allerlei Unmenschlichkeit, dass sie die Vorstellung universeller Menschenwürde und universell geltender Menschenrechte bei den christlichen Deutschen durch Zwang, Erziehung, Bestechung, Begeisterung, Abstumpfung und Einschüchterung  „gleichsam töten“ konnten, ohne zur biologischen Ausrottung einer ganzen Rasse zu schreiten.

Umgekehrt nämlich wird ein Schuh daraus: Weil es den Nazis zwischen 1933 und 1939 gelang, den Anspruch der Juden auf Recht und Gerechtigkeit „gleichsam zu töten“, konnten sie die Juden in der zeit zwischen 1939 und 1945 tatsächlich töten.

Für die Behauptung, die Juden hätten als „Träger des Anspruchs auf Recht und Gerechtigkeit“ ausgelöscht werden müssen, gibt es aus dem Munde der Ideologen des Regimes keinen einzigen Beleg, weshalb solche Ideologen von Pfarrer Hartmann ebenso wenig zitiert werden wie von Papst Benedikt. (Im Übrigen ist die Vorstellung, es gäbe für Ideen gleich welcher Art ein „Trägervolk“, Biologismus, also dummes Zeug.)  Hingegen gibt es Tausende und Abertausende Äußerungen von NS-Funktionären aller Ebenen, die den Krieg gegen die Juden mit dem Vorwurf begründen, die Juden seien „Trägervolk“ der Zersetzung des Ariertums durch Kommunismus und Kapitalismus. Schon in seiner ersten überlieferten schriftlichen Einlassung zum Thema Antisemitismus, einem Brief vom 16. September 1919, betont Hitler, dass das Judentum keine Religion, sondern eine Rasse sei, die „systematisch entfernt“ werden müsse.

Warum haben die Nazis denn die Zigeuner auslöschen wollen? Waren sie, wenn nicht „Gottes erste Liebe“ dann seine zweite? Warum sollte die slawische Bevölkerung durch Mord reduziert und anschließend versklavt werden? Vielleicht weil die Polen „Trägervolk“ eines besonders frömmelnden Katholizismus waren? (Übrigens ist das Schweigen des Vatikans zum Völkermord der Deutschen an den Polen beinahe empörender als das Schweigen zum Völkermord an den Juden und wäre allein schon Grund genug, die Seligsprechung Pius XII. abzulehnen.) Der Holocaust war nur ein – allerdings der zentrale – Bestandteil des „welteugenischen“ Rassenprogramms der Nazis. Die Konstruktion des Kriegs gegen die Juden als „Angriff auf den Sinai-Bund“ – „jenen großen Moralkodex,  der in Stein gehauene Bilder und das Begehren von Haustieren verbietet, aber einen Freibrief für Sklaverei, Folter, Verstümmelung und Völkermord ausstellt“, wie Steven Pinker in seinem neuen Buch „Gewalt“ (S.32) schreibt – ist absurd. Schlimmer noch, er unterstellt, der Holocaust sei eigentlich nur ein Vorspiel gewesen. Denn viel wichtiger als die Juden als „Träger des Anspruchs auf Recht und Gerechtigkeit“ und darum viel gefährlicher für das Regime müssten nach diesem Verständnis doch deren Erben als Volk Gottes sein, die Christen. Dass sie es nicht waren, ist der Skandal.

„Wie war eine solche Entwicklung im Abendland und speziell in Deutschland möglich?“ fragt Hartmann. Nun, darauf hat etwa Götz Aly in seinem neuesten Buch einige Antworten gegeben. Auch Raphael Gross hat eine interessante Untersuchung zur Moral der Nazis vorgelegt. Es gibt die Bücher von Christopher Browning und Daniel Goldhagen – von Goldhagen übrigens nicht nur das Buch über die ganz gewöhnlichen „willigen Vollstrecker“ Hitlers, sondern auch ein lesenswertes Buch über die Rolle der katholischen Kirche. Hartmann aber schreibt: „Bei der Suche nach Ursachen fällt der Blick auf den frühchristlichen Häretiker Marcion (ca. 85–160, in Pontus an der Nordküste Kleinasiens), das ‚deutsche’ Ereignis der Reformation – und nicht zuletzt auf den mit der Aufklärung einsetzenden öffentlichen Atheismus, der sich zunächst noch als ‚Deismus’ gab.“ Der Blick „fällt“ also auf alles Mögliche, nur nicht auf die Rolle der eigenen Kirche.

Nehmen wir uns aber Marcion vor, obwohl er als Häretiker ja keinen Einfluss auf die Kirche nehmen konnte und darum kaum für ein Massenphänomen innerhalb der christlichen Gesellschaft wie den Nationalsozialismus verantwortlich gemacht werden kann. Nun pflegte Marcion gewiss einen Antijudaismus, weil er das Alte Testament als barbarisch empfand. Er war der Ansicht, der Gott des Neuen Testaments sei ein anderer als jener des Alten. Marcion hätte vermutlich Pinkers ironische Bemerkung über den „Sinai-Bund“ goutiert. (Freilich argumentieren Christen kaum anders als Marcion, wenn man sie darauf hinweist, dass gemäß dem Willen Gottes, wie er im Alten Testament dargelegt ist, Homosexualität, Ehebruch, Coitus Interruptus, das Sammeln von Reisig am Sabbat und ähnlich schwerwiegende Verbrechen mit dem Tod zu bestrafen sind. Dann heißt es, der „alttestamentarische“ Gott der Rache – und der Juden – sei durch den Gott des Neuen Bunds überwunden.)

Gegen Marcion aber ausgerechnet Irenäus anzuführen, kann nur einer, der glaubt, seine Leser hinters Licht führen zu können, und der das auch will. Denn Irenäus war der Ansicht, die Juden hätten als Volk der Gottesmörder alle Verfolgungen, die sie erlitten, selbst zu verantworten, ja ihr Elend sei bis ans Ende der Zeiten – wo sie nach christlichem Verständnis Jesus von Nazareth als Messias anerkennen werden – von Gott gewollt, als Beweis dafür, was mit einem Volk geschehe, das halsstarrig Gottes Angebot der Erlösung von sich weist, und als abschreckendes Beispiel für die anderen Völker. (Wer das im Einzelnen nachlesen will, sei auf Sebastian Moll, „Die christliche Eroberung des Alten Testaments“ verwiesen.) Hier, und nicht in Marcions verworfener und lange vergessener Lehre, liegt die Ursache des christlichen (und übrigens auch des islamischen) Antisemitismus.

Was nun den deutschen Protestantismus angeht, so bin ich der Letzte, der die verhängnisvolle Rolle des mörderischen Judenfeinds Martin Luther bei der Entwicklung des spezifisch deutschen Antisemitismus leugnen wollte; aber man sollte darauf hinweisen, dass gerade dieser Antisemitismus nicht Gegenstand irgendeines Konflikts war zwischen dem Reformator und Rom. Wie sollte er auch? Hatte doch Luthers Lehrer Augustinus, der auch Benedikt XVI. als Lehrer und, wie er selbst sagt, „Zeitgenossen“ empfindet, eine Schrift gegen die Juden („Tractatus adversus Iudaeos“ verfasst, in der er sie als „Mörder, aufgerührter Schmutz, triefäugige Schar, Wahnsinnige und Wölfe“ beschreibt, und selbstverständlich die Mär vom „Volk der Gottesmörder“ wiederholt. (Zu Augustinus siehe Rolf Bergmeier, „Schatten über Europa. Der Untergang der antiken Kultur“, S. 97ff.).

Es ist diese Kollektivschuldthese, die Umkehrung des „auserwählten“ in das „ausgestoßene“ Volk, Gemeingut aller Christen bis in die jüngste Zeit, die das tief sitzende religiöse und emotionale Fundament legt für spätere rassistische und pseudowissenschaftliche Rationalisierungen des Judenhasses. Und es ist kein Zufall, dass Benedikt und seine Getreuen gerade jetzt davon ablenken wollen. Betreibt doch der deutsche Papst die Annäherung an die Pius-Bruderschaft, die nicht nur die Revidierung der Kollektivschuldthese durch das Zweite Vatikanische Konzil ablehnt, sondern deren führende Vertreter bis heute die Juden als Gottesmörder bezeichnen. So zuletzt vor wenigen Tagen der Holocaustleugner Bischof Richard Williamson, der daran festhält, die Juden seien an die Rolle gebunden, „bis ans Ende der Zeiten Feinde des wahren Messias“ zu sein.

http://eleisonkommentar.blogspot.com/

Statt aber die Rolle der eigenen Kirche in der Geschichte, des eigenen Papstes in der Gegenwart kritisch in den Blick zu nehmen, schießt Hartmann gegen die Aufklärung und gegen die jüdischen Autoren Franz Kafka, Hans Jonas und Elie Wiesel.

Der Missbrauch von Theodor Adornos „Dialektik der Aufklärung“ durch die Feinde der Aufklärung wäre ein eigener Essay wert; hier sei nur angemerkt, dass der Nationalsozialismus gerade nicht in jenen Ländern entstand und an die Macht kam, in denen die Aufklärung tiefe Wurzeln geschlagen hatte – in Großbritannien und den USA, in Frankreich und Skandinavien, sondern in jenem Land, in dem die Aufklärung durch die Romantik weitgehend erstickt wurde: in Deutschland. Der mit dem NS-Regime verbündete Faschismus und Klerikalfaschismus hatte zu jener Zeit fast das ganze katholische Europa erfasst: Italien, Spanien, Portugal, Kroatien, und wurde aktiv durch den Vatikan unterstützt. Wie kann Stefan Hartmann das verschweigen?

Dass dieser angebliche Kritiker des Antinomismus seinen Essay mit einem Zitat des katholischen Antinomisten und  Ideologen der ‚“konservativen Revolution“ Ferdinand Ebner beendet, der 1919 die „abendländische Kultur“ endgültig zugrunde gerichtet sieht entweder „durch die Amerikanisierung des Lebens oder die Bolschewisierung“ (also genau jene beiden Kräfte, die der Katholik Hitler zu der Zeit als „jüdisch“ bekämpfte), zeigt nur, dass es Hartmann nicht um eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem selbst gestellten Thema – „Tödlicher Antinomismus“ – geht, sondern nur darum, durch das Fälschen der Geschichte von der antijüdischen Geschichte und der neuerlichen antijüdischen Wende seiner eigenen Kirche abzulenken.


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113 Gedanken zu “Ein Pfarrer fälscht die Geschichte;”

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    @ Alt68er

    Was wäre an Ihrer Apologie zu diskutieren? Ich habe sie lediglich paraphrasiert – wer nicht teilt, ist selbst schuld – und qualifiziert – wie derblondehans.

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    @Alt 68er: Ich fürchte, es ist dann wohl tatsächlich eine Denkhemmung meinerseits: Auch bei abermaligem Nachdenken komme ich noch immer zu dem Schluss, dass es die Nicht-Identität, die Differenz des Christentums zu den von ihr missionierten Religionen, ist, die zu Ihrer Frage die Antwort darstellt. Schon möglich, dass das intellektuell weniger reizvoll ist oder zumindest so aussieht; das wäre dann wohl ein Nachteil. Der Vorteil ist, dass es zutrifft.

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    @ Roland Ziegler

    Sie haben natürlich recht, wenn Sie mich darauf aufmerksam machen, dass es einen Unterschied zwischen Mission und Massaker und fließende Übergänge gibt „Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein“. Ich gehe davon aus, dass Sie nicht angenommen haben, dass ich diesen Unterschied nicht kenne.

    Ich frage mich immer, ob es an mir liegt (ob ich daneben liege oder daran, dass ich mich nicht klar genug verständlich gemacht habe) oder am anderen (an seiner möglichen Denkhemmung), wenn wir uns über die Problemstellung nicht einig werden. Ich sehe das Problem nicht darin, dass es eine Differenz (Nicht-Identität) zwischen zwei Identitäten gibt (A ungleich B, es ist für den Christen nicht beunruhigend, wenn der Konfuzianer ein anderes Weltbild hat), sondern die Differenz, die contradictio in adjecto einer Identität selbst (A ungleich A, Ich ist ein anderer), ein Riss, eine Laufmasche in einer Identität, etwa so, wie wenn ein mathematischer Lehrsatz eine notwendige Prämisse hätte, die zu ihm im Widerspruch steht. Das scheint mir das Problem des Christentums zu sein; die Identitätsproblematik des Judentums lasse ich jetzt mal außen vor. Das ist doch intellektuell viel reizvoller, psychisch anspruchsvoller und damit eine Herausforderung an ein credo quia absurdum. Nun will ich keineswegs behaupten, dass ich den Stein der Weisen gefunden habe, aber ich glaube, die Hypothese hat einen heuristischen Wert, kann auf Fruchtbarkeit und Begrenzung getestet werden.

    @EJ

    Merken Sie denn nicht, guter Mann, dass Sie nicht im geringsten argumentieren, sondern nur denunzieren und unterstellen? Woher wollen Sie denn wissen, dass ich genau so denke wie derblondehans? Ich glaube, dieser würde sich sehr ungemütlich und mißverstanden fühlen, wenn Sie ihm unterstellen, dass er so denkt wie ich. Damit Sie nicht weiter auf die abschüssige, rutschige Bahn geraten, schlage ich Ihnen eine Lektüre sola scriptura vor.

    Sie scheinen mir ganz klare Vorstellungen zu haben, welche Doxa man haben soll und welche obsolet sind, nicht wahr? Fehlt noch, dass Sie einen Kanon aufstellen und Abweichungen mit einem Bannfluch ahnden. Derblondehans und ich dürfen uns dann Ihrer hochnotpeinlichen Befragung erfreuen.

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    @Alt 68 er: Selbstverständlich wollen die Christen die Juden bei sich aufnehmen. Das Christentum missioniert alle, die irgendwie anders sind als sie selbst, da spielt das Judentum keine Sonderrolle (allenfalls als engster Verwandter). Wenn das in Form eines Angebots geschieht, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Gelegentlich allerdings schlug das Missionieren um in ein Massakrieren (Beispiele dafür liefern nicht nur Judenpogrome, auch Hexenverfolgungen und Genozide an Indiovölkern); dann wird das Programm der Nächstenliebe ein wenig ab- bzw. jenseitig. Weniger das spezifisch Jüdische als das Nicht-Identische ist hier die Kategorie, die die Irritation bildet, aus der heraus die Missionierung entsteht. Die Christen missionieren, die Nazis massakrieren alles Nicht-Identische. Wenn die Juden missioniert oder massakriert sind, käme eine andere Gruppe an die Reihe; was sich dem Prinzip nach fortsetzt, bis es nur noch eine einzige Person auf Erden gibt. Zwischen Missionierung und Massakrierung besteht ein entscheidender Unterschied: Während gegen die Missionierung überhaupt nichts zu sagen ist, solange sie sich mit der Kraft der Gedanken an den menschlichen Geist richtet – allenfalls möchte man die Übereifrigen zurückpfeifen – , bildet die Massakrierung ein schreckliches Verbrechen. Es ist ein ähnlicher Unterschied, wie er zwischen Überzeugen und Vergewaltigen besteht.

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    @ derblondehans

    Sie schreiben: „… Zeugen zuletzt in Jesus Christus. Ohne Zeugen kein Gott, kein Jesus Christus, keine Katholiken – kein derblondehans. ;-)“

    Das ist wohl Philosemitismus; haben sich die Juden bei Ihnen schon bedankt? Können Sie mir erklären, wie die Juden Jesus Christus, damit Sie „bezeugen“? Ohne das Zeugnis der Juden wären Sie bzw. Ihr Glauben genichtet?

    Ich kann da nur sagen: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?

    Jetzt gehe ich ins Kino, Contagion anschauen.

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    @KP: Jetzt noch ein paar Worte zu der Frage: Was kann ich mir vorstellen? Die Zeit des Erinnerns war eine schwere Zeit für mich. Meine Reaktionen dort und danach waren sicher für meine Umgebung häufig nicht zu verstehen. Der Mensch kann sich vieles vorstellen und jeder Mensch reagiert auf eine solche Situation anders. Aber auch das habe ich am Ende meines Erinnerungsprozesses gelernt: Mein Leben war niemals in Gefahr und es gab in Krakau jemand, der sich um mich gekümmert hat. Ich kam in eine relativ sichere Umgebung zurück, es gab zu mindestens keine unmittelbare Bedrohung, keine Selbstmordattentate, keine Aufrufe zur Vernichtung des Landes in dem ich lebte. Was für eine schreckliche Situation dagegen in Israel, die Sorgen der Menschen dort kann ich mir auch vorstellen. Ja, es stimmt, ich habe auch den Hass bei manchen meiner „Freunde“ gesehen und gehört vom Vernichtungswillen gegen Israel. Mit dem Islam verband ich dies nicht, sondern mit einem Kriegsgeschehen um ein Stück Land. Was lernt man aus der Geschichte? Viel zu wenig.

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    @ Alt68er

    Ich bleibe bei meinem „nur“. Sie geben „nur“ die üblichen einschlägigen Trivialitäten von sich.

    Weil Religionen, Bekenntnisse und Lebensweisen „selbstverständlich“ konkurrieren, rekonstruieren Sie die altbekannte Konkurrenz-Asymmetrie zwischen Juden und Christen (und anderen). Um damit das „asymmetrische“ Verhalten von Christen (und anderen) gegenüber den Juden zu erklären und (wie offen oder verborgen auch immer) zu legitimieren.

    (Dass Sie zu diesem Zweck historisch ziemlich großzügig verfahren müssen, stört Sie nicht: Das Christentum ist bezüglich der Juden missionierend, bekehrend, assimilatorisch – wie wir wissen, eine vergebliche Liebesmüh, aber eben, ob es gefällt oder nicht, eine Liebesmüh. Juden haben ebenfalls missioniert, haben ihre „Exklusivität“ teilen wollen. Hat die „Liebesmüh“ der Juden die Juden vor irgendwas bewahrt? Hat Konversion und Assimilation die Juden vor irgendetwas bewahrt?)

    Mit Ihrem Schrieb haben Sie einen Tiefpunkt noch weit unter dem Niveau Ihres Blogs erreicht. Auch wenn Sie ganz anders schreiben, Sie denken wie derblondehans.

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    @ EJ, Roland Ziegler

    Jetzt kriegen Sie sich bitte wieder ein. EJ, machen Sie sich es nicht zu leicht, wenn Sie schreiben „… wenn Sie nur [!] sagen wollen, dass die Juden ihre Vernichtung selber provoziert haben.“? Weder habe ich eine Schuld der Juden formuliert, noch eine Schuld der Christen (ich gehe nach wie vor davon aus, dass die Christen die Juden nicht vernichten wollten, sondern sie bei sich aufnehmen, sie „bekehren“ wollen; dies kann jedoch auch als Holocaust der Assimilation gelesen werden). Ich versuche lediglich zu verstehen, warum die Juden in der Geschichte des Abendlandes zu einem phantasmatischen Dämon geworden sind. In der Hypothese, die ich vorgestellt habe (ich bitte, hier keine monokausale These zu vermuten), postuliere ich in der mosaischen Unterscheidung und dem Privileg der Erwählung ein toxisches Konfliktpotential, einen irreduziblen Antagonismus (Feindschaft), auf das ja bereits die antiken Völker reagierten, das dann in der einzigartigen symbiotischen Koevolution zweier jüdischer Sekten zu Weltreligionen immer wieder aufbrach. Roland Ziegler, Sie scheinen mir mit Ihrer Ausführung „Was zum Teufel hat Mensch A sich überhaupt dafür zu interessieren, wenn Mensch B sich für auserwählt hält? Woher nimmt er das Recht, sich darüber zu empören? Um sein Seelenheil von Mensch B zurüchzuerhalten? Wenn er das nicht ohne Mensch B schafft, soll er lieber einen Schnaps trinken.“ das Dilemma der Christenmenschen ganz gut und in einfachen Worten zu beschreiben. Das Judentum ist die eingebaute Negation im Christentum. Das Christentum ist bezüglich der Juden missionierend, bekehrend, assimilatorisch – wie wir wissen, eine vergebliche Liebesmüh, aber eben, ob es gefällt oder nicht, eine Liebesmüh. Exterminatorisch wird die Geschichte dann, wenn eine völkische Bewegung in einem nationalreligiösen Enthusiasmus sich strukturell in die Position des „auserwählten Volkes“ halluziniert (das meinte ich mit Matrix). Ich bin mir natürlich bewußt, dass dieses Narrativ, wenn es monokausal aufgefasst wird, so etwas wie eine theo-kosmische Verschwörungstheorie ist; m.E. ist dies jedoch nur eine Spur von Nicht-Kontigenz in einer kontingenten Geschichte; der GAU war nicht notwendig oder prädestiniert. Ich vermute auch, dass dieses Konfliktpotential nicht aufgehoben ist, wenn der Katholizismus neben den fundamentalistischen amerikanischen zionistischen Christen zu einer weiteren judaisierenden Sekte mutiert.

    Ist die Formulierung dieser Hypothese sowohl antisemitisch als auch antichristlich? In Ihrer Sicht wahrscheinlich ja; Gott, sofern es ihn gibt, sei meiner armen Seele gnädig.

    Ich meinerseits befürchte, dass Sie in einem Abwehrreflex Apostel der These sind, auf der ein Broder immer wieder herumreitet, die da lautet

    „Zunächst einmal hat der Antisemitismus wenig mit Juden und gar nichts mit deren Verhalten zu tun. … Was auch immer der Jude tut (oder unterlässt) , der Antisemit macht ihm das zum Vorwurf. Deswegen nutzt es nichts, wenn der Jude sein Verhalten ändert, um dem Antisemiten entgegen zu kommen… Basiert der Antisemitismus also auf hysterischen Ängsten, Erfindungen, Projektionen und Neidgefühlen, haben die Xenophobie, Islamophobie, Arachnophobie, Agoraphobie e tutti quanti eine reale Basis.“

    Amen.

    EJ, warum habe ich den Eindruck, dass Sie gewaschen werden, aber nicht nass werden wollen?

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    @ derblondehans

    Weil ich etwas deutlicher gesagt habe, wie Sie denken, ist meine gestrige Antwort an Sie vielleicht „verloren“ gegangen. Deshalb noch mal und etwas entschärft:

    Ihre Verwunderung darüber, dass – so Sie wörtlich: Männer jüdischer Abstammung für Hitler unter Waffen an den Fronten kämpften, bzw., wie Sie dann zugespitzt schreiben: am ‘Größenwahn’ des österreichischen Migranten aktiv teilnahmen kann nur in der Gedankenwelt der Nazis stattfinden.

    Juden kennen keine „Halb-“ und „Viertel-Juden“ usw. Juden kennen nur Juden und Nicht-Juden.

    Dazu, wie die Nazis Ihr Rasse-Problem „gelöst“ haben, können Sie in Wikipedia im Artikel „Nürnberger Gesetze“ einiges unter „Ausnahmebestimmungen“ nachlesen.

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    Kardinal Lustiger: Wenn die Juden durch Götzendiener vernichtet wurden, dann weil die Juden die Zeugen sowohl Gottes als auch des Menschen sind – sie störten.

    … Zeugen zuletzt in Jesus Christus. Ohne Zeugen kein Gott, kein Jesus Christus, keine Katholiken – kein derblondehans. 😉

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