Wie steht es um Europa? Für Papst Benedikt XVI stand fest: „Europa von innen her leer geworden“, sagte er vor dem Italienischen Senat. „Diesem inneren Absterben entspricht es, dass auch ethnisch Europa auf dem Weg der Verabschiedung begriffen erscheint. Der Vergleich mit dem untergehenden Römischen Reich drängt sich auf, das als großer geschichtlicher Rahmen noch funktionierte, aber praktisch schon von denen lebte, die es auflösen sollten, weil es selbst keine Lebenskraft mehr hatte.“
Nationalismus
Patrick Bahners und Andreas Wirsching: Worum es geht und warum es wichtig ist
Bei der Auseinandersetzung zwischen Patrick Bahners und Andreas Wirsching geht es mitnichten um „semantische Spitzfindigkeiten“, wie Liane Bednarz hier auf „Starke Meinungen“ behauptet hat. Es geht um unser Verständnis von Demokratie, Liberalismus und Freiheit. Darüber hinaus geht es um die Einschätzung der gegenwärtigen politischen Situation in Deutschland und Europa. Ist die heutige Lage mit jener vergleichbar, in der die herrschende Elite Adolf Hitler zur Macht verhalf? Oder ist eine solche Einschätzung ahistorische Panikmache? Weiterlesen
Neue Arbeiterpartei AfD
Bemerkenswert bei den drei Landtagswahlen am 13. März 2016 war die Tatsache, dass die AfD in allen drei Bundesländern massiv Arbeiter und Arbeitslose angezogen hat. Beide Wählergruppen stellten mit Anteilen von 23% / 25% in Rheinland-Pfalz, 30% / 32% in Baden-Württemberg und 35% / 36% in Sachsen-Anhalt die größten Stimmenanteile. Danach folgten erst Selbständige, Angestellte und als Schlusslicht Rentner. Die Wählerwanderung hin zur AfD aus den anderen Parteien bestätigt diesen Befund. Nach der CDU verlor die SPD am stärksten an die AfD. In Sachsen-Anhalt war es die Linke, die nach der CDU am heftigsten zur Ader gelassen wurde. Die Linke stürzte in dem Land, in dem sie vor der Wahl sogar Regierungsambitionen gehegt hatte, regelrecht ab. Beide linke Parteien zusammen (SPD / Linke) verloren in diesem Land 18,3% an Stimmen. Ein beispielloser Absturz zweier Arbeiterparteien. Weiterlesen
Neuer Nationalismus in Europa
von Marcus Felsner
Die Wirtschaft bangt um das Projekt Europa. Die Unternehmer stehen angesichts ihrer eigenen existenziellen Abhängigkeit von dem Funktionieren europäischer Verflechtung hilflos vor dem Phänomen des neu erstarkenden Nationalismus. Ungeachtet der Erfolge populistischer Phänomene auch in den USA und andernorts besteht offenbar eine besondere Beziehung zwischen dem Wiederaufstieg des Nationalismus in Europa und der Krise der Europäischen Integration selbst. Besser als andere müssen geschichtsbewusste Europäer verstehen, dass die Regel vom qualitativen Umschlagspunkt (tipping point) nicht nur auf klimatische Phänomene, bei denen eine vorher geradlinige Entwicklung plötzlich abbricht und mit hoher Geschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung führt, sondern auch auf wirtschaftliche und politische Prozesse Anwendung findet: Von dem Umschlagspunkt zurück zu dem Europa vor 1945 sind wir immer nur einen Wimpernschlag entfernt. Weiterlesen
Mit Verlaub, Herr Augstein …
Nun hat auch Jakob Augstein gemerkt, dass etwas Unheimliches im Gange ist. Er nennt es eine „völkische Revolution“.
Nun ja, es handelt sich eher um eine antiliberale Reaktion, also um das Gegenteil von Revolution, aber halten wir uns nicht bei der Semantik auf. Schon vor einiger Zeit habe ich hier gezeigt, wie die extreme Rechte die angebliche „Islamisierung“ Europas als Kampfbegriff benutzt, um die liberale Demokratie zu delegitimieren.
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Das Imperium und die nationale Würde
Oft hörte man bei den Protesten auf dem Syntagma-Platz in Athen das Wort von der „nationalen Würde“. Ein verstörendes Wort für postnational denkende Deutsche. Das griechische Volk – „Volk“ ist auch so ein Wort, das hierzulande eher mit Fingerspitzen angefasst wird – habe mit seinem Widerstand gegen das ökonomische Diktat der „Institutionen“ – EU-Kommission, EZB und IWF – gegen seine Erniedrigung protestiert: „Lieber aufrecht sterben, als mit gebeugtem Rücken leben“. Dagegen schnurrten die wortreichen Argumente der Befürworter der EU-Maßnahmen hierzulande auf den zynischen Hinweis zusammen, den das englische Sprichwort trifft: „Beggars can’t be choosers“. Wer bettelt, darf nicht wählerisch sein. Auf Deutsch etwas brutaler: Vogel friss oder stirb.