Viele Wähler zweifeln daran, dass Angela Merkel tatsächlich mit der FDP regieren will, statt die Große Koalition zu verlängern. Ich habe sie für mein Buch „So regiert die Kanzlerin“ ein halbes Jahr sehr intensiv beobachtet und mehrere Gespräche auch zu diesem Thema mit ihr geführt. Und ich bin absolut überzeugt davon, dass sie Schwarz-gelb will, auch wenn es dafür nur eine Stimme Mehrheit gibt.
Hier die wichtigsten Gründe: Das überragende Thema der nächsten Legislaturperiode wird die Wirtschaft sein. Wer immer regiert, wird harte Entscheidungen treffen müssen.
Die Kassen der Sozialversicherung werden in Folge der Wirtschaftskrise riesige Defizite aufweisen, die Steuereinnahmen für die nächsten zwei, drei Jahre deutlich sinken. Das ist jetzt schon klar und leider auch unvermeidlich, weil die Einnahmen der nächsten Jahre in diesen Bereichen sich auf das Jahr 2008 und 2009 beziehen, also nachlaufen. Die entscheidende Frage ist, ob es gelingt, das Wachstum wieder so anzukurbeln, dass die Wirtschaft 2010 und in den Folgejahren wächst, und die Steuereinnahmen sowie die Sozialkassen dann 2011 und 2012 wieder halbwegs ins Lot kommen. Hiervon hängt alles ab, was der Staat leisten kann. Alles.
Das ist vielen nicht wirklich klar, aber die Zeiteffekte sind ganz entscheidend. Je stärker die Wirtschaft wächst, desto mehr kann sich der Staat leisten. Merkel und die Große Koalition hatten insofern Glück, als sie von den Reformen der Vorgängerregierung profitierten. Und sie haben im ersten Jahr ihrer Regierung alles richtig gemacht, weil sie auf Kürzungen verzichteten und im Gegenzug die Wirtschaft weiter angeschoben haben. Erst im zweiten Jahr wurde dann die Mehrwertsteuer erhöht.
Das alles war mit den Sozialdemokraten zu machen. Damals. Heute ist die Lage anders, und Merkel weiß das. Viele in der SPD ziehen nach links, sie wollen diesen rot-rot-grünen Gegenentwurf endlich ausprobieren. Unter diesen Bedingungen einen Koalitionsvertrag für Schwarz-rot auszuhandeln wäre der pure Horror.
Merkel wollte auch die Große Koalition nicht. Aber sie ist vor allem pragmatisch. Und da nichts anderes ging, hat sie das Bündnis genutzt, mit der SPD vor allem ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen umzusetzen: Bildung, Integration, eine neue Familienpolitik. Das ging mit den Sozialdemokraten viel einfacher als mit ihrer eigenen Partei. Und sie hat es gegen die Widerstände in ihrer eigenen Partei durchgezogen, auch wenn viele der gegenseitigen Irritationen genau daher kommen.
Nun sind aber wichtige Teile ihres gesellschaftspolitischem Programms umgesetzt. Unter Schwarz-gelb wäre das viel schwieriger gewesen. Die nächsten vier Jahren werden sehr viel mehr von der Wirtschaftspolitik geprägt sein. Dafür braucht Merkel Schwarz-gelb.
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„So regiert die Kanzlerin“ ist bei Piper erschienen und kostet 14,95 €. Es steht seit neun Wochen auf der „Spiegel“-Bestsellerliste Sachbuch. „Der Autorin ist es gelungen, tief in den Kreis des Küchenkabinetts der Kanzlerin einzudringen“, schreibt das „Handelsblatt“. „So hautnah wie Margaret Heckel hat Merkel noch niemand porträtiert. Die Persönlichkeit der Bundeskanzlerin erscheint in völlig neuem Licht. Eine Pflichtlektüre für Merkel-Fans und Merkel-Gegner“, urteilt die „Rheinische Post“. „Die Journalistin Margaret Heckel erzählt sehr packend, wie die Bundeskanzlerin Macht ausübt – gerade auf dem Höhepunkt der Finanzkrise“, sagt „BILD“. Der Deutschlandfunk meint: „Ein Blick durchs Schlüsselloch ins Kanzleramt.“ Das Buch bei Amazon: http://tinyurl.com/lu43dv
Spot-on! Absolut richtige Analyse. Das Gerede von der sozialdemokratischen CDU-Vorsitzenden war und ist quatsch. Merkel will Schwarz-Gelb, und sie wird Schwarz-gelb machen. Sie muss geradezu Schwarz-Gelb machen: Je knapper das Ergebnis für Schwarz-Gelb, desto schwächer ihre Position!