avatar

Banküberfall auf Zypern

Langsam dämmert den Deutschen, was in Zypern gespielt wird. Als am Samstagmorgen die Nachricht über das „Hilfspaket“ für die dortige Regierung – sprich: die dortigen Banken – bekannt wurde, atmete man zunächst auf.

Deutschland wurde nicht für eine weitere Rettungsaktion in Mithaftung genommen – allenfalls indirekt durch die bereits bewilligten und bereitgestellten Fonds des “Europäischen Stabilitätsmechanismus” und durch den Internationalen Währungsfonds. Dafür sollte jeder Bankkunde in Zypern mit einer Zwangsabgabe belegt werden. Und damit, wie die Medien zunächst unisono behaupteten, treffe es vor allem „russische Geldwäscher“. Wer könnte dagegen seien, dass solche Leute ihren Teil zur Rettung des überdimensionierten und unterregulierten zyprischenBanksystems  beitragen?

Nun, Anhänger des Rechtsstaats zum Beispiel. Weiterlesen

avatar

Stell dir vor, es ist Gauck, und keiner hört zu. Der Bundespräsident redet über Europa

Nun war er gefordert. Nun musste er beweisen, dass er mehr kann als Freiheits-Ostalgie und Herummäkeln an anderen – am Wort seines Vorgängers etwa, der Islam gehöre zu Deutschland, oder am Wort der Bundeskanzlerin, die Sicherheit Israels  gehöre zur deutschen Staatsräson. An Angela Merkel hatte Bundespräsident Joachim Gauck im Sommerinterview des ZDF zudem kritisiert, sie erkläre ihre Europapolitik nicht ausreichend. „Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet.“

Nun, Gauck hätte wissen müssen, dass solche detaillierten Erklärungen nicht Merkels Sache sind; wie ihrem Mentor Helmut Kohl geht es ihr um „das, was hinten rauskommt“. Ist das postdemokratische Politik? Weiterlesen

avatar

Schirrmacher, Ratzinger und die Frage, was „Ego“ heute bedeutet

„Würden Sie es als Beleidigung empfinden, wenn man Sie heute als links bezeichnet?“ fragte devot der „Spiegel“-Redakteur Jan Fleischhauer seinen Interviewpartner Frank Schirrmacher. (Fleischhauer hasst bekanntlich alles, was links ist, weil es ihn an seine Kindheitsleiden  unter einer linken Mutter erinnert; es sei denn, es ist Jakob Augstein, dem Fleischhauer attestiert, kein Antisemit zu sein. Was natürlich gar nichts damit zu tun hat, dass Augstein Miteigentümer des „Spiegel“ ist.) Schirrmacher antwortete vieldeutig: „Beleidigung? Darauf käme ich sowieso nicht. Ich finde auch nicht, dass ich mich verändert habe.“

Schirrmacher hat natürlich Recht. Weiterlesen

avatar

Die Freiheit, die Dinge beim Namen zu nennen

Ein mir bekannter – ich möchte fast sagen befreundeter – Publizist schrieb mir vor einigen Tagen einen langen Brief, in dem er sich über einen Leitartikel erregte, den ich vor einigen Wochen für die „Welt“ geschrieben hatte.

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113220656/Bruederle-Augstein-und-der-eigentliche-Skandal.html

Herr Müller – nennen wir ihn so – schrieb unter anderem: „Mit Entsetzen und voller Unverständnis habe ich heute Ihren Kommentar gelesen, ausgerechnet von Ihnen, dessen englisches Freiheitsverständnis mir Ihre Kommentare immer so lesenswert (…) macht. (…) Ich mag Herrn Augstein nicht und halte fast alles für falsch, was er denkt und schreibt, aber ein Antisemit – ich bitte Sie! Weiterlesen

avatar

Der Papst-Rücktritt oder die sieben Todsünden. Erstens: Der Stolz

Aus irgendeinem Grund sprachen Maria und ich über die sieben Todsünden. Ich meinte, die von der Kirche des Mittelalters genannten Sünden würde auch ein Atheist als Sünden – nicht gegen Gott, aber gegen den Menschen – anerkennen. Es sind die Sünden Stolz, Faulheit, Habgier, Neid, Völlerei, Wollust und Zorn.

Nun weiß ich – das setze ich in Parenthese – wohl, dass die Definition einer Todsünde durch die Kirche etwas komplizierter ist. Weiterlesen

avatar

Deutsch = Scheiße?

Der deutsche Selbsthass hat eine lange Tradition, von Hölderlin bis Hitler und darüber hinaus. Man findet ihn gleichermaßen bei linken und rechten Autoren, wobei die Linken den Deutschen unterstellen, unheilbar rechts, die Rechten ihnen unterstellen, unausrottbar links zu sein.

Dass die Deutschen gar nicht so anders sind als andere Leute, das scheint den Deutschen am allerwenigsten in den Kopf gehen zu wollen. Das haben sie mit den Juden gemeinsam, mit denen sie, was nicht verwundert, darum auch den Selbsthass teilen. Sagt ein Deutscher, etwas sei „typisch deutsch“, so kann man fast Gift darauf nehmen, dass er es abwertend meint. Engländer hingegen finden „typisch englische“ Sachen meistens gut. Weiterlesen

avatar

True Grit: Warum Kinder an der Schule – oder am Leben – scheitern

Es kommt alles wieder. Als ich 1970 mit dem Lehrerstudium begann, war die „kompensatorische Erziehung“ in aller Munde. Es ging um die Frage, weshalb Arbeiterkinder – oder besser: „Unterschichtkinder“ – so selten Gebrauch machten von den erweiterten Bildungsangeboten, die ihnen die Reformen der 1950er Jahre zugänglich gemacht hatten.

Da diese Reformen – Gesamtschulen etwa – in Deutschland erst bevorstanden, stammten die meisten Studien aus Großbritannien und den USA. Offensichtlich sind sie nicht sehr gut rezipiert worden, wie das Elend der Gesamtschulen zeigt. Weiterlesen

avatar

Der Komet

Bücher von Freunden lese ich immer mit einer gewissen Bangigkeit: Wenn sie einem nicht gefallen, darf man es ja doch nicht sagen. Es sind ja deren Kinder, und man sagt auch nicht: Was hast du für dumme und hässliche Kinder.

Zwar hat Hannes Stein zwar noch nie ein schlechtes Buch geschrieben; außerdem hat er mir in unseren unregelmäßigen, dafür aber langen Telefongesprächen immer wieder vom Plot seines neuen Romans erzählt, den ich geistreich und faszinierend fand; und dennoch… Nun habe ich am Sonntag in einer einzigen Sitzung die 271 Seiten mit wachsendem Vergnügen ausgelesen, und ich kann sagen: „Der Komet“ begründet das Genre des utopischen Romans neu. Weiterlesen

avatar

Wird Berlin noch demokratisch regiert?

Berlin hat ein Luxusproblem. Vor einigen Jahren noch vom Regierenden Bürgermeister als „arm, aber sexy“ charakterisiert, gehört die Stadt mittlerweile zu den wichtigsten Zielen für internationale Touristen und gilt auch als attraktiver Wohnort für Leute mit Geld.

Das hat dazu geführt, dass Wohnungen und Mietshäuser, die noch vor einigen Jahren allenfalls als Steuerabschreibungsobjekte für Ärzte und andere Selbständige interessant waren (wie viele meiner in den Heilberufen tätigen Bekannten klagten damals darüber, dass sie von den entsprechenden Fonds hereingelegt worden und dass die Dinger unvermietbar seien!), nunmehr reißenden Absatz finden. Weiterlesen

avatar

Mechanik einer Rufschädigung

Einige Leser waren ein wenig verstört, als ich letzte Woche den sarkastischen Verriss eines Waschzettels – einer Buchankündigung, die als Text selbstverständlich ein genauso legitimer Gegenstand der Kritik ist wie etwa ein Beipackzettel – dazu benutzte, einige harsche Dinge über einen Kollegen zu sagen. Das gehöre sich nicht, meinten einige; eine Krähe habe der anderen kein Auge auszuhacken.
Es meldeten sich auch gleich zwei Journalisten der FAZ zu Wort, Claudius Seidl (auf meiner Facebook-Seite) und Rainer Hank (hier); allerdings nicht, um Frank Schirrmacher zu verteidigen. Weiterlesen
Scroll To Top