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Boom, Boomer, Schuldenboom

Die Grünen haben recht: Die geplanten schwarz-roten Gigaaschulden für Verteidigung und Infrastruktur sind schreiend generationen-ungerecht. Wir Babyboomer müss(t)en es bezahlen, weil unsere Regierungen es sträflich unterlassen haben.

Ich wurde 1956 geboren, in den goldenen Jahren des Wirtschaftswunders. Dafür kann ich nichts, genauso wie meine Altersgenossen der geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1965 bis zum Pillenknick. Vom Wirtschaftswunder habe ich damals auch nicht viel mitbekommen. Da wir fünf Kinder waren und meine Eltern die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, die Hyperinflation und den Weltkrieg erlebt hatten, mein Vater als kleines Kind auch schon den Ersten, sie zudem streng katholisch waren, ging es bei uns bescheiden zu. Heute würde man sagen: nachhaltig. Die Kleidung der älteren Geschwister musste aufgetragen werden. Reste wurden aufgewärmt. Das frische Brot kam immer nach hinten, erst musste das alte aufgegessen werden, bis das frische ebenfalls trocken war. Weshalb ich bis heute den Geruch von frisch gebackenem Brot liebe. Weiterlesen

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Mit Sonnenbrille und Hundefleisch organiert. Oder: Wozu Musiker interviewen?

„Früher habe ich nie Interviews mit Sonnenbrillen gegeben. Aber ich lerne zu lügen“… Na? Wer hat‘s gesagt, irgendwann in den 90er Jahren? Der irische Wanderprediger Bono Vox, die Mutter Teresa der Steuerflüchtigen. Und was sagt uns das jetzt? Vielleicht das: Trau keinem Rockstar-Interview? Nimm die Sonnenbrille ab, nur dann wirst du von Wahrheit und Wahrhaftigkeit durchflutet? Fragen über Fragen. Sind Interviews überhaupt sinnvoll? Ist das Künstler-Interview selbst eine eigene Kunstform? Oder ist es nur der verlängerte Waschzettel der Musikindustrie? Oder geht es vielmehr darum, dass der Fragesteller sich eigentlich für viel wichtiger hält als der Befragte?

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„Herr Bargeld telefoniert nicht.“ 

Ulf Kubanke erzählt die vor Pannen strotzende Hintergrundgeschichte zu einem Interview mit Deutschlands Avantgarde-Ikone Blixa Bargeld.

Wenn wir als Leser ein Interview als literarisches Schnellgericht zu uns nehmen, eröffnet sich naturgemäß lediglich diese eine Quelle als Facette, Essenz und Ausschnitt des jeweiligen Tages aller Beteiligten. Auf dieser Seite des Bildschirms sieht es zumeist genau umgekehrt aus. Der Talk ist jeweils nur ein bescheidener Ausschnitt. Oft grenzte es an ein ein Wunder, dass er überhaupt zustande kam.

Und das Drumherum? Naja. Ein paar Zeilen dazu, ihr Lieben? Weiterlesen

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Das Gefühl des Ossis: Gerhard Gundermann und seine Lieder

Haben Sie schon mal Gundermann gehört ? (Bild unten aus Wikipedia):

„Hier bin ich gebor’n
Wo die Kühe mager sind, wie das Glück.
Hier hab‘ ich meine Liebe verlor’n
Und hier krieg‘ ich sie wieder zurück.“

Gundermann, der Berichte über seine Freunde (ja wirklich: Freunde) an das Ministerium für Staatssicherheit geschrieben hatte. Gundermann dessen Fangemeinde 1992 dahinschmolz wie der Schnee in der Sonne, als die Akten offengelegt wurden. „Auftritte im Westen können wir ja jetzt vergessen.“ So lässt der Film einen der Band-Mitglieder sagen. Weiterlesen

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Wake-up-Call für Europa

Drei Stunden Dauerangriff auf Odesa – der Bunker ist zu weit weg. Also sitze ich in meiner Wohnung, die ab und zu bebt, und bin sauer…

Generator Auslieferung an Reha-Klinik in Odesa

USAID – Geschichte.
Lieferung von Waffen zur Verteidigung – Geschichte.
Weitergabe von Geheimdienstinformationen – Geschichte.

Die Trump-Administration geht einmal mit der Machete durch die Ukraine-Unterstützung – neben all dem, was Trump & Co. gerade an Kahlschlag in den USA veranstalten. Wir können uns mit 20 % AfD ja beinahe freuen, dass die deutsche Version von Trump & Musk hier so „schlecht“ abgeschnitten hat … Immerhin klingelt selbst bei der deutschen Elite langsam die Alarmglocke.

„Fast im Stundentakt überschreitet die amerikanische Regierung rote Linien, die in einer rechtsstaatlichen Demokratie nie überschritten werden dürften“, schreibt Mathias Döpfner in der Welt.  Weiterlesen

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Ihre Kinder: Die Pioniere des Deutsch-Rock

Am 19. Dezember 1970 passiert etwas unerhörtes im ZDF. In der Familienshow „Wünsch Dir was“ mit dem Moderatoren-Ehepaar Dietmar Schönherr und Vivi Bach, tritt ein Haufen Langhaariger mit in bunten Klamotten auf und singt „Leere Hände“. Eine Milieustudie über einen Entwurzelten, der gerade aus dem Gefängnis kommt. Auf deutsch! Die Band heisst Ihre Kinder – 1968 in Nürnberg gegründet. Sie sind die heute fast vergessenen Pioniere der deutschsprachigen Rockmusik in der alten Bundesrepublik.

Fotos: Günter Derleth/Archiv Ernst Schultz

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Einsamer Tod in Santa Fe

Vergessenheit, eine Volkskrankheit der modernen Gesellschaften, macht auch vor Prominenten nicht halt: Der berühmte Schauspieler Gene Hackman lebte offenbar eine Woche in geistiger Umnachtung neben seiner verstorbenen Frau Betsy Arakawa, einer bekannten Pianistin, bevor auch er starb. Ihre Leichen wurden erst acht Tage später entdeckt.

Der Tod des zweifachen Oscar-Preisträgers Gene Hackman hat weltweit seine vielen Fans wie mich traurig gemacht. Erschreckend sind jedoch die Umstände. Nach den Ergebnissen der gerichtsmedizinischen Untersuchung hatte der 95jährige offenbar nicht mitbekommen, dass seine 63jährige Frau, mit der er 30 Jahre verheiratet war, am 11. Februar an einem seltenen, durch Nagetiere übertragenen Virus gestorben war und tot in einem Badezimmer ihres Anwesens in Santa Fe lag, da er an Alzheimer im fortgeschrittenem Stadium litt. Am 18. Februar starb er dann selbst an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Aber erst am 26. Februar fanden zwei Handwerker die schon teilweise verwesten Leichen des vermögenden Paares in ihrem Haus.

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Five Years – 3 Songs

„Five years, my brain hurts a lot…“ (David Bowie, „Five Years“ 1972). Habe seit gottverdammten fünf Jahren keine einzige Zeile über Musik verfasst. Null Ahnung ob ich das noch drauf habe. Tja, können wir anscheinend nur gemeinsam herausfinden. Nur wie?

Die Idee: Jeweils ein Song für Liane Bednorz, Alan Posener und Ludwig Greven.
Ganz intuitiv. Zum Dank für eure Einladung. Weiterlesen

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Die Ödnis des Waschzettels. Oder: Die Zahnlosigkeit der Musikkritiker

Der englische Musikjournalist Dave Marsh hat einmal über Queen geschrieben: „Tatsächlich könnten Queen die erste durch und durch faschistische Rockband sein. Wegen all dieser Dinge verstehe ich nicht, wieso die Leute immer noch nachsichtig sind mit diesen widerlichen Typen und ihren gefährlichen Gedanken“. „Selbst nach intensiven Recherchen und vom Verfasser dieser Kolumne weitgehend furchtlos vorgenommenen Selbst-Hör-Versuchen will sich nicht mal im frühsten Frühwerk von BAP irgendeine Idee von musikalischem Wert, ein künstlerischer Funke oder auch nur ein Zeichen von Lebendigkeit finden. Schon immer haben BAP jene primitiv-maskuline Bluesrock-Doublette gepflegt, für die man sie fürchtet“ – so das Verdikt des deutschen Großkritikers Jens Balzer. Man muss beiden Kapitalverrissen an der Grenze zur Schmähkritik nicht zustimmen – aber ein bisschen traurig darf man schon sein, dass man derlei meinungsstarke Stimmen dieser Tage kaum noch liest.

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