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A-a-alles A-a-Antisemiten? Falsche Lehren aus dem Fall Gil Ofarim

Wurde Gil Ofarim im Leipziger Westin Grand antisemitisch beleidigt? Hat er sich das nur eingebildet? Hat er gar, aus anderem Grund verstimmt, die Antisemitismus-Karte gezogen, um sich an einem Mitarbeiter des Hotels zu rächen? Wir wissen es nicht. Allerdings hat man sich in den unsozialen Medien und den Kommentarspalten längst seine Meinung gebildet. Und die ist überwiegend hässlich.

Sie müssen mir nicht glauben, dass die folgenden, mehr oder weniger willkürlich herausgesuchten Leserkommentare aus einem respektablen Medium durchaus typisch sind. Wenn Sie mir nicht glauben, prüfen Sie es im Medium Ihrer Wahl nach. „Gerade wegen solcher jüdischer (sic) Personen wird es jetzt noch mehr antisemitische Übergriffe geben!!!“ meint etwa ein „Markus K.“ Man merke: „Personen“, plural. Als ob falsche Anschuldigungen des Antisemitismus – Herr K. hat sich hier schon entschieden – immer wieder von „jüdischen Personen“ vorgebracht würden.

„Opticus“ meinte: „Der eigentliche Skandal ist, dass der erfundene und mit schauspielerischer Kaltschnäuzigkeit vorgetragener Vorfall bis in die Tagesthemen geschafft hatte, um Millionen Deutsche an ihrer ewigen Erbsünde zu erinnern.“ Die falsche Grammatik mal beiseitegelassen: Das Ressentiment wegen der – von niemandem unterstellten – „Erbsünde“ durchzieht viele Kommentare. Dabei ging und geht es gar nicht um die Geschichte. Sondern um Antisemitismus heute.

Haben sich die Medien zu früh solidarisiert?

Viele, vielleicht die meisten, Kommentare nahmen sich – wie „Opticus“ – die Medien und die Politik vor. Der Tenor war, so hat es auch Yascha Mounk auf „Zeitonline“ formuliert: „Recherchiert, bevor ihr anklagt!“ Freilich ist Mounk kein Journalist. In der Theorie klingt das nachvollziehbar. In der Praxis wird man kaum jeden Bericht eines Opfers von Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Schwulenhass, Islamhass, Islamismus usw. mit einem Fragezeichen versehen können. Tatsächlich übrigens haben die meisten, wenn nicht alle Berichte über Gil Ofarim den Hinweis enthalten, dass die Beschuldigten die Angaben Ofarims bestreiten und Anzeige erstattet haben.

Dass man sich zuerst mit dem Opfer solidarisiert, ist aber nicht kritisierenswert; dass dies hier und dort ausgenutzt wird, ist allein jenen anzulasten, die jene Solidarität ausnutzen. Ja, es gab schon mal falsche Vergewaltigungsvorwürfe. Ja, es wurden hin und wieder rassistische Angriffe vorgetäuscht. Und in einer Gesellschaft, die ich in einem E-Book als „Die empörte Republik“ bezeichnet habe, führen solche Fälle zu einem Hochschaukeln von Empörung und Gegenempörung. Aber die Fälle gibt es nur, weil es Vergewaltigung gibt, weil es Rassismus gibt, weil es Antisemitismus gibt.

Kein Platz für Antisemitismus in Deutschland?

Als es noch opportun war, sich mit Ofarim zu solidarisieren, beeilten sich Politiker aller Parteien, auf Twitter oder per Presseerklärung zu versichern, dass es in Deutschland „keinen Platz für Antisemitismus“ gebe. Schön wär’s.

Ofarim hat vielleicht – vielleicht aber auch nicht – den Vorfall in Leipzig erfunden. Aber er ist ein gebranntes Kind, erstens. Vor drei Jahren erzählte er bei Frank Plasberg, wie es ihm als Kind in München ging: Oft habe er Hakenkreuze auf der Schulbank gefunden. Jeden Monat sei Hundekot im Briefkasten gewesen. Antisemitismus sei für ihn „Alltag“. Das gibt ihm natürlich nicht das Recht, Antisemitismus dort zu unterstellen, wo er nicht vorhanden ist. Über die eigene Paranoia witzeln Juden schon lange. Da gibt es den Witz mit Schmul, der sich als Radiosprecher bewirbt. Nach dem Job-Interview fragt ihn sein Freund Jakob, wie es war. Schmul, verbittert. „A-a-a-alles A-a-a-Antisemiten!“ Doch auch der Paranoide hat zuweilen wirkliche Feinde.

Denn – zweitens – fand kein Jude, der in Deutschland lebt, Ofarims Geschichte per se unglaubhaft. Das liegt zum einen an Sachsen. Sachsen hat eine der kleinsten jüdischen Gemeinden Deutschlands, gerade einmal 2440 Mitglieder. Dennoch wurden zwischen 2014 und 2019 durchschnittlich drei antisemitische Vorfälle pro Woche gezählt, wie die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) im März dieses Jahres mitteilte. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, weil „viele Juden die Erfolgsaussichten einer Anzeige als gering einschätzten“, so RIAS-Bundesgeschäftsführer Benjamin Steinitz.

Fans des in der Regionalliga Nordost spielenden Fußballclubs Lok Leipzig bezeichnen ihre Erzgegner BSG Chemie Leipzig gern als „Juden Chemie“. Eine von Lok-Fans ins Netz gestellte Fotomontage zeigte das in Bergen-Belsen ermordete Mädchen Anne Frank im Trikot des BSG, dazu der Spruch: „freut sich schon!“

Überhaupt ist der Antisemitismus in der Fußball-Fankultur – nicht nur in Sachsen – offensichtlich unausrottbar. Beim Europapokalspiel des Bundesligisten Union Berlin gegen Maccabi Haifa im Berliner Olympiastadium kam es vor einigen Wochen zu antisemitischen Vorfällen: Fans der israelischen Mannschaft wurden „von Union-Fans bedroht, mit Bier beworfen“ und unter anderem „als ’scheiß Juden‘ beleidigt“, heißt es in einem Tweet des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Potsdam. Ein Union-Fan versuchte, die Israel-Fahne einer Zuschauerin anzuzünden, ein anderer rief „Sieg Heil!“

Wer als Jude sichtbar ist, weil er einen Davidsstern oder eine Kippa trägt, muss in Deutschland – eben nicht nur in Sachsen – damit rechnen, auf der Straße beleidigt, angerempelt oder bespuckt zu werden. Die Erfahrungen des Rabbiners Mendel Gurewitz in Offenbach sind typisch. Seit fünf Jahren wird er immer wieder beschimpft, meist von Jugendlichen mit arabischen Wurzeln, zuletzt – zusammen mit seinen Kindern – von einem 46-jährigen Deutschen mit alkoholischem Hintergrund.

Aber Juden werden nicht nur beleidigt und diskriminiert, sondern auch körperlich bedroht und angegriffen. Nicht erst seit dem Anschlag eines Rechtsextremisten auf die Synagoge in Halle müssen jüdische Einrichtungen in Deutschland – Synagogen, Gemeindezentren, Wohlfahrtseinrichtungen, Schulen – besondere Sicherheitsvorkehrungen treffen. Jüdische Kinder müssen buchstäblich hinter Stacheldraht lernen und spielen.

Mitte September dieses Jahres wurde ein 16-jähriger syrischer Schüler wegen des Verdachts festgenommen, einen Bombenanschlag auf die Synagoge in Hagen geplant zu haben. Vor genau einem Jahr wurde vor der Synagoge Eimsbüttel in Hamburg ein Jude von einem Deutschen mit kasachischen Wurzeln mit einem Klappspaten niedergeschlagen. Bei einer Mahnwache gegen Antisemitismus vor dem Hamburger Hauptbahnhof wurde der Jude Michael T. von einem 16-Jährigen mit arabischem Migrationshintergrund brutal zusammengeschlagen. Michael T. lag sechs Tage mit einem Joch- und Nasenbeinbruch in der Klinik. Der Täter, Aram A., wurde in der Wohnung seiner Familie in Berlin-Wedding festgenommen. „Wir sind gegen Israel“, kommentierte die Mutter, die allerdings hinzufügte: „Das, was er machte, war falsch.“ Aram A. war bei einer Berliner Schauspielagentur unter Vertrag. Zuletzt spielte er in dem Film „Evolution“ einen Jungen, der einen jüdischen Mitschüler mobbt. Dass Aram „so ein Aggressionspotenzial“ habe, könne sie sich nicht vorstellen, sagte die Agenturchefin der „BZ“.

Und da liegt ein Problem: das Aggressionspotenzial gegen Juden können sich viele gutwillige Deutsche nicht vorstellen. Wie Rabbi Gurewitz twitterte: „Einige Freunde schlugen vor, wir sollten ein Treffen in der Synagoge mit diesen Jugendlichen organisieren, Sie sollten mehr über die jüdische Religion lernen, dann würden sie sich wegen ihrer Taten schlecht fühlen und sich entschuldigen BLABLABLA. Nun … sie haben sich entschuldigt, OK??? Das Leben in Deutschland ist toll! Wir können friedlich zusammenleben!!!! BLABLABLA“

Denn wenig später wurde Gurewitz von den gleichen Jugendlichen wieder angepöbelt.

Hat jemand zu Ofarim gesagt: „Pack den Stern weg!“ Wir wissen es nicht. Juden hören aber immer wieder gut gemeinte Ratschläge wie: „Trag lieber keine Kippa, wenn du in Neukölln unterwegs bist!“ „Meide das Einkaufszentrum in Offenbach, wo sich die arabischen Jugendlichen herumtreiben!“ „Schick dein Kind lieber nicht auf eine öffentliche Schule!“ „Musst du unbedingt die Israelfahne zur Demo mitnehmen?“ „Geh bloß nicht zur Polizei – sie lassen die Täter ja doch laufen, und dann kennen sie unsere Namen…“ Jude sein bedeutet, sich auf niemanden verlassen zu können.

Israel: der Jude unter den Staaten

Die häufigste Form des alltäglichen Antisemitismus ist der „israelbezogene Antisemitismus“ – der Hass auf den jüdischen Staat, der sich hier gegen jüdische Menschen und jüdische Einrichtungen austobt. Etwa wenn arabischstämmige Männer immer wieder Steine gegen die Essener Synagoge werfen. Oder wenn auf den von Islamisten in Berlin und Wien organisierten „Al-Quds-Demos“ einerseits die Auslöschung des jüdischen Staates gefordert, andererseits Parolen wie „Juden ins Gas!“ gebrüllt werden. Die im antisemitischen Umfeld aufgewachsene WDR-Journalistin Nemi El-Hassan nahm 2014 an der Al-Quds-Demo in Berlin teil. Später distanzierte sie sich und meinte, sie hasse Israel nicht. Das hinderte sie nicht, vor wenigen Wochen die Flucht einiger palästinensischer Terroristen aus einem israelischen Gefängnis auf Twitter zu „liken“.

Unter einigen linken und postkolonialen Aktivisten und Theoretikern gehört Antizionismus zum guten Ton. Während Juden in den Augen der Alten und neuen Rechten keine „echten“ Weißen sind, sondern „Semiten“ aus dem Orient, die als Drahtzieher der „Umvolkung“ und Islamisierung Europas fungieren, sehen Anhänger der „critical race theory“ den jüdischen Staat als „weißen Siedlerstaat“ oder „Apartheidstaat“ und die Juden als die letzten – und bösesten – weißen Kolonialisten. So kann man mit gutem Gewissen den Staat delegitimieren, der auch für Deutschlands Juden für den Fall der Fälle eine Zuflucht bietet. El-Hassans Kollege Malcolm Ohanwe twitterte seine Lösung des Nahostkonflikts: „Israel soll den Palästinenser*innen einfach israelische (sic) Pass, Staatsbürgerschaft, selben Zugang zu Bildung, Wohnung, Mobilität und deren Nachfahren Recht auf Rückkehr geben.“ Israel soll also „einfach“ aufhören, ein jüdischer Staat zu sein, die israelischen Juden sollen sich „einfach“ damit abfinden, eine Minderheit in einem arabischen Land zu sein.

Linke „Israelkritiker“ sind zwar schnell mit der Solidarität zur Hand, wenn es um rechten Antisemitismus geht, aber noch schneller mit Entschuldigungen zur Stelle, wenn es um den antiisraelisch oder muslimisch motivierten Hass unter Zuwanderern geht.

Alte Rechte – Neue Rechte: Kubitschek und Hohmann

Neben der offen antisemitischen und antiisraelischen „alten Rechten“ gibt es eine „neue Rechte“, die betont philosemitisch ist, weil sie Angriffe von Zuwanderern gegen Juden ausschlachten kann, und betont pro-israelisch, weil sie Israel als Vorposten gegen den Islam betrachtet. Diese neue Rechte verurteilt auch den „importierten“ islamisch motivierten Antisemitismus, als gäbe es keinen heimischen; kritisiert die linke „Israelkritik“, ist aber eher schweigsam, wenn einer ihrer Helden, etwa Viktor Orbán, den jüdischen Finanzier George Soros als Mastermind der Migration diffamiert. Denn es liegt in der Logik der „identitären“ Bewegung, die für eine Trennung der verschiedenen Kulturen eintritt, die Juden mit Argwohn zu betrachten. Juden in Israel: prima. Juden bei uns: allenfalls nützlich als Keule gegen islamische Zuwanderer.

Und natürlich gibt es zahlreiche Verflechtungen zwischen neuen und alten Rechten. Ein Beispiel: 2002 publizierte Götz Kubitschek, Theoretiker der neuen Rechten, in seinem Antaios-Verlag das Buch „Jüdischer Bolschewismus“. Das Buch diente dem damals der CDU, heute der AfD angehörenden Abgeordneten Martin Hohmann als Vorlage für seine berüchtigte „Tätervolk“ Rede.

Für die Juden in Deutschland ist die Motivlage ihrer Feinde gleichgültig. Die UN-Erklärung der Menschenrechte hält fest: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ Viele Juden haben das Gefühl, in Deutschland dieses Menschenrecht nicht zu genießen.

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52 Gedanken zu “A-a-alles A-a-Antisemiten? Falsche Lehren aus dem Fall Gil Ofarim;”

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    Machen Sie sich keine Gedanken über meine Lebenszeit, Herr Posener, vielleicht leben Sud ja noch lange genug, um sich die Fäkalausdrücke abzugewöhnen, mit denen Sie offenbar versuchen, irgendwie Lebens- bzw. Realitätsnähe zu simulieren. Wenn Sie dafür bezahlt werden: Meinetwegen. Es wird ja eh sonstwer für sonstwas bezahlt, der geschaffene Mehrwert spielt hier oder im Reality TV eh schon lange keine Rolle mehr. Vermutlich bin ich ich vermögender als Sie, und das auf Basis real geschaffenen Mehrwerts durch die Herstellung von realen Produkten, nicht einfach nur Texten, die allenfalls von Gleichgesinnten überflogen werden, bevor sie der Vergessenheit anheim fallen. Nur mal abschliessend gefragt: Warum gibt es in diesem Blog seit Wochen keine neuen Beiträge? Ist did Karawane weiter gezogen…?

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    Ich denke das Antisemitsimus nicht weiter als die Reaktion!! auf das Verhalten und die Taten von Juden ist.

    Herr Posener, wir werden an diese Verbrechen, die ihm Namen des Judentums geschehen sind, auch nie vergessen und verlangen von den Juden ebenso das sie sich ihrer Verantwortung stelllen.

    Auch sie Herr Posener haben von diesen Verbrechen an unseren Kindern profitiert.

    Man sollte die Insel vom Epstein in ein Museum umwandeln. Ein Ort des Gedenkens an diese widerliche Kinderfickerei.

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      Jede Wette Herr Sebastian Knoth – mit der Email-Adresse „m“knoth, dass Sie sich diesen antisemitischen Dreck nicht mit Ihrem echten Klarnamen zu posten.

      Apropos Kinderficker, das haben Sie mit diesen gemeinsam: aus der Anonymität heraus feige zu agieren.

      Und dass Prinz Andrew, Bill Gates, Lawrence Summers, Donald Trump, Bill Clinton und Co. Juden sind.

      Was bin ich froh, dass Sie zwischen 1933 und 1945 noch nicht als Erwachsener auf der Welt waren.

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      Hallo Herr Knoth, hier geht es um britisch-deutsche Nabelschau eines Alt-Intellektuellen. Das mit den Kindern und der Insel ist den Gang runter, Treppe rauf, zweite Tür links. Glaube ich.

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    Ach, Herr Posener… unterhalb des Superlativs geht bei Ihren Antworten wihl nichts, Sie haben es wohl einfach nicht ein bisschen kleiner. Werfen Sud ruhig weiter mit „zigtausend“ Gegenbeispielen: Sie und ich wissen, dass Sid keine hunderte zusammen bekommen werden. Ich bin kein Antisemit, u.a. weil es schon genug davon gibt und weil das auch angesichts der zahlreichen jüdischen Verwandten nicht so richtig funktioniert. Ich gebe aber zu, dass ich für das Judentum nichts übrig habe, so wie ich jeder Religion ablehnend gegenüberstehe, die restriktiv ist (Speisegesetze, eingeschränktes Tun und Lassen an bestimmten Tagen), körperliche Modifikationen oder bestimmte Kleidungsstücke vorschreibt und Ihren Anhängern erzählt, sie wären etwas besseres als die Anhänger anderer Götter. Ich bin mit 16 aus der Kirche ausgetreten, das ist 50 Jahre her und freut mich heute noch. Unsere „Diskussion“ über die Beweggründe für Extremismus endet hier, ich habe einfach besseres zu tun, z.B. mit dem Hund am Strand spazieren zu gehen und angeschwemmtes Holz für den Kamin zu sammeln. Das Leben im Diesseits ist toll, wenn man es sich nicht mit Empathie oder den falschen Gesprächspartnern ruiniert.

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      Ich möchte es einmal mit einem Deutschen zu tun haben, der nicht „zahlreiche jüdische Verwandte hat“. Erinnert mich an den jüdischen Witz aus der frühen Nazi-Zeit“: „Wie viele Juden gibt es in Deutschland? Mindestens 70 Millionen, denn jeder Deutsche kennt einen anständigen Juden.“ Jedenfalls war der Holocaust offensichtlich ein Schlag ins Wasser. Ob sie wiederum für das Judentum etwas übrig haben oder nicht, hat mit den hier infrage stehenden Dingen nichts zu tun und ist so uninteressant wie Ihre Mischpoche.

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        Auch diesmal agiert das Leben nicht nach Ihren Vorstellungen… da steckt wohl ein System dahinter. Wolfgang Koeppen hat Sie auf Seite 215 so passend beschrieben… was soll man da noch hinzufügen? Aber sollte es nicht bachdenklich stimmen, wenn der Löwenanteil der eigenen Kreativität nur darin zu bestehen scheint, immer wieder die altbekannten Feinde an neuen Orten zu sehen – oder sehen zu wollen? Ja – es gibt Antisemitismus. Und es gibt Mord und Steuerhinterziehungen und massenweise zur Schau gestellt schlechten Geschmack? All dies zu thematisieren, ändert nichts. Ich könnte auch jeden Tag an den Strand gehen und mit dem Zollstock nachmessen, ob der Guide de Marées recht hat. Das würde aber nichts ändern und ich vermute stark, das Meer nimmt es ebensowenig Ernst wie die Mehrheit der Bevölkerung Ihre Publikationen. Einfach mal nix machen und schauen, was passiert…?

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        Lieber Herr Wolff, der Unterschied ist: ich werde für meine Tätigkeit bezahlt; Sie verschwenden Lebenszeit mit Klugscheißerei.

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    Es geht bei Konflikten doch immer nur um Haben gegen nicht-Haben (oder erheblich-weniger-Haben). Alles andere: Religion, Abstammung, Orientierung, das sind nur Stellvertreterkriege. Idealismus und Ideologie gedeihen am besten bei geringer Kalorienzufuhr. Mir ist Herr Ofarim egal, weil er in meinem Leben keine Bedeutung hat. Der Staat Israel: dito. Ich sehe keinen Grund, dorthin zu reisen und brauche nichts von dort – also abgehakt. In Südafrika müssen die „Weissen“ jetzt übrigens auch damit leben, nicht die Mehrheit im Land zu sein. Irgendwie scheinen sie damit klar zu kommen, man hört nichts Gegenteiliges in den Nachrichten. Ein Davidsstern ist ab einer gewissen Größe in meinen Augen genauso nervig wie ein gleich grosses Kruzifix oder eine Mala oder ein entsprechend bedrucktes T-Shirt. Natürlich hat jeder das Recht, so etwas zu tragen. Ich habe meinerseits eben das Recht, von jeglicher Form überdeutlich sichtbarer Gesinnung genervt zu sein, weil mich das nun mal abstößt. Ich würde nie eine solche Person darauf ansprechen oder gar persönlich kritisieren aber ich gehe auf Abstand, aus dem Weg. Meine Ansichten kann erfahren, wer mich fragt, ungefragt gebe ich sie nicht zum besten. Das hier ist eine Ausnahme.

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      „Meine Ansichten kann erfahren, wer mich fragt, ungefragt gebe ich sie nicht zum besten. Das hier ist eine Ausnahme.“ Warum machen Sie ausgerechnet in diesem Fall eine Ausnahme?
      Im übrigen ist Ihr Vulgärmarxismus – „Es geht bei Konflikten doch immer nur um Haben gegen nicht-Haben (oder erheblich-weniger-Haben). Alles andere: Religion, Abstammung, Orientierung, das sind nur Stellvertreterkriege.“ – längst von der Realität widerlegt. Alle kapitalistischen Staaten wurden 1929ff von der großen Wirtschaftskrise erfasst: Warum ging Deutschland den Weg des Nationalsozialismus, Amerika den Weg des New Deal? Man könnte zig Beispiel anführen, aber ich empfehle einfach die Lektüre von Max Weber. Sie schreiben: „Idealismus und Ideologie gedeihen am besten bei geringer Kalorienzufuhr.“ Ach ja? Leiden die Querdenker und andere Impf-Verschwörungstheoretiker an mangelnder Ernährung? So sehen sie mir nicht aus. War Trump unterernährt? Eher nicht. Und was bewegt Sie, Bürger eines Wohlstandsstaats, sich einer längst widerlegten Ideologie aus dem vorvorigen Jahrhundert zuzuwenden? Zu wenig Zucker? Ich glaube eher nicht.

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        Die Ausnahme habe ich Ihnen zuliebe gemacht, einem Musterbeispiel für die Tatsache, dass auch beim Publizieren mangelnde Qualität nicht durch Quantität kompensiert werden kann. Dass die Entscheidung der Deutschen, die Nationalsozialisten an die Macht zu lassen, von der Wirtschaftskrise 1929 bedingt war: Von Ihnen kann man Geschichte lernen, zumindest originelle Denkweisen. Ideologie gedeiht natürlich auch auf dicken Bäuchen aber es ist ja wohl nicht von der Hand zu weisen, dass gerade religiöser Fanatismus vorwiegend von Armen praktiziert wird. Schon die Teilnehmer der Kreuzzüge waren nicht diejenigen Ritter, die als Erstgeborene den Feudalbesitz erben würden. Und wer einen guten Job und ein schönes Haus hat, schnallt sich weit seltener den Sprengstoffgürtel um, bevor er ins Kaufhaus geht, als ein armer Kerl, der sich nur auf das Paradies samt runderneuerter Jungfrauen freuen kann. Er spendet höchstens eine gewisse Summe, um das Dynamit zu finanzieren. Ganz ähnlich wie gewisse besser betuchte Zionisten, die persönlich keine Lust haben, eine Siedlung auf umstrittenem Gelände mit viel Staub, Arbeit und gelegentlich Beschuss aufzubauen. Die Querdenker rekrutieren sich aus den Rändern der Gesellschaft (die bekanntlich auch einen oberen Rand hat): Man kann an beiden Rändern nichts besseres zu tun haben, unten, weil man keinen Job und keine Perspektive hat, oben, weil man mangels Auslastung Ängste und seltsame Gedanken kanalisiert. Je mehr man zu verlieren hat, desto weniger exponiert man sich. Zum Schluss: Trump war nicht unterernährt, er hat einfach gemacht, was ihm keiner verbieten konnte. Damit hat er zumindest die Verwundbarkeit des amerikanischen Präsidialsystems mal so richtig sichtbar gemacht. Warum leckt sich der Hund die Eier…? Max Weber kann zur Problematik der heutigen Zeit ebensowenig beitragen wie Marx oder Mao, Ich lehne Ihre Literaturempfehlung daher zugunsten von Jack Vance und Donald Westlake – dankend – ab. Jeder einzelne Bäcker hat der Welt mehr gegeben als alle Soziologen zusammen.

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        „Jeder einzelne Bäcker hat der Welt mehr gegeben als alle Soziologen zusammen.“ Das mag durchaus sein. Weshalb also bemühen Sie die platteste aller soziologischen Theorien? Es gibt ja zigtausend Gegenbeispiele, und auf das von mir angeführte – die Hinwendung der deutschen Angestellten und Kleinbürger zum Faschismus, der amerikanischen zum New Deal – gehen Sie ja nicht ein. Natürlich – natürlich! – müssen die Juden als Feindbild her: „Und wer einen guten Job und ein schönes Haus hat, schnallt sich weit seltener den Sprengstoffgürtel um, bevor er ins Kaufhaus geht, als ein armer Kerl, der sich nur auf das Paradies samt runderneuerter Jungfrauen freuen kann. Er spendet höchstens eine gewisse Summe, um das Dynamit zu finanzieren. Ganz ähnlich wie gewisse besser betuchte Zionisten, die persönlich keine Lust haben, eine Siedlung auf umstrittenem Gelände mit viel Staub, Arbeit und gelegentlich Beschuss aufzubauen.“ Der Aufbau einer Siedlung also in einem Atemzug genannt mit dem Massenmord an Zivilisten. Warum wundert mich das noch? Es war doch klar, dass von daher der übelriechende Wind weht.
        Im übrigen widerlegt Ihr perfides Beispiel Ihre eigene Vulgärtheorie. Mohammed Atta stammte aus einer wohlhabenden Familie; sein Mentor Osama bin Laden war steinreich. Und hätten Sie mal einige der jüdischen Siedlungen besucht, von denen Sie ohne jede Sachkenntnis schwadronieren, so wüssten Sie, dass dort oft relativ gut betuchte Leute wohnen. Wie übrigens auch die Kibbuzniks und Pioniere der ersten Stunde und zweiten oft Leute aus gutem Hause waren, wie etwa mein Cousin Yochanan Peres, der später – womit wir wieder am Anfang wären – Soziologe wurde, wie mein eingeheirateter Großonkel Franz Oppenheimer.

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    Dann können wir uns die ganze Diskussion um Antisemitismus oder sonstigen ~ismus sparen. Warum?
    Weil es um bereits gedachte Gedanken geht, die niemals zurückgenommen werden können, sofern sie eine gewisse Verbreitung erlangt haben. Das gilt für alle Klischees, wie die der krummnasigen Juden, der dicknasigen Neger, der Weißbrote, der gelbgesichtigen Chinesen (europäische Sicht), der Langnasen (chinesische Sicht), u.v.m.
    Es sind Stigmatisierungen von Gesellschaftsgruppen, die zu irgendwelchen Zeiten anderen Gesellschaftsgruppen Vorteile erbracht haben und bringen. Und sich auf ewig in der Welt perpetuiert haben und perpetuieren werden. Dazu kommen Stigmatisierungen, die sich Gesellschaftsgruppen selbst zugeteilt/-gefügt haben, wie die Kreuzzüge, das dritte Reich, usw.
    All diese Stigmatisierungen werden genau in dem Augenblick genutzt, wo sie einem Vorteile bringen (sollen). So werden deutsche Austauschschüler in England (mehr als in Schottland) recht schnell mit ‚Nazi‘ tituliert und Hitlergruß salutiert, um die Oberhand in einem Streit zu erhalten. Die Engländer (resp. Schotten) finden nicht viel daran zu korrigieren. Es wird vereinzelt versucht, Ungeimpfte für die Coronapandemie verantwortlich zu machen. Die Klimabewegung, die nicht genehme Lebensentwürfe stigmatisiert (bis hin, keine Kinder zu bekommen) und dazu beigetragen hat, daß immense Geldströme umgeleitet wurden. Hooligans, die genau dann ‚Jude!‘ schreien, wenn ihr Verein verloren hat und sie Lust auf eine Schlägerei haben. (Wahrscheinlich haben sie aber auch Lust darauf, wenn ihr Verein gewonnen hat.) Identitäre Bewegung. Wokeness!
    Somit wäre der Antisemitismus nichts anderes als ein Verdrängungs~ismus, der dem oder denjenigen der ihn benutzt oder die ihn benutzen, mehr Lebensraum bzw. den besseren Lebensraum und -verhältnisse verschafft auf Kosten der Stigmatisierten Gruppe. Dies wird voraussichtlich leider(!) zunehmen, statt abnehmen und ich habe keinerlei Idee dem zu begegnen.

    Sehr geehrter Herr Posener,
    sehr geehrter Herr Haupts,
    ich danke für Ihre vorgetragenen Ideen und Gedanken, komme aber zu dem Schluß, daß Sie sich den Artikel und wir uns diesen Diskurs hätten sparen können. Es sei denn, ich bin ein Blindfisch und habe einen riesen „Wurm“ vollständig übersehen.

    Mit erwartenden Grüßen
    Stefan Schwerdtfeger

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      „Somit wäre der Antisemitismus nichts anderes als ein Verdrängungs~ismus, der dem oder denjenigen der ihn benutzt oder die ihn benutzen, mehr Lebensraum bzw. den besseren Lebensraum und -verhältnisse verschafft auf Kosten der Stigmatisierten Gruppe. Dies wird voraussichtlich leider(!) zunehmen, statt abnehmen und ich habe keinerlei Idee dem zu begegnen.“
      Ja, „Steven“, dann haben Sie eben nichts verstanden. Das liegt aber nicht an mir. Es liegt daran, dass Sie sich nicht wirklich für den Antisemitismus interessieren und sich nie dafür interessiert haben. Das ist Ihr gutes Recht, aber wie gesagt: ohne Interesse keine Erkenntnis.

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    Der Antisemitismus in Deutschland hat viele Gesichter bzw Masken, er tritt oft getarnt auf. Die alte Form die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem von den Nazis – aber nicht nur von denen – verbreitet wurde, tritt heute nur noch relativ selten auf. Umso aufmerksam gilt es heute zu sein. „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“

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    Vielleicht war der Vorfall nicht exakt so, wie im Affekt wiedergegeben. Sollte er sich ganz anders abgespielt haben, dann können einzelne Auslöser unbeabsichtigt traumatische Erinnerungen (z.B. die Erlebnisse aus der Schulzeit, die Sie erwähnen) bei Gil Ofarim hervorgerufen haben. In diesem Fall erscheinen mir getriggerte traumatisierte Erfahrungen und Reflexe darauf wahrscheinlicher als das, was die Öffentlichkeit unterstellt, nämlich Kalkül, Schauspiel, Boshaftigkeit oder individuelle Knallerei. Zumal der auf einen Antisemitismusvorwurf folgende Furor oft heftiger ausfällt als die Antworten auf Antisemitismus.

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    Ich sehe den jungen Mann mal als provokant mit seinem übergroßen Juden Stern. Huhu ich bin wichtig,
    klappt nicht, dann eben der Juden Stern. Wenn ich irgendwo Gast bin benehme ich mich auch so. Ob er Jude, Muslim, Christ ist doch egal oder.??? Wer so auftritt muss sich nicht wundern wenn er dafür eine Abfuhr erhält. Warum wird überhaupt so ein Theater darum gemacht???
    Endlich ein Thema ohne Corona und Wahl???

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      Lieber „Ulrich.dissen“: Ab wie groß ist ein „Juden Stern“ „übergroß“? Warum provoziert Sie ein „Juden Stern“? Ab der wievielten Generation ist man in Deutschland nicht mehr „Gast“? Oder meinten Sie das Hotel? Wenn Sie das Hotel meinten: Woher wissen Sie, wer sich wie benommen hat? Und: Haben Sie meinen Artikel überhaupt gelesen? Und: Warum trauen Sie sich nicht, hier Ihren richtigen Namen zu verwenden?

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        Woher soll ich wissen, was in Ofarim vorging? Das weiß nur er selbst – und jeder zweiter Kommentator.

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    … ich meine es ist ganz einfach; Antisemitismus und Antizionismus (wie Anti-Patriotismus) sind ausschließlich ideologisch begründet. Gegenwärtig ist es der rot-(braun)-grüne und der mohammedanische Sozialismus, der sich jeweils selbst mit Weltmachambitionen – auch ganz ‚verschämt‘ als ‚offene Gesellschaft‘ verklausuliert – ‚über alles‘ [sic!] erhöht … ts, ts, ts.

    Frei nach Orwell; verteilen was anderen gehört, wobei den gleicheren Schweinchen das meiste gehört. Hatten wir alles schon.

    … anders; je mehr Ideologie – je mehr Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit … ‚Sieg Heil‘ oder ‚Rot Front‘ grölen oder der mohammedanischen Ideologie zujubeln – ‚wir haben Platz‘ – ist so ziemlich dasselbe. Historisch nachweisbar.

    Ganz schön doof alles. Oder?

    Und Herr G. Ofarim? … Papas Ex hat eine tolle Stimme.

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    „Denn es liegt in der Logik der „identitären“ Bewegung, die für eine Trennung der verschiedenen Kulturen eintritt, die Juden mit Argwohn zu betrachten.“

    Ich denke mal, da wäre ein Plural angemessen: Identitäre Bewegungen. in der Mehrzahl stramm links. Und mir ist kein Deutscher, gebürtig Deutscher, reinrassisch Deutscher, Biodeutscher und wie immer das Verbotene nun genannt wird, wenn genau damit argumentiert wird, diesseits oder jenseits von 1,0 Promille, bekannt, der wirklich stolz darauf wäre, noch einer zu sein. Alle wollen doch im Ausland nicht als Deutsche erkannt werden, ihr Deutschsein eintauschen. Gegen irgendwas Lockereres. Im Falle von Phantasiemangel auch gerne ein genetisch recht ähnlicher Brite (wegen des ‚britischen Humors‘, dem Stil und so). Ja, ich denke, es gibt ihn noch, den guten alten Antisemitismus bei den o.A. Unaussprechlichen, aber niemand auf der Welt bemüht sich doch mehr darum, ihn nicht zu haben. Und dann ein paar bekloppte Hooligans kurz vor der Alkoholvergiftung anführen? Und dieser Gil Ofarim ist eine individuelle Knalltüte und mehr ist doch zu dem Fall nicht zu sagen. Es hat doch nun wirklich nicht alles eine Bedeutung.

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      Nein, lieber KJN, nein. Dem Ingeniör ist bekanntlich nichts zu schwör, aber manchmal macht er sich die Sachen etwas zu leicht.

      1. Es ging mir nicht um „identitäre Bewegungen“ links und rechts, sondern um die sich selbst so nennende neu-rechte identitäre Bewegung:
      https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4re_Bewegung
      2. „Ja, ich denke, es gibt ihn noch, den guten alten Antisemitismus bei den o.A. Unaussprechlichen, aber niemand auf der Welt bemüht sich doch mehr darum, ihn nicht zu haben.“ Als wer? Als wir Deutsche, nehme ich an. Und dieses unsäglich gute Gewissen, gepaart mit einem nicht zu übersehenden Schuss Wehleidigkeit – niemand ist mehr stolz darauf, Deutscher zu sein, buhuu – , macht viele Deutsche völlig unempfindlich für den nach wie vor bestehenden, ja neu entstehenden Antisemitismus in ihrer Mitte.
      3. „Dieser Gil Ofarim ist eine individuelle Knalltüte und mehr ist doch zu dem Fall nicht zu sagen.“ Nun, Sie wissen Bescheid. Und damit sehr viel mehr als ich. Es muss schön sein, so durchzublicken.

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        Ich denke, Sie verwechseln da was:
        „Und dieses unsäglich gute Gewissen, gepaart mit einem nicht zu übersehenden Schuss Wehleidigkeit – niemand ist mehr stolz darauf, Deutscher zu sein, buhuu – , macht viele Deutsche völlig unempfindlich für den nach wie vor bestehenden, ja neu entstehenden Antisemitismus in ihrer Mitte.“
        Das „unsäglich gute Gewissen“ manifestiert sich wohl eher in solchen Sätzen, wie „die Welt beneidet uns um dieses Denkmal“ angesichts einer Rede im Zusammenhang mit der Berliner Holocaust-Gedenkstätte, also dem Sündner-Stolz.
        Wer im Ausland nicht als Deutscher erkannt werden will, tut das sicherlich nicht aufgrund eines „unsäglich guten Gewissens“.

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      Hiermit will ich nichts relativieren oder gleichsetzen. In meiner Klassenstufe konnte man Gastarbeiterkinder an einer Hand abzählen. Und der Wind wehte rau (naja, 12Jährige halt), aber zu meinem Glück warm. Jeder hat es abbekommen (auch ich habe ausgeteilt…reichlich) und weil ich (reichlich) einstecken und (mit Freude) austeilen konnte, erwarb ich mir Respekt. Und wirkliche Freunde. Wäre ich aber nicht so kompatibel mit der Eifeler Frohnatur gewesen, wie unser schwuler Klassenkamerad oder das stille Mädchen, dann wäre die Schulzeit ein mittelmäßiger Albtraum gewesen. Und wenn ich dies als Alptraum empfunden hätte und der Alptraum nach Schulschluss nicht aufgehört hätte, hätte ich wohl irgendwann den Kanal voll gehabt. Zumal Ofarim rein optisch (als Künstler, der er ist, mit Instagram usw) eine Sensibilität ausstrahlt, die auch Anhänger vermeintlich echter Männlichkeit anspricht. Er provoziert eine entsprechende Klientel, alleine schon deswegen, weil er aussieht, wie er aussieht. Ja, mein erster Gedanke war „zickige Schwuchtel heult auf Instagram“. Der zweite Gedanke war, naja, wenn er meine Packung bekommen hat und das nicht nur ein paar Schuljahre, sondern schon ein ganzes Leben, welche übermenschliche (pun intended) Kräfte muss ein einzelner Mensch wohl haben, um nicht zickig zu sein. Wenn die Lunte ständig angezündet wird, ist sie irgendwann sehr kurz. Man hat keinen Bock mehr, immer mit stoischer Ruhe die Situation ins karnevalistische zu ziehen, über den Dingen zu schweben oder wie John Wayne immer gelassen in den Sonnenuntergang zu reiten. Ich hatte den Moment, als meine Bank bei meinem Arbeitgeber anrief, um zu prüfen, ob es den Herrn Stevanovic denn wirklich gäbe, oder ob er die Kreditunterlagen schlicht gefälscht hat. Es war eine naive Sachbearbeiterin, aber ich hatte keinen Bock mehr, den Onkel Tom zu machen, nicht an dem Tag. Warum sollte Ofarim nicht zicken? Warum sollte er dabei nicht die Situation falsch einschätzen? Warum sollte ihm seine Erfahrung nicht sagen, dass es besser ist, nach Vorne zu gehen und nicht die linke Backe hinzuhalten? Wenn man sich Ofarim aus verschiedenen Perspektiven anschaut, wird einem klar, dass er in jeder Hinsicht die Kriterien für ein perfektes Opfer abgibt und ich wette, ohne ihn zu kennen, dass jedes Freibiergesicht und jeder breitbeinige Schischaraucher es bei ihm versucht, sobald er Gelegenheit dazu hat. Denn das Geheimnis meines Erfolges war die Tatsache, dass ich schwächere genauso gemobbt habe, wie alle anderen auch und einen Ofarim hätte ich gemobbt, einfach, weil er kein so dickes Fell hat. Und jetzt stellen wir erstaunt fest, was wir eigentlich die ganze Zeit hätten wissen können, dass Ofarim nicht Sprecher der Juden oder der Femininen Männlichkeit ist, sondern nur ein Mensch, der (vielleicht – wir werden es nie wissen) im falschen Moment den Kanal voll hatte. Nach den tausend Erfahrungen der Demütigung, die er (ich bin mir sicher – Jungs wie ich, jeder Nationalität, sorgen schon dafür) erlebt hat.
      PS: Auch die Kritiker des Hotels und der misslungenen Demo sollten erst mal nachschauen, ob die „PR-Expertin“ des Hotels nicht eine überforderte Bachelor-Chantal Ende 20 war, die sich im Auge eines Shit-Orkans wiedergefunden hat. Ich weiß es nicht.

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        Ofarim hat, wie jeder sein Recht auf Zickigkeit. Und andere haben das Recht, letzteres festzustellen. Wo es mir drum ging, lieber Stevanovic, ist dass ich meine, dass dieser ‚Vorfall’ keine politische Bedeutung hat oder – von mir aus – haben sollte. Meines Wissens hat er doch gar keinen Davidstern getragen, den man ihm überhaupt hätte verbieten können. Also um was geht es: Wer sich exaltiert verhält (das vornehmere Wort für ‚du Opfer‘) muss mit Spott und Mobbing rechnen, das wollten Sie wohl auch sagen. Und das ist nun mal etwas anderes als Antisemitismus. Möglich, dass es auch Antisemitismus war, der den Münchener hat allzu nervös und fahrig werden lassen, möglich aber auch, dass er dazu neigt, sich hinter dem Vorwurf ‚Antisemitismus‘ zu verstecken, weil er vielleicht mal wieder ‚wegen seiner Art‘ aneckt. Muss mich letzteres interessieren, muss ich den Vorfall, das Verhalten des Herrn Ofarim bewerten? Nein. Wegen s.o., er trug gar keinen Davidstern. Zuviel Aufmerksamkeit schadet – wahrscheinlich auch dem Herrn Ofarim selber und deswegen sollte man die Sache möglichst großzügig übergehen, dann hat er auch nicht, wie Schuster vom Zentralrat meinte „der jüdischen Sache einen Bärendienst erwiesen“ sondern einfach festgestellt, dass er noch ein paar Jahre zum Erwachsenwerden braucht und damit ist er ja nicht alleine. Was das Hotel angeht: Verständlich, dass sie dort ein Interesse daran haben, die Sache klar und richtig zu stellen.

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        Ich staune immer wieder, wer alles so genau weiß, was in Leipzig und in Ofarims Kopf los war. Also, ich weiß es nicht.

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        Lieber Alan Posener, man kann nur vemuten, was in seinem Kopf vorgeht, aber die Möglichkeiten scheinen nach Kenntnisstand doch arg begrenzt zu sein. Und wenn Sie – ich vermute richtigerweise – schreiben „Denn – zweitens – fand kein Jude, der in Deutschland lebt, Ofarims Geschichte per se unglaubhaft.“, ist es um so schlimmer, diese Paranoia mit falschen Anschuldigungen in den asozialen Medien noch anzufeuern. Diese junge Mann will mit den Gefühlen anderer spielen und richtet damit Schaden an. Und deswegen wäre es wichtig, das Naheliegende zu tun und ihm seinen Infomüll vor die Füße zu kippen, statt noch darüber auch noch ernsthaft zu räsonieren, frei nach nach dem Motto: ‚ Stimmt zwar nicht, was er behauptet, aber es könnte ja richtig sein..‘
        Wie Sie beim Thema ‚Corona‘ bereits erkennen konnten, mag ich das nicht, wenn mit falschen Zuweisungen und Anschuldigungen gespielt wird („Pandemie der Ungeimpften“ – nicht wahr?) und es wäre eine schöne und hehre Aufgabe des Journalismus, weniger nach eigenem Gusto oder gemäß dem gerade herrschenden Zeitgeist zu philosophieren und statt dessen sich mit den Fakten (und dazu gehören keine Spekulationen, auch keine wissenschaftlichen und psychologischen) entsprechend der eigenen politischen Orientierung zu befassen.
        Hier: Er hat keinen Davidstern getragen. Ofarims Anschuldigungen sind Stuss. Seine Motivationen sind Privatsache und er muss es mit sich selber ausmachen. Punkt.

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        Lieber KJN, Sie begreifen leider nichts. Wenn Sie nach Lektüre dieses Artikels immer noch der Meinung sind, die Juden hierzulande litten unter „Paranoia“, dann muss ich einfach passen. Sie sind für mich nicht erreichbar. Wechseln wir das Thema. Es gibt Grenzen der Verständigung, und die sind hier erreicht.

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        ..ok. – Sie wollen nicht, denn Sie werden unsachlich und haarspalterisch und hängen sich an einem Begriff auf. Auch nicht das erste Mal übrigens. Aber jeder hat seine Grenzen. Respektiere ich. Nur richtigstellen möchte ich schon: „Ja, ich habe Paranoia, aber man ist dennoch hinter mir her..“ wird Woody Allan zugeschrieben und das trifft es: Paranoia mit Gründen also. Eine ernste Sache. Lässt Leute ihr Leben auf gepackten Koffern sitzend verbringen. Und Ofarim hat damit gespielt. Toll, danke Herr Ofarim.
        Daraus abzuleiten, ich hätte sowas gemeint, wie ‚Die Juden in D spinnen, weil sie Paranoia haben..‘ lässt mich erkennen, da will jemand gar nicht diskutieren. Weder bei ‚Klima‘, ‚Corona‘ oder jetzt hier. Ist ok. Ich danke Ihnen für die Zeit bisher, mir zu antworten.

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      Ich kann dazu nur beitragen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Ofarim sich die in Frage stehenden antisemitischen Sprüche in diesem Hotel bewusst ausgedacht hat. Die Vorstellung, er wolle sich auf diese Weise für irgendein Versäumnis seitens des Hotels rächen, halte ich für hochgradig unwahrscheinlich – und für geradezu primitiv, ein primitives Verständnis von der Motivation handelnder Personen. Was natürlich nicht heißt, das es so nicht gewesen sein kann – es gibt nichts, was es nicht gibt, wie man so schön sagt.

      Aber ohne Beweis glaube ich daran nicht. Wenn es diese Sprüche nicht gegeben haben sollte, ist es viel wahrscheinlicher, dass es ein Missverständnis gewesen ist.

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        „dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Ofarim sich die in Frage stehenden antisemitischen Sprüche in diesem Hotel bewusst ausgedacht hat.“

        Norbert Meier hat sich mal einen Kopfstoß ausgedacht und ist auf dem Rasen rumgerollt wie ein sterbender Schwan.
        Ich denke, Gil und Norbert waren nicht ganz ehrlich.

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      Lieber Klaus,

      „Identitäre Bewegungen, in der Mehrzahl stramm links.“ Belege? Zahlen?
      “ …, gebürtig Deutscher, reinrassig Deutscher, Biodeutscher und wie immer das Verbotene (sic!) nun genannt wird, …“ Wer verbietet das? Habe ich da was verpasst? Sie sind Sie (unterstelle ich mal) und ich jetzt in Deutschland verboten, unaussprechlich?
      „Alle (sic!) wollen doch im Ausland nicht als Deutsche erkannt werden.“ Geht Ihnen das tatsächlich so? Können Sie sich vorstellen, dass es Leute wie mich gibt, die noch nie ernsthaft darüber nachgedacht haben, ob sie im Ausland als Deutsche erkannt werden? Geschweige denn darüber, ob sie ihr „Deutschsein“ eintauschen sollten „gegen irgend etwas Lockereres“.
      Juden leiden in Deutschland unter Paranoia? Antisemitismus ein Wahn?
      Was ist los bei Ihnen? Ich frage Sie das ganz ernsthaft – in Ihrer begründeten Skepsis über die Berichterstattung über dieses und jenes auch in den „sozialen Medien“ schütten Sie angesichts des abwägend und mit Belegen argumentierenden Artikels von Herrn Posener augenscheinlich das Kind mit dem Bade aus.
      Ach ja, und von Fußballfankultur mit ihrem durchaus verbreiteten Judenhass in Deutschland (und ja, auch (!) in Deutschland) haben Sie augenscheinlich gar keine Ahnung.
      Wo ist der streitbare, klug argumentierende Geist KJN geblieben?

      Mit besten Grüßen

      Stefan Trute

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        Lieber Stefan.. ich lese das jetzt erst.. nochmal, ich habe gesagt, wollte, sagen, habe mich wohl unklar ausgedrückt (suchen Sie sich was aus, ich weiß es nicht wie ich es ausdrücken soll..), dass ich es für sehr falsch halte, das Thema Antisemitismus am Thema Ofarim aufzuhängen, wie Alan Posener das gemacht hat. Der strunzdumme Antisemitismus im Fußball-Milieu und im rechten Milieu ist mir bekannt, aber ich würde es begrüßen, wenn sich mehr um den intelligenten Antisemitismus kümmern würde, weil der nicht so leicht erkennbar ist und damit in eine Zeit gerettet wird, wo vielleicht keiner mehr Lust hat, sich sub-subalterne antisemitische Reiz-Reaktionswesen im Fußball- und Bierdunstmilieu aufzuregen. Was die ‚neue Rechte‘ angeht: Sie ist intellektuell, soziologisch, was auch immer, das Gegenteil derer, die sich an dem Fall Ofarim mit dem ‚Argument’ „Seht, wie die Juden immer das Schuldgefühl der Deutschen ausnutzen wollen“ delektieren und eben nicht per se antisemitisch, sondern haben im Gegensatz zu unseren Politikern ein feines Gefühl dafür, was die einfachen Leute (ich bitte zu verstehen, was ich damit meine) nervt. Und wenn das Ressentiment für sie nützlich ist, werden sie es nutzen. Weil es nutzbar ist. Alles was nutzbar ist, wird genutzt. Zum Guten oder Schlechten. Ich kenne das aus Physik und Technik. Linker Aktivismus (‚Woken’, Identitätspolitik usw.) hat das nicht begriffen und ich traue ihnen auch nicht zu, das jemals zu begreifen, weil sie im Grunde selber so ticken. Und nein, ich denke nicht anders als bisher. So, jetzt muss ich aber wieder meine Ingeniörssachen machen. Hoffe, dass Sie das noch erreicht und Grüße

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        Lieber KJN: „Ich würde es begrüßen, wenn sich (Posener) mehr um den intelligenten Antisemitismus kümmern würde …“
        Wie wäre es hiermit:
        https://starke-meinungen.de/blog/2021/08/01/a-dirk-moses-israelhass-ueber-alles/
        Oder hiermit:
        https://starke-meinungen.de/blog/2021/06/30/aleida-assmanns-neuer-linker-katechismus/
        Oder hiermit:
        https://starke-meinungen.de/blog/2021/04/14/holocausterinnerung-als-hindernis-fuer-den-kampf-gegen-die-moderne/
        Oder hiermit:
        https://starke-meinungen.de/blog/2021/04/14/ist-der-antisemitismus-eine-spielart-des-rassismus/
        Oder hiermit:
        https://starke-meinungen.de/blog/2021/01/02/ein-schlechtes-ei-teil-1/
        (Dazu gibt es auch einen Teil 2)
        Das sind nur die Beiträge auf diesem Blog und nur die aus diesem Jahr.
        Mir zu unterstellen, ich würde mich nur, vornehmlich oder – eigentlich – überhaupt mit dem „sub-subalternen antisemitischen Reiz-Reaktionswesen im Fußball- und Bierdunstmilieu“ beschäftigen, ist geradezu atemberaubend daneben. Ganz abgesehen davon, dass es auch in diesem Text nicht allein, nicht einmal hauptsächlich darum geht, dem Titelbild zum Trotz.

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        Lieber Alan Posener, Sie können eigentlich bei mir davon ausgehen, dass ich Sie anspreche und benenne, wenn ich Sie meine. Die Texte, die Sie verlinkt haben, sind mir bekannt und ich schätze sie/Sie deswegen und wenn ich mich nicht mit dem Thema auseinandersetzen würde, hätte ich sie nicht gelesen.
        Die Antwort an Stefan Trute war auch an ihn gerichtet, als Erwiderung auf seine Einwände, nicht auf Ihre.
        Aber ich kann meinen Einwand, Gedanken zum Thema an Sie auch nochmal anders formulieren: Ich vermute, dass Jugendliche und nicht erwachsen gewordene mit Naziparolen und Antisemitischem vor allem eines wollen: Provozieren. Was ihnen ja auch in einem politisch korrekten Umfeld besonders gut gelingt. Die Volks-Pädagogik z.B. einer Amadeo-Antonio-Stiftung funktioniert daher nicht. Aber ich befürchte, auch da werden wir nicht einig.
        Einig sehe ich uns an dem Punkt, dass der Antisemitismus ein Mythos ist und tief verwurzelt in der europäischen Kultur. Und gerne da wieder auftaucht, wo man ihn nicht vermutet, zumindest nicht wenn man irgendwie doch links sozialisiert ist. (Und da, wo gar keine Juden sind.)

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        Gut, KJN. Aber – ich wiederhole es – die Fußballfankultur war nicht das einzige von mir angeführte Beispiel. Erwähnt wurden auch der islamische, der „israelbezogene“ linke, der alt- und neurechte Antisemitismus.
        Ich sehe keinen Anlass, einen dieser Antisemitismen mit Nachsicht zu betrachten.
        „Die Fußballfans sind nur Jugendliche, die provozieren wollen.“
        „Die muslimischen Jugendlichen, die Juden auf der Straße angreifen, sind halt so erzogen worden, sie wissen es nicht besser.“
        „Man kann verstehen, dass Palästinenser Israel hassen.“
        „Es gibt kaum noch diese ewiggestrigen alten Männer.“
        „Die Neue Rechte steht doch fest an der Seite Israels und gegen den importierten Antisemitismus.“
        Ich unterstelle Ihnen nicht alle dieser Positionen, Sie haben sich ja nur zu den Fußballfans geäußert.
        Ich denke jedoch, wenn man sich einmal in die Haut eines deutschen Juden hineindenkt, sieht man sofort die Sache anders. Und das habe ich versucht.

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        Oha, Alan Posener!
        “„Die Fußballfans sind nur Jugendliche, die provozieren wollen.““
        ..so bitte nicht!
        Das mit dem ‚nur‘ habe ich nie behauptet und ich kann auch dünnhäutig sein.
        Ich habe gesagt, dass viele Fußballfans, Hakenkreuzschmierer usw. das Bemühen, Antisemitismus zu benennen gerne nutzen, um zu provozieren, weil die Wirkung garantiert ist. Ich finde es wichtig, zu wissen, wo die tatsächliche Gefahr liegt.
        Und Grund meines Widerspruchs war, dass ich sehr wohl weiß, wie es sich anfühlen kann, auf gepackten Koffern zu sitzen. Ich habe Beispiele aus meiner Verwandschaft, dass das Leben aufgrund dieser Angst sehr viel anders und damit bestimmt nicht besser verläuft und ich weiß auch, dass diese Angst auch meinen Vater arg beschäftigte. Das Thema berührt nun mal, wenn man familienbedingt damit zu tun hat und es nicht verdrängt oder letztlich verdrängen kann. Und deswegen finde ich, dass man mit diesen Behauptungen sehr vorsichtig umgehen muss und deswegen habe ich mich über den Herrn Ofarim sehr geärgert. Dass ich mich überhaupt mit dem Thema beschäftige, hat mit dem, was ich aus meiner Familie und Verwandtschaft weiß, zu tun und es berührt die Existenz unmittelbar. Ich habe kein akademisches oder intellektuelles Interesse daran. Wenn ich damit in Ihren Augen ein Antisemit bin oder ‚antisemitische Klischees bediene’, nur weil ich versuche, herauszufinden, abzuschätzen, was wirklich in diesem Land los ist, ist es mir ehrlich gesagt dann auch wurscht. Weil ich dann offensichtlich wirklich den Diskurs, wie Sie ihn sich wünschen, nicht führen kann.

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        ..überhaupt – zur sprachlichen Logik:

        „Die Fußballfans sind nur Jugendliche, die provozieren wollen.“
        „nur“ ist eine Verharmlosung, weil man es nicht wissen kann, „auch“ halte ich bekanntlich für realistisch. Es kann auch Ausdruck einer Hoffnung sein. Und die scheint mir nicht unberechtigt.

        „Die muslimischen Jugendlichen, die Juden auf der Straße angreifen, sind halt so erzogen worden, sie wissen es nicht besser.“
        Wenn sie Juden angreifen sind sie Antisemiten und die, die das entschuldigen wollen auch.

        „Man kann verstehen, dass Palästinenser Israel hassen.“
        Ein tatsächlich aus seinem Haus vertriebener Palestinenser, der noch seinen Schlüssel aufbewahrt und Israel hasst, mag individuell durchaus einen Grund dafür haben, „man“ nicht. Wer das auf ‚allgemein’ umdeutet hat andere Gründe und die sind aller Wahrscheinlichkeit nach antisemitisch.

        „Es gibt kaum noch diese ewiggestrigen alten Männer.“
        Reine objektive Feststellung. Was soll daran antisemitisch sein? Braucht der Antisemitismus „ewiggestrige alte Männer“? Ich denke nicht.

        „Die Neue Rechte steht doch fest an der Seite Israels und gegen den importierten Antisemitismus.“
        So präsentiert sie sich mehrheitlich. Was ist an dieser Feststellung antisemitisch?
        Ob diese Positionierung ehrlich gemeint ist mag man bezweifeln, aber welche politischen Positionierungen sind absichtsfrei?

        Lieber Alan Posener, bei Ihrer Argumentation sind schon eine Menge Unterstellungen und Voreingenommenes. So wird der Vorwurf ‚Antisemit‘ zu einem politischen Kampfbegriff und ich denke, das wollen wir beide nicht. Bei aller erforderlichen ‚wokeness‘ (..und nein, man ist nicht erst Antisemit, wenn man Juden tätlich angreift).

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        Lieber KJN, nie und nirgends habe ich Sie als Antisemiten bezeichnet. Sie wehren sich also gegen etwas, was Ihnen nicht unterstellt wird. Sie behaupten, meine Beiträge hier auf SM gelesen zu haben, und dann schreiben Sie: „So wird der Vorwurf ‚Antisemit‘ zu einem politischen Kampfbegriff …“ Ich bekämpfe aber nicht Personen, sondern Ideen. ich vermeide es, wo es nur geht, jemanden als „Antisemiten“ zu bezeichnen, und ich habe hier auf SM über den „Antisemitismus ohne Antisemiten“ geschrieben.
        https://starke-meinungen.de/blog/2019/10/01/antisemitismus-ohne-antisemiten-2/
        Ich habe auch die von Ihnen kommentierten Sätze nicht als antisemitisch bezeichnet, sondern es sind Äußerungen, die ich immer wieder höre und die den Antisemitismus verniedlichen sollen. So auch der letzte Satz, der eben nicht hinterfragt, warum die Neue Rechte „für Israel und gegen den importierten Antisemitismus ist“, und wo sie – Gaulands „Vogelschiss“, Orbans Soros-Kampagne, Hohmanns Tätervolkrede usw. usf. – in der Tat antisemitische Narrative weiter bedient.
        Und noch einmal zu Ofarim: Sie wissen nicht, was da passiert ist, ich weiß es auch nicht.

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        Lieber Alan Posener
        Ich bekämpfe aber nicht Personen, sondern Ideen.
        Das ist natürlich eine ganz andere Perspektive. Und das finde ich auch sehr gut. Die Frage, die für mich dahinter stände, wäre, ob die Katastrophe nur an Ideen hängt bzw. was noch dazu kommen muss. Aber lassen wir das gerne.

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    „Für die Juden in Deutschland ist die Motivlage ihrer Feinde gleichgültig.“
    Da gebe ich Ihnen vollständig recht. Nur denke ich, daß wir uns um jede einzelne Motivlage bemühen müssen, um dem Problem des Antisemitismus‘ wirksam zu begegnen. Sie haben ja schon exemplarisch einige „Motivgruppen“ und deren Motive herausgearbeitet. Einem Hooligan bspw., der aus physischer Brutalität antisemitisch provoziert, muss man anders begegnen, als einem Migranten, dem seit Kindesbeinen an der Antisemitismus eingeträufelt wurde, damit wir den Antisemitismus wirksam vermindern können. Sie haben mit Ihrem Artikel den Aufschlag gemacht, die unterschiedlichen Gruppen und deren Motive zu finden. Nun müssen wir daran arbeiten, Möglichst viele Gruppen und Motivationen herauszuarbeiten und Strategien der Bekämpfung dagegen zu finden. Ein langer Weg?

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      Weiss nicht mal, ob die Motivsuche was nützen würde. Antisemitismus ist tief in alle Schichten europäischer, mündlicher wie schriftlicher, Überlieferung eingebettet. Von dem gierigen jüdischen, krummnasigen Kaufmann in Karl Mays (de facto) Kinderbüchern über das Klischee des jüdischen, vaterlandslosen Gesellen (George Soros) bis hin zu dem Neidhass auf wegen Antisemitismus bekannte, erfolgreiche Bankbesitzerfamilien (Rothschild). In fast alle gängigen Weltverschwörungstheorien (Illuminaten et al) sind Juden in tragenden Rollen eingewebt, mal ablehnend, mals bewundernd, aber immer herausgehoben. Die Verbindung von Jude und Geld sitzt fest in den Hinterköpfen vieler Menschen.

      Die Aufzählung ist notwendigerweise sehr unvollständig. Aber ich kam mit dem Zählen antisemitischer Klischees auch da, wo ich sie nicht vermutet hätte, in meinem Leben nicht mehr nach. Und auch ich hatte nicht immer den notwendigen Mut oder die notwendige Bereitschaft zum eventuellen Abbruch einer Verbindung, um immer entschieden hineinzugrätschen. Aber selbst wenn ich den gehabt hätte – es hätte nicht gereicht. Der Antisemistismus wird auch innerhalb Europas über so viele Kanäle und Kanälchen, über Bücher, Filme, Erzählungen, Mythen, Anekdoten, Kindergeschichten oder Propagandaschriften weitergetragen, dass ich mittlerweile glaube, dass an eine Ausrottung nicht zu denken ist.

      „Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz“ war und bleibt eine eklige Lüge oder (schlimmer) frömmelnder Selbstbetrug. Sie ist durch Zuwanderung nur ein bisschen grösser geworden, mehr nicht.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

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