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Ein faules Ei

1895 erschien in der Londoner satirischen Zeitschrift „Punch“ eine Karikatur mit dem Titel „Wahre Bescheidenheit“. George du Maurier zeichnete einen jungen, etwas ängstlich dreinschauenden Pfarrer am Tisch seines Bischofs. Der Bischof sagt: „Ich fürchte, Sie haben ein faules Ei bekommen, Mr. Jones.“ Der Pfarrer erwidert: „O nein, Mylord, ich kann Ihnen versichern, dass Teile davon ganz ausgezeichnet sind.“

Die Karikatur ist unsterblich geworden, denn die Redewendung, „a curate’s egg“ ist inzwischen Teil der englischen Sprache. Ein faules Ei stinkt nun einmal zum Himmel, und nur „wahre Bescheidenheit“ entdeckt in ihr „ganz ausgezeichnete“ Teile. Thilo Sarrazins neues Werk ist ein solches Ei. Weiterlesen

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Entschuldigung, Jörg Blech!

Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle Jörg Blechs Titelgeschichte im „Spiegel“ kritisiert. Wie es meine (Un-)Art ist, habe ich es nicht an starken Worten („Bullshit“) fehlen lassen.

Umso angenehmer überrascht war ich, als sich Blech bei mir meldete und statt mich zu beschimpfen, wofür mir selber einige treffende Ausdrücke einfielen („Halbgebildeter“, „Hobby-Wissenschaftskritiker“, „Besserwisser“), ein Treffen vorschlug, bei dem wir über meine Kritik reden könnten. Ähnliches widerfuhr mir schon mit Blechs Kollegen Matthias Matussek und Jan Fleischhauer, die auch untereinander einen Ton höflich-ironischer Feindschaft pflegen, so dass ich mich schon frage, da ich anderswo wegen Meinungsverschiedenheiten ganz anders behandelt worden bin, ob das möglicherweise etwas mit der Kultur des Hauses zu tun hat. (Die Ausnahme bestätigt die Regel.) Weiterlesen

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No Angels

Im Prozess gegen die „No Angels“-Sängerin Nadja Benaissa tritt als Nebenkläger ein Frankfurter Künstlerbetreuer auf, der behauptet, von der HIV-infizierten Sängerin bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr angesteckt worden zu sein. „Du hast so viel Leid in die Welt getragen!“ rief der Mann im Gericht der Sängerin zu, die wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist.

Dann sagte er etwas, was mich stutzig machte: Besonders schlimm für ihn sei: „Ich hätte unzählige Frauen anstecken können, ohne es zu wissen.“ Daraus müssen wir entnehmen: Dieser „Künstlerbetreuer“, also Agent, hat mit „unzähligen“ Frauen ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt. Weiterlesen

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Röttgen wird die Atom-Schlacht gewinnen

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Im Moment läuft alles auf seinen Vorschlag zu: Moderate Laufzeitverlängerung fordert der Umweltminister. Die Zahl 14 Jahre ist im Umlauf. Seine Kontrahenten, allen voran die beiden Baden-Württemberger Stefan Mappus und Volker Kauder, wollen deutlich mehr. 28 Jahre kam einmal als Zahl aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Von diesem Vorschlag sind sie jetzt weg. In ihrem Umfeld purzelt die Zahl der Jahre, die Deutschlands Meiler noch am Netz bleiben sollen, stetig. Nach unten. In Richtung 14.

Herr Mappus und Herr Kauder erklären die Atomkraft zu einem wichtigen Bestandteil der Unionspolitik. Für das Engagement für die Atomkraft habe man sich seiner Zeit anspucken und verhöhnen lassen müssen, sagen sie zur Begründung. Richtig. Das war in den 70er-Jahren. Jetzt schreiben wir das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Die beiden Politiker sind in dieser Gegenwart noch nicht angekommen. Weiterlesen

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„Der Spiegel“: Bullshit über Gene

Im Sommerloch geraten wir Journalisten leicht in Panik, und so kann es kommen, dass der „Spiegel“ eine Titelgeschichte der Zerstörung eines Mythos widmet, den es gar nicht gibt, nämlich des Mythos, wir würden einzig und allein von unseren Genen kontrolliert.

Nie haben verantwortliche Wissenschaftler einen solchen Unsinn behauptet; und so kann Spiegel-Autor Jörg Blech auch kein einziges entsprechendes Zitat eines Genforschers anführen. Neulich hat – im „Spiegel“-Interview – Craig Venter wieder einmal entsprechende Fragen der Journalisten zurückgewiesen.

Eher wurde der Mythos der alles bestimmenden Gene von Gegnern der Genforschung und Gentechnik verbreitet, um leichtgläubigen Lesern und Technophoben Angst einzujagen. Weiterlesen

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Gute Fragen

„Warum sind die türkischen Jugendlichen heute so friedlich?“ fragt ein Schwimmhallengast den Bademeister in Til Mettes neuester Karikatur für den „Stern“. Die Antwort: „Ich habe 5000 Liter Baldrian ins Becken gekippt.“

Man will ja in der Ära Sarrazin kein politisch korrekte Miesepeter sein, also beschließen wir, das ebenso wenig rassistisch zu finden wie die Kritik von Mettes weniger begabtem Kollegen Bernd Zeller auf der „Achse des Guten“, Baldrian würde es nicht tun, „es müsste schon eine Ladung Östrogen sein“. Sexualneid ist schon etwas Peinliches. Weiterlesen

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Wen darf ich töten?

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Das fünfte Gebot lautet: Du sollst nicht töten. Es steht im 2. Buch Mose. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum wenige Seiten weiter im heiligen Buch von Juden und Christen das Töten fröhliche Urständ feiert und Unschuldige massakriert werden? Meine Antwort darauf ist: weil die Adressaten des Gebots die göttliche Weisung nur auf die Angehörigen ihres Stammes bezogen. Der andere, der Fremde, der darf weiterhin getötet werden. Der Nächste – er lebt nur in meiner Sippe. Weiterlesen

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Maulhelden und Hasenfüße

Am Wochenende haben die holländischen Streitkräfte ihren Abzug – sprich ihre Flucht – aus Afghanistan abgeschlossen. Sollen doch andere den Kopf hinhalten, vornehmlich natürlich die einfachen Afghanen, die Hauptopfer des islamistischen Terrors.

Bei dieser holländischen Hasenfüßigkeit fühlt man sich unweigerlich an jene andere holländische Heldentat der Nachkriegszeit erinnert, nämlich die Auslieferung der muslimischen Bevölkerung von Srebrenica an ihre christlichen Schlächter und Vergewaltiger vor gerade einmal 15 Jahren. Weiterlesen

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