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Sargnagel der FDP: Schwarz-Grün in NRW

Natürlich ware es ein verlockendes Experiment: Schwarz-Grün im größten Bundesland als Vorstufe zu Schwarz-Grün im Bund 2013. Und wenn die Zahlen es am Wahltag nicht anders hergeben, würde NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers diese Koalition wohl auch versuchen – auch wenn er sich jetzt gerade klar zur FDP als Wunschpartner bekannt hat.

Für Angela Merkel aber wäre dieses Experiment brandgefährlich – und zwar gerade, weil es für sie im Bund 2013 durchaus eine sehr interessante Option ist.

Die Folgen einer Abwahl von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen wären gravierend. Die Bundesratsmehrheit wäre weg und sowohl die Steuerreform als auch die Gesundheitsreform damit Makulatur. Zwar argumentieren viele, dass Merkel geradezu froh wäre, beide Themen vom Tisch zu haben. Das aber verkennt, dass auch die Kanzlerin die Mittelschicht entlasten will und die Kopfpauschale ihre eigene Erfindung ist.

Hinzu kommt, dass die FDP in einer solchen Situation Amok laufen würde. Ihr wichtigstes Thema, die Steuerreform, wäre ihr genommen. Ihre einzige Bündnis-Option, Schwarz-Gelb, futsch. Die „spätrömische Dekadenz“ von Parteichef Westerwelle wäre nur ein schaler Vorgeschmack auf das, was dann kommen würde. Nämlich eine Partei im Überlebenskampf. Und das ausgerechnet nach dem größten Triumpf der letzten Jahre. Merkel weiß sehr genau, dass sie in einer derartigen Konstellation das Regieren auch gleich zugunsten von ständigen Krisenmanagement aufgeben kann.

Auch inhaltlich allerdings wäre Schwarz-Grün in NRW eher ein Belastung für ein eventuelles Schwarz-Grün im Bund als eine gute Experimentierfläche. Denn Grüne und CDU haben in zwei entscheidenden Politikfeldern bislang nicht zu vereinenden Positionen – in der Bildungs- und der Energiepolitik. Beides aber spielt in NRW eine dominierende Rolle. Im Saarland hat der dortige CDU-Regierungschef Peter Müller diese Probleme aus dem Weg geräumt, indem er weitgehend auf die Position der Grünen eingeschwenkt ist. Doch ist wirklich denkbar, dass Rüttgers in NRW anfängt, Gymnasien zu Gesamtschulen umzubauen und Neubauanträge von Kohlekraftwerken abzulehnen? Was im kleinen Saarland unter der Wahrnehmungsschwelle der Medien durchrutscht, würde im großen Nordrhein-Westfalen zu Dauer-Konfliktfeldern aufgebaut.

Weitsichtigen Strategen sowohl bei den Grünen und in der Union ist natürlich klar, dass es irgendwann zu einem Bündnis auch auf Bundesebene kommen wird. Und Angela Merkel als Modernisierin der CDU ist eine passende Kandidatin, um ein derartiges Bündnis zu schmieden und zu leiten. Auch ist 2013 ein guter Zeitpunkt. Denn das würde der Kanzlerin noch weitere drei Jahre Zeit lassen, ihre Partei auf ein derartiges Bündnis vorzubereiten. Gleiches gilt übrigens noch viel stärker für die Grünen und Renate Künast (und ohne Jürgen Trittins Zustimmung ist der linke Flügel der Grünen ohnehin dafür nicht zu haben).

Schwarz-Grün in NRW würde Schwarz-Grün im Bund 2013 paradoxerweise behindern statt befördern. Selbst wenn es unter den Wählern beider Parteien eine Tendenz zu einem derartigen Bündnis geben sollte, gilt das nicht für die Funktionärsschicht beider Parteien. Sie würde jede noch so kleine Missstimmung in NRW ausnutzen, um Front gegen Schwarz-Grün zu machen. Der Abwehrkampf für Merkel wäre immens – zumal gleichzeitig noch die FDP in permanenter Randalier-Stimmung wäre.

Die Kanzlerin weiß, dass sie Schwarz-Grün im Bund nur dann durchbekommt, wenn es nach der Wahl keine andere Möglichkeit gibt. Noch ist Schwarz-Grün kein Bündnis, auf das die Partner zuarbeiten können. Sondern nur eines, das als letzte Spielvariante übrig bleibt, wenn alles andere nicht geht.

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4 Gedanken zu “Sargnagel der FDP: Schwarz-Grün in NRW;”

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    „Neuliberale Gruene“! als trojanische Pferde der „Neocons“ zum Zurueckdraengen der „Linke“. Jetzt hat das „Program“ die Generalprobe in Brasilien: Eine Parlaments-Abgeordenete der linken „Arbeiterpartei“ (PT) ist als Kandidatin der „Gruenen“ (PV) gegen die „Arbeiterpartei“ fuer die Praesidentschaftswahlen aufgetreten mit der Absicht genuegend Waehler von der PT abzureisen und damit die Praesidentschaft fuer die dort rechten „Sozialdemokraten“ zu sichern. Jetzt erkennen auch manche Brasilianer dieses trojanische Pferd – wie einer heute (30.Maerz) im „Estado de Sao Paulo“ schreibt: „Die Marina Silva is Neoliberal-Gruen“: Sie kritisiert das Infraestrikturprogram der PT von Praesident Lula – als Beispiel eine Strasse welche einen Teil des Amazonas verbindet – und sie verlautet das man besser die Preise des Flugverkehrs subventionieren sollte. Darauf mein noch ein anderer Leser:“ Sie will den grossen Fluggesellschaften helfen – gegen die kleinen Landtransportunternehmer!“ In USA ist die „Green Party“ wirkliche „links“, aber in manchen Entwicklunglaendern sind die „Gruenen“ teilweise „trojanische Pferde“ der grossen Industriestaaten welche keine wettbewerbsfaehige „Entwicklung“ in der Dritten Welt erleichtern moechten…

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    „Green Party“ in USA wird fast nur von Kuenstlern, Studenten und Akademikern gebildet und ist landesweit, aber fast unbemerkt aktiv. Die estremen reaktionaeren Republicans meinen: „Green is the new red!“ Trotzdem „ahne“ ich das die CIA in einigen Laendern ihre „Freunde“ in „gruenen“ Parteien and Bewegungen stationieren: Diese „Gruenen“ bremsen dann die Entwicklung des Landes wenn diese Entwicklung einen Wettbewerb mit USA Export herbeifuehren koennte (Baumwolle, Rinder, Huehner, Soya, Mais…). Oder wenn die „Gruenen“ die „Linke“ schwaechen koennte (siehe bald in Brasilien…).

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    Eigentlich wäre es konsequent, wenn die Grünen als Partei der scheinentspießbürgerlichten Mittelschicht ein Bündnis mit den Herren Rüttgers und Krautscheid eingehen würden. Und auch zu Merkel, Pofalla und Gröhe passen die selbst äusserlich mittlerweile ganz gut.

    Zum Glück gibt es da noch ein paar aufrechte linke Grüne, die dann vielleicht doch ihr Veto einlegen, bevor die Partei der Grünen endgültig zur neuen FDP wird. Ein schwarz-gelbes Bündnis würde vor allem der Linken im Westen helfen, da das linke Wählerpotential der Grünen dann zu einem großen Teil nicht zur SPD sondern zu den Linken wechseln wird.

    Die FDP könnte mittelfristig sogar davon profitieren, wenn sie sich auf ihre sozialliberalen Traditionen besinnen würde und damit bei Bedarf auch für Rot-Gelbe oder Rot-Gelb-Rote Koalitionen bereit zu sein.

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    Merkel ist doch eh wursch mit wem sie eine Koalition eingeht (regieren kann man das nicht nennen), Hauptsache sie bleibt Kanzlerin.
    Wenn sie mit der CDU fertig ist wird ihre Partei auf Augenhöhe mit der SPD sein.

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