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„PoC“, PC usw.: Wie Begriffe ihre Unschuld verlieren

Auf Facebook und Twitter entspann sich eine etwas surreale Diskussion um die Frage, ob ich die AfD als „fremdenfeindlich“ bezeichnen dürfe. Eine solche Bezeichnung, die andersaussehende Menschen als „fremd“ bezeichne, mache blind für den Rassismus, wenn sie ihn nicht sogar fördere. Eine türkischstämmige Diskutantin – wenn man bei der Beschimpfung, um die es meistens ging, wirklich von Diskussion reden kann, meinte, damit würde ich „alles negieren, wofür PoC seit Jahren in Deutschland kämpfen“. „PoC“ ist die Abkürzung für „People of Colour“, wofür es anscheinend keinen deutschen Begriff gibt. Jedoch bloß weil er nicht deutsch ist, ist die Bezeichnung „PoC“ nicht besser als „Farbige“; sie ist rassistisch, faschistisch und antisemitisch.

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Der Begriff „People of Colour“ ist rassistisch, weil er willkürlich ein einziges Merkmal – die Hautfarbe – nimmt, um eine dichotomische Unterscheidung herzustellen: hier Farbige, hier Weiße. Abgesehen davon dass manche Italiener, Spanier, Portugiesen oder Griechen dunkler sind als manche Iraner, Türken oder Araber, aber wohl mit „PoC“ nicht gemeint sind, unterstellt der Begriff eine Gemeinsamkeit aller Nichtweißen und eine Gemeinsamkeit aller Weißen, die es allenfalls in der Fantasie weißer Rassisten und Identitärer gibt.

Der Begriff „PoC“ ist faschistisch, weil er die Gegensätze innerhalb der „Rassen“ und die multiplen Identitäten aller Menschen leugnet. Weiße und schwarze Frauen, das wissen wir nicht erst seit #MeToo, leiden unter Sexismus und sexualisierter Gewalt. Schwule „PoC“ haben es oft schwerer als weiße – nicht in weißen Gesellschaften, sondern dort, wo „PoC“ die Mehrheit stellen, wie in Afrika oder der muslimischen Welt. Von Klassenunterschieden will ich gar nicht erst anfangen; der Unterschied zwischen etwa Carlos Ghosn oder Anshu Jain und dem mittellosen Flüchtling, der in Lampedusa anlandet, dürfte größer sein als jener zwischen jenen beiden und etwa Dieter Zetsche oder Mike Bloomberg. Es ist typisch für faschistische Ideologien, dass sie die Gegensätze innerhalb des „Volkes oder der „Rasse“ für unwesentlich, den Gegensatz zu den „Anderen“ – den „Fremden2 – aber für wesentlich erklären.

Der Begriff „PoC“ ist antisemitisch, weil innerhalb des Kollektivs „PoC“ für Juden kein Platz ist. Sie werden umstandslos den „Weißen“ zugeschlagen. Damit wird nicht nur ein Gegensatz einfach für nichtig erklärt, der über 2000 Jahre lang die europäische – also „weiße – Kultur mitgeprägt hat; indem die Juden zu Weißen erklärt werden, können ihre nationalen Bestrebungen, ihr Versuch, sich von der europäischen, antisemitisch verseuchten Gesellschaft zu emanzipieren und sich als Staatsvolk in der alten Heimat Israel zu konstituieren, als weißer Kolonialismus diffamiert werden.

Mir also die Verniedlichung des Rassismus vorzuwerfen, aber selbst einen rassistischen, faschistischen und antisemitischen Begriff zu gebrauchen: geht GAR nicht.

An diesem Punkt sollte ich sagen, dass ich das, was ich oben schrieb, nur halb ernst meine. Ich weiß, dass Leute den Begriff „PoC“ in der Regel einerseits aus Verlegenheit verwenden, um eine Realität zu bezeichnen, die sie selbst erleben, nämlich dass sie von der weißen Mehrheitsgesellschaft oft nach ihrer Hautfarbe charakterisiert,  beurteilt und diskriminiert werden; andererseits, um eine Solidarität derjenigen zu beschwören, die dergestalt als „Andere“ bezeichnet und gekennzeichnet werden.

Ich habe das aufgeschrieben, um klarzustellen, wie leicht es ist, Begriffe zu kritisieren und diese Kritik gegen Menschen zu verwenden, die jene Begriffe mangels besserer Worte verwenden. Ich könnte das mit jedem denkbaren Begriff durchexerzieren auf dem verminten Gelände dessen, was man früher in Europa und heute in Asien ganz ungeniert als die „Rassenfrage“ bezeichnete oder bezeichnet. Wenn man missverstehen und polemisieren will, findet man einen Grund.

Und wohlgemerkt: Meine Argumente gegen den Begriff „PoC“ sind nicht unsinnig oder trivial. Die dort angesprochenen, dem Begriff innewohnenden Probleme gibt es, und im Rahmen der „post-colonial studies“, der Kritik am „Orientalismus“, der „Critical Whiteness“ usw. kann man sehen, wie solche Tendenzen tatsächlich die vorgeblich progressiven Antiimperialisten, Rassismuskritiker und Antizionisten einholen. Begriffe sind nie ganz unschuldig. Aber man sollte sich bemühen, das zu verstehen, was mit dem Begriff ausgesagt werden soll; nicht als eine Art Sprachpolizei dem Benutzer eines Begriffs unterstellen, er oder sie meine das, was ich dem Begriff unterstelle.

Ach, um zum Begriff „Fremdenfeindlichkeit“:  Can Dündar war in der Türkei Chefredakteur der Tageszeitung „Cumhuriyet“. Zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt, lebt er seit 2016 in Deutschland. Wie wenige andere verkörpert er eine laizistische, demokratische und tolerante Türkei. Sein Kommentar zu Hanau trägt den Titel „Vereint als Fremde“. Darin schreibt er über die Gegensätze innerhalb der türkischen und kurdischen Gemeinschaft in Deutschland. Jedoch: „Die Morde von Hanau haben uns mit Kugeln gelehrt, dass wir eine über unsere Identitäten als Alte/Neue, Türken/Kurden, Erdogan-Anhänger/-gegner hinausgehende Identität besitzen. Sie lautet, ‚Fremde’ zu sein.“

In einem bemerkenswerten Essay hat Thomas Schmid diese Aussage kritisiert. Ich finde sie richtig. Leider.

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105 Gedanken zu “„PoC“, PC usw.: Wie Begriffe ihre Unschuld verlieren;”

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    ok also ich geh jetzt mal freundlicherweise davon aus, dass du alles falsch verstanden hast und es nicht deine schuld ist…
    poc beschreibt nicht die hautfarbe eines menschen. die hautfarbe ist egal, wenn es um den begriff geht.
    und Jüd*innen sind weiß. sie gehören auch zu poc.

    PoC ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und westlich wahrgenommen werden und sich auch selbst nicht so definieren. PoC sind nicht unbedingt Teil der afrikanischen Diaspora, ursprünglich ist der Begriff u.a. zur Solidarisierung mit Schwarzen Menschen entstanden. Schwarz und weiß sind dabei politische Begriffe. Es geht nicht um Hautfarben, sondern um die Benennung von Rassismus und den Machtverhältnissen in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft. Inzwischen wird häufiger von BPoC (Black and People of Color) gesprochen, um Schwarze Menschen ausdrücklich einzuschliessen. Etwas seltener kommt hierzulande die Erweiterung BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) vor, die explizit auch indigene Menschen mit einbezieht. Singular: Person of Color.
    https://glossar.neuemedienmacher.de/glossar/kategorie/01-wer-sind-wir/

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    Der Begriff „PoC“ ist weder rassistisch, faschistisch noch antisemitisch, weil er in harmloser Weise das Offensichtliche zu beschreiben versucht und dabei nicht abwertet oder einen Herrschaftsanspruch begründet oder irgendwelche Animositäten gegen Semiten anklingen läßt.

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    Testung danke

    Der eine sagt caucasian
    der andere Kaukasier

    Man läßt sich die Verwendung solcher Begriff nicht vorschreiben.

    Test

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    Ich vermute, Tobias Rathjen war Rezipient des amerikanischen Rassismus, der die Juden zu den Weißen (Caucasians) zählt, deswegen erwähnt er sie nicht. Rathjen adressierte seine Videos in englischer Sprache an das amerikanische Volk und beklagte skandalöse Zustände in Amerika, auf die er mit seinem Anschlag hinweisen wolle. Auch sonst deutet seine Ausführungen darauf hin, dass er sich an der Seite der USA sieht.

    Der ostdeutsche Attentäter von Halle hingegen war Hitler-Rezipient und nahm in altdeutscher Manier die Juden als rassisches Feindbild ernst.

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      Hat nicht der Hallenser jetzt geäußert, er hat keine normalen Deutschen als Ziel ausgewählt, weil man damit keine Aufmerksamkeit bekommt, in der linken BRD. Nicht sein Antisemitismus hat ihn evtl. zur Synagoge geleitet, sondern der Antigermanismus des Mainstreams.

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        Seit wann ist die „linke BRD“ so projüdisch, Herr Weller? Und, ähm, seit wann ist es nicht antisemitisch, Juden zu töten, wenn das Töten an sich nicht der Zweck, sondern das Mittel zum Zweck ist?

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        Der Bundespräsident ist zur Tür, die in Wahrheit ein Tor zum Hof war, geeilt. Hätte der Hallenser nur die 2 Deutschen erschossen, wäre der Bundespräsident nicht erschienen und die Medien hätten wie sonst auch, den Mantel des Schweigens drüber geworfen.

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    Wenn man das „Manifest“ des Wahnsinns von Tobias R. noch weiter durchgeht, stellt man fest, dass tatsächlich die Bevölkerung aller Staaten, die von People of Colour geprägt sind, ausgerottet werden soll. Übrig bleiben sollen nur Menschen germanischer Abstammung. Die slawischen Länder wurden von ihm irgendwie vergessen, Israel auch.

    Allerdings wünscht sich Tobias R. auch eine Zeitreise an den Anfang der Entstehung der Welt, um durch einen Zerstörungsakt die Menschheit gar nicht erst entstehen zu lassen. Er ist also vor allem auch menschenfeindlich.

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    Bevor herumtheoretisiert, wer da warum getötet wurde: Einfach mal die Quellen lesen, also das „Manifest“ des Attentäters. Dieser ist offenkundig nicht generell fremdenfeindlich, sondern kritisiert das „schlechte Verhalten bestimmer Volksgruppen“, insbesondere Kriminalität, insbesondere, aber nicht ausschließlich „Türken, Marokkanern, Libanesen, Kurden“. In den Shisha-Bars hoffte er sie am ehesten zu treffen. Sein Rassismus ist aber nicht nur auf islamische Länder gerichtet, sondern schließt auch Vietnam oder die Philippinen ein.

    Warum Florian Hartleb das Phänomen des Einzeltäterterrorismus nur als rechtsextremistisch erkennen will, verstehe ich nicht, wir erleben seit Jahren auch Einzeltäteranschläge, die von Muslimen begangen werden, auch in Form des Mikroterrorismus mit Beil oder Machete.

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      Lieber Münsteraner, Hartleb erwähnt auch die muslimischen „Einzeltäter“, aber sie sind nicht sein Thema.

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        Stimmt. Warum sind sie nicht sein Thema? Wird der islamistische Terrorismus (relativ oder absolut) an Bedeutung verlieren? Ist dies nicht der Fall, aber Hartleb will aus politischen Gründen eine neue Agenda setzen? Oder gebricht es Hartleb schlicht an den nötigen Arabisch-Kenntnissen, um sich fundiert mit islamistischen Terrortendenzen befassen zu können? Ausweislich seiner Website kann er nur Deutsch, Englisch und Französisch.

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        Ich denke, dass die Ähnlichkeiten zwischen islamischen und rechten „einsamen Wölfen“ interessant sind – männlich, jung, gescheitert, oft sozio- und psychopathologisch; gleichzeitig gibt es, was das virtuelle und reale Umfeld angeht, riesige Unterschiede. Es ist also legitim, jede dieser Erscheinungen für sich zu betrachten, wie es ja die Sicherheitsorgane ja auch tun.
        Ebenso legitim wäre eine vergleichende Betrachtung, aber dazu müsste man vielleicht, wie Sie andeuten, Arabisch können; was, so weit ich weiß, 99,9% der Islam- und Terrorexperten, die uns seit 9/11 einreden wollten, hier gebe es einen klaren Zusammenhang, der Islam sei im Grunde keine Religion, sondern eine politische Ideologie usw. usf., ja auch nicht können.
        Interessant ist überdies die Frage, ob es Zufall ist, dass es bisher keine (oder so gut wie keine) linken „einsamen Wölfe“ gibt; ich persönlich halte es nur für eine Frage der Zeit, bis der „Unabomber“ nNchahmer findet. Und dann wird in der Bundesrepublik publizistisch der Teufel los sein.

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        Es ist sicher kein Zufall, dass es keine linken „einsamen Wölfe“ gibt. Bereits der Begriff Sozialismus impliziert ja ein ausdrückliches Bekenntnis zur Gemeinschaft. Ein „einsamer Wolf“ ist ein Esoteriker. Der „Unabomber“ war dementsprechend zwar ein esoterischer Revolutionär, aber kein Linker: „Gerade seine Kritik an der Politischen Linken zieht sich durch das gesamte Manifest. Seines Erachtens würde diese gesellschaftlich bereits anerkannte moralische Prinzipien, wie beispielsweise Gleichberechtigung, als politische Ziele vertreten und so das System vielmehr unterstützen als dagegen zu rebellieren.“
        https://de.wikipedia.org/wiki/Theodore_Kaczynski

        Der unterstützte also ausdrücklich nicht die Gleichberechtigung und ist damit kein Linker.

      4. avatar

        Das stimmt schon, was Sie schreiben, lieber Roland Ziegler, linke ,Antifa‘- Brandsatz-Werfer, Autoabfackler u.A. linksfaschistische Gewalttäter auf allen Ebenen bestätigen sich mindestens seit RAF-Zeiten gegenseitig, das auf der ‚richtigen Seite‘ zu tun und dabei ‚anständig‘ zu bleiben.

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        Linke dürften weniger als Einzeltäter auftreten, weil Linksextremismus sozial und medial nicht so verächtlich und tabuisiert ist wie Rechtsextremismus und noch keine Mordanschläge gegen Personen durchgeführt werden. Die linksextremistische Szene ist auch viel größer als die rechtsextremistische.

        Es wird schon gewarnt vor Linksterrorismus.
        https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Verfassungsschutzchef-warnt-vor-Linksterrorismus,linksextremismus120.html

        Wenn die Gewalt gegen Sachen auch von links durch Gewalt gegen Personen ersetzt wird, haben wir eine Gewaltspirale, von der niemand weiß, wohin sie noch führt.

        Der IS-Terrorismus hat in der Tat merklich schlapp gemacht. https://www.sueddeutsche.de/politik/terrorgruppierung-islamischer-staat-wie-sich-der-niedergang-des-is-weltweit-bemerkbar-macht-1.3818776

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        Steile These, die Sie da im ersten Absatz aufstellen, lieber Münsteraner, daß „Linke [… } weniger als Einzeltäter auftreten [dürften], weil Linksextremismus sozial und medial nicht so verächtlich und tabuisiert ist wie Rechtsextremismus“. Haben Sie das mal gegen die Realität getestet?
        In den 1970ern, als der Terror der RAF das Land in Atem hielt, war es nämlich genau spiegelbildlich zu heute: Wer nicht bei drei die Todesstrafe für die Terroristen gefordert hatte, machte sich verdächtig, mit ihnen unter einer Decke zu stecken – was das gesellschaftliche Aus bedeutete, von Berufsverboten dank Radikalenerlaß bis hin zu Vernichtungsfeldzügen, die sich bürgerlich gebende Politiker und Publizisten starteten. Trotzdem sind „einsame Wölfe“ auf Seiten des Linksterrorismus aus dieser Zeit nicht überliefert oder haben es zumindest nicht geschafft, dauerhaft im Gedächtnis zu bleiben.

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        „In den 1970ern, als der Terror der RAF das Land in Atem hielt, war es nämlich genau spiegelbildlich zu heute: Wer nicht bei drei die Todesstrafe für die Terroristen gefordert hatte, machte sich verdächtig, mit ihnen unter einer Decke zu stecken – was das gesellschaftliche Aus bedeutete …“ Sehen Sie heute in Bezug auf den rechten Terror eine ähnliche – „spiegelbildliche“ – Situation? Ich nicht.

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    Eigentlich habe ich nichts gegen Nachrechnen, allerdings sollte man schon richtig rechnen und nicht Äpfel & Birnen durcheinanderwerfen. Zum Beispiel könnte man nachrechen, ob z.B. pakistanische oder syrische Ärzte wirklich leistungsschwächere Ärzte sind als deutsche, ob indische Programmierer und Mathematiker schlechter sind als deutsche. Aber wenn man das dann nachrechnet und zu einem unerwünschten Ergebnis kommt, macht man eine Kampage „Kinder statt Inder“. Wenn man aber doch zum erwünschten Ergebnis kommt, macht man eine Kampagne „Ausländer raus“.
    Aber dass IQ-Tests von Ungebildeten, die die Sprache der Tests nicht einmal richtig beherrschen, sich von denen von muttersprachlichen Studenten unterscheiden, muss man eigentlich nicht extra nachrechnen.
    Nützlichkeitserwägungen bei der Zuwanderung finde ich wesentlich plausibler als Überlegungen zum Fortpflanzungsverhalten von Staatsbürgern. Der Mensch darf nach Kant niemals bloß Mittel sein, er muss immer auch Selbstzweck sein. Allerdings darf er schon auch Mittel sein.

    Den Film Fackyu Göthe erfreut sich übrigens bei meinen Kindern einer gewissen Beliebtheit, und auch ich habe mich streckenweise gut amüsiert (jedenfalls beim ersten Teil, danach wird es etwas langweilig). Gut gefällt mir die von Katja Riemann gespielte Schulleiterin. Die Klischees nehme ich in Kauf, ohne sie geht es nicht (jedenfalls in den wenigsten Filmen). Klischees sind immer eine gute Quelle für Komik.

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      „Der Mensch darf nach Kant niemals bloß Mittel sein, er muss immer auch Selbstzweck sein. Allerdings darf er schon auch Mittel sein.“ Bei Kant steht das anders, glaube ich.

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        Bei Kant steht Folgendes: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
        So wie ich das verstehe, soll man einen Menschen „immer auch“ als Selbstzweck ansehen, aber solange man dies tut, darf man ihn außerdem auch als Mittel ansehen. Es wäre auch seltsam, wenn Kant sich dagegen aussprechen würde, z.B. einen Handwerker zu beauftragen.

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        Hier nochmal eine andere Stelle in auffallend ähnlicher Formulierung (wieder mit „bloß als Mittel“ und „zugleich als Zweck an sich selbst“ – das kann kein unbedachter Zufall sein:

        „Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, dass jedes derselben sich selbst und alle andere niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln solle.“

        https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ

        Natürlich liegt die Pointe auf dem Selbstzweck. Aber das Mittel wird ausdrücklich nicht zurückgewiesen, solange der Selbstzweck – die Menschenwürde-berücksichtigt ist.

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        Ich glaube, sie haben Recht, lieber Roland Ziegler. Danke für die Quellen.

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    @68er; Leider gibt es solche “Witze” in vielen Parteien ab und an … ‚

    … Ihre Rechtfertigung, die anderen haben auch – da entschlüpft meinem Hamster mal wieder ein Bäuerchen … werter 68er, Sie haben das mit den ‚Bekloppten‘ und dem ‚gefestigten Fundament des Hasses‘ immer noch nicht begriffen.

    Und Ihre Empathie für den von Merkels Gnaden gewählten Stalinisten Bodo Ramelow – ‚Heute habe ich mir den dritten Wahlgang in Thüringen angeschaut und mich gefreut, wie souverän Herr Ramelow …‘ … au-haua-ha.

    Ramelows Sowjet;
    Bildungsminister Helmut Holter, ehemals SED-Betriebsparteisekretär im VEB Beton Nord in Miltendorf, 1985 Absolvent der Parteihochschule der KPdSU in Moskau, dessen Vorgängerin Birgit Klaubert, seit 1973 SED-Mitglied
    #Birgit Keller, Landtagspräsidentin, gehörte der SED-Kreisleitung Sangerhausen an
    #Mathias Günther, Landesgeschäftsführer der Thüringer Linken, diente in der DDR als Offizier der Grenztruppen und arbeitete als IM der Staatssicherheit
    #Heike Werner, SED seit 1989, Gründungsmitglied der marxistischen Jugendvereinigung ‚Junge Linke‘

    Ramelow saß vor seiner MP-Zeit in der Geschäftsführung eines höchst verschachtelten SED-Stasi-Immobilien- und Firmenimperiums. Seine Co-Geschäftsführer und Zuarbeiter waren:
    #Matthias Schindler. War gerade 33 Jahre alt und die Mauer stand kurz vor dem Fall, als ihm die Spionageabteilung HVA der Staatssicherheit die Leitung eines wichtigen Referates übertrug. Schindlers Truppe kümmerte sich um die DDR-Botschaften in Afrika sowie in Latein- und Mittelamerika, wo sie ein Netz von Informanten unterhielt. Nach Auflösung des Geheimdienstes 1990 sattelte der Offizier zum Geschäftsmann um. Dazu passend schönte er seinen Lebenslauf und behauptete, von 1985 bis 1990 ‚in der Außenwirtschaft‘ tätig gewesen zu sein.
    #Fritz Arnd Augustin, einst Oberst in der Spionageabteilung, ehemaliger Vorgesetzter von Schindler.
    #Tilo Hejhal, Rechtsanwalt, wurde von Schindler geführt. Hejhal spitzelte als Student an der Ost-Berliner Humboldt- Universität unter dem Decknamen IM „Gottfried“. Führt heute Prozesse für die umbenannte SED.
    #Joachim Philipp, Jurist, arbeitet für die zentrale Firmenholding der Linkspartei, äh SED – die Föderative Verlags-, Consulting- und Handelsgesellschaft (Fevac). Als die GmbH 1992 gegründet wurde, war Philipp einer der drei Gesellschafter. Er hatte eine Karriere als gnadenloser Richter (und IM ‚Achim‘) am Ost-Berliner Militärgericht, der Angeklagte oft für viele Jahre ins Zuchthaus schickte. Im Mai 1984 verhängte Philipp eine einjährige Freiheitsstrafe gegen einen frustrierten Stasi-Leutnant. Angeblich hatte der einer Freundin ‚Hinweise für die Abfassung eines rechtswidrigen Antrags‘ auf Ausreise aus der DDR gegeben, was ihm als Straftat ausgelegt wurde. Dabei hatte er seine Bekannte lediglich auf gültige Gesetze und internationale Abkommen aufmerksam gemacht. An ihm wurde ein Exempel statuiert, ganz im Sinne der Stasi.
    #Ruth Kampa, hält mit Philipp 60 Prozent der Fevac-Anteile. Die DDR-Top-Agentin wurde zu Spionageeinsätzen ins Ausland geschickt. Kampa wurde Geschäftsführerin der SEDfraktion im Bundestag – und damit die rechte Hand von Gysi. Der ließ Kampa wegen der Stasi-Sache nicht fallen, sondern machte sie zur Justiziarin der Fraktion. Kipping und Riexinger sahen ebenfalls keinen Anlass, sich von der Vermögensverwalterin zu trennen.

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      @68er, Nachtrag

      … und damit Sie wieder runter kommen. Stalinist Ramelow wurde im 6. Wahlgang [sic!] mit 42 Stimmen, vermutlich die seiner Genossen, gewählt. Der AfD-Politiker Michael Kaufmann wurde mit 45 Stimmen zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtags gewählt. Die AfD hat im Thüringer Landtag 22 Abgeordnete.

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        Ja, das ist doch sehr schön. Eine Stimme war übrigens von Herrn Ramelow persönlich, der die nach meiner Meinung richtige Auffassung vertritt, dass die Parlamentsrechte einer jeden Partei, die nicht verboten ist und in einem deutschen Parlament vertreten ist, zu wahren ist.

        Es gibt kein Parlamentsrecht dem gewählten Ministerpräsidenten die Hand schütteln zu dürfen, der AfD steht aber das Recht zu den Vizepräsidenten des Landtags zu stellen. Und wenn der benannte nicht offensichtlich verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, sollte man ihn dann auch wählen können.

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      Hallo Hans,

      das ist eine sehr interessante Auflistung. Werde ich mir mal in Kürze genauer anschauen. Habe gerade mal Kampa und Philipp gegoogelt. Sehr interessant! Die Parteistruktur wird mir immer suspekter.

      68er

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    Sehr geehrter Herr Posener,
    Sie haben ein Faible fuer verbale Minenfelder, was Sie auszeichnet. PoC wird wissenschaftlich verwendet, aber die wenigstens von uns Menschen sind Wissenschaftler. Im Kern stammt diese Bezeichnung aus den Zeiten der Kolonialisierung, ist also konterminiert.
    Ein Idiot, und davon gibt es auf diesem Planeten leider mehr als ertraeglich ist, unterscheidet beispielsweise Menschen nach Hautfarbe, was wissenschaftlich gar nicht geht, weil die Ursprungsveranlagung aller Homo sapiens „dunkel“ ist. “Hell“ ist eine Mutation, mehr nicht. Helle Schweine die Sonnenbrand bekommen, sind ja auch nur Schweine.
    Es gibt zwei Moeglichkeiten Menschen zu unterscheiden: 1) was sie tun, und 2) welchen Charakter sie haben. In dieser Logik waeren Menschen im Zweifel nicht „fremd“, sondern in Teilen unbekannt, sie waeren dann maximal „different“ im Sinne von „nicht vertraut“.
    Unterscheidungsmerkmale fuer Menschen zu missbrauchen gelingt also nur Idioten, weil sie nicht einmal die eigene Sprache beherrschen und diese mit korrekten Begriffen verwenden koennen.
    Also, wer „fremd“ oder alle anderen Formulierungen zu voelkischen Begriffsdefinitionen nutzt, ist schlicht ungebildet, im Zweifel talentfrei und erlaeuterungsresistent, meist sogar ein Idiot.
    Also, beleuchten Sie die Begriffe bitte weiter, auf das etwaige voelkischen Leser an einem Magengeschwuer erkranken werden.

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    Hitler hat durchaus Züge, die man als Persönlichkeitsstörung einordnen könnte. Doch überwiegt bei ihm das politische Ziel, alle – wahnhaft – als Feinde bezeichneten und propagandistisch als „gefährlich“ etikettierten Menschen auszurotten. Da er außerdem keinerlei Leidensdruck hatte, ist es sinnlos ihn zu psychopathologisieren. Dies lässt sich aber nicht für alle Mörder verallgemeinern. Es gibt den geistesgestörten Menschen, den zu identifizieren ein wichtiges Anliegen ist.

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    Lieber Alan Posener: die Buchempfehlung ist überflüssig. „Einame Wölfe“ sind zu destruktiven Ausbrüchen disponiert, keine Frage. Aber eine ausgewachsene Paranoia allen Ernstes zum Anlass für eine politische Kampagne gegen rechtsextremen Terror zu nehmen und sich hier in diesem Forum undifferenziert dem mainstream anzuschließen, das ist schon ein starkes Stück! Bei einem schizophrenen und paranoiden Menschen genügen nun einmal die absurdesten Anlässe, um ihn in seinem Wahn verfolgt zu sein und um sich schlagen zu müssen zu bestärken. Hat er Waffen, steigt die Gefahr. Laien können das nicht einfühlen, sie sollten es aber auch nicht in ihre Sch bloßen pressen. Ich habe nichts gegen eine Verunglimpfung der AfD, aber leider funktioniert das nur kurzfristig. Die AfD muss aber langfristig und nachhaltig neutralisiert werden.

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      Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen: Man muss nicht psychotisch sein, um sich an Shisha-Bars und anderen sehr sichtbaren Elementen einer Parallelkultur zu stoßen, und man muss nur Bücher wie jenes von Thilo Sarrazin lesen, um darin eine tödliche Gefahr für Deutschland zu erblicken; dass diese sehr sichtbaren “Fremden” eine Landnahme planen, bei der “unsere” Frauen getötet oder vergewaltigt werden, kann man bei Akif Pirincci nachlesen, dass man sich der “Islamisierung” erwehren muss, auch mit “unschönen” Mitteln, sagt Björn Höcke immer wieder.
      Wenn also die Stimmen im Kopf das wiederholen, was Sarrazin, Pirincci und Höcke sagen: haben Sarrazin, Pirincci und Höcke damit nichts zu tun?

      Im übrigen erlaube ich mir auch „in diesem Forum“, mich „undifferenziert dem Mainstream anzuschließen“, wenn es sich ergibt, und das ist ziemlich oft, dass der Mainstream Recht hat. Ich habe schon in meinem Buch „Die empörte Republik“ dargelegt, dass die Dauerempörung, die den Populismus nährt, AUCH Produkt einer Originalitätssucht von Journalisten und Publizisten ist; der Titel dieses Blogs, „Starke Meinungen“, entstammt einer Zeit, da es als schick galt, solche zu haben. Die Zeiten ändern sich.

      1. avatar

        Lieber Herr Posener,

        es gibt einen schönen Text von Sibylle Berg im Spiegel zum Thema, der mir sehr gut gefallen hat:

        https://www.spiegel.de/kultur/nach-hanau-all-die-kleinen-brandstifter-sibylle-berg-kolumne-a-c0d17d92-49a5-4c8a-8247-28428a70bb37

        Sie haben Recht, wenn Sie auf die Gefahr hinweisen, die enstehen kann, wenn man Leute wie Pirincci und Höcke nicht ernst nimmt. Ich habe zuletzt versucht, an dieses „Flussbuch“ von dem Herrn H. zu kommen, um das mal aus erster Quelle zu lesen. Geld würde ich dafür ungern ausgeben. Leider gibt es das weder bei uns in der Stadtbibliothek und auch nicht in den Unibibliotheken hier in der Nähe. Insofern habe ich es auch sehr begrüßt, dass Frau Bednarz wenigstens ein kleines „worst of“ zusammengestellt hat.

        Vor allem dieser Satz, den ich schon vorher kannte, läßt mir bei jedem mal, wenn ich ihn lese, den Schauer über den Rücken laufen:

        „Vor allem eine neue politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben: Sie ist den Interessen der autochthonen Bevölkerung verpflichtet und muss aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“

        Björn Höcke, „Nie zweimal in denselben Fluss“, S. 253 f. August 2018

        Er erinnert mich dann doch zu sehr an Stellen in den berüchtigten „Posener Reden“ Heinrich Himmlers:

        https://de.wikipedia.org/wiki/Posener_Reden#Zur_Behandlung_der_V%C3%B6lker_Osteuropas

        P. S.: Leider stolpert man über diese Himmler-Rede auch, wenn man Ihren Namen googelt.

        Heute habe ich mir den dritten Wahlgang in Thüringen angeschaut und mich gefreut, wie souverän Herr Ramelow mit der Situation umgegangen ist und ich glaube an der Gratulation von Herrn Kemmmerich abgelesen zu haben, dass er mittlerweile verstanden hat, dass er da etwas gemacht hat, was er besser hätte bleiben lassen sollen.

        Bei der Gelegenheit möchte ich auch zum Ausdruck bringen, dass die Frau bei den Linken, die die „Erschießung“ des „einen Prozent Reichen“ gefordert hat, unverzüglich aus der Partei ausgeschlossen werden sollte. Und Herr Riexinger ist offensichtlich auch der falsche Mann auf dem Posten des Parteivorsitzenden.

        Leider gibt es solche „Witze“ in vielen Parteien ab und an:

        So sagte der Bürgermeister von Korschenbroich, Wilderich Freiherr von Mirbach Graf von Spee, im Januar 1986 während der Etatberatungen in seiner Gemeinde, daß „für den Ausgleich des Haushaltes einige reiche Juden erschlagen werden“ müßten.

        Bei seinem Rücktritt sagte er dann die bedeutenden Worte:

        „Wir müssen aufpassen, daß wir nicht auch in dem klebrigen Sumpf von Anstand und sozialem Frieden einsacken.“

        https://de.wikipedia.org/wiki/Korschenbroich#Zeitgeschichte

        Aus der CDU wurde er deshalb natürlich nicht ausgeschlossen. Von Spee gab sein Parteibuch erst 2003 freiwillig zurück, als er die Gefahr sah, dass die CDU der Legalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zustimmen könnte:

        https://rp-online.de/nrw/staedte/rhein-kreis/groehe-bedauert-den-schritt_aid-16767061

        Die Rheiniche-Pest „ehrte“ diesen zu früh geboren Noch-nicht-AfD-ler anlässlich seiner Todes im Jahr 2013 noch mit einem sehr wohlwollenden Nachruf:

        https://rp-online.de/nrw/staedte/korschenbroich/alt-buergermeister-graf-von-spee-ist-tot_aid-15283955

        Herzliche Grüße

        Ihr 68er

      2. avatar

        Was ist los mit mir, 68er? Volle Zustimmung. Na, wir werden uns über andere Sachen streiten können.

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        Ich habe das so verstanden, lieber KJN, dass auch Himmler glaubte, die SS könne Grausamkeiten begehen und dabei „anständig bleiben“. Höcke meint gewiss nicht den Massenmord. Vermutlich aber eine millionenfache Vertreibung und Ausbürgerung, was, ehrlich gesagt, schlimm genug ist.

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        Lieber KJN,

        ich vergleich Höcke nicht mit Himmler. Ich habe gesagt, dass bei mir der zitierte Satz dazu führt, dass ich an die Posener Rede von Himmler erinnert werde.

        Da funken meine Synapsen, weil diese da wohl in der Argumentationsstruktur, beim Thema und der Behandlung des Dilemmas, in der Unmoral moralisch bleiben zu wollen. Interessanterweise – und jetzt ziehe ich meinen Kopf schnell ein, weil ich ahne, wie ich gleich von allen Seiten beschimpft werde – ist das ein Dilemma, bei dem meine Synapsen unweigerlich auch den unsäglichen Aufsatz von Max Weber in mein Bewusstsein drängen und mich fragen lassen, ob die Haltungen (bitte beachten Sie den Plural Herr Nick!) von Himmler und Höcke nicht Fälle von vermeintlicher Verantwortungsethik sind und zeigen, wohin man mit diesem Werkzeuk zur Pervertierung der Moral gelangen kann.

        Beste Grüße

        68er

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        Lieber 68er, man kann natürlich den Satz von Himmler als eine letzte Konsequenz der Verantwortungsethik charakterisieren. Ich habe mal für „Sinn und Form“ anno 1990 einen Essay geschrieben, in dem ich Stalins Verbrechen aus der Rezeption von „Hamlet“ durch Karl Marx ableite. Als Student war ich ohnehin überzeugt, Maos Politik sei „marxistisch“. Vielleicht sollten wir genauer darauf schauen, wer was sagt und was sie damit meint(e). Max Weber hat bestimmt nicht an den Holocaust gedacht, Marx nicht an den Gulag. Vielleicht sollte man Ideen grundsätzlich nicht von ihrer „letzten Konsequenz“ her bewerten. Aber das ist ein sehr sehr weites Feld.

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        Und ich habe das so verstanden, lieber Alan Posener, dass Himmler das Gewissen seiner Schergen beruhigen wollte, indem er die Überwindung des anscheinend bei vielen anscheinend noch intakten Gewissens auch noch heroisierte, weil er keine Energie für irgendwelche Zweifel verschwendet haben wollte. Und zwar nach dem Massenmord.
        Wenn man in dem zitierten Satz ’neue‘ und ‚autochtone‘ streicht, also..

        „„Vor allem eine .. politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben: Sie ist den Interessen der .. Bevölkerung verpflichtet und muss aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“

        .., könnte das genauso gut auch für die derzeitige Regierung Merkel gelten, zumindest wenn man Ihrem Kollegen bei der WELT Deniz Yücel bezüglich der Vorgänge an der Türkisch-Griechischen Grenze Glauben schenkt, was ich tue. Ergebnis unüberlegter Stimmungspolitik von 2015 (= Populismus) und dem Versuch, die ‚hässlichen Bilder‘ ins Ausland zu deligieren. Ich habe anscheinend Schwierigkeiten damit, den Mist, der gebaut wird, abhängig von ihrem Urheber zu bewerten, weswegen mir das Eindreschen auf die AfD zunehmend als Ablenkungsmanöver erscheint.

        Mir liegt das besagt Buch von Höcke vor und ich scheine wohl zu faul zu sein, es zu Ende zu lesen, weil schlichtweg nichts neues darin steht, sondern nur der x-te Aufguss dessen (und noch nicht mal der Schlimmste), was in den 60er Jahren bei uns am Küchentisch mit Nachbarn und anderem Besuch gestritten wurde, während ich als Kind mit Spielzeugautos das Teppichmuster abfuhr. Früher sagte F.-J. Strauß: „Es gibt keinen Platz rechts von der CSU“ – und es war a Ruh‘. Heute ist die AfD die ‚bad bank‘ der bürgerlichen Parteien, die es vorziehen grün zu sein und viele nicht mehr ‚mitnehmen‘. Ich weiß nicht, ob das gut geht.

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        Der Punkt, lieber KJN, ist der: die Welt hat sich seit den Tagen von Franz Josef Strauß verändert. Und die Union mit ihr, was gut ist.

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        … der Ton macht die Musik; Gauland hätte, anders als ‚wir werden sie jagen‘, freut euch! wir sind gekommen um zu bleiben! … und Höcke stünde es besser die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland als Ziel zu benennen. Dem politischen Gegner sei der tägliche Aschermittwoch gegönnt. Das genügt. Die AfD wäre bei 50%. Sie werden es lernen. 😉

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        Lieber 68er, ok., jeder tickt da anders. Mir ist – so aus dem Bauch heraus, ich bin kein Philosoph – die ‚Verantwortungsethik‘ ebenso suspekt, wie die ‚Gesinnungsethik‘ und wie der Streit darüber, was da wohl besser wäre. Eine ‚Gewissensethik‘, falls es so etwas gibt, wäre mir lieber, weil sie im Individuum verankert wäre und kein kollektives Programm. Und das gleiche Unbehagen habe ich übrigens bei dem Text von Sybille Berg, den Sie verlinkt haben, mit seiner moralischen Anmaßung und Übergriffigkeit oder, falls sie es doch gar nicht so gemeint haben sollte, ihrem wohlfeilen Schimpfen gegen imaginierte Unmenschen und massenweise Nazi-Claqueure in der AfD. Bravo! (Ironiemodus wieder aus.) Oder ich sage es so: Es bringt mich nicht wirklich weiter und deswegen finde ich den Spiegel mittlerweile uninteressant. Schade eigentlich. Grüße zurück.

        Lieber Alan Posener, es kann schon sein, dass sich die Welt seit den Tagen von Franz-Josef Strauß verändert hat, aber ich glaube nicht, dass bleifreies Benzin, Smartphones, Feminismus und eine Merkel-CDU etwas an der Normalverteilung menschlichen Verhaltens geändert haben. Übrigens für mich ein déja vu aus den Zeiten des besagten Küchentischs, diese Diskussion: Ein Freund meines Vaters, ein Kommunist, der deswegen in einem KZ war, sagte immer wieder: „Du glaubst doch nicht, dass diese Tasse (Glas, Tisch, Feuerzeug, Aschenbecher usw.) in 100000 Jahren noch der gleiche ist!“. Hat zwar auch niemand behauptet, wurde aber bei uns zum geflügelten Wort. Soweit Anekdotisches dazu, man kommt wohl immer wieder an den Punkt.

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        Lieber KJN, ich lebe seit 1962 in Deutschland, und das Land hat sich unfassbar gewandelt. Übrigens zum Positiven. Es gibt keine „Normalverteilung menschlichen Verhaltens“. Allenfalls eine Normalverteilung der Intelligenz, und selbst das stimmt nicht, denn bis vor wenigen Jahren stieg der IQ weltweit ständig.

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        Lieber Alan Posener, natürlich hat sich das Land seit 1962 zum erheblich Besseren gewandelt, aber der Grund ist doch wohl Wachstum, höhere Produktivität, Fortschritte in der Medizin und eine geringere weltpolitische Spannung im ‚kalten Krieg‘ nach dem Tode Stalins. Eine deutsche Politik hat das erfolgreich aufgegriffen und in der Folge – um es mal mit Willy Brandt zu sagen – „mehr Demokratie“ gewagt. Und durch diese neue wirtschaftliche und weltpolitische Lage freiwerdende Mittel versucht, gerechter zu verteilen. Und ausgesöhnt. Gut so. Ich war in etwa bis zu meiner ‚Kommentartätigkeit‘ hier im Herzen Sozialdemokrat. Mehr positives linkes Narrativ für Deutschland geht geht aber m.E. nicht.
        Mit dem Wohlstand steigt natürlich der durchschnittliche IQ. Die Möglichkeit, Bedürfnisse (Konsum und latente sexuelle Anlagen) in allen Facetten auszuleben wird selbstbewusst verfolgt. Ich begrüße das ausdrücklich: Jeder soll sich verwirklichen dürfen.
        Dennoch bleiben menschliche Bedürfnisse bzw. deren Richtungen (sofern man sie klassifiziert) statistisch (’normal‘) verteilt. Sonst könnte man jegliche Soziolgie und Marktforschung direkt vergessen.
        Was Sie aber vermutlich meinen ist, dass sich Mittelwert, Maximum und Median von IQ und anderen soziologisch klassifizierten Größen verschoben haben. Ich meine aber, die Ursache wären Wohlstand und nicht Politik. Beabsichtigte politische Urheberschaft diesbezüglich halte ich für totalitär. Politik soll sich auf Verbesserung der ‚pursuit of happiness‘ beschränken.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Normalverteilung

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        Lieber KJN, ich glaube, dass ich Ihrer Meinung bin … Sie argumentieren ja gut marxistisch mit Basis und Überbau. Aber sagen wir es so: Politik, die klug genug ist, sich zurückzunehmen, ist auch Politik. Die CDU/CSU etwa hat lange versucht zu leugnen, dass Deutschland Einwanderungsland geworden ist. Das hat sie nun akzeptiert, und das ist auch gut so. Und apropos Wowereit: auch das stillschweigende Akzeptieren der Homosexualität durch eine CDU, die Wowereits Bekenntnis noch vor 20 Jahren skandalisiert hat, ist ein Fortschritt.
        https://www.tagesspiegel.de/meinung/causa-debatte/ein-zitat-und-seine-geschichte-ich-bin-schwul-und-das-ist-auch-gut-so/11568106.html

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      Der einsame Wolf als neuer Terrorismustyp – das passt doch irgendwie zu unserer harten Konkurrenz-Gesellschaft, in der immer mehr Menschen allein leben und Familie und Vereine in die Knie gehen, die Menschen irgendwie noch Sinn und Halt geben könnten.

      Seit 2008 gehen übrigens die Terroranschläge zurück. Allzuviel scheinen die Einzelkämpfer nicht zu Wege zu bringen. Die Terrorteams der RAF etc. haben den Staat weit stärker in Bedrängung bringen können.
      https://de.statista.com/statistik/daten/studie/493217/umfrage/angriffe-und-festnahmen-mit-terroristischem-hintergrund-in-der-eu/

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    Der Attentäter von Hanau verknüpfte in seinem „Manifest“ paranoide und rassistische Motive für die Tat: „Dieser Krieg ist als Doppelschlag zu verstehen gegen die [wahnhafte] Geheimorganisation und gegen die Degeneration unseres Volks“. Als Kampf gegen die scheinbar alle überwachende Geheimorganisation hätte er auch womöglich irgendwelche anderen Menschen umgebracht, aber er will ja sein Volk und die Menschheit reinigen, d.h. zu großen Teilen, die er für destruktiv hält, ausrotten.

    Das Manifest von Breivik ist viel politischer und hat keine eindeutigen Hinweise auf Schizophrenie wie das von Rathjen.

    Wie absurd dürfen denn Ziele von Gewalttätern sein, damit man sie noch als Rechts- oder Linksterrorismus einordnen kann? Was, wenn jemand die Herrschaft der Reptiloiden durch einen Anschlag bekämpfen will?

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      Die Nazis glaubten millionenfach an eine nichtexistente Weltverschwörung, die genetisch weitergetragen wurde. Nach Ihrem Verständnis wären sie alle als krank, nicht als rechtsextremistisch einzustufen. Christen glauben an einen Geist, der anscheinend an multipler Persönlichkeit leidet, und den nur Tote sehen können. Und so weiter.

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        Nein, das glaube ich nicht. Der Attentäter von Hanau hatte konkrete Merkmale der Schizophrenie, die sie in Stellungnahmen von Psychiatern nachlesen könne, wie Stimmenhören oder die Vorstellung, andere könnten seine Gedanken lesen, war also höchstwahrscheinlich im klinischen Sinne „verrückt“, Rathjen wäre wohl in die forensische Psychiatrie gekommen. Psychiatrisch ist recht genau definiert, was als schizophren gilt und was nicht. Die Nazis hatten nur Fehlvorstellungen über die Weltlage und die Macht des Judentums bzw. gingen von heute als überholt geltenden wissenschaftlichen Voraussetzungen wie Rassebiologie aus.

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        Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen: Man muss nicht psychotisch sein, um sich an Shisha-Bars und anderen sehr sichtbaren Elementen einer Parallelkultur zu stoßen, und man muss nur Bücher wie jenes von Thilo Sarrazin lesen, um darin eine tödliche Gefahr für Deutschland zu erblicken; dass diese sehr sichtbaren „Fremden“ eine Landnahme planen, bei der „unsere“ Frauen getötet oder vergewaltigt werden, kann man bei Akif Pirincci nachlesen, dass man sich der „Islamisierung“ erwehren muss, auch mit „unschönen“ Mitteln, sagt Björn Höcke immer wieder.
        Wenn also die Stimmen im Kopf das wiederholen, was Sarrazin, Pirincci und Höcke sagen: haben Sarrazin, Pirincci und Höcke damit nichts zu tun?

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        In dem Manifest des Attentäters von Hanau wird kein Bezug auf die genannten Autoren und Politiker genommen. Tobias R. begründete seinen Rassismus gegenüber bestimmten Gruppen von Ausländern mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen. Unter anderem wurde er selbst Opfer eines Banküberfalls und bekam bei den Ermittlungen Einsicht in die Datenbanken der Polizei, die fast nur mit Ausländern gefüllt schienen.
        In den Videos soll er Bezug auf „Verschwörungstheoretiker“ genommen haben, ich weiß aber nicht, wen die Medien damit meinen.
        Wikipedia bestätigt, dass die Ursache der Tat in der Schizophrenie zu sehen ist, während die Ausfall der Opfer durch Rassismus zu erklären ist.
        Ein Drittel der Anschläge des modernen Terrorismus wird von psychisch Gestörten verübt. Wir benötigen neben Programmen gegen Extremismus auch Sensibilisierung für psychische Erkrankungen bei Behörden. Der Anschlag von Hanau hätte so verhindert werden können, da der Attentäter mit seinen Wahnideen zunächst Staatsanwälte beschäftigte.
        Das Buch von Hartleb ist recht interessant, ich habe es mir gleich besorgt. Der moderne Terrorismus ist Teil der westlichen Welt seit Ende des 19. Jahrhunderts. Ich habe den Eindruck, diese terroristischen Wellen sind Vorankündigungen politischer Umstürze in der Zukunft. Die Anschläge der Anarchisten kündigten den Sturz der Throne nach dem 1. Weltkrieg an, die Fememorde der Rechten in der Weimarer Republik die NS-Herrschaft. Der RAF-Terror war Prolog zur Machtübernahme der 68er in Behörden und Regierungen. Der islamistische Terror kündigt die wahrscheinlich stärkere Macht des Islam im Europa der Zukunft an, der rechte Terror möglicherweise Renationalisierung und Zerfall der EU.

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    Was für eine Rechthaberei! Bei Magda Göbbels und bei Hitler kennen wir die politische Einstellung. Bei diesem Psychotiker können wir nichts wissen. Seine Schriften sind klassisch paranoid, also geistesgestört. Dass es sein KANN, bestreite ich ja nicht. Aber logisch ist zwischen Möglichkeit und Sicherheit ein großer Unterschied.

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      Wenn jemand Ihnen widerspricht, ist das Rechthaberei? Ich empfehle noch einmal die Lektüre von Florian Hartleb, „Einsame Wölfe“. Hartleb macht klar, dass bei allen solchen Tätern – auch aus der islamistischen Szene – psychische und soziale Störungen vorliegen. Entscheidend für die Einstufung einer Tat als politisch ist die Begründung und die Auswahl der Opfer sowie die Frage der Schuldfähigkeit des Täters. Das heißt, es kann einer krank sein und dennoch ganz genau wissen, was er tut.

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        Und hier war der Täter wohl nicht schuldfähig, da, wie auch das BKA mittlerweile eingeräumt hat, der Täter psychisch schwer krank war und unter dem Eindruck einer Psychose handelte. Also war die Tat nach der von Ihnen genannten Systematik offenbar keine politische Straftat, und die ganze vorschnelle politische Instrumentalisierung und Hetze, die von der CDU mitbetrieben wurde, zeigt sich als das, was sie ist. Abgesehen davon gibt es aber in der Tat gegenwärtig rechtsextremistischen Terrorismus von Tätern, die nicht psychotisch sind. Etwa wurde der Attentäter von Halle von der AfD auch als Irrer abgetan, obwohl nichts Pathologisches über ihn bekannt ist. Unaufrichtigkeit auf beiden politischen Seiten, würde ich sagen.

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        Lieber Münsteraner, fast alle, wenn nicht alle „Lone Wolf“-Terroristen (ich lasse das Gendersternchen weg, weil es immer Männer sind) leiden unter Persönlichkeitsstörungen. Darum sind es ja Einzelgänger, die in der Regel außer mit sich selbst nie Sex hatten und so beziehungsgestört sind, dass es bei ihnen nicht einmal zum Mitmachen in einer „Kameradschaft“ und dergleichen reicht.
        Was nun die „Psychose“ angeht: „Der forensische Psychiater und Buch-Autor Thomas Stompe attestiert dem mutmaßlichen Hanau-Attentäter Tobias R. eine paranoide Schizophrenie und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. „Nach dem, was man über das sogenannte Manifest weiß, hat sich Tobias R. persönlich von Geheimdiensten bedroht und verfolgt gefühlt“, sagte Stompe dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das deutet auf eine schwere psychotische Erkrankung hin“, sagte Stompe, der Autor des Buchs „Vom Wahn zur Tat“ ist.
        Nach Ansicht des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie ist nicht ausgeschlossen, dass der Hanau-Attentäter trotz seiner psychischen Erkrankung voll schuldfähig gewesen wäre. „Menschen mit Persönlichkeitsstörungen sind für gewöhnlich schuldfähig, während man bei einer Schizophrenie davon ausgeht, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, die mit einer Schulunfähigkeit einhergeht.“ Seiner Ansicht nach hätte es dann einen „langen Abwägungsprozess und einander widersprechenden Gutachten“ ähnlich wie 2011 im Fall des norwegischen Rechtsterroristen und Attentäters Anders Breivik gegeben. Der Täter hatte sich allerdings nach der Tat erschossen, so dass es zu keiner Anklage kommen wird. „Den Nährboden für Ausländerhass und rechtsextreme Ideologien haben die AfD und andere Gruppierungen bereitet“, sagte Stompe weiter. Rechtsextreme Ideologien spielten eine entscheidende Rolle. Sie würden „von einem offenbar psychisch schwer kranken Menschen aufgegriffen und mit seiner persönlichen biografischen Problematik verwoben“.

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    Selbstverständlich KANN ein Psychotiker auch noch ein Rassist sein, klar: es gibt multiple Erkrankungen und „krank“ schließt „böse“ nicht aus. Zumal der Mörder von Hanau tot ist, also weder gefragt noch psychiatrisch untersucht werden kann. Seine Motive kennt niemand und wird niemand kennen können. Die Verschwörungstheorien jedoch, die er ins Netz gestellt und der Bundesanwaltschaft gemeldet hatte, sind ziemlich eindeutig paranoid. Sie sind nicht aus der Perspektive eines „weißen Ritters“ geschrieben. „Die Gesellschaft“ ist nur sehr schwach beteiligt. Zwar ist sie und ihre Ideologien immer der Resonanzboden für solchen Irrsinn. Die sozialen Versatzstücke, die im Kopf eines kranken Menschen herumschwirren und dann eruptiv Verwendung finden – sind auch rassistisch gefärbt. Aber bei diesem Täter überwiegt dennoch der Verfolgungswahn. Sein Vorgehen ist auch nicht mit dem Muster des „einsamen Wolfes“ zu fassen. Dazu ist es zu wirr. „Einsame Wölfe“ ermorden nicht vor ihrem Selbstmord ihre dezente Mutter, um sie nicht zurückzulassen. Dieses Motiv erinnert an Mütter, die sich und ihre Kinder umbringen. So gesehen ist dieser Fall ist nicht so leicht verallgemeinerungsfähig. Dass es dennoch geschieht und wie ein Glaubensbekenntnis kommuniziert wird, tja. Das Bedürfnis, solche Taten zu „erklären“, das sehe ich auch, aber dieser Mensch ist nicht erklärbar. Die Empörung hat sich am falschen Beispiel entzündet.

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      Hitler hat seine Hündin Blondi und seine Frau Eva ermordet, um sie nicht zurückzulassen, Magda Goebbels hat sechs ihrer Kinder ermordet, um sie nicht in einer Welt ohne den Führer zurückzulassen. Der Mord an der Mutter sagt also nichts über die politische Einstellung oder die Zurechnungsfähigkeit des Täters aus. Sein Manifest ist wirr, aber das hat es mit den Manifesten von Breivik und David Sonboly gemein. Die Auswahl der Opfer jedoch macht klar, dass dies eine politische Tat war, begangen aus Rassenhass.

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      Ich würde sogar noch weitergehen und behaupten, dass jeder Rassist psychotische, wahnhafte Züge hat. Ein rassistischer Mörder ist jedenfalls immer ein Psychotiker, denn der Rassismus ist kein Irrtum, sondern ein Wahn.

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        …zur Erklärung: Früher, im 19. Jahrhundert, konnte man Rassismus noch irrtümlich vertreten. Aber heute sind Rassisten (wie auch Kreationisten, Flat-Earther usw.) entweder unglaublich bildungsfern oder eben (mehr oder weniger) psychotisch-wahnhaft. Wenn sie nicht nur ihre Meinung kutlivieren, sondernsich radikalisieren und aus rassistischen Gründen zu Mördern werden, ist die Grenze zum Wahnsinn eindeutig übertreten. (Das bedeutet aber nicht, dass sie schuldlos sind). Solche rassistischen Mörder haben vermutlich auch immer einen Verfolgungswahn ausgebildet, der sie zu ihrer Tat drängt. Nach dem Motto: ein Wahn kommt selten allein.

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        Da muss ich wiedersprechen, Rassismus ist naheliegend, besonders wenn soziale Unterschiede an die Hautfarbe gekoppelt sind. Wenn innerhalb des eigenen, adäquaten Standes alle weiß sind und die Ba-pfui aus braunen besteht, ist es logisch, schon im Kindesalter einen Zusammenhang herzustellen. Besonders in einer Gesellschaft, die allen offen steht und bei der es auf eigenes Engagement ankommt. Wenn in einem Land wie den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, die Gefängnisse von Schwarzen bevölkert werden, gibt es zwei Möglichkeiten: sie sind anders oder werden benachteiligt. Da ist es nicht besonders krank oder psychopathisch in einer liberalen Gesellschaft von Rassenunterschieden auszugehen, gerade dann, wenn man Betroffene im Freundeskreis hat oder einzelne Erfolgsgeschichten hört. Wenn es nur auf einen selbst ankommt, warum sind so viele Schwarze im Gefängnis? Bei Nazis ist die Sache ideologisch klar. In einer liberalen Demokratie, die an sich ja unideologisch sein will, ist es die Empirie, die gegen Schwarze spricht. Entweder, die sind anders, oder es stimmt etwas an der Geschichte mit der Meritokratie und den tausend Möglichkeiten nicht. Also ja, Rassismus ist Unsinn, aber nein, er ist überhaupt nicht abwegig. Sarrazin hat das aus leistungsorientierter Sicht schon treffend beschrieben: Der Jude ist ein nützlich Ding und der Ali eben nicht. Er kann es empirisch belegen und versteht deswegen bis heute nicht, was daran rassistisch sein soll. Wie gesagt, wenn man an die chancengleiche Gesellschaft glaubt, sind seine Schlüsse eigentlich logisch.

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        Ja, Stevanovic, was Sie einwenden, stimmt und insb. die Überlegungen zu Sarrazin sind treffend. Wahrscheinlich gibt es einen Statistiker-Rassismus, bei dem die eine Gruppe – Araber, Schwarze – anhand der Zahlen & Fakten als faul und dumm und die andere – Juden und Weiße, denen man zufällig selber angehört – als schlau und produktiv eingeordnet wird. Ob das genetisch oder tradiert ist, ob das mit den Schulen zusammenhängt oder mit dem Geld, ist im Zweifelsfalle wurscht. Die Zahlen sprechen und nichts als die Zahlen.

        Es gibt aber auch den originären, primitiven Rassismus, der davon ausgeht, dass die unerwünschte Gruppe – zufälligerweise nicht die, der man selber angehört – schädlich ist und vertrieben oder ausgemerzt werden muss. Ich habe selber einen älteren Herren gekannt, der beim Thema türkische Zuwanderer regelrechte Anfälle und einen hochroten Kopf bekam vor Wut. Der hatte schlicht eine echte Macke. Solche Leute gibt es, sie wählen AfD und sie haben eindeutig psychotische und wahnhafte Züge.

        Es ist ja auch so, dass in der Schule an wirklich allen Ecken & Enden gelehrt und vor Augen geführt wird, dass Rassismus eine dumme Einstellung ist, die sachlich nicht zu begründen ist. Wer die Schule auslässt, der kann in den Medien entsprechende Berichte finden. Nicht alles sind reine Meinungsäußerungen, sondern ausreichend oft kommen auch Wissenschaftler zu Wort. Biologen, Soziologen. Hier gibt es einen wissenschaftlichen Konsens, der nicht verborgen ist.
        M.a.W. dass Rassismus de facto falsch ist, hat jeder in unserer Gesellschat schon mal irgendwo gehört und begründet dargelegt bekommen. Wiederholt sogar. Vielleicht sogar einmal zuviel für Leute, die gerne besonders eigentümlich sein wollen. Wer jetzt trotz dieser massiven Bildungsunternehmungen immer noch glaubt. Schwarze bevölkern die Gefängnisse, weil sie aggressiver sind und daher naturgemäß eine Bedrohung darstellen, dem muss man in diesem Punkt eine aktive Bildungs- und Realitätsverweigerung unterstellen. Ähnlich wie den Flat-Earthern (klar: wenn ich aus dem Fenster gucke, sehe ich keine runde Kugel, also bin ich wohl einer Bildungsverschwörung auf den Leim gegangen). Was man dann aber schon auch als psychotisch-wahnhaften Zug bezeichnen kann.

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        …wobei: Das Ärgerlichste an diesen Sarrazin-Zahlenjonglagen sind die Nützlichkeitserwägungen.

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        @Ziegler
        Zu dem Thema passt der neue Artikel von Herr Posener, über Harry und Meghan. Er zitiert Marx: „Sie (die Bourgeoisie) hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein andres Band zwischen Mensch und Mensch übrig gelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚bare Zahlung‘.“ Was Sarrazin macht, ist genau das. Und er ist damit nicht unnormal oder gar abwegig. Bis weit nach Links gibt es in der Republik einen Grundkonsens, dass Deutschland qualifizierte Zuwanderung braucht. Das ist nichts anderes als die Frage, welcher Ali nützt und welcher nicht. In den 60ern wurden die Zähne von Gastarbeitern untersucht, heute sind es die Zeugnisse. Wenn also Menschen nach ihrer Nützlichkeit selektiert werden, kann man die Nützlichkeit auch Messen und das macht Sarrazin. Das ist nicht der klassische Rassist, die Flat-Earth Fraktion, die tatsächlich nur eine lächerliche Minderheit ist, selbst unter Rechten. Die Bourgeoisie, in Form unserer Wutbürger, schützen sie gegen den linksversifften Zeitgeist unter dem Motto Meinungsfreiheit, können aber eigentlich auch nichts mit ihnen anfangen, weil auch der klassische Rassismus ein heiliger Schauer der frommen Schwärmerei ist. Weil es trotzdem nicht geht, sich Millionen Menschen in ihrer Verschiedenartigkeit und individuellen Wertigkeit vorzustellen, fasst man die Gruppen dann doch wieder anhand übergeordneter Merkmale zusammen, der Muslim, der Schwarze, der Jude, der Franzose. Der Vorgang ist nicht neu. Der Übergang vom religiösem Antijudaismus zum biologischen Antisemitismus war eine Verwissenschaftlichung einer alten Sache. Und das geschieht heute, unter Zuhilfenahme der ökonomischen statt der biologischen Wissenschaften, eben wieder. Wenn man A sagt und qualifizierte Zuwanderung befürwortet, dann muss man auch das B ertragen, dass ein Sarrazin nachrechnet. Die Objektivierung der Wertung, unangreifbar, weil faktengestützt, mündet doch wieder auf alten Pfaden, weil der Mensch nicht gefühllos ist und die Datenerfassung objektiv, ihre Auswertung aber subjektiv bleibt. Das führt entweder in die Verachtung seiner weniger leistungsfähigen (armen) Mitbürger oder in die Ablehnung ganzer Gruppen, deren Verwertbarkeit zu hohe Investitionskosten erfordert. Das ist der Klassenkampf unter dem Banner der Vernunft der bürgerlichen „Mitte“, in dem wir uns befinden. Wenn sie die Denkweise nicht teilen, sieht das wie der gute alte Rassismus aus. Doch die sind nicht irrational, ganz im Gegenteil: Die sind viel wissenschaftsbasierter als die ganzen Spinner, die glauben, dass jedes Leben ein Wert an sich sei. Um das zu glauben, brauchen man keinen Taschenrechner.
        PS: Das ganze von der heiteren Seite ist der Film „Fak iu Göthe“. Selten so was widerliches gesehen.

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        „Fak ju Göthe“ fand ich auch widerlich. Habe nach 20 Minuten ausgemacht.

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      Hier kommt m.E. ein bisschen arg was durcheinander, weswegen es es auch durchaus mal sinnvoll sein kann, sich vorab über Begriffe zu einigen: ‚Krank‘ wird doch i.d.R. so verstanden, dass ein Organismus bzw. eine Person geschwächt ist, also nicht mehr das leisten, bewirken kann, was er im ‚gesunden‘ Zustand könnte. Ich rede hier ausdrücklich nicht davon, was andere oder dritte als ‚gesund‘ definieren, sondern was eine Person individuell leisten könnte, wenn sie eben nicht außergewöhnlich geschwächt, also ‚krank‘ wäre. Das kann physische Kraftlosigkeit bedeuten genauso, wie psychopathologische Wahrnehmungsschwäche und Realitätsverkennung. Hitler war so gesehen alles andere, als ‚krank‘, eher ‚unheilbar gesund‘, denn er hat das erreicht, was er erreichen wollte. Und dass er seinen geliebten Hund und seine geliebte Eva mit in den Tod nahm, war die Folge einer rationalen Entscheidung in seinem Wertesystem aufgrund einer stets vorhandenen Wahnehmung der Realität: Er hat sich schlichtweg ausgemalt, was mit Eva und Blondi passiert, wenn sie in die Hände z.B. der roten Armee gelangt wären. Ich denke, es gibt auch eine Menge Hinweise darauf, dass ihm die Aussichtslosigkeit seines Regimes und seines Hazard-Krieges nicht erst nach ‚Stalingrad‘ bewusst war, sondern bereits vorher und das gilt gleichermaßen für seine gesamte Entourage inclusive den Generälen. Krank war allerdings das deutsche Volk, bzw. wesentliche Teile, die als ‚kritische Masse‘ das System trugen. Eltern, die teilweise fassungslos auf ihre traumatisierten Söhne auf Heimaturlaub blickten und den Kopf in den Sand steckten, wenn die Nachbarn abtransportiert wurden. In ihrer Vertrauen in Eliten, Medien, Presse usw. allzu aufnahmebereit für Ideologie und Programme.. Wenn Wahrnehmungsstörung bis hin zum Wahn krank ist – und das ist es m.E., weil es auf fehlendem Kontakt zum eigenen Überlebensinstinkt, zur eigenen menschlichen Gefühlswelt zurückzuführen ist, dann war der Täter in Hanau, der am schluss auch seine Mutter erschoss, schwer krank, omplett gestört in seiner Wahrnehmng. So ähnlich, wie jemand, der sich durch Crystal Meth zugrunde richtet oder sonstwie selbst verstümmelt. Der keineswegs kranke Psychopath Adolf Hitler und seine gesamte Entourage aber waren so erfolgreich, weil andere ihre indivuduelle Gefühlswelt,und damit zusammenhängend ihren Verstand kollektiv ausgeschaltet haben und letzteres ist doch tatsächlich ‚krank‘, als selbstschwächend. Die Stärke des einen beruht doch allzu oft auf der Schwäche des Anderen und ‚Ideologie‘ wird dabei deswegen überbewertet: Sie mag notwendiger Faktor für das kollektive Desaster sein, aber über den zweiten – wesentlichen – Faktor, die Empfänglichkeit (in der Physik ‚Suszeptibilität‘) müssen wir endlich sprechen, wollen wir Schlimmeres verhindern und goldene 20er Jahre erleben. Dieser Täter aus Hanau, der es noch nicht einmal geschafft hat, eine reale Frau begehrenswert zu finden, war allerdings krank, aber nicht wg. irgendwelchem rassistischen Höcke- oder antisemitischen Gedeon-Gedöns. Ist es wirklich DER entscheidende Faktor für die Erhaltung einer liberalen, offenen Gesellschaft dass man allzu suszeptible Persönlichkeiten vor jedem ideologischen Stuss schützen muss? (Und wer bestimmt überhaupt, wo und in welcher Richtung da die Grenzen zu sein haben?)

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    Es ist offensichtlich Herr Posener, Sie sind und bleiben Marxist.

    Wenn Sie sich als Liberaler ausgeben, was ist das? Black facing?

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      Lieber Herr Mende, dabei halten mich manche Kommentatoren hier für einen unverbesserlichen Kapitalismus-Freund. Wie man’s macht …

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    Der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ sagt aus, dass die Opfer von den Fremdenfeinden als Fremde angesehen werden. Nicht dass sie Fremde sind. (Wobei sie das trotzdem meistens sind, denn die meisten Menschen sind einander fremd.)
    Ähnliches gilt für Rassen beim „Rassismus“, für Hexen bei der „Hexenverfolgung“ oder für Gespenster bei der „Angst vor Gespenstern“. Auch mit diesen Begriffen wird nicht ausgesagt dass es Rassen, Hexen und Gespenster gibt (oder gar, dass die Opfer solche wären), sondern dass jemand glaubt, dass es sie gibt, und daraufhin eine bestimmte Abwehrreaktion entwickelt.
    Bei dem Streit über den Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ handelt es sich also offenbar um eine Verwechslung subjektiver und objektiver Merkmale, könnte man sagen.
    Insofern stimme ich Ihnen grundsätzlich zu. Der Streit um die Fremdenfeindlichkeit hat sich damit bereits erledigt (oder sollte jedenfalls damit erledigt sein).

    Anderer Auffassung bin ich, was die Begriffe angeht, die Sie eingangs „halbernst“ kritisieren. Wenn ich einen Satz über „PoC“ sage, grenze ich Juden nicht aus. Nur insofern, wie ich z.B. auch Kleinwüchsige „ausgrenze“, wenn ich einen Satz über großgewachsene Leute äußere. Sprachliche Begriffe grenzen immer aus – man kann und will eben nicht alles zugleich aussagen. Aber nicht jeder Begriff ist diskiminierend. Wenn ich also etwas über „PoC“ oder „Farbige“ (hier kann ich wie Sie keinen Unterschied erkennen) äußere, müssen alle anderen es hinnehmen, dass ich sie nicht nenne und sie gerade mal keine Aufmerksamkeit bekommen. Das ist ganz grundsätzlich und immer so: Wenn ich einen Satz über die Weißen, die Juden, die Chinesen, die Alten, die mit Schuhgröße 39, die mit kurzen Haaren, die Halbwaisen usw. sagen: dann müssen die jeweils Ungenannten mal Pause machen und sich etwas anhören, dass sie gerade nicht betrifft und bei dem sie nicht mit genannt werden.
    Das ist alles. Diskriminiert wird dadurch niemand.

    Ähnlich kann man auch Ihren Argumentationen hinsichtlich rassistisch und faschistisch begegnen. Bei rassistisch: Ja, es wird mit „PoC“ ein bestimmter Aspekt herausgegriffen, aber das macht es noch nicht rassistisch. Sofern man überhaupt etwas sagen will, muss man einen bestimmten Aspekt herausgreifen – „auf Kosten“ aller anderen Aspekte.
    Analog bei „faschistisch“: Wenn ich sage: „Herr XY trägt eine Hose“, reduziere ich ihn in dieser Aussage auf dieses Hosetragen, stelle dieses eine Merkmal heraus, blende alles anderen aus. Die Aussage ist aber trotzdem nicht faschistisch.
    Wann eine Aussage wirklich antisemitisch, faschistisch oder rassistisch wird, ist eine andere Frage. Jedenfalls nicht durch diese Begriffe.

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      Ich stimme Ihnen weitgehend zu, lieber Roland Ziegler, und doch … Der Begriff „People of Colour“ konstruiert nicht nur eine Gruppe, sondern auch einen Gegensatz: Whites vs. People of Colour. Nun, den Gegensatz gibt es gewiss, aber ich finde es bedenklich, wenn er zum wichtigsten Gegensatz – wir Maoisten hätten früher gesagt: zum Hauptwiderspruch – gemacht wird.

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        Der Begriff macht selber noch nichts zum Hauptwiderspruch, es kömmt darauf an, wie man ihn verwendet. Er zerlegt die Gesamtmenge in einen näher bezeichneten Bereich – die „PoC“ – und den Rest, in dem sich neben den Weißen (verstanden als klassische Europäer) auch Asiaten, Eskimos, Araber oder Juden befinden, wenn ich den Gebrauch von „PoC“ richtig übersehe. Aber selbst wenn der nicht näher spezifizierte Rest allesamt „Weiße“ sind (wie es die Farblogik nahelegt), so wird hier nur eine Differenzierung konstruiert, kein Gegensatz und schon gar kein Hauptwiderspruch.

        Was Sie „eigentlich“ kritisieren, ist nicht der Begriff, sondern die Art & Weise, wie der Begriff verwendet wird. Nämlich in ganz bestimmten Aussagesätzen und Texten, die einen solchen Hauptwiderspruch behaupten. Diesen Hauptwiderspruch kann man auch ohne den kritisierten Begriff behaupten, und die Behauptungen sind dann genauso falsch. Der Begriff als solcher ist also völlig in Ordnung (das gilt aber nicht für jeden Begriff, z.B. Schimpfwörter).
        Deswegen begehen sie denselben Fehelr wie die, die den Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ kritisieren. Auch hier ist der Begriff als solcher völlig harmlos und spaltet nicht etwa, wie irrtümlich behauptet wird, in „Fremde“ und „Einheimische“ auf, sondern in „Fremdenfeinde“ und „Nicht-Fremdenfeinde“.

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        Na, ich begehe eben nicht denselben Fehler, weil ich ja schreibe: „Ich weiß, dass Leute den Begriff „PoC“ in der Regel einerseits aus Verlegenheit verwenden, um eine Realität zu bezeichnen, die sie selbst erleben, nämlich dass sie von der weißen Mehrheitsgesellschaft oft nach ihrer Hautfarbe charakterisiert, beurteilt und diskriminiert werden; andererseits, um eine Solidarität derjenigen zu beschwören, die dergestalt als „Andere“ bezeichnet und gekennzeichnet werden. Ich habe das aufgeschrieben, um klarzustellen, wie leicht es ist, Begriffe zu kritisieren und diese Kritik gegen Menschen zu verwenden, die jene Begriffe mangels besserer Worte verwenden.“

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        Ja, diese Passage ist gut und da habe ich nichts zu beanstanden. Ohnehin war Ihre einleitende Begriffskritik ja „halbernst“, um den Kritikern einen Spiegel vorzuhalten, also gäbe es ohnehin nur eine Hälfte zu kritisieren.

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      In der aktuellen Situation geht es darum, daß sich Menschen, deren „Heimat“ z. B. Hanau ist, sich durch die Etikettierung der Tat von T. R. als „Fremdenfeindlichkeit“ erneut diskriminiert fühlen. Ich kann das nachvollziehen. Der Grundtenor, der hier vertreten wird würde ich einmal kurz so zusammenfassen:

      „Die sollen sich mal nicht so anstellen, so meinen wir das ja gar nicht!“

      Das kann man so sehen, ich glaube aber nicht, dass das ein konstruktiver Beitrag zur Integration ist.

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        Den Begriff Fremdenfeindlichkeit möchte ich nicht nur so lange verwenden, wie sich keiner beschwert, sondern so lange, wie er „passt“.

        Eigentlich gibt es nicht zwei, sondern drei grundsätzliche Einstellungen oder Modi zu Fremden: Offenheit – Neutralität – Fremdenfeindlichkeit. Am häufigsten ist die Neutralität – man geht an Fremden vorüber, z.B. wenn sie auf der Straße entgegenkommen. Niemand lächelt jeden an und grüßt jeden (er würde mir damit auch fürchteriich auf die Nerven fallen). Sondern man geht aneinander vorbei und tut so, als wäre der andere Luft. Diese neutrale Haltung – das scheinbare Übersehen – ist die Grundeinstellung Fremden gegenüber. Manchmal sind die Leute auch offen gegenüber Fremden – wenn ein Fremder zum Beispiel hilfsbedürftig ist oder nett und ungefährlich aussieht – manchmal auch feindlich, dann pöbeln sie zum Beispiel, oder pumpen oder plustern sich irgendwie auf. Diese Verhaltensweisen Fremden gegenüber gibt es, und sie haben zunächst mal mit Rassismus nichts zu tun.
        Und die Leute sind sich meistens fremd, egal ob sie hier geboren wurden oder woanders.
        Also: Es gibt Fremdenfeindlichkeit, es gibt Rassismus, und bei diesen Morden kommt beides zusammen. Rassismus ist wahrscheinlich eine spezielle Form und Steigerung einer ursprünglichen Fremdenfeindlichkeit (die auch ein Gegenbild zu einer Einsamkeit ist).

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        Ich komme gerade aus Malaysia zurück, dem Land meiner Kindheit. Dort tragen fast alle malaiischen (also muslimischen) Frauen ein Kopftuch, lächeln aber den Fremden (in diesem Falle: mich) offen an. Hingegen sind die meisten offen rassistisch, wenn es um die Chinesen geht, die ja nicht „fremd“ sind, sondern seit Generationen in Malaysia leben, (auch) Malaiisch sprechen und immerhin 25% der Bevölkerung ausmachen. Die wiederum, die größtenteils die Malaien verachten, sind auch oft den „Fremden“ – wieder: mir – gegenüber nicht besonders freundlich, wenn auch hilfreich und höflich… Kurzum, die Verhältnisse sind überall kompliziert.
        Die Klage gegen den Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ geht fast immer einher mit der Forderung, man möge die Türk*innen, Kurd*innen usw. usf. in ihrer Eigenart wahrnehmen und respektieren. Was ich ja richtig finde. Aber diese Eigenarten bleiben uns – der Mehrheit – oft fremd.

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        Und noch als Nachtrag: Die AfD ist tatsächlich die Partei der Fremdenfeinde. Die wird von den Aufgeplusterten und Aufgepumptem gewählt, die sich vor Fremden generell fürchten und die Haustür lieber viermal abschließen.

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        Die Frage der Fremdenfeindlichkeit ist das eine, die Frage des gesellschaftlichen Miteinanders das andere. Wenn in meiner Stadt (wie vor 2 Monaten), ein Autokorso durch die Hauptstraße donnert, mit türkischen Fahnen und türkischen Aufklebern und „Türkei, Türkei“ (auf türkisch) Rufen, dann klingt das für mich nach Leuten, für die ich Fremd bin. Der Korso ist mir egal, aber mir fällt es schwer daraus eine Meinung zu interpretieren, in der ich deren Landsmann bin. Bin ich nicht. Was uns eint, ist unser Leben in Deutschland, aber da wehen eben keine deutschen Fahnen, sondern türkische. Für diese Leute (im Korso) bin ich fremd und sie nutzen einen der schönsten Tage im Leben eines Paares, mir das deutlich zu zeigen. Danke, verstanden, die haben keinen Bock, mit mir eine Nation zu sein. Ich bin ihnen und sie mir eben fremd.

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    Es ist richtig: „Aktivistische Kampfbegriffe werden nicht verwendet, weil sie die Realität abbilden oder wissenschaftlich unterfüttert sind.“ Sie wollen erfolgreich sein. So weit so gut. Aber damit kommt man nicht weit; denn wenn allein die Hautfarbe (welche ja nicht in dunkel und hell aufgeteilt werden kann) ein „erfolgreiches“ Merkmal sein soll, um sich als Gruppe darzustellen, dann ist das reine Identitätspolitik. Als eine solche ist sie reaktionär, weil sie keine politischen Ziele mehr markiert (wie etwa die Kämpfe für Gleichberechtigung es einmal getan haben), sondern sie schafft absurde Identitäten und entzweit auf diese Weise die Zivilgesellschaft.
    Was nun die Solidarisierung mit den Opfern von Hanau betrifft, so gebe ich zu bedenken, dass alles dafür spricht, dass dieser Mann ein schwerer Psychotiker war, der einen akuten Schub hatte. Zwar reagieren auch Paranoide auf soziale Resonanzräume, und die sind seit einiger Zeit wieder rassistisch aufgeladen, aber es bleibt dennoch die Tat eines schwer gestörten Menschen. Identitätspolitik ist das letzte, was hilft, solche Menschen früher zu erkennen und zu verhindern, dass sie auch noch an Schusswaffen kommen. Dieser Massenmörder hatte die Waffe ja nicht aus dem Darknet.
    Hören wir also auf solch sinnlose Gruppen zu bilden und eine derartig absurde Mode zu unterstützen.

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      Richtig, mit einer Einschränkung: Dass der Mörder von Hanau paranoid war, schließt nicht aus, dass er aus rassistischen Gründen handelte. Er schoss ganz offensichtlich nicht wild um sich wie ein Amokläufer, sondern wählte seine Opfer sehr bewusst aus.
      Ich habe viel gelernt aus der Lektüre von Florian Hartleb: Einsame Wölfe, Hoffmann und Campe 2018.

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    Alles gute Einwände.

    Nur leider sinnlos. Aktivistische Kampfbegiffe werden nicht verwendet, weil sie die Realität abbilden oder wissenschaftlich unterfüttert sind. Politisch rechts ebenso wie links. Sie werden verwendet, wo und weil sie erfolgreich sind. Und „Critical Whiteness“ in Verbindung mit „intersektionalem“ Feminismus und „postkolonialen Studien“ ist erfolgreich und politisch wirkmächtig.

    Weshalb sich PoC als Kampfbegriff selbstverständlich halten wird. Aus Sicht der Aktivisten betrachtet muss man auch zugeben, dass alles andere bescheuert wäre.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

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    Nein, Herr Posener, das habe ich bisher auch so ähnlich gesehen, aber nach Hanau habe ich verstanden, wieso Menschen, die hier in Deutschland geboren sind, hier zur Schule gegangen sind, die deutsche Staatsbürgerschaft haben, hier wohnen, Steuern zahlen, Häuser bauen, Famillien und Firmen gründen, sich noch einmal diskriminiert fühlen, wenn sie von den vorwiegend Blonddeutschen das Prädikat „fremd“ angeheftet bekommen.

    Nennen wir solche Anschläge und Ausschreitungen einfach rassistisch. Denn das sind sie ja im Grunde auch.

    Beste Grüße

    68er

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        Ich bin in einer Gegend 8n einem Arbeiterviertel gross geworden, wo es einen Migrationsanteil von ca 30 Prozent gab. Da gab es fast gar keine Probleme und die Herkunft der Eltern würde nur am Rande registriert. Ich glaube Hanau war bzw. Ist auch so eine Stadt, in der Integration eigentlich ganz gut geklappt hat.

        https://www.hr-inforadio.de/programm/das-thema/kommentar-zu-hanau-der-fremde-war-der-taeter,kommentar-hanau-102.html

        Dass so ein Vorfall das Trennende herausstellt, ist glaube ich normal und dass so ein Vorfall von bestimmten Gruppen Instrumentalisiert wird, ist auch normal. Mir ist vieles fremd, was ich täglich erlebe, Leute, die jede Woche ihre Autos waschen, die einen SUV fahren etc. pp. Wenn ich jetzt eine psychische Störung hätte, und mich in einen Hass gegen diese Leute hineinsteigern wiürde, mir meine Kettensäge nehmen würde und im nächstgelegenen MercedesShowRoom mein persönliches „Texas Chaimsaw Massacre“ veranstalten würde, kämen Sie ja auch nicht auf die Idee die Tat als „fremdenfeindlich“ zu bezeichnen. Der Unterschied ist nämlich der, dass das „fremde“Anderssein sich nicht an einer vermeintlich ethnischen Grenze bricht sondern an einer scheinbar eher ethnienunabhängigen Verhaltensweise anknüpft.

        Fremde gibt es überall:

        https://youtu.be/cgOx1VwILZU

        Und wenn es soziale Not gibt, Krieg oder andere Katastrophen, sind im Zweifel auch Badener bereit auf Schwaben zu schießen und umgekehrt.

        Ich Stelle mir vor, die EU bricht auseinander, die Börse cracht weiter und der erste Coronavirus in Berlin wird von einer schwäbischen Familie in eine Berliner Schule oder Kita verbreitet. Wenn Sie moderne Fremdenfeindlichkeit erleben wollen, die eigentlich richtig Rassismus genannt werden sollte, dort könnten Sie sie erleben.

        Ihnen ein geruhsames Wochenende!

        68er

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        Ja, lieber 68er, das ist richtig. Es gibt übrigens in Berlin bereits jetzt – ohne Corona-Panik usw. – einen Schwabenhass, der sich daran festmacht, dass sie – angeblich – einen ganzen Stadtteil, nämlich Prenzlauer Berg okkupiert und in eine Art Stuttgart-nur-hipper verwandelt haben. Der Hass auf „Gentrifizierer“ wächst auch in Stadtteilen wie Kreuzberg und Neukölln, und da gibt es übrigens seit langem schon regelmäßig Gewaltaktionen, hauptsächlich in Gestalt des Abfackelns sogenannter Edelautos.
        Tatsächlich frage ich mich auch, wann irgendein paranoider Linker durchdreht und – etwa – einen Mordanschlag auf Gauland oder Weidel verübt oder eine Ortsgruppe in ihrem Lokal überfällt.

    1. avatar

      … ooops? Schon wieder, Korrektur, werter Apo, ich bitte um Vergebung und ein Danke für Ihre Mühen und Geduld. 😉

      @68er

      … ich zitiere Michel Friedman, 21.02.2020, WELT; ‚… es sind keine Einzelfälle, es sind keine psychisch Kranken, es sind keine Zufallstäter, und selbst wenn, bewegen sie sich auf einem gefestigten Fundament des Hasses.’ … jetzt müssen ‘wir’ nur noch die Figuren benennen, die ein ‘gefestigtes Fundament des Hasses’ verantworten. Mir fallen dazu zuerst ideologische Machtansprüche ein.

      Und im Übrigen waren die National-Sozialisten eine linke Partei, so, u.a., der Ex-Prof. der FU Arnulf Baring, Jurist, Publizist, Politikwissenschaftler, Zeithistoriker und Autor und in 2011 das ‘Große Bundesverdienstkreuz’ des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

      … hinzu ein offener Brief der ‚JÜDISCHEN RUNDSCHAU‘ an US-Botschafter Richard Grenell (Auszugsweise): ‚Deutschland gehört mittlerweile ebenfalls wieder zu jenen Staaten, in denen der größte Teil der Medienszene nicht parteiunabhängig berichtet. Nahezu alle wichtigen Positionen bei Fernsehsendern, Radiostationen, Presseunternehmen und Journalistenschulen sind von rot-grünen Parteisoldaten okkupiert … Wenn ein Politiker, wie kürzlich Philipp Amthor von der CDU, die moslemische Einwanderung vollkommen korrekt als größte aktuelle Bedrohung für die Juden Deutschlands benennt, dann wird er von Medien in einer konzertierten Aktion unter Beschuss genommen und zur Zurücknahme oder Abänderung seiner Aussage gedrängt. Eine Gruppe von Journalisten will bestimmen, wie der Begriff „Antisemitismus“ verwendet werden darf.
      … Lieber Herr Grenell, wir brauchen wie nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein Programm zur Demokratieförderung in Deutschland. Wir benötigen ein deutsches Äquivalent zum amerikanischen FOX NEWS. Bitte helfen Sie uns! Bitte retten Sie die Meinungsvielfalt in der Bundesrepublik und die bedrohten deutsch-amerikanischen Beziehungen!

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        „… die National-Sozialisten eine linke Partei …“

        Auch wenn das natürlich sinnlos ist – das hat Baring nie gesagt. Sondern (völlig richtig) festgestellt, dass sich viele NSDAP- und SA-Leute gegen die alte (monarchistische und konservative) Rechte abgrenzten, weil sie in ihrem Selbstverständnis Revolutionäre waren.
        Das macht eine autoritäre und rassistische Führerpartei nicht „links“. Gruppenhass gibt es auch bei Linken, Rassenhass nicht.

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        Erstmal danke AP. Sagen wir so – mir ist in den linken Theoriegebilden von heutigen liberalen „Progressiven“ bis zu den alten Linken von Marx bis Gramsci sehr selten etwas intrinsisch rassistisches untergekommen. Scheint einfach nicht der USP der Linken zu sein.

        Ich halte allerdings auch nicht jedes Vorurteil, dass sich im 19. Jahrhundert gegen Afrikaner gebildet hat, per se für rassistisch. Der zu der Zeit unübersehbare zivilisatorische Rückstand Afrikas (Zivilisationen brauchen grosse Städte) hat gutwilligem Paternalismus ebenso Raum gegeben, wie bösartigem Kolonialismus.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

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        Das stimmt schon, Thorsten Haupt. Allerdings hat schon August Bebel gewusst, dass Linke für den Antisemitismus anfällig sind.

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        … nix neues von der sozialitischen Einheitsfront; ‚Nach einer Revolution, wenn wir ein Prozent der Reichen erschossen haben … oder ‚… setzen sie für nützliche Arbeit ein.‘ … die ‚Linke‘ als Mörder, KZ- und Gulagbetreiber in 2020.

        … womit ‚wir‘ dann wieder da wären; ‚… es sind keine Einzelfälle, es sind keine psychisch Kranken, es sind keine Zufallstäter, und selbst wenn, bewegen sie sich auf einem gefestigten Fundament des Hasses. … quod erat demonstrandum …

  20. avatar

    … ooops? Korrektur, Formatierung

    Christen sind Fremde; ‚Mensch, ruh dich nicht auf dem aus, was Du denkst, besitzen zu können, sondern sei Dir bewusst, dass Dein Weg immer weiter nach vorne geht. Dein Ziel wird der Himmel sein und deswegen bist Du hier in der Fremde.‘

    … und selbstverständlich gibt es eine eigene und eine fremde Identität, kulturelle Vielfalt. Alles andere ist Ideologie, ‚orwellsche Schweinchen‘. Fakt.

    Hilfe zur Selbsthilfe – gern; ‚… nehmt die Fremden erst mal an. Sie bleiben Fremde, aus ihnen müssen nicht unbedingt Freunde werden.‘ (Abraham, Eiche von Mamre)

    … in den Evangelien, Jesus befreite einen Besessenen von einem unreinen Geist, dazu weiter in Markus 5; … Darauf baten die Leute Jesus, ihr Gebiet zu verlassen. Als er ins Boot stieg, bat ihn der Mann, der zuvor von den Dämonen besessen war, dass er bei ihm sein dürfe. Aber Jesus erlaubte es ihm nicht, sondern sagte: Geh nach Hause und berichte deiner Familie alles, was der Herr für dich getan und wie er Erbarmen mit dir gehabt hat! … ‚

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