Was soll man von einem 38jährigen Parteivorsitzenden halten, der mit 45 aus der aktiven Politik ausscheiden will? Der kommende Parteichef der Liberalen will kein Gollum (so die traurige Gestalt aus dem „Herr der Ringe“) werden, den die Macht am Ende deformiert.
Ein Ausstieg mit Ansage, das unterscheidet den neuen Politikertyp Philipp Rösler zwar von den Polit-Aussteigern des letzten Jahres (Horst Köhler, Ole von Beust, Roland Koch), macht es aber nicht besser. Politik ist immer Macht auf Zeit, aber sie wird vom Volk verliehen (oder von den Mitgliedern bei der Wahl eines Parteiamtes).
Zur halbherzigen Ansage, die eigene „Restlaufzeit“ von vornherein festlegen zu wollen, passt der halbherzige Griff nach der Macht. Als Gesundheitsminister wird Rösler kaum punkten können. Im Gegensatz zu Außenamt, Wirtschaft und Bildung ist das Ressort ein „Verliererministerium“.
Die eigentlichen Verlierer der letzten Monate, Westerwelle und Brüderle, dürfen in ihren Ämtern bleiben. Als neuer Außenminister hätte der neue Parteivorsitzender mit Migrationshintergrund international und national schnell Furore gemacht – und die Partei fast automatisch zu neuen Ufern geführt.
Die neue FDP ist die alte geblieben: ideenlos, mutlos, machtlos. Der status quo ante (Westerwelle bleibt an Deck und Parteichef) wäre den „jungen Milden“ besser bekommen. Nach der Havarie in zwei Jahren (Bundestagswahl 2013) wäre die Generation Westerwelle/Brüderle endgültig erledigt gewesen. Jetzt bleibt sie weiterhin an Bord und der neue Kapitän kann nur verlieren. Kein liberales Land mehr in Sicht.
Nachtrag zum Kommentar vom 13. April 2011 um 09:54 Uhr:
Da der Terminus der sozialen Marktwirtschaft den Markt entgegen seiner Einordnung als gesellschaftlicher Heils- resp. Freiheitsbringer zur Sprache bringt, ist diese Bezeichnung materialiter ein wesentlicher, mithin unaufgebbarer Bestandteil einer entsprechenden Grundsatzprogrammatik. In unserem Zusammenhang gefragt: Freiburger oder Kieler Thesen? Die Frage stellen heißt – sie beantworten:
http://www.freiheit.org/files/.....Thesen.pdf
Die bislang schlüssigste Antwort auf die soziale Frage war und ist die soziale Marktwirtschaft. Die sukzessive Umgestaltung dieses Konzepts in die Ideologie des Marktradikalismus, gleichsam befeuert durch eine programmatisch umherirrende Sozialdemokratie, läßt indes u. a. nunmehr die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal, somit nach der künftigen Funktion der FDP im Parteienspektrum aufkommen. Ein Kernproblem der Liberalen besteht in der Tat darin, daß Bündnis`90/Die Grünen längst versuchen, sich als eine Art Antwort auf diese Fragestellungen zu etablieren. Insofern ist es durchaus richtig, daß die Freidemokraten sich nicht „neu erfinden“ müssen. Nur wiederfinden. Denn: Ein Liberalismus, der nicht begreift, daß es sich bei der sozialen Marktwirtschaft als Bezeichnung um eine formalhafte Abkürzung handelt – der Markt an sich ist nie sozial – , sondern eben eine sozial (und mittlerweile auch ökologisch) regulierte Marktwirtschaft meint, wird keine Zukunft haben. Liberalen Vordenkern wie Karl-Herrmann Flach war dies sonnenklar. Nur Herrn Westerwelle nicht. Wer kann und könnte derzeit und künftig einen Sozialliberalismus ohne ideologische Versatzstücke programmatisch, intellektuell wie rhetorisch repräsentieren? Die Antwort agiert mit energischer Vor- und Umsicht. Gut so.
die FDP war einmal wählbar, lang lang ists her.
WW hat seiner partei sehr geschadet und der Nachwuchs hat das Gift der WW Doktrin, Markt Markt über alles – nur keine Bürgerrechte, alles in Eigenverantwortung – wir haben uns aus der sozialen Marktwirtschaft verabschiedet und hoffen der Wähler merkt es nicht.
So wird das nichts meine Herren
@ Don Altobello
„Wenn es eine wirklich liberale Partei gäbe, könnte ich mir sogar vorstellen, diese zu wählen, allein, ich finde hierzulande keine.“
Es gibt sie nicht, weil der deutsche Untertan keine Liberalen mag und sie deshalb NICHT WÄHLT.
„marktliberal“
Auch so ein Kampfbegriff, der von jedem Talkshowmoderator gerne nachgeplappert wird. Marktliberal bedeutet nichts anderes als dass SIE selbst entscheiden dürfen, wofür SIE ihr Geld ausgeben. Nun ja, heute entscheidet bereits über 50% IHRES Geldes der Staat, aber niemand störts anscheinend. Stattdessen hackt man lieber auf der FDP rum, die als kleinste Partei am derzeitigen Zustand der Republik ganz sicher den kleinsten Anteil hat. Willkommen in der Anstalt!
„Die Politik der FDP ist für meinen Geschmack zu widersprüchlich.“
Ich glaube, eine liberale Partei ohne Widersprüche ist eine Unmöglichkeit. Wie soll das gehen bittschön?
„Die SPD unter Schröder hat das Wohl des Staates eindeutig über das Wohlergehen der eigenen Partei gestellt.“
Schröder hat halt kapiert, dass man die Gans, die Eier legt, nicht schlachten darf, wenn man weiter Eier haben will. Schröder hat exakt im Sinne seiner Klientel gehandelt, die das allerdings nicht kapiert hat. Wobei es Gans nach meiner persönlichen Einschätzung trotzdem nicht mehr allzu lange machen wird. Es sei denn, wir bekommen wieder etwas mehr liberalen Geist in Deutschland. Danach sieht es derzeit aber nicht aus; also schlachten wir die Gans und essen sie auf, solange noch was dran ist. Und danach? Auswandern?
@ „Hänschen Klein“
Wenn es eine wirklich liberale Partei gäbe, könnte ich mir sogar vorstellen, diese zu wählen, allein, ich finde hierzulande keine.
„Das soll keine Klientelpolitik sein?“ Grundsätzlich ist Klientelpolitik etwas völlig normales und auch legitimes. Problematisch wird es, wenn die Klientelpolitik zu Politik führt, die dem eigenen Selbstverständnis oder der Verantwortung für das Allgemeinwohl oder der Staatsräson im Wege steht. Hier gilt es, sorgsam abzuwägen (und natürlich machen auch andere Parteien dabei Fehler).
Was die Subventionen angeht: Die anderen Parteien sind laut eigenem Selbstverständnis eben nicht marktliberal und somit widersprechen Subventionen auch nicht diesem. Die Politik der FDP ist für meinen Geschmack zu widersprüchlich.
Zuguterletzt nochmal zur SPD: Wer hat denn in den letzten paar Jahrzehnten die einschneidendsten Reformen beispielsweise in der Arbeitsmarktpolitik durchgeführt, die zu einem Riesenaufschrei bei der eigenen Klientel inklusive deftiger Wahlniederlagen geführt haben? Die SPD unter Schröder hat das Wohl des Staates eindeutig über das Wohlergehen der eigenen Partei gestellt. Auch den Grünen muss man bei allem ökologischen Paternalismus zugute halten, dass sie beispielsweise in der Frage der Beteiligung an militärischen Konflikten die Staatsräson über die Prinzipien der eigenen Partei und Klientel gestellt haben. So etwas nennt man staatstragend.
Wenn ich mir den außen- und innenpolitischen Zickzack-Kurs der jetzigen Regierung (vor allem den außenpolitischen der FDP, für den Westerwelle verantwortlich zeichnet) ansehe, kann ich diese Tugenden bei den jetzigen Regierungsparteien absolut nicht entdecken. Verlässlichkeit scheint diesen ein Fremdwort zu sein.
„Die Bürger merken, wenn Anspruch und Wirklichkeit zu weit auseinander klaffen. Das haben auch die FDP-Wähler der letzten Bundestagswahl registriert. Genau deswegen dümpelt die FDP z.Zt. zwischen 3-5 %.
Sie meinen also, die Ansprüche der FDP wären eigentlich okay, sie müssten allerdings auch umgesetzt werden?
Darauf können wir uns einigen.
P.S.: Die Subventionen der SPD an ihre Klientel haben übrigens einen Namen: sie heißen „soziale Gerechtigkeit“. Sie haben aber weder mit „sozial“ noch mit „gerecht“ etwas zu tun. Hier geht es nur um eines: um Wählerkauf. Also genau um das, was man der FDP scheinheiligerweise vorwirft.
„Als Steuersenkungen getarnte Subventionen von Hoteliers?“
Das war natürlich eine kapitale Fehlleitung, aber warum sprechen alle von den Subventionen der FDP an ihre Klientel, aber keiner, wirkliche KEINER, von den Wahnsinnsubventionen von SPD und Grünen an die ihre? Nicht nur die FDP hat ihre Klientel, die sie bedient, sondern auch die anderen. Ich denke z.B. daran, wir der Hart4-Empfänger über seine Stromrechnung den Hausbesitzern das Solardach nicht nur finanziert, sondern auch mit einer fetten Rendite belohnt. Das soll keine Klientelpolitik sein? Dass ich nicht lache.
P.S.: Die Bürger merken, wenn Anspruch und Wirklichkeit zu weit auseinander klaffen. Das haben auch die FDP-Wähler der letzten Bundestagswahl registriert. Genau deswegen dümpelt die FDP z.Zt. zwischen 3-5 %.
@ „Hänschen Klein“
Dann erklären Sie mir doch mal, was an der FDP liberal sein soll! Etwa die Verteidigung marktfeindlicher Pfründe von Anwälten und Apothekern? Als Steuersenkungen getarnte Subventionen von Hoteliers? Klientelpolitik ist alles andere als liberal. Freie Markwirtschaft darf es, wenn es nach der FDP geht, nur in Branchen oder den Bereichen der Wirtschaft geben, die nicht ihre Klientel repräsentiert. Von fehlendem Einfordern von Bürgerrechten (Datenschutz, Rasterfahnung, Aushöhlen von Rechten von Menschen, die verschuldet oder unverschuldet in die Mühlen der Justiz geraten) oder dem Verhindern allzu starker staatlicher Eingriffe in neuen Medien ganz zu schweigen. Die FDP hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nie mehr als oberflächlich als liberal positioniert. Hohle Worte können sie aber gut!
„Kein liberales Land mehr in Sicht.“
Das liegt aber nicht an der FDP. Der Zustand er FDP ist nur Symptom für den Zustand eines Landes, in dem „liberal“ zum Schimpfwort geworden ist. Lieber unterwirft der deutsche Untertan sich der neuen Obrigkeit und die neue Obrigkeit ist „grün“.