Nicht nur medial hatte die schwarz-gelbe „Wunschkoalition“ von Angela Merkel keinen guten Start. Neun Stimmen fehlten der Kanzlerin bei der Wiederwahl. Eigentlich nicht dramatisch, wenn man in die Geschichte blickt. Kaum ein Kanzler hatte je die Unterstützung seiner gesamten Koalition. Dennoch fehlte dem Start der Glanz, der Esprit und natürlich auch die Überschrift. Noch ist nicht absehbar, wohin Schwarz-Gelb das Land führen wird.
Das alles sind Steilvorlagen für die Opposition. Und auch inhaltlich bieten sich viele Chancen. Die Mehrheit der Bundesbürger hält die Steuersenkungsversprechen der neuen Regierung für unrealistisch. Gut die Hälfte – je nach Umfrage mal mehr, mal weniger – sind gegen die anstehende Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.
So könnten SPD, Grüne und die Linkspartei im neuen Bundestag eine weit stärkere Stellung haben als die Opposition unter Schwarz-Rot. Die politischen Fronten klären sich zunehmend. Die unterschiedlichen Politikansätze werden wieder sichtbarer.
Die große Frage aber ist, ob die Opposition das zu nutzen weiß. Denn alle drei Parteien befinden sich in teilweise dramatischen innerparteilichen Turbulenzen. Bei der SPD ist das am sichtbarsten. Bei den Grünen schwelt der Konflikt noch weitgehend unter der Oberfläche, ist aber ebenso brandgefährlich. Der Kurs, in dem einen Bundesland mit der Union und der FDP zu koalieren und im anderen gegebenfalls mit SPD und Linken, ist zwar intellektuell anregend. Auf Dauer dürfte er jedoch unhaltbar sein. So werden sich die Grünen in den nächsten Jahren über ihre Grundrichtung klar werden müssen. Auch bei den Linken ist die Zukunft ungeklärt. Hier ist es der Streit zwischen Realos und Fundis, zwischen Ost und West – und natürlich der um die Spitze der Partei.
Nun, nachdem wir uns über Wochen hinweg fast ausschließlich mit Schwarz-Gelb beschäftigt haben, geht auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit fast automatisch wieder zur Opposition. Wie schlagkräftig sie ist – und wer die Top-Leute sein werden – wird sich in den nächsten Zeit zeigen. Der erste Test ist die Regierungserklärung von Angela Merkel am 10. November.
Gewiss bin ich kein Fan der neuen Regierung aber der Satz „Dennoch fehlte dem Start der Glanz, der Esprit und natürlich auch die Überschrift“ erinnert mich doch gleich an die Vorschusslorbeeren, die Obama bekommen hat. Und, was haben Glanz und Esprit bisher bewirken können?