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Solidarität mit der Türkei

Vor ziemlich genau einem Jahr argumentierte ich hier gegen deutsche Waffenlieferungen an die Kurden. Der im heutigen Zusammenhang wichtigste Satz dieses Beitrags lautete: „Kann sein, dass (diese Waffen) in die Hände der PKK fallen und benutzt werden, um Polizisten und Soldaten unseres Nato-Verbündeten Türkei zu töten.“ Nun weiß ich nicht, ob die provokativen kurdischen Terrorangriffe auf türkische Polizisten tatsächlich mit deutschen Waffen ausgeführt wurden. Was ich aber vor einem Jahr befürchtete, ist aber eingetreten. Die Türkei und die PKK befinden sich wieder im Krieg. Mein Standpunkt ist klar: In dieser Auseinandersetzung braucht die Türkei unsere Solidarität und sollte sie genießen, bis die PKK ohne Wenn und Aber den bewaffneten Kampf einstellt.


Um es vorweg zu nehmen: ich habe wenig Sympathie für den islamistischen und – was schlimmer ist – autokratischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der die ursprünglich (auch von mir) in ihn gesetzten Erwartungen enttäuscht hat. Ich werde den Deibel tun, jede Wendung der erratischen türkischen Außenpolitik zu verteidigen: „Null Probleme mit den Nachbarn“, „Neo-Osmanische Ausrichtung“, Verschlechterung der Beziehungen zu Israel und den USA, Sabotage der Atomverhandlungen mit dem Iran durch Vorlage eines eigenen Plans, Unterstützung der Moslem-Brüder und der Hamas sowie – stillschweigend – des „Islamischen Staats“ in Syrien: eine klare Linie ist hier nicht zu erkennen.
Doch auch wenn sich die türkische Regierung als weder konsequent noch verlässlich erweist; die deutsche Politik sollte es sein. Das bedeutet: Zu seinen Verbündeten und Freunden halten; auch dann, wenn das schwierig ist, ja gerade dann. Die Türkei war während des ganzen Kalten Kriegs Nato-Partnerin und bleibt es bis heute; sie ist der einzige stabile islamische Staat und die einzige halbwegs funktionierende islamische Demokratie in der Region; sie ist außerdem Kandidatin für die EU-Mitgliedschaft. Das verpflichtet uns, Verständnis für die grundlegenden Sicherheitsinteressen dieses Staates zu haben; zu versuchen, die Situation im Nahen und Mittleren Osten einmal durch die türkische Brille zu sehen.
Natürlich gibt es Kräfte in Deutschland, die – aus innenpolitischen Gründen – genau das nicht wollen. Die Unionsparteien sind immer schon gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei gewesen, da liegt es nahe, jeden Fehltritt der Regierung in Ankara anzuprangern, um klar zu machen: Die Türkei gehört nicht zu Europa. Die Linkspartei ist von ihrer ostdeutschen Tradition her gegen das Nato-Land Türkei und von ihrer „antiimperialistischen“ Tradition her eng mit der PKK liiert. Auch bei den Grünen und der SPD gibt es romantische Kräfte, die den „nationalen Befreiungskampf“ der Kurden mit Sympathie betrachten, hegen manche Leute antiamerikanische Ressentiments, die es darum nicht ungern sehen, wenn die von den USA unterstützte Türkei diskreditiert wird. Die deutsche Staatsräson freilich sollte sich von solchen Emotionen nicht leiten lassen.
Fakt ist: In einer Region prekärer bis schwindender Staatlichkeit bildet der von Kemal Atatürk gegründete Staat eine Insel der Stabilität und des Wohlstands. Wir wissen alle, dass dieser Staat gegründet ist auf den Ursünden des Genozids an den Armeniern, der Vertreibung der Griechen, der versuchten Zwangsassimilation der Kurden und des erzwungenen Laizismus als Teil einer forcierten Westwendung unter dem wachsamen Auge des stets putschbereiten Militärs. Nichts von alledem muss man gutheißen, doch Erdogan hat einiges getan, um den „tiefen Staat“ zu schwächen, den religiösen Empfindungen der Landbevölkerung, der armen Stadtbewohner und der neuen islamischen Mittelschicht Ausdruck zu geben, den Krieg mit den Kurden zu beenden und die Aussöhnung mit den Armeniern zu beginnen.
Klar ist jedoch: Ein Zerfall der Türkei, etwa durch den Versuch, einen selbstständigen kurdischen Staat auf deren Gebiet zu bilden, würde die gesamte Region noch weiter destabilisieren. Ankaras Staatsräson, separatistische Bestrebungen mit allen Mitteln zu bekämpfen, muss auch unsere Staatsräson sein; bei aller Sympathie für die Kurden muss klar sein: Eine Änderung der bestehenden Staatsgrenzen kommt nicht infrage, schon gar nicht mit Gewalt. Das gilt übrigens auch für den Irak, wo die Kurden faktische Selbstständigkeit im Rahmen des föderalen Staats genießen, und auch – zunächst jedenfalls – für Syrien.
In Bosnien und der Ukraine, in Georgien und in Moldawien (um nur einige Beispiele zu nennen) widersetzen wir uns der gewaltsamen Änderung von Grenzen, und zwar nicht aus Lust und Laune oder einem mangelnden Respekt für das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“, sondern aus der Verantwortung, die wir als Mitglied der Vereinten Nationen eingegangen sind, in deren Charta die Unverletzlichkeit nationaler Grenzen festgehalten ist.
Es steht uns überdies schlecht an, die Türkei wegen der „Unverhältnismäßigkeit“ ihrer Antwort auf die kurdischen Terrorangriffe zu kritisieren. Wir hielten es für angemessen, als Antwort auf die Terrorangriffe von 9/11 Afghanistan zu besetzen und dort einen bis heute andauernden Krieg zu führen, weil ja „unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt“ wurde, wie es der sozialdemokratische Verteidigungsminister damals ausdrückte. Er hatte übrigens Recht, und die Türkei hat als Nato-Mitglied dem Ausrufen des Verteidigungsfalles nach 9/11 zugestimmt, was ja die rechtliche Basis des Afghanistan-Feldzugs bildete. Das verpflichtet von westlicher Seite zu Dank und zu Zurückhaltung, wenn nun die Türkei sich gegen Terrorangriffe wehrt, die von außerhalb ihres Territoriums vorgetragen werden. Viele Analysten weisen darauf hin, dass die Türkei sozusagen im Windschatten ihrer Angriffe auf den IS mit den Kurden abrechen will, und da mag einiges dran sein; man muss aber auch fragen, inwieweit die Kurden im Kampf mit dem IS ihrerseits militärische Fähigkeiten aufbauen, die sie zunächst zur Schaffung eines eigenen Staats in Nordirak und Syrien nutzen wollen – eines Staats, der einen permanenten Anspruch auf Teile der Türkei erheben könnte. Der IS kommt ja vielen Leuten sehr gelegen.
Womit wir beim kritischeren Punkt wären, der stillschweigenden Unterstützung des IS durch die türkischen Behörden. Manche Kritik ist überzogen: so schreiben diverse Kommentatoren empört, verwundete IS-Terroristen seien in türkischen Krankenhäusern behandelt worden – als ob es besser wäre, man ließe sie einfach verrecken. Zweifellos ist es aber so, dass die Türkei lange Zeit ein Auge zudrückte, wenn Menschen, Waffen, Geld und Waren ihre Grenze passierten Richtung IS.
Freilich ist die Türkei nicht der einzige Staat, dessen Vorgehen in Syrien man kritisieren könnte. So übel die IS-Banden sind – der größte Massenmörder in Syrien war und bleibt die Regierung des Baschar al-Assad, der vom Iran und von Russland sowie von der iranischen Hilfstruppe Hisbollah vom Libanon aus unterstützt wurde und wird. Assad war es, der mit seiner erbarmungslosen Unterdrückung der Protestbewegungen des „arabischen Frühlings“ für das Chaos in seinem Land sorgte; der die Gefängnisse öffnete und radikalislamische Terroristen freiließ, um die extremistischen Kräfte zu stärken und die von ihm mit Chemiewaffen und Flächenbombardements terrorisierte Bevölkerung als Anhänger von Terroristen diffamieren zu können. Assad hat dafür gesorgt, dass Millionen syrischer Flüchtlinge die Nachbarstaaten Jordanien, Libanon und Türkei überfluten, überfordern und destabilisieren. Der IS ist, recht verstanden, vor allem sein Werk und das Werk seiner Hintermänner in Teheran, wie ich hier ausgeführt habe.

Von Anfang an hat die Türkei gefordert, dass – ähnlich wie damals im Irak – im Norden Syriens an der Grenze zur Türkei ein „safe haven“ für Flüchtlinge und Widerstandskämpfer geschaffen würde, geschützt durch eine „No-fly-zone“ der Nato oder einer Koalition der Willigen. Der Westen war dazu nicht bereit.
Von Anfang an haben die USA gesagt, wenn Assad seine von Russland gelieferten und wohl ursprünglich für den Einsatz gegen den jüdischen Staat vorgesehenen Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen würde, wäre eine „rote Linie“ überschritten, die zu einem militärischen Einsatz führen würde. Als Assad genau das tat, geschah – nichts.
Und während man mit dem Assad-Regime bei der – angeblichen – Beseitigung seiner Bestände an Massenvernichtungswaffen kooperierte (deren angeblicher Besitz Grund genug war, Saddam Hussein zu stürzen), näherte man sich dem iranischen Regime an und genehmigte ihm im Grundsatz das Recht, Atombomben zu bauen, wenn auch nicht jetzt und nicht so schnell, wie es die Iraner gewollt hätten. Kaum war die Tinte auf dem Vorvertrag trocken, da eilte schon Sigmar Gabriel mit heraushängender Zunge nach Teheran, einen Trupp profitgeiler deutscher Industrieller im Gefolge, um Geschäfte mit den Mullahs zu machen. Eine unziemliche Hast, die selbst unsere französische Freunde, die solche Geschäfte nötiger hätten, als dégoutant empfanden.
Wie aber sollte die Türkei als sunnitischer Staat die Aktionen des Westens empfinden – die Verweigerung der Hilfe für die Türkei, die faktische Stützung des Massenmörders Assad, die „iranische Wende“, die Zusammenarbeit mit Schiiten und Kurden beim Kampf gegen den IS? Man müsste nicht paranoid sein, um da äußerst misstrauisch zu sein.

Dass sich unter diesen Bedingungen die türkische Regierung auch die Option der stillschweigenden Duldung des IS so lange wie möglich offenhielt, ist nicht nett, aber die Politik des Westens war eben auch nicht nett. Die Politik ist auch nichts für nette Menschen. Sondern sie ist der Gebrauch von Macht zu Erreichung eigennütziger Ziele.
Wir haben unsere Macht freilich bisher nicht klug angewendet. Wir haben zugelassen, dass sich die Türkei, unser wichtigster Verbündeter in der Region, allein gelassen fühlte. Nun, da die Türkei sich dem Kampf gegen den IS angeschlossen hat, sollte das zum Anlass einer Wiederannäherung genommen werden. Den Kurden sollte unmissverständlich gesagt werden, dass der Westen bei dieser annäherung Störungsversuche ihrer radikalen Fraktionen nicht dulden wird.

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38 Gedanken zu “Solidarität mit der Türkei;”

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    Lieber Alan Posener, was den Schrumpfgermanen noch blühen könnte. Ihr Mitstreiter bei der Zivilisierung der BRD, Michael Wolffsohn, bei BILD:

    „Frieden durch Föderalismus. Dann gäbe es (wie ich in meinem Buch „Zum Weltfrieden“ zeigte) in der Bundesrepublik Türkei, Bundesrepublik Syrien, Bundesrepublik Irak und der Bundesrepublik Iran je ein Bundesland Kurdistan. Nur so wird und kann es inner- und zwischenstaatlichen Frieden geben.

    Von Föderalismus versteht man in Deutschland und der EU viel. Rat und Tat hierbei wären echte Friedenspolitik. Ohne Phrasendrescherei.“

    (http://www.bild.de/politik/aus......bild.html)

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    Lieber Herr Posener,

    wir streiten uns wieder um ein – diesmal von Ihnen eingeführtes – Schlagwort. NEOCONS. Ein Etikett für tausend verschiedene Gedanken und Ideologien, die man eigentlich fast jedem anhängen kann (ausser vielleicht mir, bis Sie mich eines Besseren belehrten). Sie werfen es ein, weil es immer zu passen scheint. Ich denke zuerst dabei an Wolfowitz, Perle & Co. und Sie eben an was anderes. Das bringt leider nichts. Auch Ihr Verweis auf die Bilderberger ist ähnlich hilfreich. Gerade aus den Reihen der NEOCONS gibt es doch zahlreiche Veröffentlichungen und Think Tanks, die ganz offen die moralische Weltherrschaft des „reinen und guten Amerikas“ propagieren. Das sind keine Verschwörungstheorien, das sind ganz reale Weltbeglückungsphantasien, die Sie nicht wirklich gut heißen können. „Am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen“, da hat die Reeducation bei mir wohl zu gründlich gewirkt, dass mir das aufstößt.

    Sie haben dagegen wohl in Ihrer Schule noch die „3. Strophe“ von God Save The Queen gelernt:

    „Not in this land alone,
    But be God’s mercies known,
    From shore to shore!
    Lord make the nations see,
    That men should brothers be,
    And form one family,
    The wide world over.“

    Das klingt fast schon katholisch, im Wortsinn, ist mir daher auch nicht fremd, aber wenn die „God`s one Family“ in Kreuzzügen der Herren Bush, Cheney und Wolfowitz verbreitet werden soll, steige ich aus. Wenn „der Islam“ als Popanz aufgebaut wird Sie bisher auch.

    Sie wissen genau wofür Sie sich engagieren. Und Sie haben eine besondere sprachliche Intelligenz. Da komme ich bei weitem nicht mit.

    Moralisch ist nur der „liebe Gott“. Ehrlichkeit wäre hier vielleicht ein besserer Maßstab.

    Besser informiert sollten Sie in Ihrem Beruf auch sein, und tatsächlch wissen Sie meist genau, wovon jemand redet, oft besser als derjenige selbst.

    Was die Ökonomie betrifft, glaube ich, dass Sie teilweise schon ein wenig zu „gläubig“ sind, aber dabei sind Sie immer noch eigenständiger und kritischer als die meisten deutschen Politiker in Regierungsverantwortung.

    Lassen wir es dabei.

    Beste Grüße

    Ihr 68er

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    Stevanovic: ‚Osteuropa steht fest zu den USA genau aus dem Grund. Wenn es ernst wird, erwartet man aus Deutschland ein „…kann doch nicht ernsthaft…sein“. Kein Verbündeter verlässt sich auf deutsche Staatsräson, keine Angst.‘

    … tja, da ist was d’ran, Gen. Stevanovic.

    Deutschland steht nicht ‚fest zu den USA‘, weil die ‚BRD‘ ‚fest zu den USA‘ stehen muss. Daher! Sie merken den Unterschied?

    Ich konnte es schon in der ‚DDR‘ nicht ab, dass die Sozialisten mir die ’sowjetische Politik‘ als Freund aufschwatzen wollte. Meine Freunde such‘ ich mir selber aus und meine, das viele Deutsche ähnlich denken. Können Sie das nachvollziehen? Gut! Danke!

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    @Don Geraldo

    Your brother ain’t always right, but he’s always your brother. Witzisch!
    Man kann es auch so nennen: Pacta sunt servanda.

    Osteuropa steht fest zu den USA genau aus dem Grund. Wenn es ernst wird, erwartet man aus Deutschland ein „…kann doch nicht ernsthaft…sein“. Kein Verbündeter verlässt sich auf deutsche Staatsräson, keine Angst.

  5. avatar

    Lieber Alan Posener, ich habe gelesen, bevor ich kommentierte, und in Ihrem Text steht „Türkei‘, „Türkei“, „Türkei“ – Sie kennen doch den Spruch „L’Etat, c’est moi“, den Ludwig der XIV. von Frankreich getätigt haben soll? Nun, „la Turquie, c’est lui“ – Die Türkei und ihre Politik, das ist der Autokrat Erdogan, so wie Putin Russland ist, Chamenei Iran und Maduro Venezuela. Weshalb? Weil er es nicht anders will.

    1. avatar

      Lieber „Remember …“: Nein, die Türkei ist eben nicht Erdogan, ebenso wenig wie Deutschland Merkel ist. Der Artikel enthält längere Passagen, die Erdogand Verdienste würdigen und seine Fehler kritisieren. Wenn Sie der Ansicht sind, Deutschland sollte dem Nato-Land Türkei die Solidarität aufkündigen und stattdessen auf die Terroristen von der PKK und ein paar Peschmerga setzen, die nicht einmal mit dem IS fertig werden, bitte sehr, schreiben Sie das. Stattdessen betreiben Sie eine abstruse Text-Exegese, der zufolge ich „türkei“ schreibe, aber Israel meine – oder Israel schreibe, aber Erdogan meine. Ich meine, was ich schreibe: Die Türkei ist – trotz allem – unser wichtigster Verbündeter in der Region – genauer gesagt: unser einziger Verbündeter.

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    … ooops? Korrektur

    APo: ‘Lieber Topiltzin, bitte halten Sie sich an die Netiquette, auch wenn dbh das nicht immer tut. Keine persönlichen Angriffe, bitte.’

    … liiiiieber Alan Posener, meine Hamster ist die ‘Mutter’ aller netten Ketten … und mein Name ist Hase – ich weiß von nix.

    @Topiltzin

    .. nein, nein, nicht ich, Erdolf, bei dem sind es genau 6,8cm Minderwertigkeitskomplexe.

    DAHER!

  7. avatar

    APo: ‚Lieber Topiltzin, bitte halten Sie sich an die Netiquette, auch wenn dbh das nicht immer tut. Keine persönlichen Angriffe, bitte.‘

    … liiiiieber Alan Posener, meine Hamster ist die ‚Mutter‘ aller netten Ketten … und mein Name ist Hase – ich weiß von nix.

    @Topiltzin

    … nein, nein, nicht ich, … Erdolf, bei dem sind es genau 6,8 cm Minderwertigkeitskomplexe.

    DAHER!

  8. avatar

    Der Unterschied zwischen Kissinger und den Neocons ist u.a., dass Kissigner seine „Politik“ nicht immer mit ehtischem Geschwurbel schöngeredet hat. Die Neocons sind genauso machiavellistisch.

    Ich weiß nicht, ob die Leute daran glauben, was sie sagen, ob sie so dumm sind, die Anderen für so dumm halten oder gegenüber ihren KIndern und Wählern als gute Menschen erscheinen wollen. Ich weiß es nicht. Am Ende geht es um die Macht auf der Welt, auf den Märkten und in den Köpfen der Menschen. Das ist aus meiner Sichte eine teilweise messianische Bewegung, die am liebsten die ganze Welt zu WASP-Amerikanern machen möchte. Im Grunde sind die so tolerant wie Erdogan, Mubarak, Mursi, Assad, Putin oder Chamenei.

    1. avatar

      Sie irren, lieber 68er. Vielleicht lesen Sie ein paar Texte von Wolfowitz und Co. Aber wenn für Sie jede Äußerung, die Ihrem vorgefertigten Weltbild widerspricht, unter „Macchiavellismus“ eingetütet wird, dann brauchen wir nicht weiter zu reden. Dann bin ich ja auch nur ein williger Vollstrecker der Bilderberg-Weltbeherrrscher – oder ein dummer ideologe, der nicht einmal weiß, wem er dient. Kann ja sein; aber warum durchschauen Sie das, und ich nicht? Weil sie intelligenter sind? Besser informiert? Moralischer?

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    Also meinen Sie es wirklich ganz ernst, unironisch, unzynisch, unsarkastisch usw.: Erdogan sollte man verteidigen? Den paranoiden Judenhasser, Schwulenhasser, Freimaurerhasser und Demokratiefeind? Es muss am Generationsunterschied liegen.

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      Lieber „Remember that?“ – wo steht denn bittesehr, dass „man“ Erdogan verteidigen soll? Sie sollten schon lesen, bevor Sie kommentieren.

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    Lieber Herr Posener,

    die Neocons handeln so, wie ich es – sarkastisch – in meinem letzen Absatz beschrieben habe. Meine Meinung, das dürften Sie wissen, ist das nicht.

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      Keineswegs, lieber 68er. Die Neocons sind Idealisten. Sie beschreiben eine zynische Außenpolitik, wie sie von henry Kissinger befürwortet wurde, dem Architekten der Aussöhnung mit China und Buhmann der Neocons.

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    Mit zynischer Sprache („nicht nett“) und unerträglichem Doppelmaß werden hier die Machtambitionen des Herrn Erdogans als Selbsverteidigungsaktionen verklärt.

    Nein, Herr Posener, es handelt sich nicht um Selbstverteidigung; Erdogan instrumentalisiert die Gewalt für seine innnenpolitischen Ziele. Mit der Gewalteskalation soll die erfolgreiche Opposition aus dem Parlament gedrängt werden, damit Erdogan sein Präsidalsystem durchsetzen kann. Herr Posener will davon ablenken, aus welchen Gründen auch immer.

    Die Nato war für eine Teilung Serbiens und wurde zur Luftwaffe der UCK. Die Souveränität von Staaten ist seit 1990 nicht mehr heilig. Lassen Sie also die Attitüde des Märchenonkels. Es geht in Mittelost um Realpolitik – und nicht um Einhaltung von internationalem Recht.

    Wo wir grad dabei sind: Sogar Washington kritisiert die Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens Ankaras in den letzten zwei Wochen. Aber das ficht den überzeugten Ankara-Fan Posener nicht an, der schwadroniert noch immer von legitimer türkischer Staatsräson, die auch unsere zu sein hätte – weshalb sollen wir uns denn gemein machen mit Autokraten und ihren Machtambitionen?

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      Lieber 68er, es kann sein, dass es Engels war, der das mit der Gleichung sagte. Es tut mir Leid, dass Sie mich nicht verstehen. Ich wollte sagen: So wie Sie argumentierten auch die Neocons, mit denen ich bekanntlich sympathisierte.

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    Bester Herr Posener, Sie haben mich falsch verstanden, weil ich mich zu umständlich ausgedrückt habe. Was ich sagen wollte: Mit den Worten, mit denen Sie den (in meinen Augen) unmenschlichen und widerwärtigen Erdogan verteidigen, mit diesen Worten sollte und müsste man gewöhnlich israelische Ministerpräsidenten. verteidigen. Also, statt „unangemessene Reaktion“ zu brüllen, wenn auf Terroranschläge reagiert wird, Verständnis und Solidarität einfordern. Daher sehe ich so etwas wie Ironie in ihrem Beitrag, ausgerechnet den lautesten „Juden wehren sich? Inakzeptabel!“-Schreier von allen mit genau den Worten zu verteidigen, die eigentlich immer wieder fällig werden, wenn Israelis von ihren hierzulande beliebten Feinden angegriffen werden. Is it clearer now?

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    Lieber Herr Posener,

    viele Ihrer Ausführungen erinnern mich stark an das Motto der Hells Angels:
    „Your brother ain’t always right, but he’s always your brother“

    Sowas kann doch nicht ernsthaft deutsche Staatsräson sein.

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      Die Nato, lieber Don Geraldo, ist keine Rockerbande, und die Türkei ist nicht unser Bruder. Jedoch gilt: Bündnisse und Verbündete wechselt man nicht nach Lust und Laune, ebenso wenig wie Ehepartner.

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      Lieber Topiltzin, bitte halten Sie sich an die Netiquette, auch wenn dbh das nicht immer tut. Keine persönlichen Angriffe, bitte.

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    … Solidarität mit dem Erdolf sein retro-osmanisches Großmachtstreben? … das werden Sie nicht ernsthaft meinen. Oder? Auch völlig wurscht wer bei den Mohammedanern den ersten Stein warf, ein Grund mehr, jeden Rüstungs- und Waffenexport Deutschlands – abzulehnen. SOFORT!

    Ach ja, wer glaubt, dass die ‚BRD‘ ohne die ‚Genehmigung‘ anderer – Waffen an die Kurden liefern darf?

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    Der Artikel ergibt bei aller Vernunft meines Erachtens nach vor allem dann Sinn, wenn man, nach Streichung der in diesem Fall irrelevanten Stelle, „Türkei“ durch „Israel“ und „Kurden“ durch „Palästinenser“ ersetzt. So ähnlich war es von Ihnen, Herr Posener, vermutlich auch gedacht, nicht wahr? Den Satz „Es steht uns überdies schlecht an, die Türkei wegen der „Unverhältnismäßigkeit“ ihrer Antwort auf die kurdischen Terrorangriffe zu kritisieren“ liest man sogleich ohne den üblen Geschmack im Mund, der sich des Weiteren bei der Nennung des Namens des judenfeindlichen Verschwörungstheoretikers Erdogan einstellt. Freunde wie ihn braucht man in der Redaktion mancher deutscher Presseerzeugnisse, aber gesellschaftlich und politisch hierzulande wahrhaftig nicht!

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      Ach so, „Remeber that?“, ich schreibe „Türkei“ und meine „Israel“? Warum? Weil ich zu feige wäre, über Israel zu schreiben? Erdogan mag ein judenfeindlicher Verschwörungstheorietiker sein, wie Sie schreiben, aber Sie scheinen auch einer zu sein.

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    Ich habe eigentlich keine Lust mehr auf die immer gleiche Debatte. Mal ist das sog. Selbstbestimmungsrecht der Völker heilig, mal die Grenzen, mal das Völkerrecht und mal irgendwelche heeren Ziele, zur Not auch Mord und Totschlag rechtfertigen.

    Es geht da in der Türkei gerade vor allem um die Macht. Erdogan hat bei den letzten Wahlen einen erheblichen Dämpfer bekommen und die HDP zog ins Parlament ein. Dazu wurde auch die militärische Macht einiger kurdischer Kräfte gestärkt. Das wird natürlich als Bedrohung erkannt. Ob die ersten Anschläge wirklich auf das Konto der PKK gehen, wird man wohl in naher Zukunft nicht herausfinden. Eigentlich schätze ich Öcalan so ein, dass er in der jetzigen Situation, als darüber diskutiert wurde, die PKK von der Liste der Terrororganisationen zu streichen, jede Art von Eskalation vermeiden würde. Wem nützt der ausgerufene Krieg denn letztlich? Einzig Herrn Erdogan, der sich als starker Mann aufspielen kann.

    Ich war auch gegen die Waffenlieferungen, weil sie die Kräfteverhältnisse verändern, weil Waffen immer ausser Kontrolle geraten können. Ich bin für eine Stärkung der UNO, eine Demokratisierung der Türkei und deren Aufnahme in dei EU.

    Das haben aber Kohl/Genscher und Schröder/Fischer schon verbockt. In den 90ern hatte die Türkei (noch vor Merkel) eine Frau als Ministerpräsidentin. In den 90ern waren mit Ecevit und Yilmaz ein Sozialdemokrat und ein westlich geprägter Konservativer Ministerpäsidenten. Das da die Sache nicht auf den Weg gebracht wurde, verstehe ich nicht.

    Anders als wohl bei Herrn Posener, der USA und der NATO wäre die Integration der Türkei jedoch nicht aus geostrategischem Kalkül erfolgt, sondern aus der Überzeugung, dass die Türkei zum damals geplanten „Haus Europa“ gehört hätte. Ebenso wie das damalige Jugoslawien. Eine EU von Gibraltar bis Wladiwostock und von Inverness bis Mardin hätte letztlich dann aber das geostrategische Gleichgewicht so verändert, dass die USA daran kein Interesse haben konnten.

    Erdogan ist gefährlich. Er ist kein Demokrat genausowenig wie Putin, Assad, Mubarak, as-Sisi oder König al-Aziz. Solange diese Despoten geostrategisch gebraucht werden, arbeitet man mit ihnen zusammen und nimmt die Unterdrückung der Minderheiten beschämt in kauf, lässt von ihnen Gefangene foltern und wenn es einem geostrategisch gerade in den Kram passt, fällt einem auf, dass der gute Freund gar kein lupenreiner Demokrat ist und läßt ihn über die „Freiheitsklinge“ springen.

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      Eine schöne neokonservative Antwort, lieber 68er! Außenpolitik als Weltinnenpolitik, die weltweite Durchsetzung von Menschenrechten nicht nur als Letlinie, sondern als konkrete Handluzngsanweisung in jedeem Einzelfall. Politik nicht als Bohren dicker Bretter, sondern als Anwendung einer, wie Karl Marx verächtlich sagte „Gleichung ersten Grades“ auf Verhältnisse, in denen eher Leibniz’sche Annäherungen und die Chaostheorie zutreffen. Sie fühlen sich dabei wohl, denn Sie sind nmit sich im Reinen. Beneidenswert.

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    Thomas von der Osten-Sacken hat meinen Beitrag auf FB mit folgendem Hinweis kritisiert:
    „Schon wieder „an die Kurden“. Die gibt es als politischen Akteur nicht. Deutsche Waffen wurden bisher nur die die KDP geliefert und die ist, was immer man davon halten mag, mit der Erdogan Regierung weit eher verbündet als mit der PKK. Die Türkei hat sogar selbst Waffen an die KDP – also „die Kurden“ – geliefert: http://www.hurriyetdailynews.c.....urkey-sent…“

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