avatar

„Aufgearbeitet“: (2) Das „Gaucken“ als Läusekamm

„There is much talk today in Germany about the AUFARBEITUNG (literally, the >>working over<<) of its recent history – a very German word that is usually translated as >>coming to terms with the past<< (on whose terms?) but that also evokes Freudian connotations … in a more mundane and domestic meaning, also can be used to describe the remodeling of an old garment (>>ein Kleidungsstück aufarbeiten<<) to make it look as good as new.“

Inga Markovits, 2001, Selective Memory: How the Law Affects What We Remember and Forget about the Past: The Case of East Germany

Bild oben: Am Morgen des 3. Oktober 1990

Der Einigungsvertrag

Als die DDR mit Wirkung zum 3. Oktober 1990 der Bonner Republik angeschlossen wurde, war dazu Gewaltiges zu regeln. Meine Taschenbuchausgabe des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 umfasst 648 Seiten (!). Weiterlesen

avatar

Ozzy: „No more Tears!“ – Phönix aus der Flasche  

Foto: Official Promo-Picture

Ozzy, der König ist tot. Es lebe der König. Ulf Kubanke mit einer ebenso persönlichen wie verstândigen Einordnung des Black Sabbath Sängers.

Hamburg den 22. Juli 2025.

Nun sitze ich da heute Nacht, Tränen laufen mir über das Gesicht. Es kommt mir so surreal vor, was gerade geschehen ist. Und doch ist es real, bar süren Ebene.

Der „motherfuckin‘ Prince of Darkness“ hat die Lichtung am Ende seines Pfades erreicht.

Ich vermute, es ist ohnehin immer etwas anderes, für die meisten von uns, die sich in einem Alter befinden, in welchem Ozzy immer da war, ein bisschen wie die Queen oder Mick, Keith, Ringo oder Pete. Weiterlesen

avatar

„Aufgearbeitet“: (1) Das DDR-Bild der Bonner Republik

Das Datum der Bildaufnahme unten ist leicht zu bestimmen. Mein Haftkamerad Hubert und ich schipperten an diesem Tag von Kiel nach Bergen in Norwegen. Unsere Fahrräder standen unten bei den PKW der anderen Reisenden. Solche Ausflüge hatten wir uns versprochen, damals in der DDR-Haftanstalt in Cottbus in der Zelle.

Feierlich schnitten wir an diesem Morgen um 6 Uhr aus den beiden Fähnlein das in der Mitte befindliche Symbol heraus. Wir nannten es „den Druckfehler“. Von der norwegischen Mannschaft der Fähre kam einer nach dem anderen an unserem Tisch vorbei, um uns zu unserem Glück zu gratulieren.

Genau, es war der 3. Oktober des Jahres 1990, der Tag, an dem die DDR ihr Ende fand.

Welches Bild hatte die Bonner Republik gehabt über die DDR?

Die Republik, in der wir nun schon fünf Jahre gelebt hatten? Weiterlesen

avatar

Der Krieg ist nach Russland gekommen

Kriegszerstörung durch ukrainische Drohne in Russland. Copyright Ukrainian Emergency Service via AP

Fast jede Nacht schlägt die Ukraine nun mit Drohnen zurück. Die Angst wächst, während sich die wirtschaftliche und soziale Lage verschlechtert. Doch die meisten Russen sind zu abgestumpft um aufzubegehren. Eindrücke von einem Besuch in der alten Heimat.

Erstmals seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine war meine Frau mit ihrer erwachsenen Tochter wieder in ihrer russischen Heimatstadt, um ihre alte kranke Mutter und ihren Bruder zu besuchen. Was sie sahen und erlebten, erschütterte sie zutiefst. Denn es ist fern von dem Propagandabild, das das Putin-Regime erzeugen möchte und seine Unterstützer auch hierzulande verbreiten. Noch mehr schockte es die Tochter, die seit sieben Jahren nicht mehr dort war. Weiterlesen

avatar

Hansland und seine Kulturschaffenden – Ein offener Brief

Kolleginnen und Kollegen!

Ich weiß, dass offene Briefe eigentlich lächerlich sind und der Hinweis Ludwig Grevens, (https://starke-meinungen.de/blog/2025/08/01/wer-offene-briefe-schreibt-ist-nicht-ganz-dicht/#more-14356) dass, wer solche Briefe schreibt, nicht ganz dicht ist und sie daher einfach zu ignorieren sind, nicht einer gewissen Berechtigung entbehrt. Aber in eurem Fall kann ich einfach nicht schweigen. Denn es betrifft mich zweifach, als Künstler und als Jude in Deutschland. Weiterlesen

avatar

Wo bleibt der versprochene Hitzesommer 2025?

Wenigstens ist der Regen warm! AI-Grafik: Sora

Es regnet. Es stürmt. Es ist Juli. Während Meteorologen Regenradare studieren und Urlauber sich fragen, ob sie nicht lieber Heizkissen statt Badelatschen einpacken sollen, liegt eine unbequeme Frage in der Luft: Wenn das die „globale Erwärmung“ ist, wie kalt wäre der Sommer 2025 ohne sie? Ein Versuch, in einer aufgeheizten Stimmung einen kühlen Kopf zu bewahren.

Weiterlesen

avatar

Songs von Leonard Cohen (13): Dance Me to the End of Love

Karsten Schroeder bat mich, etwas zu diesem Song zu schreiben. Gern. „Dance Me …“ ist eines dieser Cohen-Lieder, die bedeutungsschwer daherkommen, vielleicht etwas zu bedeutungsschwer für einen Popsong, sodass man geneigt ist, sie verärgert beiseitezulegen, um dann widerwillig einzuräumen, dass die Bilder nicht bloß um ihrer selbst und des Reims willen dastehen, sondern ihre eigene lyrische Berechtigung haben und ihren eigenen Sog entwickeln, wie der Alla-Breve-Takt des Songs, der in der Volksmusik oft gen Schluss immer schneller gespielt wird und einen in einen Strudel zieht, aus dem man leicht schwindelig am Ende des Songs – am Ende der Liebe – auftaucht.

Weiterlesen

avatar

Songs von Leonard Cohen (12): The Law

So, mit dieser Besprechung arbeite ich den Auftrag von Axel Reitel ab, der mich bat, „My Country“ von Randy Newman, „Ventilator Blues“ von den Rolling Stones und eben diesen Song zu interpretieren.

Ich muss zugeben, dass mir das schwer fiel, weil mir beim Anhören wieder meine Vorbehalte gegen Cohens routinierte Art, Lieder zu machen, hochkamen: Die bedeutungsschwangere, dunkle Stimme, ergänzt durch die hellen Stimmen der Sängerinnen im Refrain, das Formelhafte der Melodieführung, die, wie Bob Dylan anmerkte, eigentlich mit zwei Akkorden auskommt, auch wenn Dylan weiter anmerkt, dass Cohen auch hier jene  „kontrapunktischen Linien“ setze, die jedem Cohen-Song einen „himmlischen Charakter“ und „melodischen Auftrieb“ geben.

Weiterlesen

avatar

Nicht auf dem Rücken unserer Kinder sparen! Familien kritisieren Ostholsteins Umgang mit Schulbegleitungen für Autisten

Eltern kritisieren Ostholsteins Umgang mit autistischen Kindern

Der Start ins neue Schuljahr rückt näher, doch für einige Familien im Kreis Ostholstein wird der Gedanke daran von wachsender Sorge begleitet. Drei Mütter schildern übereinstimmend, dass ihre autistischen Kinder dringend eine individuelle
Schulbegleitung brauchen – und dass der Kreis Ostholstein diese Unterstützung offenbar nicht in ausreichendem Maß sicherstellen will. Sie befürchten massive Nachteile für ihre Kinder, wenn die Verwaltung ihre Praxis nicht rasch ändert. Nur wenige Meter weiter in Lübeck, so berichten sie, sei eine individuelle Unterstützung hingegen möglich.

Weiterlesen

avatar

Selbstmäßigung der AfD – Wird es wirklich dauerhaft dazu kommen?

Foto-Credit: IMAGO / Andreas Gora

Der AfD-Bundesvorstand hat beschlossen, dass die Partei sich rhetorisch wie inhaltlich mäßigen soll. Dass dieses Vorhaben dauerhaft funktionieren kann, ist aus mehreren Gründen sehr zweifelhaft.

Vielleicht gehört es zu den zentralen Erfahrungen im Leben, dass Menschen, die sich daneben benehmen, sich so gut wie nie ändern. Oder dass, wenn sie es doch tun, eine solche angekündigte Umkehr auf bloßer Taktik beruht, um besser dazustehen. Meistens jedenfalls dauert es nicht allzu lange, bis sich die große Ankündigung als Fassade herausstellt und anfängt zu bröckeln.

So könnte es perspektivisch auch der AfD ergehen, die sich nun sowohl habituell wie inhaltlich mäßigen will. Ausgerechnet sie, die im Bundestag über Jahre nicht selten durch bisweilen flegelhaftes Verhalten  – man denke nur an das zornige Fußaufstampfen der Co-Fraktions- und Parteivorsitzenden Alice Weidel anno 2021 – und durch Herumgrölen aufgefallen ist, hat sich nun einen Verhaltenskodex gegeben. Wie der „SPIEGEL“ berichtet, steht in einem neuen Papier des Bundesvorstands, dass man fortan „um ein geschlossenes und gemäßigtes Auftreten im Parlament bestrebt“ sei. Weiterlesen

avatar

Ukraine Konferenz Rom – Der Elefant im Raum: Korruption in der Ukraine

In der deutschen Öffentlichkeit passiert derzeit etwas, das man freundlich als „überambitionierte Weltdeutung“ bezeichnen könnte – oder weniger freundlich: als ziemlich bornierte Hybris. Immer wieder hört man aus der deutschen Komfortzone ein entschiedenes: „Wir können diesem Staat nicht trauen.“ Gemeint ist die Ukraine. Begründung: Korruption, Vetternwirtschaft, Intransparenz.

Da wird dann gern das große Bestechungsschwert geschwungen, als ob es in Berlin an der Garderobe hängt. Und ja – es stimmt: Die Ukraine hat ein ernsthaftes Korruptionsproblem. Das hat sie nicht erst seit gestern, sondern ist ein Erbe aus den tiefsten Kellern der Sowjetunion. „Kennst du jemanden, geht alles“ – das war die Losung damals, und sie ist es vielerorts auch heute noch. Nur hat sich das Ganze kapitalistisch aufgemotzt. Heute gilt: Kennst du jemanden – zahl ihm, dann geht alles. Weiterlesen

Scroll To Top