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Lechte und Rinke missverstehen ein Buch

Mein alter Freund und Ex-Genosse Willi Jasper hat seine Erinnerungen an 68 – und davor und danach – vorgelegt. Ich habe sie in der WELT besprochen. Wie ich dort schrieb, dürfte „Der gläserne Sarg“ für manche „Verklärer der eigenen Jugend und Karriere, die ‚68‘ zu einem Fest des demokratischen Aufbruchs umdeuten und die ‚K-Gruppen‘ als sektiererische Verirrung abtun“, ein „Ärgernis“ sein. Denn Jasper zeige, „wie viel Mao in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) steckte, wie viel APO in den Maoisten“.

Tatsächlich hat das Buch Irritationen auf der Linken ausgelöst. So widmet Markus Mohr in der „Jungen Welt“, die der Linkspartei nahesteht, die Hälfte seiner Rezension der Tatsache, dass die 1977 in Peking weilende Delegation der KPD/AO, zu der Jasper gehörte, die chinesischen Genossen vor dem damaligen deutschen Außenminister Dietrich Genscher warnte. Der sei nämlich  – O-Ton Jasper – „ein unzuverlässiger Taktiker“ und werde sich  „als Entspannungspolitiker niemals auf eine Einheitsfront gegen Moskau einlassen“. Was übrigens eine richtige Einschätzung war. Offensichtlich war die Warnung der Genossen erfolgreich, denn Genscher wurde in Peking wohl nicht sehr zuvorkommend behandelt. Ironie aus.

Die „Junge Welt“ sieht Jaspers Buch durch ihre Brille … 

„Jasper macht deutlich“, so resümiert Mohr, „wie sehr der Maoismus – ganz im Unterschied zur Politik der friedlichen Koexistenz der Sowjetunion – in Westeuropa dem Bedürfnis nach Rebellion und Revolte der Studenten entgegenkam.“

Dass der Maoismus bei der Neuen Linken zunächst als Anleitung zum Aufstand gegen alle Autoritäten und insbesondere als revolutionäre Kritik der Altkommunisten missverstanden wurde, ist ja richtig.  Das Problem für die rebellischen Studenten war aber kaum die „Politik der friedlichen Koexistenz“ zwischen den USA und der UdSSR, sprich die Auslagerung der Blockkonfrontation in Stellvertreterkriege wie in Vietnam, Laos, Kambodscha, Angola, Mozambique, den Nahen Osten usw.

Das Problem für die rebellischen deutschen Studenten war vielmehr erstens der real existierende Sozialismus in der DDR, der schlicht abstoßend war. Da rettete man sich in Fantasien einer fernen Utopie, wo alles besser gemacht würde. Jasper berichtet eindringlich, wie seine Konfrontation mit dem real existierenden Sozialismus in China anlässlich jener Delegationsreise seinen Glauben an die Überlegenheit des chinesischen Modells erschütterte.

Das Problem war zweitens die Unterdrückung der Opposition in der DDR – Beispiel Biermann – und der Studentenrevolte in Polen, schließlich der Einmarsch des Warschauer Pakts in die CSSR, um den „Prager Frühling“ zu beenden.

Das Problem war drittens die Zusammenarbeit der französischen Alt-Kommunisten mit den Gaullisten und weiter rechts stehenden Kräften, um die Pariser Mai-Revolte niederzuschlagen, und die Zusammenarbeit der deutschen Altkommunisten der DKP und SEW mit den Spitzen des DGB, um die Gewerkschaften mittels der Unvereinbarkeitsbeschlüsse von allen Kräften links der Altkommunisten zu säubern. Und so weiter.

Gewiss doch: der Maoismus war eine Ideologie – und vor allem eine Praxis – totalitärer Unterdrückung; aber das hat man in der APO und in der AO nicht begreifen wollen; diese Blindheit muss man kritisieren, und Jasper kritisiert sie auch. Sehr wohl sah man aber, dass die Vorläufer der Linkspartei ganz konkret und praktisch Unterdrückung betrieben haben, nebenan in der DDR und auch hierzulande. Der ehemalige portugiesische Maoist und spätere Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso sagte nicht zu Unrecht sinngemäß, Maoist sein, das sei damals in Portugal die einzige Möglichkeit, links zu sein, ohne faktisch als Agent Moskaus zu agieren.

All das verschweigt Mohr, weil es nicht ins Weltbild der Linkspartei passt. Stattdessen staunt er, „wie weit es diese 1970er-Jahre Linksradikalen durch gewiefte Anpassungsmanöver in der BRD (sic!) gebracht haben.“ Tja, in der DDR wäre das nicht passiert. Welche „Anpassungsmanöver“ das übrigens gewesen sein sollen, das sagt Mohr nicht. Dem Ideologen der „Jungen Welt“ kommt es nicht in den Sinn, dass intelligente Linke (und man kann es ruhig sagen: die intelligenteren unter den Radikalen von 68 gingen gewiss nicht zu den moskauhörigen Parteien) früher oder später – und bei den Maoisten in der Regel früher als bei den anderen – erkennen mussten, dass der Marxismus-Leninismus praktisch-politisch in die Sackgasse, intellektuell und moralisch in den Sumpf führt.

…die „Sezession“ durch ihre. So verschieden sind sie gar nicht.

Wie der Linke Markus Mohr ist der Rechte Benedikt Kaiser, der Jaspers Buch in der „Sezession“ rezensiert, von dem „Phänomen der Karrierewege alter Maoisten und Linksradikaler“ fasziniert, „die heute das Establishment durchziehen und ihre alten Ideologien zugunsten markt- und linksliberaler Agenden abstreiften“.

Und wie Mohr hat er für dieses Phänomen keine Erklärung, weil er ja wie Mohr „markt- und linksliberale Agenden“ ablehnt. Dabei hat er die zentrale Aussage Jaspers – siehe oben – nicht  begriffen, sondern plappert die Rechtfertigungsideologie der Alt-68er nach, der zufolge die K-Gruppen „alle das Resultat eines autoritären Wandels der antiautoritären 68er Überbleibsel“ gewesen seien.

Kaiser geht sogar einen Schritt weiter und behauptet, dass „gerade sie“ – also die ehemaligen Anhänger des Maoismus – „oftmals jene sind, die besonders moralisch und laut »gegen rechts« argumentieren“. Dies zeige, „dass Selbstkritik nicht unbedingt als die explizite Stärke der Veteranen von 1968ff. gelten kann.“

Nun, Selbstkritik ist in allen politischen Gruppierungen eine seltene Tugend, und die ehemaligen Linksradikalen machen da keine Ausnahme, da hat Kaiser Recht. Doch dass „gerade sie“ es sind, die „besonders moralisch und laut »gegen rechts« argumentieren“, darf man bezweifeln. Denkt man an so verschiedene Gestalten wie Horst Mahler oder Wolfgang Gedeon, Rüdiger Safranski oder Bernd Rabehl, Henryk Broder, Thomas Schmid oder Stefan Aust, so kommt man bestimmt nicht darauf, dass sie zu „moralischer und lauter Argumentation gegen rechts“ neigen. Das Laute und Moralische kommt eher aus der Ecke der früheren Anhänger der Moskau-Partei und der Sponti-Fraktion der Grünen. Aber egal. Hauptsache, man kann die „markt- und linksliberale Agenda“ irgendwie verdächtig machen, indem man behauptet, Maoisten hätten leicht ihre alte Ideologie ab- und diese neue übergestreift, obwohl Jasper bestimmt kein Anhänger „marktliberaler Agenden“ ist.

Überhaupt geht es Kaiser gar nicht darum, aus Jaspers buch irgendetwas zu lernen, obwohl er es als „herausragend“ und „eminent lesenswert“ lobt. Kaisers  Beispiele für das moralisch-politische Versagen der K-Gruppen stammen sämtlich nicht aus dem Buch, sondern aus dem Zettelkasten. (Stichwort: Kretschmann und Schmierer vom KBW zu Besuch bei Pol Pot.)  Vor allem geht es Kaiser wie Mohr um die Bestätigung seines Vor-Urteils: „dass rechte Akteure von heute keinerlei Rechtfertigungsbedarf vor antifaschistischen Anklägern mit kulturrevolutionärem Hintergrund von damals akzeptieren sollten; die »Kulturrevolution von rechts« (Alain de Benoist) kennt keine Affirmation des Massenmordes, muss sich also nicht vor jenen erklären, die einst – etwa im linksintellektuellen Kursbuch – Pol Pots allseits bekannte Massenmorde als »vietnamesische Propaganda« abkanzelten.“

Wer also – wie ich oder Thomas Schmid etwa – einen „kulturrevolutionären Hintergrund“ hat, verwirkt damit das Recht, heutige Kulturrevolutionäre – die von rechts nämlich – zu kritisieren, weil die wenigstens nicht für Stalin, Mao oder Pol Pot brennen. Dass man aus seinen Verirrungen fürs Leben etwas lernen kann – ich denke etwa an mein Vorbild George Orwell und an die vielen „Renegaten“, die in der Kritik des Kommunismus so Entscheidendes geleistet haben, von Arthur Koestler bis André Glucksmann – ist offensichtlich nicht denkbar, weil ja die „Neue Rechte“ solche biographischen Lernprozesse nicht kennt, sondern die Wiederholung des Immergleichen schon für eine Leistung hält.

Die „neue“ Rechte klebt immer noch am Alt-68er Alain Benoist und an der noch älteren „Konservativen Revolution“, am alten Hass gegen „Markt- und Linksliberalismus“ und gegen das Fremde an sich. Neue Gedanken sucht man dort so vergeblich wie individuelle intellektuelle Entwicklung. Dass sie kulturell darum noch öder ist als die damalige Neue Linke, ist ein Ergebnis dieser intellektuellen Dürre. Und dass sie natürlich bei jenen Ex-Linksradikalen, die ihnen ins Zeug passen, großzügig über den „kulturrevolutionären Hintergrund“ hinweg sehen, passt da gut ins Bild.

Willy Jaspers Buch ist um Verstehen und Selbsterkenntnis bemüht. Das unterscheidet es von den Kritikern der „Jungen Welt“ und der „Sezession“, die nur darum bemüht sind, das, was sie immer schon meinten, noch einmal zu sagen und insofern den Maoisten von einst mehr gleichen, als ihnen recht sein kann.

Willi Jasper: „Der gläserne Sarg“. Matthes und Seitz, 254 S., 24 €.

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26 Gedanken zu “Lechte und Rinke missverstehen ein Buch;”

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    Die Geschichte der 68er wird mittlerweile sehr kontrovers geschrieben. Eines steht fest:
    die K-Gruppen (welche auch immer) waren nur die laute Oberfläche. Darunter wurde Kulturgeschichte betrieben. Heute können wir darüber schreiben. Aber es ist ziemlich vermessen, eine Sicht für „richtig“ zu erklären! Es war die Neuorientierung einer Kohorte in einer Zeit des Generationenwechsels. Frauen waren die Nutznießerinnen der Bildungsoffensive und nutzten dies auch. Die Erziehung änderte sich. Die heutigen Jugendlichen sind bereits die Enkel der kulturellen Veränderung der 1960er jahre. Also bitte nicht nur auf die APO scheuen, das ist veraltet!

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      Naja, ich schaue nun einmal auf die APO. Das ist nicht „veraltet“, das ist der Versuch, möglichst sauber zwischen politischer Bewegung und kultureller Umwälzung zu unterscheiden. Das ist legitim, weil die kulturelle Umwälzung im ganzen Westen stattfand, die politische Bewegung aber etwa in Großbritannien völlig andere Formen annahm als in Deutschland oder Frankreich, und in den USA wieder völlig anders verlief.

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    ach ja… ich mag nicht bei dem wettbewerb mitmachen, wer damals den intelligenteren blödsinn verzapft hat. nur 1 kleine motivreminiszenz: ich bin bei dkp & co gelandet, weil sie (zumindest öffentlich) gewalt abgelehnt haben & weil ich sie wg ihrer orientierung auf die gewerkschaften für die realpolitischste unter den sekten gehalten habe. blödsinn wars trotzdem.

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      Ja. Und noch größerer Blödsinn, weil die DKP auch noch einen illegalen Apparat unterhalten hat für den Fall einer Putsch-Möglichkeit oder einer Invasion seitens des Warschauer Pakts, von ihrer Beihilfe zu Spionage und Sabotage einmal zu schweigen. Wir Verbalradikalinskis von den K-Gruppen waren dagegen blauäugig. Aber nicht so blauäugig wie die Masse der DKP-Mitglieder und -Sympathisanten

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    Lieber Herr Posener,

    woran liegt es, dass Sie ihre eigene Biografie manchmal durch eine allzu rosarote Brille zu sehen scheinen?

    „Dem Ideologen der „Jungen Welt“ kommt es nicht in den Sinn, dass intelligente Linke (und man kann es ruhig sagen: die intelligenteren unter den Radikalen von 68 gingen gewiss nicht zu den moskauhörigen Parteien) früher oder später – und bei den Maoisten in der Regel früher als bei den anderen – erkennen mussten, dass der Marxismus-Leninismus praktisch-politisch in die Sackgasse, intellektuell und moralisch in den Sumpf führt.“

    Zählen Sie zu den „intelligenteren“ auch Ihr Ex-Genossen Kühnen und Mahler?

    Sie konstruieren da Aussagen, die ihnen vielleicht ganz gut in Ihr Weltbild passen, die aber letztlich nur dazu dienen sollen, gegen die LINKE Stimmung zu machen.

    Meine Erklärungen dazu kennen Sie, entweder sie halten es nicht aus, dass andere Linke einen anderen Weg gegangen sind als Sie, oder Ihr linker Kampf war nur ein angeblicher.

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      Lieber 68er, ich sage nicht: Wer zu den Maoisten ging, bewies damit seine Intelligenz. Ich sage: die Intelligenteren unter den 68er Radikalen gingen nicht zu den Moskau-Parteien. Um das zu belegen, müssen Sie nur die von der „Jungen Welt“ und von der „Sezession“ gleichermaßen bestaunten Karrieren vieler Ex-Maoisten – nicht nur in Deutschland – betrachten. Etwas Vergleichbares finden Sie bei Ex-DKPlern, obwohl es derer viel mehr gab, eben nicht. Auch Rainer Werner, Mitbetreiber dieses Blogs und Ex-Maoist, hat darüber geschrieben, leider auch ein wenig denunziatorisch, obwohl er selbst ein erfolgreicher Lehrer gewesen ist. Was mich betrifft, so nehme ich mich aus DER Gleichung heraus; so dolle war meine Karriere nicht. Natürlich neige ich, wie wohl jeder Mensch, zum Schönfärben der eigenen Biographie. Andererseits finde ich, dass sich das in Grenzen hält. Wenn Sie meine Veröffentlichungen zu 68ff und zu meiner Rolle in der KPD/AO lesen, in der WELT, im Freitag, und insbesondere hier auf SM, so finde ich, dass ich sehr deutlich die intellektuellen, moralischen und charakterlichen Schwächen benenne, die hier eine Rolle spielten.
      Gegen die Linkspartei mache ich keine Stimmung. Wenn Sie mich etwa im Gespräch mit Oskar Lafontaine bei Maischberger gesehen haben, dann werden Sie zugeben, dass wir uns – wie schon in meinem WELT-Interview – zivilisiert unterhalten haben. Ich mag ihn persönlich sogar. Petra Pau, um ein weiteres Beispiel zu nennen, bewundere und mag ich, und wir ziehen in Sachen Antisemitismus an einem Strang. Auch mit Bodo Ramelow komme ich – etwa bei der Diskussion in der Thüringischen Landesvertretung kürzlich – gut aus. Und um es klar zu machen: Es handelt sich um hochintelligente Menschen.
      Dennoch halte ich die Linkspartei politisch für ein Unglück. Durch ihre bloße Existenz hat sie zwölf Jahre Merkel ermöglicht. Eine Zeitlang konnte sie als eine Art DDR-SPD gelten, also als Regionalpartei analog der CSU. Doch ihre Aufgabe, das Aufkommen radikaler Parteien zu verhindern, hat sie offenbar nicht erfüllen können. Die CSU jetzt auch nicht. Anderes Thema, ich weiß.

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        … bei den Genossen (O.L. und andere, etwa P.P., B.R. und noch mehr … womöglich auch noch den Soziaaaaldemokraaaten …) ‚handelt sich um hochintelligente Menschen‘ – hier entschlüpfte, liiiebe Genossen, meinem Hamster, wie so oft, mal wieder ein Bäuerchen. Sozialismus und Intelligenz sind ein Widerspruch. Es gibt, leider, wenige, die es schaffen diesen Irrglauben, warum auch immer, ‚abzuschwören‘.

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        Lieber Herr Posener,

        ich denke eher, Leute wie Sie, die Angela Merkel ihre Stimme gaben, haben Merkel ermöglicht. Und Leute wie Gabriel, Schröder, Steinmeier, Steinbrück und wie sie alle heißen, die in den biederen Spießern (Die LINKE) aus dem Osten den leibhaftigen Beelzebub sehen wollten, haben trotz – mehrfacher Mehrheiten im Bundestag – Merkel ohne Not die Kanzlerschaft überlassen.

        Und es ist doch zu einfach, der LINKEN die Schuld für das Erstarken der AfD in die Schuhe zu schieben anstatt denen, die in den letzten 25 Jahren regiert haben und die Ängste und auch teilweise realen Belastungen der Menschen tatsächlich mit verursacht haben. Und es ist natürlich einfacher die LINKE für die Misere verantwortlich zu machen, als Ihre Kollegen Gauland, Holm, Klonovsky und all die anderen journalistischen Lach- und Hampelmänner. Und all die Plasbergs, Maischbergers, Illner und Wills, die durch ihre unsägliche Berichterstattung oder besser mediale Durchlauferhitzung die AfD erst zu ihren Wahlerfolgen verholfen haben.

        Die AfD ist doch nicht aus dem Volk entstanden , sondern von neoliberalen Spießern, Professoeren und Hazadeuren gegründet worden, um den vermeintlich linken Tendenzen in der Merkel-CDU etwas entgegen setzen zu können. Die Gründung der AfD sollte sowohl gegen eine „Mehrheit links der Mitte“ wirken, indem sie den Abgehängten dieser Gesellschaft eine Alternative zur unsozialen SPD bot und gleichzeitig der CDU/CSU Druck von Rechts machen. Das hat dann ja auch gut geklappt und das bis dahin stabile Parteiensystem Deutschlands ziemlich in Bewegung gebracht. Wozu das führen kann, sieht man z. B. in GB, wo durch UKIP ähnlich manipuliert wurde und ein BREXIT beschlossen wurde, den nachher dann keiner mehr wirklich haben wollte.

        Oder man schaue nach Frankreich, wo Macron 15 Jahre nach Hartz die neoliberale Reaktion auch in Frankreich gegen die Menschen durchsetzten will. Enden wird das im Zweifel mit einer Regierungsbeteiligung des Front National in den nächsten 5 bis 10 Jahren.

        Aber daran wird dann bestimmt nicht Macron schuld sein, nicht Hollande oder Sarkosy, sondern die ewiggestrige CGT, die wahrscheinlich die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollte.

        Nachtigall ick hör dir trapsen!

        Ihnen eine gute Nacht!

        Ihr 68er

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        Lieber 68er, ich will nicht sagen, dass Sie mit allem völlig Unrecht haben. Mit der Aussage, die Linke habe Merkel ermöglicht (obwohl Schweine wie ich sie gewählt haben), meinte ich: Die Spaltung der Linken hat eine Koalition links der Mitte unmöglich gemacht. Sie können sagen, jahaa,weil die doofen SPDler nicht mit der Linken koalieren wollten, aber ich denke, ganz so einfach ist und war die Sache nicht.

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        Zur AfgD und ihrem vermeintlichen Erstarken: Die AfD hat letztes Jahr 12,6 % der Stimmen bekommen. Das ist nicht viel. Da sich die AfD-Positionen in der Flüchtlingsfrage (gibt es da überhaupt noch ein anderes Thema?) von denen der anderen unterscheiden, sind diese Positionen abgewählt. D.h. sie können nicht legitimiert umgesetzt werden. Stattdessen sollten die Positionen, die mehrheitlich gewählt wurden, umgesetzt werden. Das ist doch eigentlich ganz einfach und von jedem Demokraten zu verstehen. Angesichts der gewaltigen medialen Überpräsenz, die diese 12,6-%-Minderheitenpartei genießt, glauben einige, dass die AfD-Positionen irgendwie eine nennenswerte Rolle spielen sollten oder gar die „Volksmeinung“ abbilden würden. Aber solange die AfD ihr Wahlergebnis nicht deutlich verbessert, ist sie schlicht vom statistischen „Wahlbürger“ abgelehnt und entsprechend sollte man auch politisch entscheiden. Wenn die Seehofer-CSU das nicht versteht, kann man die CSU abservieren und mit den Grünen zusammengehen. Das wäre das Vernünftigste und die Mehrheiten sind vorhanden (ist aber leider unpraktikabel).

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        Ach, lieber Roland Ziegler, FDP und Grüne haben mit weniger Stimmen mitregiert.

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        68er: … wie sie alle heißen, die in den biederen Spießern (Die LINKE) aus dem Osten den leibhaftigen Beelzebub sehen wollten, …

        …. puuuh, 68er, ‚… in den biederen Spießern (Die LINKE) … den leibhaftigen Beelzebub sehen‘? … kommen Sie wieder unter, nicht mal das, ihr seid der elende Rest.

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        Lieber Herr Posener,

        „Schwein“ würde ich nie sagen und auch nicht meinen. Wenn Sie damals Merkel gewählt haben, war das Ihre Entscheidung, mit der ich leben kann und mit der wir jetzt leben müssen und Sie natürlich auch. Zu versuchen, das der LINKEN in die Schuhe zu schieben, finde ich allerdings höchst phantasievoll.

        Es lag auch nicht an der LINKEN, dass es keine rot-rot-grüne Regierungen gab, sondern hauptsächlich an SPD und GRÜNEN, die ganz klar eine grün angehauchte neoliberale Agenda fahren wollten und sich vom Grundkonsens der Bonner Republik abgewandt hatten und koste es was es wolle, im internationalen Kriegs-Roulette mitspielen wollten. Das Parteiprogramm der LINKEN unterscheidet sich doch nicht wesentlich vom Berliner Programm der SPD. Das sind doch keine Radikalen. Einzelne verirrte gibt es in jeder Partei, sogar bei den Grünen, der FDP und relativ häufig sogar bei der CDU/CSU.

        Und es ist weder das Ziel, noch die „Aufgabe“ der LINKEN, „das Aufkommen radikaler Parteien zu verhindern“. Es geht denen vor allem um soziale Gerechtigkeit, Frieden und Internationale Solidarität. Solche Themen sind ja an sich nicht dazu geeignet, „radikale Parteien zu verhindern“. Oder ist das streben nach Frieden mit friedlichen Mitteln für Sie ein radikales Ziel?

        Beste Grüße

        Ihr 68er

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        Lieber 68er, ich sehe die Linkspartei, die ich auch nicht mit Versalien schreibe, nicht als Partei des Friedens. Da können wir uns lange streiten. Mit 68 jedenfalls, um mal auf Ihren Nom de plume anzuspielen, hat sie rein gar nichts zu tun, deshalb missversteht sie Jaspers Buch. Darum geht es mir.

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        Mit wenig Stimmen mitregieren setzt eine Koalition voraus. Dazu müssten ein oder zwei Koalitionspartner und die AfD in einer Koalition mitregieren wollen. Das ist nicht der Fall.

      10. avatar

        @Alan Posener: „FDP und Grüne haben mit weniger Stimmen mitregiert.“ – Stimmt. Aber weder die Liberalen noch die Grünen haben sich angemaßt zu behaupten, sie seien die einzig wahren Vertreter des Volkswillens bzw. der Interessen des Volkes.

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        Bei den Grünen viel schlimmer. Sie haben sich als die einzig wahren Vertreter von Mutter Erde ausgegeben.

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        Das kommt aber nicht so schnell, falls es überhaupt noch kommt. Heutzutage muss man ja schon froh sein, wenn es überhaupt noch Parteien gibt, die miteinander koalieren und regieren wollen (und können).

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        Lieber Herr Posener,

        da sind wir ja einer Meinung.

        DIE LINKE (die Versalien hat sich die Partei selber ausgesucht, die stammen nicht von mir) hat tatsächlich in weiten Teilen wenig mit 68 zu tun, zumindest im Osten besteht sie, und darauf habe ich ja häufig hingewiesen, aus vielen Spießern, die, wenn sie im Westen aufgewachsen wären, in die lokal dominierende Partei eingetreten wären, d.h. im Ruhrgebiet in die SPD, in Bayern in die CSU und im Rheinland in die CDU.

        Programmatisch ist DIE LINKE aber sehr wohl mit 68 kompatibel. Und im Westen rekrutiert sich ein großer Teil der aktiven Mitglieder auch aus den Resten der 68er und K-Gruppen-Bewegung.

        Und wenn irgendein Alt-68er LINKEN Abgeordneter zum Boykott gegen Israel aufruft, werden Sie wahrscheinlich darauf hinweisen, dass dies eine Kontinuität habe, die auch schon Teile der 68er Bewegung geprägt habe.

        Immer wie es gerade passt.

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        Nein, lieber 68er, nicht „immer, wie es gerade passt“. Tatsächlich wurde bei den 68ern – und zwar Maoisten, Trotzkisten und Spontaneisten – die demonstrative Abkehr vom Antisemitismus der Väter durch eine neue Form des Antisemitismus kompensiert. Die Altkommunisten waren seit jeher – seit Stalins Kampagne gegen den „internationalen Zionismus“ – antisemitisch geprägt. Wie die Abkehr von deutscher Volksmusik und Ethnoromantik überhaupt kompensiert wurde durch Hinwendung zu „antiimperialistischem“ Ethnokitsch. Da waren ja ebenfalls die Altkommunisten schon da und waren überhaupt erfolgreicher, weil sie ja Kuba und Chile ausschlachten konnten. (Ich polemisiere, aber Sie wissen, was ich meine.) Ein weites, sehr interessantes Feld, wenn man einmal weder denunziatorisch (wie ich hier) oder apologetisch (!) herangeht, sondern kultursoziologisch. So nach dem Motto: „Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.“ (Schiller)

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        @RZ: Ob die AfD irgendwann in die Verlegenheit einer Regierungsbeteiligung kommen wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Ein Blick auf die Grünen in deren Frühphase, zu denen die AfD eine Reihe von Parallelen aufweist, kann ein paar Anhaltspunkte liefern:
        – Grüne wie AfD haben in ihrer Gründungsphase Menschen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppierungen aufgenommen. Welche dieser Gruppen nachhaltig tonangebend würde, kristllisierte sich erst später heraus; bei den Grünen war es der Realo-Flügel, der aber erst in den 1990ern zur dominierenden parteiinternen Strömung wurde.
        – Erst als der Realo-Flügel erkennbar die Richtung der Grünen vorgab und signalisierte, daß die Partei an dem mühsamen Prozeß der politischen Entscheidungsfindung Interesse hatte, wurden die Grünen als Koalitionspartner interessant. Das war in Hessen irgendwann zwischen 1983 (Landtagswahl ohne Mehrheit für SPD oder CDU) und 1985 (Koalition mit der SPD) der Fall, im Bund mit dem faktischen Ausscheiden des Fundi-Flügels, der sich mit Kompromissen schwertat.
        Bei der AfD ist nach derzeitigem Stand der an Realpolitik interessierte Flügel marginalisiert; das öffentliche Bild der Bundespartei und der meisten Landesverbände wird von völkischen Extremisten bestimmt, die erkennbar nicht bereit sind, Kompromisse einzugehen, sich in schrillen Ablehnung der Bürgerlichkeit überbieten und eine unübersehbare Nähe zur gewaltbereiten Szene pflegen. – Also wie die Grünen, als die Fundis deren Geschicke bestimmten.
        Aus diesem Grund ist auch nicht davon auszugehen, daß eine Zusammenarbeit zwischen AfD und einer anderen Partei (von der FDP vielleicht abgesehen) auf allzu viel Gegenliebe stoßen wird. Die Grünen wären heute noch weitab jeder Regierungsverantwortung, wäre eine Jutta Ditfurth nach wie vor die bestimmende Figur der Partei.

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        @Opa Krempel: Ja, ehe ich auch so. Von den Fundis ist heute niemand mehr bei den Grünen. D.h. die AfD wird erst dann eine Regierungspartei, wenn ihr Personal ausgetauscht ist und sie ihren (einzigen) Programmpunkt koalitionsfähig gemacht haben. Nur dann wählt sie keiner mehr.
        Bis dahin verhält es sich so wie jetzt, dass man an einer Kreuzung steht und fragt, wo es langgehen soll. Da zeigen 12 Leute nach rechts und 88 nach links. Vielleicht zeigen morgen auch schon 15 Leute nach rechts und nur noch 85 nach links. Daher gibt es Leute, die sagen: „Irgendwie ist der Zeitgeist so rechts, dass wir nach rechts abbiegen sollten.“ Damit die 12 oder 15, die sich für die Elite halten, nicht noch saurer werden.

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    ‚K-Gruppen‘ waren eine sektiererische Verirrung! Allerdings gab es eine ziemlich beachtliche Zahl davon, die RAF war dann der Gipfel. Aber der kulturelle Aufbruch 68, der wirkt bis heute und wird von den Leuten, die damals leninistischen und maoistischen Sprüchen nachgelaufen sind, verkannt. AUs 50 Jahren Distanz kann man heute Marx mit Gewinn lesen, denn dass die Mehrwert-Theorie nicht stimmen kann, ist heute klar. 1968 und in den 1970er Jahren galt diese kühle Feststellung als „Sakrileg“. Schon dieser Umstand zeigt, dass es zu viele junge Menschen gab, die einen linken Glauben gesucht haben. Aber hinter ihrem Rücken ist eine Menge an kultureller Veränderung passiert. „Links-Spießer“ haben das zwar nicht bemerkt, aber die damalige Jugend-Generation hat es bemerkt.

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      „K-Gruppen‘ waren eine sektiererische Verirrung! Allerdings gab es eine ziemlich beachtliche Zahl davon, die RAF war dann der Gipfel.“ Ich glaube nicht, liebe Monika Frommel, dass die RAF „der Gipfel der K-Gruppen“ war. Und:
      „Der kulturelle Aufbruch 68, der wirkt bis heute und wird von den Leuten, die damals leninistischen und maoistischen Sprüchen nachgelaufen sind, verkannt.“
      Keineswegs. Nur muss man sagen, was man mit „kulturellem Aufbruch“ meint. Und bei näherem Hinsehen hat der – Pille, sexuelle Revolution, Frauenemanzipation, Verwischung von E- und U-Musik, Hoch- und Popkultur – mit der APO, der Studentenbewegung, dem SDS usw. wenig bis nichts zu tun. Die wiederum, und das belegt Jasper, hatten sehr viel mehr mit den angeblichen „Sektierern“ gemeinsam, als ihnen in der verklärenden Rückschau lieb ist.

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