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Obamas Gesundheitsreform: Streit ist unvermeidlich bei so großen Projekten

Die amerikanische Gesundheitsreform ist (fast) durch. Endlich also Gesundheitsschutz für die Millionen Amerikaner, die bislang ausgeschlossen waren, weil sie zu arm waren, eine Versicherung zu bezahlen oder zu krank, als dass eine Versicherung sie genommen hätte. Für Deutsche ist es nur schwer vorstellbar, warum eine so große Zahl von Amerikanern gegen eine solche Reform ist, warum das Vorhaben so viele Widerstände auslöste. Schließlich ist es uns selbstverständlich, dass so gut wie alle Menschen in Deutschland in der Krankenversicherung geschützt sind.

Abgesehen davon, dass uns das zu einem kurzen Moment der Dankbarkeit für unseren Sozialstaat veranlassen sollte, abgesehen davon stellt sich die Frage, ob Obama mit den üblichen schmutzigen Politikertricks sein großes Projekt durchgesetzt hat. Alle Berichte über die dramatischen letzten Stunden im Kongress, alle Berichte über die Wochen zuvor und auch die Berichte über die Bedenken vieler demokratischer Kongressabgeordneter, die ursprünglich gegen die Reform stimmen wollten, deuten darauf hin. Wir vermuten einen erheblichen Druck auf einzelne Abgeordnete, eine erhebliche Schacherei um einzelne Passagen, die vermutlich, wie jeder Kompromiss, zu eher fragwürdigen Ergebnissen geführt haben. Halt all das schmuddlige Zeug, was dazu gehört, ein kompliziertes und umstrittenes Gesetz durchs Parlament zu bringen. Ganz so, wie wir das auch von unseren deutschen Politikern schlimmstenfalls erwarten.

Dass Obama sich jetzt als Machtpolitiker erwiesen hat, der ohne Rücksicht auf Verluste sein wichtigstes Projekt durchgesetzt hat, wirft einen dunklen Schatten auf das deutsche Lichtbild von ihm, das er selbst durch seine Auftritte und durch seine ständige Rede davon, dass er Gräben überwinden wolle, geschaffen hat.

Dieser Sieg in den USA gibt aber einen Hinweis darauf, worum es in der Politik gehen soll: große Projekte, die über die Bewältigung des Alltags hinausgehen gehen, Projekte, die wirklich eine Veränderung bedeuten und für die mit Leidenschaft gekämpft wird. Die eben darüber hinausweisen, dass wir die akut anstehenden Probleme besänftigen, sondern unsere Gesellschaft verändern, so dass sich etwas zum Guten wendet. Und es ist normal, nein, unvermeidlich, dass große Vorhaben nicht jedermann sofort einleuchten, dass viele fürchten, das Alte, das sich ihnen nun als gar nicht so schlecht erweist, könne dadurch abgeschafft werden.

Nicht oft haben wir in Deutschland so große Projekte gehabt: die Entspannungspolitik, die Einheit, der Euro, einige große Reformvorhaben wie u.a. die Staatsbürgerschaft, die Pflegeversicherung, Hartz IV zählen dazu. Aber sie alle weisen darauf hin, dass – so erfreulich und wünschenswert das gepflegte Gespräch ist – ein großes Vorhaben mit allen Mitteln durchgesetzt werden muss. Alles ist erlaubt im Rahmen unserer Regeln, um die Gegner zu überwinden.

Streit ist nicht schlecht für die Politik, er ist unvermeidlich für große Projekte. Für solche Vorhaben braucht es Politiker mit den vielfach geschmähten Visionen, mit dem Mut, den Kopf aus dem belanglosen Alltagshickhack rauszustrecken und auch mit den Nerven, einen Streit bis zum Ende auszutragen. Eben all das, was dann am Ende als Machtpolitik bezeichnet wird. Not so bad, isn’t it?

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2 Gedanken zu “Obamas Gesundheitsreform: Streit ist unvermeidlich bei so großen Projekten;”

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    „Drohungen“ nach dem „Streit“ um die Gesundheitsreform! Jetzt muessen besonders schwarze Abgeordnete und ihre Familien mit mehr Sicherheitsagenten geschuetzt werden. Welcome to America! Das „Amerika“ welches der „German“ in seinem „John F. Kennedy & Elvis Presley – Rausch“ keinesfalls wahrnehmen will! Die „Drohungen“ kommen von den selben Elementen welche sich in USA schon seit Jahrhunderten als die „himmlische Kaste“ betrachtet haben und niemals ohne verbitterten Widerstand eine Neuerung gestattet haben. Das hat in USA schon Millionen von Leben gekostet oder verstuemmelt. Auch von deutschen Einwanderern! Die deutschen Einwanderer welche nach 1844 in Texas ansiedelten – waren gegen die Sklaverei in der Republic Texas (1836-1846) und danach in Texas/USA. Sie wurden von den „Texians“ (Scotch-Irish & English von den Suedstaaten) eingeschuechtert. 1861 began der Buergerkrieg in USA wegen dem Sklavenproblem. Deutsche in Texas wurden vielfach ermodert weil sie sich fuer die Befreiung der Sklaven bekannt gemacht hatten. 70 junge Deutsche wollten nach Mexiko reiten um dort per Schiff zur „Union Army“ in New York zu reisen. 1862 wurden sie von „Confederates“ am Nueces Fluss ueberrascht – die meisten fielen im Kampf, die Verwundeten wurden danach erschossen. Die Eizelheiten sind alle beschrieben in Zusammenhang mit dem Denkmal, siehe „Treue der Union Monument“ und „Nueces Massacre“… Diese „Elemente“ gibt es noch heute ueberall in USA, natuerlich in der heutigen Maske… Die „Apartheid“ in Texas gegen die Schwarzen und die „Tejanos“ (40% der Bevoelkerung) fiel erst nach 1965. Die „Tejanos“ sind Indianer and Mestizen deren Vorfahren im 18ten Jahrhundert in Texas und Mexico die spanische Kolonialkultur adoptierten.

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    Not so bad ? Fuer USA eine „Wende“! Nicht nur „arme“ litten unter dem Fehlen eines anstaendigen Krankenversicherungswesen in USA – auch viele der „Middle class“ (In USA alle die nicht auf der Strasse leben) – denn Selbstversicherung ist unerschwinglich – besonders mit einer Familie – moeglicherweise zwischen $ 1000 und $ 2000 im Monat – und ohne bestehende Leiden , sonst ueberhaupt nicht. (Die Haftpflichtversicherung fuer Aerzte und Krankenhaesuer ist in astronomischen Ziffern – weil USA von Rechtsanwaelten beherrscht wird – welche ihre Privilegien durch Miete der Abgeordneten – vorwiegend Democrats – verteidigen. So muessen die Aerzte doppelt und dreifach alles mit Hightech untersuchen lassen $$$$$). Der German kennt den Ami gar nicht in seinem eigenen Gelaende hier in USA – die Amis sind seit Jahrzehnten von „Experten“ in den Medie „abgerichtet“ worden – sage „Socialism“ „big government“ „Hugo Chavez“ „Putin“ – und der Ami faehrt blitzschnell hoch und fegt in alle Ecken – genau so wie wenn Sie zu ihren Dackel sagen: „Wo ist die Katze ?“ Obama hat keineswegs „schmutzige Politikertricks“ angewandt, auch wirft er keine „dunkele Schatten von Machtpolitik“! (Ich waehlte Ralph Nader). Aber Obama ist ein „american lawyer“ – you get it? Die „Machtpolitik“ gegenueber Europa und der ganzen Welt wird von ganz anderen „Machtpolitikern“ in USA verwirklicht (siehe alle bei AIPAC) – da darf Obama nur kosmetisch den besseren Ton – im Vergleich zu George Bush – „zur Show tragen“. Unter den Democrats, welche bis vor einigen Tagen nicht fuer die „Wende“ stimmen wollten- waren die „Linken“, wie Dennis Kucinich, welche die Reform zu begrenzt betrachteten, und das andere boese Wort von den „Communists“ geborgt hatten: „Universal health care“ – mehr oder weniger was man heute in Deutschland schon seit hundert Jahren hat!

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