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Nein, Jürgen Zimmerer, der Holocaust ist nicht eine Folge des Kolonialismus

In einem Beitrag für „Starke Meinungen“ hatte ich dem Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer „Geschcihtsfälschung in exkulpatorischer Absicht“ vorgeworfen, weil er eine „Genealogie des Genozidgedankens“ vom Massaker an den Herero und Nama zum Holocaust konstruiert. Zimmerer fühlt sich von mir missverstanden. Zur Klärung seiner Ansichten verweist er in einem Tweet auf ein Interview, das mein Kollege Sven-Felix Kellerhoff mit ihm vor nicht ganz einem Jahr geführt hat. Jedoch wird in diesem Interview erst recht klar, dass Zimmerer den Holocaust lediglich als Fortsetzung der Kolonialverbrechen ansieht und sich die elementare Frage nicht stellt, die Götz Aly so formulierte: „Warum die Deutschen? Warum die Juden?“

 

Für Zimmerer „endete der deutsche Kolonialismus eben nicht 1918, sondern setzte sich im Dritten Reich und sogar darüber hinaus fort.“ Zu dem „darüber hinaus“ komme ich später. Was meint aber Zimmerer mit dem „Kolonialismus“ des Dritten Reichs?  „Im Zuge meiner Forschungen zum deutschen Kolonialismus in Südwestafrika fiel mir die Systematik auf, mit der die Beamten und Offiziere ans Werk gingen. Sie wollten den relativ wertlosen Landstrich ‘modernisieren‘ und aufwerten. Auf die einheimische Bevölkerung wurde keine Rücksicht genommen. Das erinnert an die Großraumplanung der Nazis.“

Wollten die Nazis Osteuropa modernisieren?

Ähm, nein. Die Nazis wollten Osteuropa ganz bestimmt nicht „modernisieren“ und „aufwerten“. Im Gegenteil. Das Gebiet sollte entmodernisiert und zu einem reinen Agrargebiet abgewertet werden, in dem deutsche Wehrbauern über Heere von Sklaven verfügten. Es war keineswegs so, dass im Osten „auf die einheimische Bevölkerung keine Rücksicht genommen“ wurde und werden sollte. Vielmehr sollte die „slawische Rasse“ als Sklavenrasse den arischen „Herrenmenschen“ dienen. Weder sollte es für sie mehr als eine elementare Bildung noch eine medizinische Versorgung geben, außer soweit nötig, um Seuchen einzudämmen, die auch den arischen Siedlern gefährlich werden konnten. Deshalb habe ich geschrieben, dass die Kolonialpolitik der Nazis wie abgeschrieben wirkt aus einem antiimperialistischen Pamphlet.

Wenn man aber den Begriff Kolonialismus akzeptiert für das deutsche Gewaltprogramm im Osten (und für das Imperium, das Josef Stalin nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Trümmern des Nazireichs aufbauen konnte), was einige begriffliche Probleme mit sich bringt, aber dennoch durchaus auch einiges zu erklären imstande ist, so stellt sich sofort die Frage nach dem Hauptereignis während der nur fünf Jahre währenden deutschen „Kolonialherrschaft“ im Osten: nach dem Holocaust, dem Völkermord an den europäischen Juden.

Wie ist der Holocaust zu erklären?

Und danach fragte denn auch mein Kollege: „Aber gibt es denn wirklich eine Verbindung zwischen diesem Massaker“ (an den Herero und Nama, A.P.)  „und der industriellen Menschenvernichtung in Birkenau?“

Darauf antwortet Zimmerer: „Das bewusste Sterbenlassen in der Wüste und in den Konzentrationslagern in Deutsch-Südwestafrika ist mit ‚Massaker‘ verharmlosend beschrieben. Es ging um weit mehr, um die grundsätzliche Umgestaltung der ‚Siedlerkolonie‘ in eine von weißen ‚Herrenmenschen‘ dominierte Gesellschaft. Diese Idee, Raum durch ‚Rasse‘ zu strukturieren, teilt Deutsch-Südwestafrika mit den Planungen für ‚den Osten‘ im Zweiten Weltkrieg.“ So weit, mit den oben gemachten Einschränkungen, kann man Zimmerer folgen. Weiter führt er aus: „Eine ‚industrielle‘ Ermordung gab es zwar (in Deutsch-Südwest A.P.) nicht, allerdings möchte ich daran erinnern, dass auch im Zweiten Weltkrieg die Hälfte der Holocaustopfer nicht in ‚Todesfabriken‘ wie Auschwitz oder Treblinka zu Tode kamen, sondern durch Massenerschießungen und unerträgliche Lebensbedingungen in Gettos.“ Absolut richtig. Die „Singularität“ des Holocausts ergibt sich weder aus den Opferzahlen (Stalin und Mao haben mehr Menschen auf dem Gewissen) noch aus der Methode des Mordens, wie das Richard von Weizsäcker zu erklären versuchte, sondern aus dem Antrieb der Mörder.

Was trieb die Judenmörder an?

Zimmerer hat zu diesem Antrieb in dem von ihm selbst empfohlenen Interview einen einzigen dürren Satz beizutragen:  „Aber sehr wohl gab es eben eine Kontinuität des Denkens.“

Und genau da muss man ihm widersprechen.  Genau da leugnet er die Singularität des Holocausts, relativiert ihn und stellt ihn in eine Reihe mit den Kolonialmorden, nämlich in die „Kontinuität des Denkens“ – oder, wie er sich auch ausdrückt, wenn es wissenschaftlicher klingen soll, in eine „Genealogie des Genozidgedankens“. Falsch. Die Juden wurden von den Nazis nicht als Kolonialvolk betrachtet. Sie waren vielmehr der Gegenentwurf zur arischen Herrenrasse. Die Weltherrschaft der Juden wurde postuliert, um das Streben nach Weltherrschaft der Arier zu rechtfertigen.

Es handelte sich im Denken der Nationalsozialisten um ein Ringen auf Leben und Tod, zwischen Licht und Dunkel, ein Ringen gegen einen Feind, der die beiden mächtigsten Kräfte des 20. Jahrhunderts auf seiner Seite hatte, das Finanzkapital und den Kommunismus, der das Christentum pervertiert und mittels der Aufklärung das Bewusstsein der Menschen für Rasse und Tradition, Blut und Boden, ersetzt hatte durch allgemeine humanistische Gefühlsduselei, um den Arier wehrlos zu machen und zu knechten. Der Kampf gegen „den Juden“ war also in den Augen der Nazis ein antiimperialistischer, nationaler und sozialer Befreiungskampf.

Der Jude als Feind war – wie der Moslem – da, lange bevor die Europäer – von den Arabern und Türken lernend – sich nach der Reconquista über Spanien hinaus in die Welt ausbreiteten. Der Begriff der Rasse – der „Reinheit des Blutes“ – wurde nicht in den Kolonien entwickelt, sondern in Spanien nach der Reconquista, um getaufte und zwangsgetaufte Muslime und Juden auszugrenzen.

Von Shakespeare lernen

Man kann sehr gut bei einem Autor, der zu Beginn des kolonialen Zeitalters schrieb, den Unterschied zwischen kolonialem Denken, Anti-Arabismus und Antisemitismus untersuchen. Shakespeare schuf mit „Caliban“ im „Sturm“ den Typus des geborenen Sklaven, des Untermenschen; mit Othello, dem „Mauren von Venedig“, den Typus des Moslems aus Nordafrika, der an seiner Eifersucht, seiner übertriebenen Ehrvorstellung und seinem Misstrauen gegenüber Frauen zugrunde geht; „Shylock“ jedoch, der Jude, wird weder in Verbindung gebracht mit solchen Emotionen noch erst recht mit Untermenschentum, wie auch dessen Vorläufer, Christopher Marlowes „Jude von Malta“, ein Übermensch ist, übermenschlich nämlich in seiner Fähigkeit zum Bösen. Shakespeare hat hier sogar den Antisemitismus seines Vorgängers abgeschwächt; aber es bleibt dabei, dass der Hass der Christen gegen Shylock nichts zu tun hat mit einer kolonialen Mentalität.

Noch einmal: den Holocaust mit einer „Kontinuität des Denkens“ vom Kolonialismus her zu begründen, heißt ihn misszuverstehen, zu relativieren und zu verniedlichen. Zimmerer ist Afrikaforscher. Er ist nicht Holocaustexperte. Im Gegenteil, möchte ich behaupten.

Der Kolonialismus ist an allem schuld – wenn man keine Ahnung hat

Er neigt überhaupt jenseits seines Fachgebiets zu ausladenden Behauptungen, die nicht wirklich haltbar sind. So zum Beispiel zur Fortdauer des Kolonialismus über 1945 hinaus: „Als europäisches Phänomen ist der Kolonialismus zudem die Vorgeschichte der Globalisierung. Und ganz aktuell erleben wir ein Wiederaufleben kolonialer Stereotypen über den ‚anderen‘, der zwar nicht mehr ‚primitiv‘, ‚heidnisch‘ oder ‚eingeboren‘ genannt wird, aber ‚muslimisch‘ oder ‚fundamentalistisch‘.“

Globalisierung, Schmobalisierung, Islamophobie, Schlismaphobie: alles, was dem gemeinen Antiimperialistien nicht passt, wird zurückgeführt auf den bösen Kolonialismus, der zufällig auch das Fachgebiet des guten Professors ist. Ist das haltbar?

Ähm, nein. Auch die Seidenstraße, Marco Polos Reisen, der venezianische Fernhandel usw. gehören zur „Vorgeschichte der Globalisierung“, die ganz bestimmt nicht, wie der Satz zumindest suggeriert, die Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln ist, was Millionen Chinesen und Inder – Gewinner der Globalisierung – bestätigen können. Karl Marx erwähnt im „Kommunistischen Manifest“ explizit die Rolle der Industrialisierung, die wichtiger sei als Kanonen, womit wir auch bei den Naturwissenschaften, der Technik usw. sind.

Und wenn wir zurzeit das Phänomen des Muslimhasses erleben, so ist der eben nicht „eine Wiederkehr kolonialer Stereotypen“. Pegida ist da ganz ehrlich, wenn sie gegen „die Islamisierung des Abendlandes“ hetzt, weil sie damit das Unterlegenheitsgefühl zum Ausdruck bringt, das diesem Hass zugrunde liegt. Wie die Nazis den Kampf gegen die Juden stellen die Pegida-Leute und ihre Freunde in der AfD den Kampf gegen den Islam als Abwehrkampf dar. Hier müsste man auf die Angst vor den Türken verweisen, die ja immerhin fast Wien eingenommen hätten, auf die Begeisterung für den Freiheitskampf der Griechen und anderer Balkanvölker, auf die weiter zurückliegenden Abwehrkämpfe gegen die Araber, aus denen die Reiche Karls des Großen später der Spanier und Portugiesen entstanden, und eben auf den islamischen Terror, der nun einmal eine Tatsache ist.

Es ist absurd, die Angst vor dem Islam (darum ist „Islamophobie“ ein so treffendes Wort) als „Wiederaufleben kolonialer Stereotypen“ zu bezeichnen, wenn offenkundig ist, dass sie denjenigen, die ihn hegen, als nationaler, ja antiimperialistischer Abwehrreflex erscheint – in Ungarn etwa, wo „der Jude Soros“ als spiritus rector der Islamisierung dämonisiert wird, ist die Verbindung zum Antisemitismus bereits deutlich zu Tage getreten.

Noch einmal: Jürgen Zimmerer ist Afrika-Experte. Er ist nicht Experte für den Antisemitismus, den Holocaust oder den Islam. Ich betone das, weil einige seiner Anhänger mir entgegenhalten, er sei schließlich als Professor der Experte, ich hingegen hätte keinerlei akademische Autorität. In Sachen Holocaust und Islamhass hat sein Wort nicht mehr Gewicht als das des gewöhnlichen bürgerlichen Zeitungslesers. Das Problem ist, dass er und seine Anhänger das nicht begreifen.

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75 Gedanken zu “Nein, Jürgen Zimmerer, der Holocaust ist nicht eine Folge des Kolonialismus;”

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    Die Nazis sind nicht beim antiimperialistischen Befreiungsnationalismus stehengeblieben, sondern im Zweiten Weltkrieg selbst zum Imperialismus und Neokolonialismus übergegangen, der sich vor allem auf Osteuropa konzentriert hatte, wobei auch Pläne für Afrika in der Schublade lagen. Den Schuh müssen Sie sich leider anziehen, Herr Posener, der Sie westlichen Imperialismus und Kolonialismus verteidigen.

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    Die heutige Fortführung des Kolonialismus nennt sich „Entwicklungshilfe“.

    Man sollte auch an den vergessenen Völkermord an den slawischen Völkern während des Zweiten Weltkriegs erinnern. Vielleicht ist dieser schon eher eine Fortsetzung der Kolonialmassenmorde im alten Reich? Die Slawen sollten dabei wohl nicht schlechthin ausgelöscht, sondern dezimiert und gefügig gemacht werden.

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    Der Kritik an Zimmerer teile ich allerdings. Über Jahre wurde ja nun von Antisemitismusforschern versucht, die Identifikation von Rassismus und Antisemitismus aus den Köpfen zu bringen, weil es gegensätztliche Sachverhalte sind. Zur kurzen Information http://www.zag-berlin.de/antir.....ussen.html Die dortigen Thesen bestätigen durchaus Alan Poseners Thesen im großen und Ganzen und zeigen die Probleme, auf die er aus ist, auch theoretisch auf.
    Was Rassismus angeht zur Ergänzung Schmitt-Egener. http://www.trend.infopartisan......80505.html

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    Etwas wundere ich mich, daß der schon eine geraume Zeit von vielen nicht mehr verwendete Begriff – wenn es denn einer ist und nicht ein leeres Wort, das für Propaganda verwendet wurde – immer noch verwendet wird. Er macht keinen wirklichen Sinn. Als Vorwurf taugen andere Begriffe auch nichts, Islamfeindschaft wäre legitim und als Vorwurf nicht tauglich, vor Kritik ist der Islam keinesfalls beschützenswert, bliebe Muslimfeindschaft als einziger, den man kritisieren kann, weil er sich gegen Individuen richtet, aber die Muslime, die andere Kultur auch, besser sind als ihre Kultur, sind durchaus zu schützen, auch gegen die Kultur, der sie – manchmal auch zu Unrecht, weil sie selber gar nichts damit zu tun haben wollen – zugeschrieben werden. Gegen allerlei Zwänge, die gegen sie geübt werden, wären sie eher zu schützen. Vor sechs Jahren schon wurde das kritisiert, als der Leichtsinn um Gebrauch des Wortes Islamophobie, um sich griff. Hier in aller Kürze eine Beitrag:
    https://www.perlentaucher.de/essay/islamophobie-parallele-in-den-abgrund.html?r=print

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    Der Text der Bundesregierung ist ja wohl ein einziger Hohn, und zeigt dass bei Genoziden etwas nicht stimmt. Wo kommen wir denn da hin, wenn der Verbrecher (oder wie hier sein Rechtsnachfolger) sich aussuchen darf, ob er schuldig ist und haften muss, oder nicht? Die gerichtliche Auswertung für Genozide sollte vor internationalen, also unabhängigen Gerichtshöfen passieren, meinetwegen sogar Schiedsgerichten à la TTIP.

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      @Luas

      … guckst du: Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Völkerrechtssubjekt „Deutsches Reich“ nicht untergegangen und die Bundesrepublik Deutschland nicht sein Rechtsnachfolger, sondern mit ihm als Völkerrechtssubjekt identisch ist.

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        Ach deshalb will die Bundesregierung auch nicht ordentlich (von ein paar Notgroschen für eine, ein paar der folgenden Gruppen abgesehen) für Herero, Nama, Juden, Sinti, Roma, LGBTI, Psychiatrieopfer (fällt das eigentlich auch unter Genozid?) zahlen. Oder läuft das geheim ab, um Opfer zu schützen? Naja, ich komm mir hier auch noch öfter vor wie im sozialistischen(?) Deutschen Reich…

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        Ich mir auch:
        Böller und Steine gegens Haus und vorhergehende Morddrohungen gegen den „Künstlersohn“ (ja, meine Eltern haben beide Kunst studiert) (2009) werden z.B. nicht mit Geld- oder Gefängnisstrafe geahndet (nein, das waren keine Linksextremisten, sondern Deutsche mit sog. Migrationshintergrund und Deutsche mit Sozialneid) und von der Polizei mit „zum einen Ohr rein, zum anderen raus“ quittiert.

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    Lieber Alan Posener,

    noch mal eine Anmerkung zur ausgebliebenen proletarischen Revolution unter Ihrer Mitwirkung in Deutschland:
    Ihre genossen in Kuba haben ihre Revolution mit deutlich weniger Aktivisten angefangen, am Ende hatten sie gewonnen.
    Die Kemalisten in der Türkei haben ebenso wie der Schah von Persien die Islamisten nicht ernst genommen, das Ergebnis ist bekannt.
    Der Islam in Deutschland hat im Gegensatz zu den Amtskirchen keine Nachwuchssorgen.
    Neben der hohen Geburtenrate der Einwanderer aus islamischen Ländern kommt noch die für einen vernunftgeleiteten Mitteleuropäer nicht nachvollziehbare Anziehungskraft des Islam auf Einheimische dazu. Radikale Konvertiten wie Lau oder Vogel bilden dabei nur die Spitze des Eisbergs.
    Es gibt genügend Umfragen die belegen, daß Moslems ihren Glauben deutlich ernster nehmen als Christen, die Scharia hat dort einen höheren Stellenwert als das Grundgesetz oder die Erklärung der Menschenrechte.
    Als gelernter Revolutionär wissen Sie doch, daß man für eine erfolgreiche Revolution nicht unbedingt eine Mehrheit in der Bevölkerung benötigt.
    Daß wir überhaupt über Politikergrüße zum Ramadan, Gebetsräume in Schulen, Ausnahmegenehmigungen vom Tierschutzgesetz, schweinefleischfreie Kantinen, Schwimmbäder nur für Frauen, Zwangsbesuche von Schülern in Moscheen, Kopftücher an Gerichten, Kinderehen, Ehrenmorde etc. reden zeigt doch, wie weit wir schon sind.
    Wenn Schulleitungen Schülerinnen auffordern, sich wegen islamischer Mitschüler oder einem Asylantenheim in der Nachbarschaft nicht mehr „aufreizend“ zu kleiden, was ist das anderes als eine Unterwerfung unter fremde Sitten.
    Ich nenne das Islamisierung, für Sie ist das halt nur ein Kollateralschaden einer ansonsten erstrebenswerten multikulturellen Gesellschaft.

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      Sehnse, lieber Don Geraldo, wenn Sie von „meinen Genossen“ in Kuba reden, zeigen sie, dass sie gar nichts verstehen. wir haben den sowjetischen Sozialimperialismus und seine Lakaien ebenso erbittert bekämpft wie die Schiiten die Sunniten. Das zum ersten.
      Zweitens: Der Fehler Atatürks und seiner Nachfahren, des Schahs und der anderen Zwangsmodernisierer in der arabischen Welt bis hin zum Bluthund Assad war nicht, dass sie die Islamisten nicht ernt genommen haben, sondern dass sie auch die moderaten religiösen Führer unterdrückt und die Gefühle des einfachen Volks missachtet haben. Das geht nie gut, wie wir seit Bismarcks „Kulturkampf“ gegen die Katholiken wissen.
      Drittens ist es schlicht und einfach gelogen zu behaupten, alle Moslems hierzulande würden die Scharia über das Grundgesetz stellen.Allenfalls tun sie das in der Weise, wie es jeder Christ tut: Gottes Gesetz steht über dem des Menschen.
      Viertens vermag ich in den von Ihnen aufgezählten Maßnahmen – etwa der Erlaubnis des Schächtens – weder einen Skandal noch eine Gefahr zu erblicken.
      Ich finde es allerdings bezeichnend, dass wir keine Diskussion führen können (hier geht es um Afrika, den Kolonialismus und den Holocaust), ohne dass wir früher oder später auf Ihre Obsession kommen. Es muss Ihnen doch auffallen, wie sehr Ihr Blick schon eingeengt ist.

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        Lieber Alan Posener,

        mag sein daß ich meine Obsessionen habe, aber Ihre ist ja auch offensichtlich.
        Mein erster Beitrag in diesem Pfad bezog sich auf einen Beitrag von Ihnen:

        „Es ist absurd, die Angst vor dem Islam (darum ist „Islamophobie“ ein so treffendes Wort) als „Wiederaufleben kolonialer Stereotypen“ zu bezeichnen“

        Wenn das Hauptthema dieses dieses Pfades zu kurz kam haben wir beide unseren Beitrag dazu geleistet.

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        Point taken, Don Geraldo, aber die Aussage des von Ihnen zitierten Satzes ist nicht die, dass das Wort „Islamophobie“ treffend ist, sondern, dass es falsch wäre, etwa Ihnen das Hegen „Kolonialer Stereotypen“ zu unterstellen. Ich bedaure jedoch den Hinweis auf den Begriff, der auf manche Leute so wirkt wie das Wort „Autobahnen“ auf die Antifa.

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    Godwin Kornes:‚Da Ihre Beiträge zum Thema auch eine ganze Reihe von kolonialrevisionistischen Kommentaren nach sich ziehen: Hier ist ein empfehlenswerter und differenzierter Beitrag (sowohl das Buch als auch die Rezension) zur Frage des genozidalen Charakters der deutschen Kriegführung, der Konzentrationslager sowie der Kontinuitäten und Brüche, bei der explizit auch auf die Ambivalenz politischer Positionierungen eingegangen wird: … ‚

    … werter Godwin Kornes, Sie schreiben Quark und scheinen nicht einmal das, was Sie selber verlinken, gelesen zu haben. Ich zitiere nachfolgend aus dem Link:

    ‚Im Anschluss analysiert der Autor in zwei Kapiteln den Zweck der jeweiligen Lager, d.h. vor allem, wofür sie geplant waren. Er thematisiert hier zum einen die extrem hohen Sterbezahlen in den Lagern in DSWA und versucht zum anderen nachzuzeichnen, dass diese nicht auf eine vorhergehende Vernichtungsintention zurückzuführen seien. Die mitunter im Konflikt stehenden Positionen der verschiedenen deutschen Akteure arbeitet er detailliert heraus und macht dabei deutlich, dass zumindest keine einhellige Vernichtungsabsicht vorlag.

    Eine zweite zentrale Frage des Buches richtet sich nach dem Verhältnis kolonialer Lager zu den Nazi-Konzentrationslagern. Hier äußert sich der Autor deutlich kritisch zu einer Parallelisierung. Dabei weist er am eindeutigsten den Vergleich mit nationalsozialistischen Vernichtungslagern zurück, da in den kolonialen Lagern keine planmäßige Ermordung intendiert gewesen sei (S. 294). Auch zu sogenannten „Sterbelagern“ verweist er auf eine Differenz von kolonialen Lagern, da im letzteren Fall die Tötung durch Unterversorgung nicht Teil eines systematischen, geplantes Vorgehens war, sondern „Resultat von logistischen Problemen, Ressourcenmangel, rassistischer Gleichgültigkeit und anderer Prioritätensetzung“

    Zumindest implizit wirft Kreienbaum zudem den Unterstützer/innen von Genozid- und Kontinuitätsthesen vor, sich durch eine aktualitätsbezogene politische Perspektive den Blick auf die historischen Ereignisse selbst zu verstellen.

    Resultat dieser Debatten ist eine Flut an Begriffsdefinitionen und Vorschlägen, die das Problem nicht wirklich gelöst haben. Deshalb bleibt die heuristische Kraft des Begriffs für die historischen Wissenschaften umstritten.“ (S. 25) Hier beschwört er letztendlich einen politikfreien, vermeintlich objektiven Wissenschaftsraum, den es so, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten in Deutschland und Namibia um den Genozid an Herero und Nama und mögliche Entschädigungen ihrer Nachkommen, nicht gibt.‘

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        @APo

        … ooops? Ich bin mir nicht sicher ob Sie mich veräppeln wollen. Ich bin der Meinung, nachdem was ich über Deutschlands Kolonie gelesen habe, dass es eben kein geplanten Völkermord in Namibia war. Mehr wollte ich eigentlich nicht schreiben. … o.t.: … schon gehört? England Lost 😉

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        Ja. Guter Titel. Bezieht sich metaphorisch auf den Brexit. Sie waren dafür, wenn ich mich richtig erinnere.

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      Vor diesem Hintergrund lohnt auch noch mal die Lektüre des Briefwechsels zwischen Martin Broszat und Saul Friedländer über die „Historisierung“ des Nationalsozialismus aus der Mitte der 80er Jahre! (Ist schnell gegoogelt).

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      Ich verstehe leider nicht, was Sie mir sagen wollen. Ich teile Kreienbaums (und damit auch Poseners) Kritik an der Kontinuitätsthese (sowie in Teilen auch seine Kritik am Genozid-Begriff), und ich teile die Kritik des Rezensenten an Kreienbaum, dass dieser einen „politikfreien, vermeintlich objektiven Wissenschaftsraum“ in der Debatte beschwöre, dem Kreienbaum selbst nicht entsprechen könne. Beides habe ich in meinem Kommentar ausgeführt, verbunden mit dem Verweis, dass Politisierung in der Wissenschaft „ambivalent“ sei (aber manchmal unvermeidlich) und daher kritische Selbstreflektion notwendig mache. Ich habe den Link eingefügt, um zu zeigen, dass es zum Thema eben eine Bandbreite an Perspektiven gibt, von denen Zimmerer nur eine vertritt, die durchaus umstritten ist. Wo schreibe ich also „Quark“? Bitte konkreter werden, genauer lesen und Argumente bringen.

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        @Godwin Kornes: ‚Wo schreibe ich also „Quark“?‘

        … mein ‚Quark‘ bezog sich auf Ihren Vorwurf, dass das Thema ‚eine ganze Reihe von kolonialrevisionistischen Kommentaren nach sich ziehen.‘ > – das kann ich hier nicht erkennen. Daher!

        @APo

        … ich sehe in seinem neuen Hit die Verunsicherung der Engländer, der Europäer, und, ahem, der Deutschen zur katastrophalen Europa-Politik. Sie wissen, dass Mick Jagger den BREXIT zunächst mit Nachteilen für England, für die Zukunft durchaus als Vorteil sieht?

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    Da Ihre Beiträge zum Thema auch eine ganze Reihe von kolonialrevisionistischen Kommentaren nach sich ziehen: Hier ist ein empfehlenswerter und differenzierter Beitrag (sowohl das Buch als auch die Rezension) zur Frage des genozidalen Charakters der deutschen Kriegführung, der Konzentrationslager sowie der Kontinuitäten und Brüche, bei der explizit auch auf die Ambivalenz politischer Positionierungen eingegangen wird: http://www.h-net.msu.edu/revie.....p?id=50309.

    Es stellt sich die Frage, welche Aufgabe Wissenschaft zukommt, wenn es um die politische und gesellschaftliche Anerkennung von Genoziden geht (und zwar unabhängig davon, ob es um den Holocaust geht, Armenien oder Namibia). Historiker wie Zimmerer sind auf dieser Ebene aktivistisch aktiv und diesen Aktivismus muß man als Wissenschaftler reflektieren, sich der Verantwortung, der Limitationen, der Positionierung bewusstwerden. Gleichzeitig muß klar sein, dass es keine Position gibt, die in diesem Kontext nicht politisch wäre. Historiker haben massgeblich zur Anerkennung des Völkermords an den Juden beigetragen; würde man ihnen Aktivismus vorwerfen? Relativiert dieses Analogisierung bereits den Holocaust?

    In Namibia ist der Verweis auf den Holocaust für viele Nachfahren der Opfer des Völkermords ein identifikatorischer Bezugspunkt – wie auch global, bei vielen anderen Opfergruppen. In diesem Sinne ist der Holocaust, bzw. die Erinnerung an ihr, längst eine Art globalen Kulturerbes (die z.B. Yad Vashem durch eine internationale Bildungsarbeit auch gezielt fördert), was vermutlich, im Sinne des „Nie wieder“ auch sinnvoll ist, denn die „Historisierung“ des Holocaust ist nicht nur unausweichlich, sondern längst passiert.

    Gleichzeitig würde mich interessieren, wie Sie (oder auch Ruprecht Polenz, der hier ja fleissig mitliest und direkt betroffen ist) es beurteilen, wenn Menschen in Namibia der Meinung sind, dass ihre Vorfahren und über die Langzeitfolgen auch sie selbst so wie die Juden Opfer eines von Deutschen begangenen Genozids geworden sind, allerdings dafür keine Entschuldigung und keine Entschädigung erhalten. Viele Namibier ziehen daraus die Schlußfolgerung, dass für Deutschland schwarze Opfer weniger zählen, bzw. Deutschland, als „Weltmeister der Erinnerungskultur“ in der Aufarbeitung seiner Genozide doch auch selektiv ist.

    Man muß hier keine Shoah-Relativierung bemühen, um in dieser Sichtweise eine gewisse Berechtigung zu erkennen. Letztlich ist es eine Frage der Anerkennung, und diese Frage ist eminent politisch. In Deutschland hält sich immer noch in weiten Kreisen der Mythos, dass der deutsche Kolonialismus ja nur kurz, nicht so schlimm, und überhaupt viel zivilisierter gewesen sei als der aller anderen. Tonnenweise Forschungsliteratur widerlegt diesen Mythos, der eben auch eine Abwehrfunktion hat. Das „Gute im Kolonialismus“ zu suchen, ist vor diesem Hintergrund genau so eine Verfehlung des Themas, wie „Autobahn“ Vergleiche. Der deutsche Kolonialismus war extrem gewaltsam, und zu dieser Gewaltgeschichte müssen wir ein Verhältnis finden.

    So paradox es klingt, aber ohne die Kontextualisierung mit dem Holocaust sowohl von deutscher wie namibischer (und, was der germanozentrische Blick auf diese Debatte oft ignoriert, längst internationaler) Seite, würde es heute keine Gespräche zwischen Namibia und Deutschland über genau dieses Verhältnis geben. Man kann die darin inhärente „Relativierung“ (deren Charakter noch einmal genau zu diskutieren wäre) kritisieren und auch den Beitrag deutscher Historiker dazu; aus einer namibischen Perspektive stellt sich diese Debatte aber gänzlich anders dar, was man verstehen und auch respektieren sollte.

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      Lieber Herr Kornes, ich bin kein Experte in Sachen Namibia, das mögen Sie an sich schon als eine Art Rassismus werten, schließlich hatte ich dazu lange genug Gelegenheit. (Freilich war ich zweimal länger in Simbabwe, und mir scheint, die Verheerungen des ZANU-Regimes dort sind schlimmer als alles, was selbst unter Ian Smith passiert ist.) Ich stimme Ihnen natürlich zu, dass sich die Frage einer Entschädigung für bestimmte Verbrechen stellt, und dass es mitnichten eine Relativierung darstellt, wenn man dabei auf den Holocaust verweist. Andererseits ist es nicht unbedeutend zu erwähnen, dass kein Opfer des Holocausts als Opfer eine Entschädigung erhalten hat, auch kein Angehöriger der Opfer. Um ein Beispiel zu geben: Der Onkel meines Vaters, Alfred Oppenheim, wurde aus Berlin nach Riga deportiert und dort erschossen. Die verbliebenen Geschwister erhielten als Entschädigung den geschätzten Wert einer von den Nazis (?) gestohlenen Briefmarkensammlung Alfreds. Punkt.
      Die materielle „Wiedergutmachung“ war nur möglich, weil die Jewish Claims Conference und andere Organisationen schon während des Kriegs begannen, die materiellen Verluste der Opfer zu dokumentieren Übrigens erhielten jüdische Überlebende in Osteuropa bis zum Fall des Kommunismus keinen Cent. Einige erhalten jetzt kleine Zusatzrenten, das ist kaum mehr als eine Geste. Ihre Nachkommen werden nichts erhalten.
      Ob man also jetzt, 110 Jahre und mehr nach dem Genozid an den Herero, die materiellen Verluste schätzen und eine individuelle Entschädigung, wie bei den Holocaust-überlebenden, bewerkstelligen kann, bezweifle ich. Es könnte sich nur um eine kollektive Geste handeln, also um etwas ganz Anderes als die „Wiedergutmachung“ an den überlebenden europäischen Juden. Es muss auch, und das ist wichtig, irgendwo einen „cut-off point“ geben, also einen Punkt, von wo an man rückblickend sagt: das ist jetzt Geschichte, da stellt sich die Frage der Reprarationen nicht mehr. Und schließlich wären bei allen Reparationszahlungen die Zahlungen der so genannten „Entwicklungshilfe“ gegenzurechnen.

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        Werter Herr Posener,

        „ich bin kein Experte in Sachen Namibia, das mögen Sie an sich schon als eine Art Rassismus werten, schließlich hatte ich dazu lange genug Gelegenheit.“

        Es liegt mir fern, Ihnen Rassismus vorzuwerfen. Dass Sie mit einer solchen Phrase Ihre Antwort beginnen, irritiert mich (vielleicht ist es aber auch selbstironisch gemeint). Ich lese Ihre Texte seit längerem mit intellektuellem Gewinn und stimme Ihnen oft, aber nicht immer zu; dennoch hatte ich das Bedürfnis, Ihre Beiträge zu Zimmerer zu kommentieren, weil Sie in Ihrer Kritik einen Bereich tangieren, in dem ich mich als Wissenschaftler bewege und den ich von Ihnen verkürzt dargestellt finde (Kolonialismus- und Afrikaforschung, postkoloniale Theorie).

        Ich habe nirgendwo behauptet, dass ich Forderungen nach individuellen Reparationen für den Genozid in Namibia befürworte – solche Forderungen werden auch nirgendwo in Namibia ernsthaft erhoben. Vielmehr geht es darum, dass in den Gemeinden der Nachfahren der Opfer des Genozids (und ich kenne aufgrund meiner Forschungstätigkeiten einige sehr gut, Hoachanas, Bethanie, Berseba z.B.) mehrheitlich miserable Lebensbedingungen herrschen, die strukturell ein Resultat des Völkermordes sind, v.a. durch die umfangreiche Enteignung von Land durch die Kolonialmacht und die Umverteilung an deutsche (bzw. nach 1915 boere) Siedler, die bis heute in vielen Fällen das Land besitzen (legalisiert durch namibisches Recht, auch als Ausdruck einer Politik die zur Unabhängigkeit Konflikte mit der weissen Minderheit vermeiden wollte).

        Land ist aufgrund der Bedeutung von Subsistenzwirtschaft (primär extensive Kleinviehhaltung aufgrund des klimatisch bedingten hohen Bedarfs an Weidefläche) ein wichtiges Produktionsmittel in Namibia und ohne Land ist es praktisch nicht möglich, Vermögen aufzubauen, das z.B. Kindern ein Studium und Bildungskapital ermöglicht, um den Kreislauf der Armut zu durchbrechen. Dort wo die deutsche Kolonialpolitik nicht in den Landbesitz eingegriffen hat, wie im Norden Namibias, ist die Armut wesentlich weniger strukturell bedingt.

        Daher herrscht in den betroffenen Gemeinden eine große Verbitterung darüber, dass Deutschland erst im letzten Jahr den Völkermord offiziell anerkennt hat und die umfangreichen Entwicklungsgelder, die Deutschland an Namibia gezahlt hat, aufgrund der deutschen Weigerung (eben genau aufgrund der Verweigerung einer Anerkennung des Völkermords) betroffene Gemeinden gesondert zu bedenken, in den namibischen Staatshaushalt geflossen sind. Es führt zu weit, die politischen Rahmenbedingungen zu erläutern, aber bei den Nachfahren der Genozid-Opfer, besonders im namasprachigen Süden des Landes, ist dieses Geld nicht angekommen.

        Dort wünscht man sich daher gezielt Interventionen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, um Infrastruktur, Gemeindezentren, Bibliotheken, usw. aufzubauen, Stipendien zu vergeben und auch privates Farmland zurückzukaufen – und am wichtigsten, eine ernstgemeinte Entschuldigung von Seiten der deutschen Regierung. Das ist gemeint, wenn Namibier von „Reparationen“ reden. Darüber hinaus gibt und gab es Pläne, Firmen zu verklagen, die von Zwangsarbeit mit Kriegsgefangenen profitiert haben, analog zu entsprechenden Prozessen um NS-Zwangsarbeiter (m.W. werden Herero und Nama in den USA auch von Anwälten vertreten, die entsprechende Prozesse gegen Deutschland geführt haben). Natürlich leben die direkten Opfer nicht mehr – Entschädigung wäre im Idealfall dennoch mehr als nur Symbolik.

        Deutschland hätte den Genozid schon seit zehn Jahren „Geschichte“ sein lassen können, hätte man 2004 die Entschuldigung von Ministerin HM Wiesczorek-Zeul als offizielle Politik anerkannt und sie nicht gezwungen, diese zu ihrer „privaten Meinung“ herabzustufen. Diese Chance hat Deutschland verpasst. Damit auch die Chance, einen „cut off point“ zu definieren, etwa durch entsprechende Abkommen.

        Davon abgesehen sind wir uns hoffentlich einig, dass es einen „cut off point“ vielleicht im Sinne von Rechtsansprüchen geben kann, ein solcher im Bereich der historischen Verantwortung wohl nur schwer zu vertreten ist; das Stichwort wäre „Schlußstrichpolitik“. Es gibt in der Geschichte keine Schlußstriche, solange ein kommunikatives Gedächtnis existiert, das die Geschichte lebendig hält. Nicht beim Holocaust, nicht beim Ersten Weltkrieg, nicht beim Völkermord an Herero, Nama oder Armeniern. Ein Genozid ist erst dann wirklich erfolgreich, wenn er vergessen ist. Zudem existieren direkte Nachfolgestaaten. Ich bin kein Jurist, aber ich vermute mal, dass das römische Reich keinen Rechtsnachfolger hat.

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        Lieber Herr Kornes, mein von Ihnen monierte Eingangssatz war nicht ironisch gemeint. Ich ertappe mich oft bei einem gewissen Desinteresse afrikanischen Themen gegenüber. Mir ist aber klar, dass dies nicht in der Sache begründet ist.
        Was nun Reparationen für die Herero angeht, so mögen sie gerechtfertigt sein; aber erstens ist die Bundesregierung nicht schuld, wenn „Entwicklungshilfe“-Gelder in Namibia (wie in ganz Afrika) nicht diejenigen erreichen, die sie am meisten brauchen. Würde die Bundesregierung den Haushalt Namibias kontrollieren, würden die „Antiimperialisten“ gegendiesen „Neokolonialismus“ auf die Barrikaden gehen.
        Zweitens weiß ich wirklich nicht, ob es richtig ist, die Subsistenzwirtschaft zu fördern, egal wo. Sie ist ökonomisch widersinnig und ökologisch katastrophal, sie verhindert die Verstädterung und damit die Emanzipation und Entwicklung der Menschen. Man kann in Simbabwe sehen, wohin die Enteignung der weißen Farmer geführt hat – geradewegs in den Ruin.
        Zwei Prozent der deutschen Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig. Warum sollten es in Namibia mehr sein?

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        Es geht ja nicht darum, die Subsistenzwirtschaft zu fördern; es geht in erster Linie darum, nicht zu verhungern und dem vertrockneten Land, auf dem man in Ermangelung an Alternativen sitzt, etwas Leben abzuringen, und in zweiter Linie (daher Fokus Infrastruktur und Bildung) um die Ermöglichung von Lebensentwürfen, die eben genau die Subsistenzwirtschaft hinter sich lassen. Sie können nicht von deutschen auf namibische Verhältnisse rückschließen; Dekaden von Entwicklungspolitiken und -modellen sind daran bereits gescheitert. Es würde sich in Namibia wohl niemand finden, der gegen deutsche Investitionen in Industrie, Handel und Verkehrswesen protestiert. Urbanisierung setzt Arbeitsplätze voraus, diese entsprechende Qualifikationen, diese entsprechendes Bildungskapital, dieses entsprechend Investitionen der Familien, diese entsprechende Ressourcen. Und diese müssen irgendwo erst einmal herkommen. Für einen Großteil der Nachfahren des Völkermordes (zumindest im Süden des Landes) bestehen die Ressourcen in ein paar Ziegen, einer Hütte und überweidetem kommunalem Land, das nicht mal ihnen gehört, sondern dem Staat. Dazu kommt dann noch, in der Tat, Korruption, Tribalismus, Klientelismus, und die Tatsache, in Namibia eine marginalisierte Minderheit zu sein. Es gibt praktisch keine Möglichkeit, aus dieser Armutsspirale auszubrechen. Durch Landflucht kommt es im Übrigen gerade zu einer prekären Urbanisierung, die die Gesamtsituation eher schlechter macht, die städtischen Lebenshaltungskosten sind horrend, das Resultat ist Verelendung.

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        Ich finde, lieber Godwin Kornes, die „prekäre Urbanisierung“ ist auf jeden Fall der weiteren Ausdehnung der selbstmörderischen Subsistenzwirtschaft vorzuziehen.

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    Na ja, also „der Jude Soros“, aka no borders-Soros, ist schon eine fragwürdige Gestalt, die esperantosprechend überlebt hat und, wie er selbst in einem Interview zugab, bei der Selektion von Juden beratend zur Verfügung stand, damals als halber Junge noch, in Ungarn. Einzelpersonen, die Kritik geradezu anziehen durch ihr egoman erscheinendes Tun, zu kritisieren, auch wenn sie Juden sind, ist noch kein Antisemitismus. Und Netanyahu soll auch nicht begeistert von dieser Personalie sein. Im Gegenteil wird Soros in D wenig kritisiert, WEIL er Jude ist. Wieviel latenter Antisemitismus in der Unterdrückung von Kritik aufgrund einer Zugehörigkeit steckt, müsste auch mal erforscht werden.

    Warum sollte er Europa islamisch kolonisieren wollen, wie häufig behauptet? Weil er Jude ist? Nope. Weil er ein Investor ist, seine Orgs davon profitieren und er mindestens eine Wette abgeschlossen haben soll: Gegen den Euro. Klar kollabiert der Euro bei Bürgerkriegen.
    Diesen Mann muss man geradezu kritisieren. Die Kritik muss nicht richtig sein. Aber sie zu unterlassen, weil er Jude ist, wäre verkehrt.

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      Oleander, Soros hat keine Wette gegen den Euro abgeschlossen. Und auch sonst reden Sie in dem Beitrag ziemlich viel Unsinn. Schade.

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    @Alan Posener: Ihre Argumentation, daß die Nationalsozialisten den Juden Weltherrschaftsambitionen angedichtet haben (wobei sie die unseligen Geister à la Treitschke nur zu Verkündern der Wahrheit erheben mußten) und meinten, zur eigenen Befreiung einen legitimen Kampf gegen die Juden führen zu müssen, ist durchaus schlüssig, erklärt aber nur die Shoah. Porajmos und Aktion T4 kann man kaum mit einem Befreiungskampf erklären (das Fahrende Volk mit Weltherrschaftsambitionen?); man muß es in einen größeren Kontext einbetten.
    Was die Rassenideologie der Nationalsozialisten fundamental von jener der Kolonialzeit unterscheidet – auch deshalb fehlt die von Zimmerer postulierte Kontinuität des Denkens -, ist die Einteilung der Menschheit in drei Arten von Rassen: Nicht nur Herren und Sklaven wie beim Kolonialismus, sondern zusätzlich „Schädlinge“, unter die nicht nur die Juden eingeordnet wurden, sondern auch Sinti und Roma oder erblich Kranke (wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Juden als „Kulturzerstörer“, Sinti und Roma als „geborene Asoziale“). Die Nationalsozialisten sahen sich in der Pflicht, die „Schädlinge“ zu vernichten; den Juden anzudichten, sie wollten oder würden die Welt unterjochen, gab dem eine zusätzliche Legitimation.

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    Sie irren, Zimmerers These ist die erste schlüssige Erklärung.
    Wenn man die Greuel des Kolonialismus verfolgt, stellt man fest, dass es eine stufenweise Eskalation gegen hat. Belgisch-Kongo, der britische Bombenterror gegen Aufständische, Abessienien, die japanische Eroberungen in Asien, Der deutsche Russlandfeldzug, bis hin zu den Greueln der Niederländer und dem amerikanischen Bombenterror in Vietnam.
    Es ist eine blutige Spur des Kolonialismus und Zimmerers Verdienst ist es, dies dargelegt zu haben.

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      Lieber Menschenrecht, Ihre „stufenweise Eskalation“ ist konstruiert und beachtet nicht die gegenläufigen Tendenzen: Abschaffung der Sklaverei im britischen Weltreich, Bekämpfung des Sklavenhandels durch die Royal Navy, Verleihung des Dominion-Status an Australien, Neuseeland, Kanada und schließlich Indien usw. Allein schon die Einreihung des Vietnamkriegs – der Antwort auf den Versuch der Kommunisten, sich ganz Vietnam zu unterwerfen – ist absurd. Sie konnten aber auch nicht darlegen, was der Holocaust mit dieser erfundenen „Eskalation“ zu tun hat.

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    „Es ist absurd, die Angst vor dem Islam (darum ist „Islamophobie“ ein so treffendes Wort) als „Wiederaufleben kolonialer Stereotypen“ zu bezeichnen“

    Eine Phobie ist eine Krankheit, hier sehr gut beschrieben:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Angstst%C3%B6rung

    Es ist nicht krank, vor einem Mörder Angst zu haben, sondern dient der Selbsterhaltung.
    Ebenso wenig ist es krank, vor einem potentiellen Mörder Angst zu haben, auch wenn man dann viele zu Unrecht verdächtigt.

    Es ist nun mal nicht von der Hand zu weisen, daß Hindus, Buddhisten und Schintoisten bisher in Europa nicht als Attentäter aufgefallen sind. Auch jüdische, scientologische und mormonische Anschläge sind mir nicht bekannt. Selbst vor Sikhs, obwohl ihre Turbane ähnlich aussehen wie die eines Taliban, muß man keine Angst haben.

    Wer hier eine Besonderheit des Islam leugnet sollte einfach mal versuchen, mit dem gleichen Reisepass der für die Reise nach Israel benutzt wurde einzureisen in die Islamische Republik Iran oder besser noch zum besten Freund des Westens, dem Islamischen Königreich Saudi-Arabien.
    Wenn Sie heil wieder zurückkommen werden Sie vielleicht den politischen Kampfbegriff Islamophobie nicht mehr benutzen.

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      Lieber Don Geraldo, die katholische IRA hat in England mehr Menschen getötet als es islamische Terroristen getan haben. Dennoch gibt es in England keine Angst vor Katholiken. Insgesamt sind in Europa mehr Muslime in den letzten sagen wir 25 Jahren von Nichtmuslimen umgebracht worden als umgekehrt: Srebrenica, Grosny, die NSU-Morde … Deshalb wäre aber eine generelle Angst der Muslime vor Christen nicht gerechtfertigt. Aber diese Diskussion haben wir tausendfach geführt. Mir geht es auch nicht um die Angst vor muslimischen Terroristen – um mein ganz persönliches Unbehagen, wenn ein Mann mit muslimischer Kopfbedeckung, Koran und Rucksack in die U-Bahn steigt; sondern um die Angst vor einer angeblichen Islamisierung des Abendlandes.

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        Lieber Alan Posener,

        der von ihnen zitierte Mann mit dem Rucksack war ja schon in den U-Bahnen von Madrid, Brüssel, London und zuletzt Manchester aktiv.
        Diese Leute machen das doch nicht aus reiner Mordlust, sondern sie wollen Europa ihrer Weltanschauung unterwerfen und Ungläubige für tatsächliche oder eingebildete Untaten bestrafen.
        Auch das viele saudische Geld fließt doch nicht aus Altruismus, sondern dient der Verbreitung ihres mittelalterlichen Aberglaubens.

        Diese Leute wollen Europa islamisieren, daher stellt sich die Frage nach einer „angeblichen“ Islamisierung gar nicht mehr.
        Die Frage ist nur noch, ob und wie sie das schaffen.
        Dabei ist entscheidend, wieviele Helfer sie dabei finden.
        Ob diese dann gekauft sind oder nur gutgläubige nützliche Idioten sind ist für das Endergebnis letztlich irrelevant.

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        Lieber Don Geraldo, ich habe sechs Jahre lang für eine Organisation gearbeitet, die eine bewaffnete proletarische Revolution in Deutschland anstrebte. Unser Zentralorgan hatte eine Auflage von 10.000 Stück jede Woche, wir konnten Demonstrationen von 5 bis 10.000 Leute auf die Beine bringen, wir hatten „Massenorganisationen“ mit Tausenden von zahlenden Mitgliedern, wir waren in Fabriken und Kasernen tätig – und waren nur ein Teil der so genannten K-Gruppen-Szene. Daneben gab es die – rückblickend viel ernster zu nehmende – DKP, die eine eigene von der DDR aus gesteuerte Untergrundorganisation hatte, und dann noch die RAF und andere Terrorgruppen, die ihrerseits – wie wir – Verbindungen zur IRA, zur ETA, zur PLO usw. hatten. Dennoch würde ich die Gefahr einer Bolschewisierung Deutschlands in jenen Jahren 1970 bis 77 bei etwa Null ansetzen. Natürlich wollten wir Deutschland revolutionieren. Aber die Massenbasis fehlte. Und sie fehlt den Islamisten auch. Der nachweis ihrer bösen Absichten beweist also wenig mehr als dass sie böse Menschen sind. Und als solche gehören sie behandelt. Nicht als Leute, die tatsächlich ein realistisches Ziel verfolgen.

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    Dieser Artikel zum gleichen Thema ist besser und ich stimme eigentlich überall zu . Zum Schluss gibt es ein paar zusätzliche Gedanken zum Thema Islam, die ich ebenfalls bestätigen kann: Es handelt sich um Fremdenangst; „die Türken vor Wien“ – diesen Satz hat mir ein islamophober Bekannter (ein Ossi) im Zusammenhang mit den Flüchtlingen gerade neulich so gesagt.

    Wobei das eine das andere nicht ausschließt. Auch wenn AfD, Pegida u. Co. aus Angst geboren sind und sich dadurch vom Kolonialismus abheben, ist es dennoch richtig, dass die Fokussierung auf „das Fremde“ und „das Eigene“ eine gemeiname Grundlage bildet, die der aktive (weil ausbeuterische) Kolonilismus und der passive (weil sich wehrende) Nationalismus gemeinsam haben.

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      Ja, Roland Ziegler, aber die Konstruierung des „Eigenen“ und des „Fremden“ ist kein Produkt des Kolonialismus. Sofern sie nicht eine anthropologische Konstante ist, was ich vermute, ist sie kulturgeschichtlich im europäischen Raum durch die Auseinandersetzung mit „dem Araber“ bzw. „dem Türken“ als dem äußeren, „dem Juden“ als dem inneren und absoluten Feind bereits im Mittelalter präsent, und genau so formuliert das der AfD-Mann Wolfgang Gedeon.

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      Auch wenn das Fremde und das Eigene anthrologische Konstanten sind, so gibt es trotzdem verschiedene Arten, wie wir uns diesen Konstanten gegenüber verhalten können. Die Kolonialisten verleiben sich „das Femde“ ein, während die Nationalisten sich „das Fremde“ vom Leibe halten. Beides geht auf Kosten des Fremden und ist verwandt miteinander.

      Man kann und sollte sich dem Fremden gegenüber aber anders – gastfreundlicher und neugieriger – verhalten. Das schließt nicht aus, dass man sich wirklichen Gefahren gegenüber absichert, wenn nötig auch mit Massivität. Aber diese Gefahren sollten dann in ihrer Wahrscheinlichkeit schon über den Promillebereich hinausgehen. Deshalb sagen die Rechten auch so gern, wir befänden uns im Bürgerkrieg, obwohl das ganz offenkundig falsch ist. Die Gefahren befinden sich im Promillebereich.

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    @APo, Nachtrag

    … aber, sollte mein erster Satz oben – @APo … eine Stimme aus Israel – missverständlich sein, NEIN. Das wäre nun wirklich zu hoch gegriffen. 😉 Die Stimme, die ich meine, ist die der Bloggerin.

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    Ja, die These vom Kolonialkrieg im Osten, oder eben die These vom kolonialen Charakter dieses Krieges, wirft die Diskussion auf einen Stand hinter der Wehrmachtsausstellung zurück. Es war kein Krieg ringender Soldaten, bei dem der Soldat immer Soldat sein konnte. Das Thema sollten wir eigentlich durch haben. Onkel Adolfs Pläne für den Osten sind bestens dokumentiert, sie sind gut erforscht, sie wurden nie verheimlicht und, was man aus der Feldpost weiß, schon damals wussten viele, worum es geht. Die Wehrmacht im Osten war keine Armee wie jeder andere, das 3.Reich war etwas anderes als das Kaiserreich oder das Empire. Es wäre eine erinnerungspolitische Wende um 180Grad, wenn man den Krieg im Osten uminterpretiert und ihn als Kampf um die Zivilisierung der slawischen Völker beschreibt. Die ganze Wehrmachtsausstellung hatte eine Aussage: Das war kein „normaler“ Krieg. Die Revisionisten und Relativierer behaupten aber genau das.

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    Noch was:
    Krieg ist Frieden!
    Freiheit ist Sklaverei!
    Unwissenheit ist Stärke!
    Islamophobie ist Antisemtismus!

    Oder verstehe ich da was falsch?

    BTW: Der Holocaust ist singulär, weil jeder Völkermord singulär ist. GottSeiDank gab es nicht so viele Völkermorde, als dass da eine Kategorisierung wöglich wäre, wie bei den Tötungsdelikten im Strafrecht.

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      Waldgänger, WENN Sie schon Orwell zitieren, obwohl er für alles steht, was Sie ablehnen, dann lesen Sie bitte seine „Notes On Nationalism“. Die könnte man tatsächlich in der Gleichung zusammenfassen: „communism = racism = nationalism“.
      Und nein, der Holocaust ist NICHT „singulär, weil jeder Völkermord singulär ist“. Aber es ist klar, dass Sie als „Ethnopluralist“, also Kulturrelativist den Kern des Holocaust, den Versuch der physischen Auslöschung der Rasse, der man die Idee einer menschlichen Zivilisation unterstellte, nicht begreifen können. Ich empfehle die Lektüre von Timothy Snyder, „Black Earth“.

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        Die AfD-Losung:
        „Bürger sein statt Untertan!“
        könnte auch von Orwell sein.

        Diese Losung begrüße ich ausdrücklich. Somit lehne ich nicht alles ab, für das Orwell steht.
        Ich habe übrigens die Postion des Ethnopluralismus referiert, mir sie aber nicht explizit zu eigen gemacht. Schon gar nicht im vollem Umfang.
        Unterstellen Sie mir nichts!

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        Ja, lieber Waldgänger, die Losung „Bürger sein statt Untertan!“ ist gut. Sie stammt aus der Zeit des Kampfes gegen den Feudalismus und gilt immer, auch wenn sie von der AfD benutzt wird.

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    „Wie die Nazis den Kampf gegen die Juden stellen die Pegida-Leute und ihre Freunde in der AfD den Kampf gegen den Islam als Abwehrkampf dar. “

    Es soll ja gelegentlich vorkommen, dass ein Abwehrkampf ein Abwehrkampf ist. Dass die Nazis die Judenverfolgung als Abwehrkampf darstellen, bedeutet nicht, dass jeder der sich in einem Abwehrkampf wähnt, ein Nazi ist.

    „Hier müsste man auf die Angst vor den Türken verweisen, die ja immerhin fast Wien eingenommen hätten, auf die Begeisterung für den Freiheitskampf der Griechen und anderer Balkanvölker, auf die weiter zurückliegenden Abwehrkämpfe gegen die Araber, aus denen die Reiche Karls des Großen später der Spanier und Portugiesen entstanden, und eben auf den islamischen Terror, der nun einmal eine Tatsache ist.“

    Dunkel ist der Sinn dieser Rede in diesem Zusammenhang. Wer müsste hier verweisen? Pegida, die AfD? Tun die dass nicht zur Genüge? Oder „müsste“ der Autor verweisen? Warum tut es es dann nicht einfach?
    Oder referiert der Autor hier die seiner Meinung nach falschen Ansätze Herrn Zimmerers. Dann machte der Konjunktiv Sinn. Aber ein Referieren ist aus dem Kontext nicht zu erkennen.

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      Hier „müsste“ man verweisen, Waldgänger, wenn man dem Phänomen der Islamangst und des Islamhasses gerecht werden wollte, anstatt wie Jürgen Zimmerer einfach auf die Kontinuität kolonialer Gedankenmuster zu verweisen.
      Ich habe diesem Phänomen – der Angst vor dem Islam und ihren Parallelen zur Angst vor „dem Juden“ – viele Beiträge gewidmet, hier war nicht der Platz, das zu tun, darum auch in Bezug auf mich selbst der Konjunktiv. Eigentlich nicht so schwer zu verstehen, wenn man die deutsche Sprache halbwegs beherrscht.
      Was den Abwehrkampf angeht, so lohnt es sich, einmal die Position eines Islamisten – einfach als Gedankenübung – einzunehmen. Für ihn stellt sich die neuere Geschichte möglicherweise als ununterbrochene Aggression der Ungläubigen gegen den Islam dar, vom britischen Imperialismus über den von den Briten eingepflanzten Zionismus und den sowjetischen Imperialismus bis heute, Stichworte Tschetschenien (Grosny), Bosnien (Srebrenica), Afghanistan (zuerst die Russen, dann der Westen), Irak, Libyen, Syrien (Russlands alawitischer Freund mordert Hunderttausende Muslime), Ägypten (Ansetzung eines gewählten Präsidenten), Kulturimperialismus (Porno und Hollywood-Propaganda), Mohammed-Karikaturen, Kopftuchverbote, Redeverbote für Erdogan usw. usf.
      Sie und ich interpretieren diese Geschichte anders. Und ich halte meine Version für die richtige. Vor allem aber halte ich ein hysterisches Opfer-Narrativ immer für falsch, ob von Muslimen, Juden, Christen oder „Kolonialvölkern“. Die Wahrheit ist selten so simpel.

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        Geben sie mir Nachhilfe in deutscher Sprache:

        „anstatt wie Jürgen Zimmerer einfach auf die Kontinuität kolonialer Gedankenmuster zu verweisen“

        Mit „müsste man“ im Ursprungtext st also Zimmerer gemeint. Ein logischer Zusammenhang zum unmittelbar vorausgehenden Satz, in der der Weise, dass mit „man“ Afd/Pediga gemeint ist, besteht damit nicht. Gleichwohl wurde kein neuer Absatz begonnen.

        „Was den Abwehrkampf angeht, so lohnt es sich, einmal die Position eines Islamisten – einfach als Gedankenübung – einzunehmen.“

        Das neurechte Konzept des Ethnopluralismus besteht darin, den Islam Islam sein zu lassen und Europa Europa. Was Sie als „ununterbrochene Aggression der Ungläubigen gegen den Islam“ bezeichnen, wird größtenteils in diesem Konzept abgelehnt. Wobei ein rollback, etwa im Bestreiten des Existenzrechts Israels oder in einer reconquista Nordafrikas und Kleinasiens, im Ethnopluralismus nicht vorgesehen ist.

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        Genau, Waldgänger. „Ethnopluralisten“, also Vertreter eines ethnisch reinen Deutschland, sehen sie Weltgeschichte ähnlich wie Islamisten. Sag ich ja.

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        Ethnopluralisten vertreten nicht die Idee eines ethnschen reinen Deutschlands. Aber ich räume ein, dass die Vorstellung wie mit den nicht Deutschstämmigen zu verfahren wäre, in der neurechten Szene kontrovers diskutiert wird.

        Die NPD, die nur in Teilen zur neurechten Szene zu rechnen ist, vertritt hier die extremste Position, wenn sie fordert alle Nicht-Europäer zur Rückkehr in ihre Heimatländer zu veranlassen (etwa mit Geldzahlungen, aber auch mit Ausweisungen krimineller oder arbeitsloser Nicht-Europäer).
        Aber auch die NPD will nicht Russen, Polen, Tschechen, Ungarn, Dänen, Italiener, Spanier oder Griechen rausschmeißen. Also auch kein „ethnisch reines Deutschland“!
        Ich teile die NPD-Position nicht!

        Auf der anderen Seite gibt es sogar die Idee, wie sie im Kommentariat der sezession immer anklingt, Teile Deutschlands den „Ausländern“ zu überlassen und sich auf die Restgebiete (im Osten) zurück zu ziehen.
        Auch diese Postion teile ich nicht.

        Im pi-news Umfeld wird gefordert, dass die Moslems ihrer Religion „abschwören“ müssten, um bleiben zu können. Also auch kein ethnisch reines Deutschland. Christen, Juden und Atheisten aus anderen Ländern werden im pi-news Umfeld als unproblematisch angesehen.

        Auch diese Postion teile ich nicht.
        Aber ich weise darauf hin, dass die Forderung sich zu den Werten der Aufklärung zu bekennen, gerade von stark gläubigen Moslems, als Aufforderung verstanden werden kann, ihrer Religion abzuschwören, und sich zu einem säkularen Christentum zu bekennen (siehe meinen Kommentar bei Herrn Werner). Da kann ich mehr in einen Moslem rein versetzen, als Sie vermutlich.

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        Lieber Waldgänger, gut aufgedröselt. Die Vorstellung, die Religion wäre lediglich eine Art Ideologie wie Liberalismus oder Kommunismus, eine Vorstellung von Glaubenssätzen, denen man nach Beleiben abschwören könnte, ist absurd und wird von niemandem geteilt, der etwas von Religion versteht. Das Christentum feiert die Märtyrer, die sich nicht der Autorität des römischen Kaisers unterwerfen wollten, das Judentum erinnert an den religiös motivierten Widerstand, der zur Vernichtung des Tempels führte. Dass man „Gott mehr gehorchen muss als den Menschen“ gilt allen wirklich religiösen Menschen, und der Vorwurf an die christlichen Kirchen lautet oft genug, dass sie das vergessen haben.

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        Sehr geehrter Herr Posener,

        Sie haben völlig recht: die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremdem ist eine anthropologische wie auch kulturelle sowie nicht zuletzt ethnische Konstante. Als ein überzeugter Ethnopluralist kann ich nur sagen, daß dies das „ganze Geheimnis“ ist, doch nur wir Ethnopluralisten ziehen die richtigen politisch-gesellschaftlichen Schlüsse daraus. Trennt die Völker, trennt die Rassen!

        Die Linken stellen das Gegenteil dazu dar: sie haben nicht verstanden, dass die Massenzuwanderung im Programm des Neoliberalismus bzw. des Raubtierkapitalismus steht. Massenzuwanderung und Multi-Kulti ist genau das, was die angeblichen Feinde der Linken, nämlich die Kapitalisten wollen: die einheimische Bevölkerung verdünnen, entsolidarisieren und schwächen, um sie besser ausbeuten zu können; einen perfiden Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze entfachen, um die Löhne zu drücken.

        Unfassbar ist für mich, dass die Linken solche Zusammenhänge nicht verstehen bzw. nicht verstehen wollen. Zum ersten Mal in der Geschichte der antikapitalistischen Bewegungen machen Linke mit den Kapitalisten gemeinsame Sache und verraten das Volk.

        Ich kann es mir nur so erklären: die in der Giftküche am Main alias „Frankfurter Schule“ ausgebrüteten 68er wollten die bürgerliche Gesellschaft zerschlagen, und die heutigen Linken sind ihre Nachfolger, nachdem die klassische Arbeiterbewegung ihre Ziele weitgehend erreicht hatte.
        Alles was antibürgerlich ist, dem wird unendliche Toleranz und Freundschaft entgegengebracht. Antibürgerlich sind z. B. archaische fremdartige Sitten und Gebräuche, fremde Sprachen und Hautfarben; antibürgerlich sind die Parallelgesellschaften der Moslems; antibürgerlich sind junge Muslime, die normale Arbeit verweigern, dafür sich auf kriminelle Weise bereichern und die einheimische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen.

        Multi-Kulti soll die bürgerliche Gesellschaft (bzw. das, was davon übrig ist) zerschlagen, davon träumen die Linken. Deshalb bringen die Linken einer völlig verfehlten Zuwanderungspolitik soviel Toleranz entgegen.

        Das ist meines Erachtens nach meschugge (die Aufhebung der Trennung zwischen dem Inneren und dem Äußeren in der Gedankenwelt eines Menschen nennt man in der Psychopathologie „schizothyme Störung“, früher „Schizophrenie“), aber viele Linke leiden offensichtlich daran, nehme ich an.

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        Lieber Linkenhasser, vielleicht sind auch die Neigungen zu Vergewaltigung, Sex mit Kindern, Raub und Mord, Neid und Missgunst anthropologische Konstanten. Wir haben sie in einem langen Prozess der Zivilisierung gebändigt, nicht abgeschafft, wie wir andere niedere Instinket gebändigt haben. Man nennt diesen Prozess „Zivilisation“, und er gipfelt in der Forderung aller abrahamitischen Religionen, die Menschen als Ebenbilder Gottes unabhängig von ihrer Rasse zu begreifen. Die Nazis haben folgerichtig bei ihrem Feldzug gegen die Religion die Juden als die Ur-Träger dieser Idee zum Ziel der Vernichtung gemacht. Es besteht nicht der geringste Anlass, auch nur einen Schritt zurück auf dem Weg der Zivilisierung zu gehen, zu dem – darum geht es hier auch – auch die besseren Elemente unter den Kolonialisten beigetragen haben. Die Idee der Menschheit ist ein viel zu hohes Gut, um es denjenigen zu opfern, die ihre eigenen atavistischen Regungen nicht unter Kontrolle bekommen.

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        Ich sehe die Sache anders, Herr Posener. Tut mir leid. Für mich sind Nichtdeutsche in keiner Weise mit mir zu vergleichen.

        Alle Nichtdeutschen, die ich kenne, denken über meinesgleichen und mich genauso. Das ist der Lauf der Welt, wie ich sie nie anders kennengelernt habe.

        Vielleicht haben Sie ja in Ihrem Leben andere Erfahrungen gemacht, aus denen sich Ihre Meinung speist; das kann ich nicht beurteilen. Aber danke Ihnen dennoch – we agree to disagree 🙂

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        Lieber Alan Posener,
        Sehen Sie das Dilemma? Als gläubiger Katholik stehen die Gebote Gottes für mich über denen des Staates. Das Heil der unsterblichen Seele ist allemal wichtiger als das Befolgen menschlicher Gesetze.

        GottSeiDank komme ich aber in diesem unseren Land nicht in Gewissensnöte. Unsere Rechtsordnung ist aus der christlich- abendländischen Kultur gewachsen, und wo es Konflikte geben könnte, wurden diese zugunsten des Christentums gelöst. Sonntag als Tag der Arbeitsruhe, Sonderrecht der kirchlichen Arbeitgeber, das z.B. zur Kündigung berechtigt, wenn ein kath. Pfarrer sich nicht an den Zölibat hält, teilweise sind diese sogar in einem völkerrechtlichen Vertrag (Konkordat) geregelt und damit unaufhebbar. Niemand kann vom Arbeitgeber gezwungen werden an einer Abtreibung mitzuwirken, etc…

        Eine Gleichstellung aller Religionen ist nicht machbar. Vergleichbare Sonderrecht für Moslems, etwa das Verbot der Konversion vom Islam zu einer anderen Religion, sind nicht möglich.

        Wie kommen wir aus der Nummer raus?
        Weiß ich auch nicht. Jedenfalls sollten wir nicht noch mehr Konfliktpotiential in’s Land holen.
        Irgendwo las ich mal, dass die ersten Moslems, die nach Europa einwanderten, erwarteten hier so behandelt zu werden, wie die Christen im klassischen Islam.
        Bürger zweiter Klasse, mit weniger Rechten, auch ohne Anspruch auf staatliche Leistungen, aber mit dem Recht ihre eigenen Angelegenheiten , strafrechtlich und zivilrechtlich intern in gewissen Grenzen selber regeln zu können, solange kein Bürger der Mehrheitsgesellschaft betroffen ist.
        Aber das ist auch kein Modell für die Zukunft.

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        Lieber Waldgänger, es gibt ja durchaus Entwicklungen im staatlichen Recht, die Ihnen als Katholik problematisch erscheinen müssen, von der Regelung der Abtreibung bis zum Scheidungsrecht, von der künstlichen Befruchtung bis zu den verkaufsoffenen Adventssonntagen und so weiter, und der Punkt, an dem Ihr Gewissen sagt, das kann ich nicht länger mittragen, da muss ich opponieren, kann jederzeit erreicht werden. Es ist also nicht so, dass der Staat einfach die Vorgaben der christlichen Morallehre in staatliches Recht umsetzt, und das Modell kann durchaus für den Islam gelten. Das Verbot der Konversion ist ein Ärgernis erster Ordnung, aber es besteht weder Anlass noch Aussicht, dass dieses Verbot Teil des staatlichen Rechts wird. Ähnlich ist es mit den Gebetsregelungen, dem Fasten usw. Das heißt, Multikulturalismus kann gelingen. ich sehe da kein unüberwindliches Hindernis.

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        Tut mir leid, aber ich sehe nicht, was das Tun und Reden von der Menschheit meinen Landsleuten nützen soll. Es geht dort um den rein abstrakten Wert der Menschheit; aber ich antworte mit Edmund Burke, daß der Mensch zu etwas Höherem als seiner Nation keine Loyalität hat. Carl Schmitt sagte in diesem Sinne, vielleicht aberetwas überspitzt: „Wer von Menschheit redet, will betrügen“.

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        Ja, Linkenhasser, Sie zitieren einen Mann des 18. Jahrhunderts und einen Ideologen des Faschismus. Was soll man da sagen?

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    Sie sollten nicht „leugnen“ schreiben. (In „Genau da leugnet er die Singularität des Holocausts“). Damit machen Sie die Singularität des Holocausts zu etwas Undiskutierbarem. Selbst wenn die „Singularität des Holocausts“ stimmt, muß sie ja nicht jedem einleuchten.
    Im darauffolgenden Absatz mit „ein Ringen auf Leben und Tod, zwischen Licht und Dunkel“ verdeutlichen Sie, was der Holocaust war – am Ende war „Der Kampf gegen „den Juden“ (war) also in den Augen der Nazis ein antiimperialistischer, nationaler und sozialer Befreiungskampf.“
    Letzteres („antiimperialistischer … Befreiungskampf“) ist nicht singulär. Ob es singulär ist, diesen Kampf gegen einen Feind zu führen, bei dem nicht einmal dessen Vernichtung zum Sieg gegen den Imperialismus und zur nationalen und sozialen Befreiung beitragen würde (weil der gewählte Feind eben gar nicht die Ursache dafür ist), weiß ich nicht.

    „Noch einmal: den Holocaust mit einer „Kontinuität des Denkens“ vom Kolonialismus her zu begründen, heißt ihn misszuverstehen, zu relativieren und zu verniedlichen. “
    Sie haben nicht erklärt, wieso er damit relativiert wird. Sie haben nicht erklärt, wieso er damit verniedlicht wird. Das sind untaugliche Vorwürfe. Ich begreife gar nicht, wie man von Relativieren und Verniedlichen sprechen kann, wenn beide Positionen die Fakten der Ermordung von Millionen Menschen anerkennen. Eigentlich ist es dann perfide, dem Gegenüber Verniedlichung vorzuwerfen. Nur weil er andere Ursachen dafür vermutet. Selbst wenn diese Ursachen falsch sind. Zu jemand zu sagen er „verniedliche“ den Holocaust, der ihn nicht bestreitet, ist … ziemlich heftig.

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      Liebe Monika, richtig: insofern der Holocaust „ein antiimperialistischer Befreiungskampf“ war, war er nicht singulär. Singulär war er in dem Zusammenhang allenfalls darin, dass sich andere Kämpfe immerhin gegen tatsächliche Imperialisten richteten, nicht gegen ein Wahngebilde. Und dass in der Regel die „Nationalen Befreier“ zufrieden waren, wenn sie die Imperialisten davongejagt und deren Helfershelfer ermordet oder entrechtet hatten. Aber Sie zitieren völlig richtig die Stelle, in der ich die Überhöhung dieses Kampfes in ein Weltringen Gut gegen Böse umschreibe. Und obwohl es auch hier Parallelen gibt – nicht in der Kolonialgeschichte, sehr wohl aber etwa bei der „Liquidierung des Kulakentums als Klasse“ durch Stalin oder beim iranischen Vorhaben, Israel „aus dem Buch der Geschichte zu tilgen“, bleiben diese Vorhaben, so entsetzlich sie sind, lokal und beschränkt.
      Was ich schreiben „sollte“, bestimme freilich immer noch ich. Wenn ich schreibe, jemand würde die Singularität des Holocaust leugnen, dann beschreibe ich ein Faktum. Es ist ja nicht verboten, das zu tun.

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        „Omo Child. The River and the Bush“ Ein Film über „Mingi“, Kinder, die Schaden über den Stamm bringen könnten. Es gibt drei Arten von Mingi: Unehelich geborene Kinder, Kinder, denen die Ältesten den Segen verwehren und Kinder, die im Oberkiefer Zähne bekommen bevor sie im Unterkiefer welche bekommen. Diese Kinder werden getötet. Ein Elternpaar verlor zwei Mingitöchter. Seinen dann aufwachsenden Sohn schickten sie als einen der ersten des Dorfes zur Schule. Gegen den Willen der Ältesten. Dieser junge Mann erfährt erst in der Pubertät von Mingi – als er das Weinen von Kindern hört, die zum Töten weggebracht werden. Er ist so entsetzt, wie man nur sein kann. Dabei erfährt er von seiner Mutter auch, von seinen zwei älteren Mingischwestern.

        Ich finde den Film wegen der Kommunikation gut. Wegen der Art der Problemlösung. Die Kinder sollen gerettet werden, Mingi soll beendet werden und es soll das soziale Gefüge erhalten bleiben.

        Man kann ihn zur Zeit bei Amazon Video ansehen https://www.amazon.de/Omo-Child-German-John-Rowe/dp/B0745566Y1/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1501504895&sr=8-1&keywords=omo+child

        Und „leugnen“ dürfen Sie natürlich schreiben – ich nahm an, daß Ihnen an Kommunikation gelegen ist – worüber ich mir tatsächlich nicht ganz sicher bin, aber ich bin mir sicher, daß Sie gegen Dogmatismus sind. Und etwas, das geleugnet werden kann, ist in meinem Sinn eine unumstößliche Tatsache, wie zum Beispiel daß die Erde der Mittelpunkt der Schöpfung ist, also eine dogmatische Wahrheit.

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        Liebe Monka, nein. Ich bin bekanntlich dagegen, das Leugnen des Holocausts (einer Tatsache, die mindestens ebenso gut belegt ist wie die Kugeleigenschaft der Erde) unter Strafe zu stellen. Man kann und darf selbstverständlich auch die Singularität des Holocausts leugnen, und was die schieren Opferzahlen und den Vernichtungswillen der Täter angeht, sehe ich auch keine Singularität; auch nicht in der Methode. Das habe ich geschrieben. Die Singularität des Antisemitismus, ich wiederhole es, trotz allen Parallelen etwa mit dem Moslemhass, über die ich ja auch geschrieben habe, liegt in der besonderen Konstruktion „des Juden“ als Inkarnation des Bösen.
        Es gibt daneben einen sozusagen gepflegten Antisemitismus, wie ich ihn aus meiner Kindheit in England kenne, der einfach Juden bestimmte unangenehme Eigenschaften andichtet, wie man sie ja auch Iren, Schotten, Walisern und Franzosen andichtet. Sozusagen der alltägliche Antisemitismus. Davon rede ich hier nicht.

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        „Die Singularität des Antisemitismus, ich wiederhole es, trotz allen Parallelen etwa mit dem Moslemhass, über die ich ja auch geschrieben habe, liegt in der besonderen Konstruktion „des Juden“ als Inkarnation des Bösen.“

        Und das Buch „Anti-Judaism“ von David Nirenberg, das Sie mir empfohlen haben (ich bin erst im frühen Mittelalter) beschreibt das. Ich lese viel auch über das Thema Antisemitismus – bei weitem nicht so viel wie Sie, natürlich, aber diese These ist mir vorher noch nie (be)greifbar vorgestellt worden. Die Menschen, die öffentlich Antisemitismus bekämpfen, schreiben wenn schon nicht für – was ich eigentlich hoffe – eine breite Öffentlichkeit, doch auf jeden Fall für diese lesbar. Sobald es die wissenschaftliche Welt verläßt ist es „für den normalen Menschen“. Das was Sie unter der Singularität verstehen und was mir auch einleuchtet (die Projektion des „Bösen“ auf eine Gruppe), ist laut Wikipedia nur ein einziges Kriterium unter verschiedenen Singularitätsaspekten selbst unter Historikern. Mir geht es gar nicht um die Singularität und um Leugnen oder um Verharmlosen.

        Denn eigentlich geht es doch um das „Nie wieder“.
        Ich gehe davon aus, daß Antisemitismuskritiker über Antisemitismus schreiben, um über ihn aufzuklären und ihn zu vermindern. Selbstverständlich werden die Deutschen den Juden den Holocaust nicht nie verzeihen. Wir werden ihn vergessen. Und wenn wir Pech haben, ist in tausend Jahren eine mythische Person namens Hitler Nationalheld, so wie Dschingis Khan in der Mongolei. Dieses „Nie wieder“ kann nicht aus Angriff oder Selbstkritik kommen. Es bedeutet daß ein Mensch, ein Leser mit der mysthischen Vernichtung des Bösen in Anderen aufhört. Vielleicht dient das Schreiben gegen Antisemitismus auch nicht hauptsächlich der Aufklärung, sondern der Aufrechterhaltung eines Systems, in dem die staatlich gelenkte Vernichtung von „Anderen“ nicht möglich ist.

        Ich habe dreißig Jahre gebraucht, um mich vom Antisemitismus zu befreien. Und das, was öffentlich geschrieben wurde, war dazu nicht hilfreich. Der durchschnittliche Bürger ist nicht gerne Antisemit. Es ist mit das Schlimmste, was man sein kann. Es sind aber gedankliche Strukturen, Muster, die man nicht sehen kann. Sie sind tief verankert. Antisemitismus führte zum Holocaust. Den Holocaust hat Deutschland ausgeführt, unsere (nicht Ihre) Vorfahren.
        Diese gedanklichen Strukturen kann man durch Worte wie „verleugnen“, „verniedlichen“, und, ja auch „antisemitisch“ (was wenige sein wollen) nicht aufdecken und aufbrechen. Diese Worte erschweren den Zugang. Vielleicht ist es aber nicht Ihre Absicht, individuellen Antisemitismus zu vermindern. Vielleicht ist das keines Antisemitismusbekämpfers Absicht.

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        Liebe Monka, danke für die lange Stellungnahme. Ich habe mich inzwischen – auf Anregung von Jakob Augstein – mit Jürgen Zimmerer getroffen; das Gespräch wird demnächst im „Freitag“ dokumentiert. Ich denke, wir waren uns zu 80% einig. Mir geht es bestimmt nicht darum, irgendjemanden in eine Ecke zu drängen, aus der er nicht herauskommt. Schon gar nicht Jürgen Zimmerer.

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        Das Interview ist also nun veröffentlicht.
        https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/vor-auschwitz

        Im Zuge dessen habe ich alle Texte noch mal gelesen. Ich fühle mich nicht mehr durch Worte gestört, sondern fühle mich die Differenz verstehend. Was nicht heißt, daß ich das tue und auch nicht wichtig ist.

        Für wen schreiben Sie? Sie, Herr Posener, und Ihrer Meinung nach Journalisten im Allgemeinen? Verändert Journalismus heute Verhalten?

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    @APo

    … eine Stimme aus Israel, Soros ist Sozialist und Antizionist. Reuters schreibt: … Israel’s foreign ministry issued a „clarification“ saying that Soros was a legitimate target for criticism.

    „In no way was the statement (by the ambassador) meant to delegitimize criticism of George Soros, who continuously undermines Israel’s democratically elected governments,“ said foreign ministry spokesman Emmanuel Nahshon, adding that Soros funded organizations „that defame the Jewish state and seek to deny it the right to defend itself“.

    Und – ‚Secure your borders, secure your borders,‘ wer weiß das besser als Netanyahu?

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      Sie halten mich, blonderhans, für jemanden, der seine Denkbefehle aus Jerusalem bekommt? Sie und ich wissen, warum Netanjahu beide Augen zudrückt bei der antisemitischen Kampagne gegen Soros in Ungarn. Und wenn ich Soros gegen Orbàn und Netanjahu in Schutz nehme, heißt das wiederum nicht, dass ich Soros‘ Kritik an Israel und die von ihm unterstützte Organisation „J-Street“ gutheiße. ist das SO schwer zu begreifen? Sind wir alle nur noch auf der Suche nach Pseudo-Argumenten, um den Gegner zu delegitimieren? Ist uns das Denken egal geworden?

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        APo: ‚Sie halten mich, blonderhans, für jemanden, der seine Denkbefehle aus Jerusalem bekommt?‘

        … ich habe keine Pseudoargumente und keine Gegner. Ich habe einen Hamster. Und Sie nehmen Soros in ‚Schutz‘ – weil er Sozialist ist. Und Sie denken oft, nicht immer, sozialistisch. Daher!

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        Nein, ich nehme Soros gegen eine antisemitische Kampagne in Schutz. Mir ist egal, ob er – wie Sie sagen – Sozialist ist oder – wie ich ihn erlebt habe – Finanzjongleur. Er ist hier Gegenstand einer widerlichen, antisemitischen Hetze. Netanjahu verhielt sich als Realpolitiker. Ich bin kein Politiker, ich kann mir ein moralisches Urteil erlauben.

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        … ooops? falsch platziert, daher …

        @APo, Nachtrag

        … aber, sollte mein erster Satz oben – @APo … eine Stimme aus Israel – missverständlich sein, NEIN. Das wäre nun wirklich zu hoch gegriffen. 😉 Die Stimme, die ich meine, ist die der Bloggerin.

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