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Schirrmacher, Ratzinger und die Frage, was „Ego“ heute bedeutet

„Würden Sie es als Beleidigung empfinden, wenn man Sie heute als links bezeichnet?“ fragte devot der „Spiegel“-Redakteur Jan Fleischhauer seinen Interviewpartner Frank Schirrmacher. (Fleischhauer hasst bekanntlich alles, was links ist, weil es ihn an seine Kindheitsleiden  unter einer linken Mutter erinnert; es sei denn, es ist Jakob Augstein, dem Fleischhauer attestiert, kein Antisemit zu sein. Was natürlich gar nichts damit zu tun hat, dass Augstein Miteigentümer des „Spiegel“ ist.) Schirrmacher antwortete vieldeutig: „Beleidigung? Darauf käme ich sowieso nicht. Ich finde auch nicht, dass ich mich verändert habe.“

Schirrmacher hat natürlich Recht. Weiterlesen

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Wir geben nix ! Ein Plädoyer für Hartherzigkeit

Mildtätigkeit ist ein widerlicher Charakterzug. Jetzt auch Hasso Plattner, davor Bill Gates und David Rockefeller. Die Milliardäre wollen, nachdem sie sich ein Erwerbsleben lang ohne jeden Skrupel bereichert haben, geliebt werden und als kunstsinnig erscheinen.

Das ist der alte Mäzenatentraum, in dem sich die Wucherer und Ausbeuter in den Augen ihrer Zeitgenossen zu besseren Menschen erheben wollen. Es drängt ihre Seelen eine Art von Altersmilde. Ein kleines Paradies auf Erden soll nun ihren Namen tragen. Das Motiv ist vielleicht Reue, sicher aber Eitelkeit. Ekelhaft. Weiterlesen

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Sitzenbleiben oder Vorwärtsgehen? – Anmerkungen zu einer hitzigen Debatte

Ein kleiner Passus im Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Regierungskoalition von Niedersachsen hat in unserem Land eine heftige ideologische Debatte ausgelöst:  „Sitzenbleiben und Abschulung“ der Schüler soll „durch individuelle Förderung überflüssig werden.“

Wer die heftigen Reaktionen  in Politik und Presse verfolgt, könnte  den Eindruck gewinnen,  Rot-Grün habe die Axt an das Fundament unserer Kulturnation gelegt. Die linksliberalen Zeitungen frohlocken, weil ein selektives Relikt aus grauer Bildungsvorzeit endlich entsorgt wird. Die konservative Presse sieht das Ende des Leistungsgedankens in der Schule heraufziehen. Weiterlesen

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Schattenkabinett: weil der Wähler es will, kriegt er es nicht

Wir haben wieder, was die Wahlforschung ein „horse race“ nennt. Die Bundestagswahl steht an, und ein Patt zeichnet sich ab. Die Demoskopen wollen jetzt schon wissen: Gegen den Regierungsblock Schwarz-Gelb mit 45% steht die Opposition Rot-Grün mit ebenfalls 45%. Rechnet man die Links-Partei als möglichen Tolerierer eines linken Bündnisses hinzu, kommt die Opposition rechnerisch auf 50%. Und über Merkel hängt das Damoklesschwert der Fünf-Prozent-Hürde für die schwächelnde FDP.

Das hat zwei Botschaften an jene Wesen, die die Politik „die Menschen draußen im Land“ nennt. Weiterlesen

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Die Freiheit, die Dinge beim Namen zu nennen

Ein mir bekannter – ich möchte fast sagen befreundeter – Publizist schrieb mir vor einigen Tagen einen langen Brief, in dem er sich über einen Leitartikel erregte, den ich vor einigen Wochen für die „Welt“ geschrieben hatte.

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113220656/Bruederle-Augstein-und-der-eigentliche-Skandal.html

Herr Müller – nennen wir ihn so – schrieb unter anderem: „Mit Entsetzen und voller Unverständnis habe ich heute Ihren Kommentar gelesen, ausgerechnet von Ihnen, dessen englisches Freiheitsverständnis mir Ihre Kommentare immer so lesenswert (…) macht. (…) Ich mag Herrn Augstein nicht und halte fast alles für falsch, was er denkt und schreibt, aber ein Antisemit – ich bitte Sie! Weiterlesen

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Politik als Posse und Profit: wie heute „Brot und Spiele“ geht

Ob es Charles, dem Thronnachfolger, nun gefällt oder nicht, Elizabeth II hält durch. Der Gatte hat ihr zugeraunt: „Keep calm and carry on!“ Das gilt uns als vorbildlich. Wir lieben die Queen. Und verzeihen gern gelegentliche Verfehlungen ihrer Familie; Stichwort Lady Di (übrigens ein Imperativ).

Nur der Bruder vom Orgel-Ratz aus Regensburg, der Bücher-Ratz, hat als Papst den Köhler gemacht, bevor man mit ihm den Wulff machen konnte. Der „französische Abschied“ im Vatikan hat die alte Logik aus dem Lebenswandel notorischer Rumtreiber: Ein guter Abgang ist die halbe Miete. Aber das ist nur der Anschein, Eigentlich ist dies eine Revolution, ein Kulturbruch immenser Art. Weiterlesen

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Weltlicher Seelsorger gesucht!

 


Ach herrje! Nur noch wenige Tage. Dann heißt es: Wir waren Papst. Vorbei die schöne, historisch betrachtet allerdings leider ziemlich kurze Zeit, in der ein Deutscher frei von allen weltlichen Zwängen die Geschicke von 1,2 Milliarden Katholiken lenkte. Und dann auch noch dieser Abgang!

Zurückgetreten, einfach hingeschmissen den edlenKirchenjob. Wie ein schnöder Politiker, der über eine abgeschriebene Doktorarbeit stolpert oder ein gierigerWirtschaftsboss, dem beim Geldmachen das Maß abhanden kam. Ein bisschen mehr Durchhaltevermögen hätte man schon erwarten können von einem, der im Dienst Jesu Christi tätig ist.

Okay, das ist jetzt vielleicht etwas respektlos. Weiterlesen

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Der Papst-Rücktritt oder die sieben Todsünden. Erstens: Der Stolz

Aus irgendeinem Grund sprachen Maria und ich über die sieben Todsünden. Ich meinte, die von der Kirche des Mittelalters genannten Sünden würde auch ein Atheist als Sünden – nicht gegen Gott, aber gegen den Menschen – anerkennen. Es sind die Sünden Stolz, Faulheit, Habgier, Neid, Völlerei, Wollust und Zorn.

Nun weiß ich – das setze ich in Parenthese – wohl, dass die Definition einer Todsünde durch die Kirche etwas komplizierter ist. Weiterlesen

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Von den Strippen der Macht zum Galgenstrick

Steinbrück war im PeerBlog eine Marionette ominöser Geldgeber. Deren Identität wird vorsätzlich verheimlicht. Sein Sprecher sagt, Peer kenne diese Strippenzieher zum Teil; sein Berater widerspricht, der Kandidat kenne die Dunkelmänner gar nicht, aber er, der Berater, er kenne sie. Niemand nennt Namen. Wie bei Kohls Bimbes. Den Wähler erkennbar verarschen und Kanzler werden wollen, das ist kühn.

Deutschland, eine Insel mit zwei Bergen: Augsburger Puppenkiste, ein Schmierentheater im Zeitalter der Transparenz. Das alles geht nicht für einen Kanzlerkandidaten, jedenfalls nicht für einen Kandidaten der SPD. Parteischädigendes Verhalten, das sollte man immer verzeihen können; hier aber wird die Demokratie verhöhnt.

Der ohnehin schon geplante Rücktritt Steinbrücks steht wieder im Raum. Weiterlesen

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Deutsch = Scheiße?

Der deutsche Selbsthass hat eine lange Tradition, von Hölderlin bis Hitler und darüber hinaus. Man findet ihn gleichermaßen bei linken und rechten Autoren, wobei die Linken den Deutschen unterstellen, unheilbar rechts, die Rechten ihnen unterstellen, unausrottbar links zu sein.

Dass die Deutschen gar nicht so anders sind als andere Leute, das scheint den Deutschen am allerwenigsten in den Kopf gehen zu wollen. Das haben sie mit den Juden gemeinsam, mit denen sie, was nicht verwundert, darum auch den Selbsthass teilen. Sagt ein Deutscher, etwas sei „typisch deutsch“, so kann man fast Gift darauf nehmen, dass er es abwertend meint. Engländer hingegen finden „typisch englische“ Sachen meistens gut. Weiterlesen

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Rübe ab, einsperren, Schlüssel wegwerfen: Neues von Law & Order

Thilo Sarrazin in der Verkleidung eines schwarzen Zuhälters, denke ich, als ich in das Gespräch meiner Nachbarn hinein höre. Die Sprüche des deutschen Stammtisches kann man also auch im Ausland vernehmen. Die bunte Truppe am Nachbartisch intoniert: „Lock the gangsters up und throw away the keys!“ Wir sind im industriellen Herzen Englands, den West Midlands, wo Bandenkriminalität als Kehrseite von Multi-Kulti erscheint.

Die Sarrazinschen Horrorszenarien hatten Birmingham eingeholt, bevor sie in Berlin überhaupt aufschienen. Weiterlesen

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