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Wie Merkel für die Bundestagswahl 2013 plant

Dieser Coup ist typisch Merkel: Die CDU-Vorsitzende setzt eine Kommission aus beiden Flügeln ihrer Partei ein, um den Mindestlohn-Beschluss der Union zu kippen. Das Ziel: Den Sozialdemokraten ein wichtiges Mobilisierungselement für die Bundestagswahl 2013 aus der Hand zu nehmen und die Koalitionsfähigkeit wiederherzustellen.

Auch wenn es derzeit noch Ärger aus den wirtschaftsnahen CDU-Bereichen gibt, sieht alles danach aus, als ob die Aktion funktionieren würde. Damit hätte Angela Merkel erneut etwas zur Disposition gestellt, was viele als Kern-Identität der Christlich Demokratischen Union ansehen.

Und trotzdem wird sie damit durchkommen. Denn weite Teile der Partei haben längst ihren Frieden mit dem Mindestlohn gemacht. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wehrt sich schon lange nicht mehr gegen Lohnuntergrenzen, solange diese zumindest pro forma durch die Tarifpartner festgelegt werden. Und das war Teil des Auftrages von Merkel an die Vertreter beider Parteiflügel: Sowohl die Arbeitgeber aus auch die Gewerkschaften müssten bei jedem Vorschlag mit im Boot sein.

Und die CSU ist sowieso schon längere Zeit für den Mindestlohn: Zum einen fürchtet sie das populistische Potential in den Händen des politischen Gegners. Zum anderen gibt es viele, die auch aus inhaltlichen Gründen inzwischen für eine Lohnuntergrenze sind.

Gerade bei den Christsozialen lösen die vereinzelten Berichte über Dumpinglöhne Alarm aus. Gerade CSU-Chef Horst Seehofer wird nicht müde, zu wiederholen, dass jeder von seinem Lohn leben müsse, wenn er Vollzeit arbeitet. Das aber ist inzwischen nicht mehr in allen Branchen der Fall. Die Geschichten von Menschen, die nach einem Vollzeit-Job dann doch noch zum Arbeitsamt gehen müssen und Hartz IV beantragen müssen, sind es aber, deren Empörungspotential Seehofer fürchtet.

Wieder einmal ist es die FDP, die den Kollateralschaden der Merkelschen Aktion abbekommt. Im Koalitionsvertrag steht eindeutig, dass Schwarz-Gelb Mindestlöhne ablehnt. Nun denn, wieder einmal: Was schert das Geschwätz von gestern?

Auch das Timing der CDU-Chefin ist nicht schlecht. Nach dem Durchbruch in der Euro-Krise waren die Kommentare zum ersten Mal seit vielen Monaten wieder positiv. Ihre (vielen) innerparteilichen Gegner sind für kurze Zeit stiller geworden.

Für den Parteitag der CDU in Leipzig liegen nun so viele Themen auf dem Tisch, dass es über die Mindestlöhne zwar Diskussionen geben wird, sie den Parteitag aber nicht bestimmen werden. Wie schon Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Standortschließungen durch exzellente Vorbereitung mit den Betroffenen und perfektes Timing fast geräuschlos über die Bühne bekam, wird auch Merkel die Kehrtwende bei den Mindestlöhnen durch den Parteitag bekommen.

Das zeigt erneut, dass die Bundestagswahl 2013 weit offen ist. Und dass es immer noch Leute gibt, die Angela Merkel unterschätzen.

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4 Gedanken zu “Wie Merkel für die Bundestagswahl 2013 plant;”

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    Nachtrag anlässlich der Nachrichten heute morgen:
    Die Regierung zeigt sich überrascht anlässlich der Ankündigung Papandreous, das griechische Volk über die Annahme der EU-„Hilfen“ abstimmen zu lassen.
    Wie ernst ist es Fr. Merkel mit der Demokratie?
    Frau Heckel – ich muß Ihnen zustimmen: Frau Merkel ist vor allem eine Machtpolitikerin – sonst steht nichts auf ihrer Agenda..

  2. avatar

    Tag der Abschiede:
    – der Union von der FDP,
    – Griechenlands vom Euro und der EU (sofern die
    griechische Verfassung nicht ein Referendum in
    Angelegenheiten der Staatsfinanzen verbietet),
    – und der USA von der UNESCO (zumindest in
    monetärer Hinsicht).

  3. avatar

    @Margret Heckel
    „Auch das Timing der CDU-Chefin ist nicht schlecht.“
    Sie argumentieren in machtpolitischen Kategorien. Es gibt aber noch eine andere Dimension:
    Unternehmen die Löhne zahlen, von denen man nicht leben kann (z.B. Gebäudereiniger), werden, mittelbar über „Aufstockung“ und Alimentierung von Altersarmut ihrer Angestellten, massiv subventioniert. Das wird aber viel zu teuer. Die Einführung des Mindestlohnes ist nichts anderes, als eine Verteilung dieser Sozialverantwortung auf alle Schultern unter der Voraussetzung der Beibehaltung der jetzigen (Hartz IV -) Sozialbürokratie.
    Wenn ich das weiterdenke, wird mir ganz anders.. Sozialismus und letztlich Entmündigung des Einzelnen als ultima ratio dieser Entwicklung.
    Die (wie ich finde) bessere Alternative zur Rettung des Kapitalismus wäre das Bürgergeld (500 Euro) für jeden – keine Zusatzleistungen. Das war früher die die mögliche Subsidiärwirtschaft (kleine Landwirtschaft zur Sicherung des Lebensunterhaltes).

    Merkels Initiative ist – bei dem gegebenen Konsens – sehr rational.

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