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Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft namens Europa

Es ist vollbracht. Nach langem, äußerst zähem Ringen haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das das schier Unmögliche doch noch möglich machen soll: das (wirtschaftliche) Überleben Griechenlands, des Euros, der Banken und der Union als solcher.

Zwar ist noch keineswegs ausgemacht, dass ein Schuldenschnitt für die Hellenen, der Ausbau des Rettungsschirms auf Billionengröße und die Rücklage-Pflicht für Finanzhäuser die Märkte und die Nerven der Bürger nachhaltig beruhigen können. Doch zumindest die Börsen reagierten erleichtert bis euphorisch. Der Dax schoss kurzzeitig richtig in die Höhe. Immerhin.

Angela Merkel wird solche Nachrichten mit großer Genugtuung registrieren. Zu Recht. Sie hat sich in den vergangenen Tagen, vor allem in der letzten Nacht, offenkundig so richtig ins Zeug gelegt. Mit großem taktischem Geschick und der ihr eigenen Durchsetzungskraft ist es der Kanzlerin wenigstens gelungen, das Chaos nicht noch größer werden zu lassen.

Das kann in der gegenwärtigen Situation schon als vertrauensbildende Maßnahme durchgehen. Vielleicht ist der Kontinent jetzt sogar auf einem halbwegs vernünftigen Weg, um die Schulden-, Finanz- und Euro-Krise bewältigen zu können. Käme es so, wäre dies das Verdienst der deutschen Regierungschefin.

Dennoch hat der Erfolg von Brüssel einen ziemlich bitteren Beigeschmack. Denn eines könnte beim Verhandlungsmarathon auf der Strecke geblieben sein: Europa als Union, als Gemeinschaft. Es hat vielmehr den Anschein, dass künftig von zwei Europas die Rede sein muss, einer Zwei-Klassen-Gesellschaft: auf der einen Seite die Staaten der Einheitswährungs-Zone, auf der anderen Seite die Resterampe mit den euro- und damit wehrlosen Länder.

Der Gipfel in der belgischen Hauptstadt hat bereits einen klaren Ausblick auf Kommendes gegeben: Während Deutschland, Frankreich und Luxemburg hinter verschlossenen Türen verhandelten, mussten zum Beispiel Großbritannien und Polen draußen bleiben. Die Idee eines einheitlich auftretenden, gemeinsam agierenden Kontinents – sie ist wohl in Zeiten der Schuldenkrise obsolet geworden.

Künftig wird es ein Kerneuropa unter Führung der Wirtschaftsgroßmacht Deutschland und Frankreichs geben. Dort werden dann ökonomische und damit auch politische Entscheidungen für die gesamte Union gefällt. Nach dem Motto:

Wer das Geld hat, hat auch das Sagen. Ob allerdings die Nicht-Euro-Staaten dies klaglos hinnehmen werden, darf man bezweifeln. Regierungen wie die in London und Warschau fühlen sich jetzt schon ausgebootet. Einen weiteren Einflussverlust können sie nicht hinnehmen. Im Gegenteil, sie werden ihr Mitspracherecht kämpferisch einfordern.

 

Der EU stehen also stürmische Zeiten bevor, vielleicht geht man schon bald sogar auf Konfrontationskurs. Wie gut, dass da die Nacht von Brüssel zumindest für ein bisschen Ruhe an den Finanzmärkten sorgt. Doch denen ist Europa als Idee, als Wertegemeinschaft ohnehin ziemlich egal. Und einigen führenden EU-Politikern offenbar auch.

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6 Gedanken zu “Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft namens Europa;”

  1. avatar

    Alles passt nicht zusammen, alles ist schief, alles „schizophren“ – in Europa 2011. Einseits stimmt das von „Kerneuropa“ – Deutschland & Frankreich – mit Finanz-Abgrenzung von den „Anglos“ und Abstand von den Zwergen im benachbarten Osten und ueberhaupt den „Suedlaendern“. Anderseits haben Britanien und Frankreich 2010 fuer die naechsten Jahre eine besondere neokoloniale Verteidigungspartnerschaft beschlossen, welches sich 2011 schon in Lybien bemerkbar gemacht hat. Gleichzeitig sind die „Anglos“ nicht nur als Besatzungmacht in Deutschland (56,000 von USA und 12,000 von UK) – sondern New York und London bestimmen weltweit oder begrenzen, wer war was darf und wie weit in geopolitischer, strategischer und finanzpolischer „Selbstaendigkeit“ – aber besonders IN Deutschland !. Und Deutschland ist der schwarz-rot-goldene Rabe welcher ALLEN in Europa und auch gegen den „Wunsch“ der USA, „zuviel“ exportiert. Und wenn das nicht genug waere – die deutsche Industrie „kollaboriert“ ungeniert mit Putins Russland – welches auf der „S…“ Liste der USA, Britaniens und Frankreichs steht… Irgendwie passt das alles nicht zusammen – ob das der „Michel“ versteht ?

  2. avatar

    Einfach die Griechen in Konkurs gehen lassen.
    Durch CDF sind die Kredite abgesichert und so hoch dass sich der Rettungsschirm lohnt, können die Zinsen angesichts der Unmengen um den Globus vagabundierender Gelder durch schlechteres Rating gar nicht steigen .

    Also der Schaden durch schlechtes Rating ist geringer als durch den Rettungsschirm in Höhe von 300 Milliarden.
    Der Rettungsschirm langt sowieso nicht.

  3. avatar

    der efsf hebel muß nicht erhöht werden.
    bald kommt der esm und dann ist alles wunderbarherrlichst ( für die banken – nicht für die bürger ).
    man muß sich den esm mal so richtig im inhalt anschauen und dann kommt das große ko…

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