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Comeback der Lager Es gibt sie wieder – die Alternative

So leidenschaftlich ging es lange nicht mehr in der Politik zu. Die Haushaltsdebatte in dieser Woche hat gezeigt, dass Politik Unterschiede setzen und Alternativen bieten kann. Auch, indem sie vermeintlich unpopuläre Entscheidungen wie die Verlängerung der Laufzeiten der AKWs und das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ durchsetzen will.

Die Kanzlerin spielt auf Risiko. Großprojekte wie die Kernenergie und ein unterirdischer Hauptbahnhof stoßen auf weit verbreiteten Protest der Bürger, parteiübergreifend. Der etablierte deutsche Strukturkonservatismus ist längst nicht mehr nur in einer Partei zuhause – er findet sich in allen im Bundestag vertretenen Parteien.

Merkels Regierung beansprucht das Gemeinwohl auf ihrer Seite: Mit Standhaftigkeit gelte es das Land in den kommenden zehn Jahren in die Zukunft zu führen. Die kommende, für schwarzgelb enorm wichtige Landtagswahl in Baden-Württemberg erklärt Merkel gar zum Plebiszit über diesen Kurs.

Das ist gewagt, aber konsequent. Gewagt, weil bei einem Scheitern der Stuttgarter Koalition aus CDU und FDP auch die Berliner Koalition angezählt ist. Konsequent, weil es um eine Politik des Gemeinwohls geht, die gegenüber Partikularinteressen nicht einknickt.

Nur muss eine solche Politik des neuen Gemeinwohls auch erklärt werden. Und hieran mangelt es dieser Regierung mehr denn je. Die FDP ist hier bislang ein Totalausfall geblieben und auch die Union bietet keine gewinnende Sprache. Projekte wie das neue Energiekonzept werden entweder als „Revolution“ erhöht oder als „Infrastrukturvorhaben“ (gemeint ist „Stuttgart 21“) bagatellisiert. Eine solche Sprache geht am Empfänger vorbei. Merkel gewinnt zwar an Ansehen, weil sie (endlich) um die Politik der Koalition kämpft. Die Wähler für ihre Alternative zur Opposition wird sie so kaum gewinnen. Am Ende landet die Union wieder im Bett der Großen Koalition. Das macht die SPD zwar wieder „vernünftiger“ (Merkel) machen, aber das Land alternativloser.

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10 Gedanken zu “Comeback der Lager Es gibt sie wieder – die Alternative;”

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    @ Don Camillo, Kommentar vom 18. September 2010 um 13:13

    Daniel Dettling: Weil es um eine Politik des Gemeinwohls geht, die gegenüber Partikularinteressen nicht einknickt.

    Gottfried Benn: Wer meint, dass man mit Worten lügen könne …

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    Mit den Alternativen sieht es immer schlechter aus.
    Nach dem Rücktritt von Herrn Drexler heute, und den markigen Worten der Kanzlerin zum Projekt Stuttgart 21.

    Frau Merkel scheint sich mit aller Gewalt um die eigene, politische Bestattung zu bemühen. Die Bürger in Stuttgart lassen sich nicht gerne drohen, auch nicht von einer Kanzlerin!Loyalität bringen sie nur denen entgegen, von denen sie gute Behandlung erhielten.
    Im Lied der Schwaben kann man das nachlesen, als sich die Reichsfürsten zu Worms trafen, und ihre Länder und ihre Schätze anpriesen.
    Der alte Graf Eberhard im Barte, Württembergs geliebter Herr sprach ……. mein Land hat keine Schätze, keine Berge silberschwer, doch ein Kleinod hält`s verborgen, daß in Wälder noch so groß, ich mein Haupt kann kühnlich legen, jedem Untertan`in Schoß. Frau Merkel hat jeglichen Anspruch auf eine solche Haltung in BW verwirkt. Die hier in BW, bzw.im sog. Westen ticken anders, als es Frau Merkel von früher gewöhnt ist.
    Seit heute ist der Mann auf der Straße in BW, (im wahrsten Sinne des Wortes dieser), verbitterter, als vorher. Und die Landesregierung wird bei der nächsten Wahl die Quittung einkassieren.
    Bisher ist our federal Angela noch Kanzlerin von Mappus Gnaden…….

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    Susannah Winter: Dieser Artikel geht, ebenso wie die derzeitige Politik, komplett an allen Lebensrealitäten vorbei.

    Aber nein, Frau Winter. Sie unterschätzen Herrn Dettling. So naiv ist er nicht. Solche Politik des neuen Gemeinwohls hat Daniel Dettling (wie seinen ganzen Artikel natürlich völlig ironisch gemeint.

    Weil es um eine Politik des Gemeinwohls geht, die gegenüber Partikularinteressen nicht einknickt. FDP! Atomlobby! Ackermann! Und, und, und! Mir laufen die Tränen über die Backen. Ich lach mich schimmelig.

    Nee, Herr Dettling! Nicht irritieren lassen! Echt gut! Echt gut!

  4. avatar

    @Toll analysiert, so kann ich mir die Mühe sparen!!
    Wahlhilfe von der CDU, für die SPD, das kann nur einem tasächlichen Idealisten im Land einfallen.
    Mit einem Parteiausschluß von Herrn Sarrazin hat sie sich letztendlich demokratisch disqualifiziert.

    Sollte es überhaupt zu einer eindeutigen Wähleraussage des Bürgers kommen, bei der nächsten Wahl, dürfte man von Schwarz-Grün ausgehen.

    IN BW wächst der Widerstand gegen Stuttgart 21 stündlich. Ein durchaus positives Zeichen für die Republik. Der Protest ist getragen von allen Altersgruppen, allen Schichten und parteiübergreifend.
    Hoffentlich ein Exempel für die Republik!!

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    Was für eine Verdrehung der Tatsachen. Politik des Gemeinwohls gegen das Gemeinwohl (Stuttgart 21) ebenso wie die Einschnitte im Sozialen zugunsten der Schuldigen der Wirtschaftskrise, der Atomlobby, der Besserverdienenden? Nehmen Sie sich selber ab, was Sie hier schreiben? Merkel entscheidet sich nach all den Jahren Regierungstätigkeit dazu, zum ersten Mal ihr Amt mit einem Vorhaben und einer Wahl zu verknüpfen und schon macht sie das konsequent? Oder Standhaft? So standhaft, wie sie die Brennelementesteuer VIELLEICHT durchsetzt, oder so standhaft, wie sie die Bankenabgabe VIELLEICHT zustande bekommt? Vielleicht auch nur so standhaft, dass sogar Sie als klarer Befürworter ihr unterstellen, Koalitionspartnerabhängig zu sein, anstatt als Kanzlerin und damit Weisungsbefugte schon seit Jahren konsequent ihre Politik zu verfolgen. Was auch immer diese Politik sein mag. Der Wähler wird darüber bis heute im Unklaren gelassen. Schließlich ist an Kürzungen und Totalausfällen die FDP schuld, und an der Regierungsperiode vorher die böse SPD, die einfach nicht mitziehen wollte. Und dann gipfelt Ihr Kommentar noch darin:
    „Die Wähler für ihre Alternative zur Opposition wird sie so kaum gewinnen. Am Ende landet die Union wieder im Bett der Großen Koalition. Das macht die SPD zwar wieder „vernünftiger“ (Merkel) machen, aber das Land alternativloser.“
    Sie glauben tatsächlich daran, dass die nächste Wahl nach einer Amtszeit der „kleinen Schritte“ und einer der desaströsen Totalausfälle tatsächlich zu einer großen Koalition führen wird? Zu einer starken CDU? Sollten Sie die Einordnung des „revolutionären“ Energiekonzeptes, eine Millardenausgabe für ein nicht gewolltes und gebrauchtes Infrastrukturvorhaben nicht lieber dem Wähler überlassen, der zur Zeit seine Meinung auf der Straße äußert? Eine vernünftige SPD durch die CDU? Vergleicht man die letzten beiden Koalitionen, scheint dieser Schluß eher anders herum zu funktionieren. Dieser Artikel geht, ebenso wie die derzeitige Politik, komplett an allen Lebensrealitäten vorbei.

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    Die CDU landet am Ende nicht im Bett der Großen Koalition, sondern in der Opposition. Denn Große Koalition bedeutet für die SPD rapider Bedeutungsverlust, wie die letzte Große Koalition gezeigt hat. Die SPD hat zur Großen Koalition zwei sehr realistische und für sie wesentlich attraktivere Alternativen: Ampel oder Rotrotgrün.

    Vermutlich sind hier alle gegen Rotrotgrün (ich selber auch). Dann sollten alle dafür werben, dass die FDP sich einer Ampel zumindest nicht länger versperrt. Da Westerwelle ja nun bereits Außenminister geworden ist, sollte die wesentliche Bedinung dafür erfüllt sein.

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    „Konsequent, weil es um eine Politik des Gemeinwohls geht, die gegenüber Partikularinteressen nicht einknickt.“

    Die Frage ist, ob es nicht genau umgekehrt ist: S21 basiert wohl eher auf Partikularinteressen, während das Gemeinwohl bei diesem Projekt schlicht ignoriet wurde. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Bevölkerung des doch eigentlich konservativen Ländle flächendeckend (d.h. nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Karlsruhe, Ulm und in zahlreichen Kleinstädten) auf die Straße geht.

    Für viele Bürger präsentiert sich diese Regierung in der Tat nicht als Vertreter des Volkes, sondern der Lobbyisten. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass die Grünen gegenwärtig einen solchen Aufschwung genießen, denn sie werden als die einzige im Bundestag vertretene Partei wahrgenommen, die auch authentisch ist.

    Meiner Meinung nach wünscht sich der Bürger genau diese Authentizität bei Politikern, verbunden mit einem Ohr beim „Volk“. Es gibt sicher mit Härten für die Bürger verbundene Entscheidungen, die notwendig sind; dazu gehören aber weder der Atomkompromiss noch ein Milliardengrab in Stuttgart. Kann die Politik solche Personen nicht bieten, dann wird sich das Volk andere Politiker suchen (hoffentlich nicht die Falschen …).

  8. avatar

    >>Die Kanzlerin spielt auf Risiko.<<

    Herr Dettling, wie wir uns doch an solche Formulierungen gewöhnt haben…sie fallen schon fast nicht mehr auf.

    – Die Kanzler/in bestimmt die Richtlinien im politischen System der Bundesrepublik! (Art. 65 GG Satz 1) – Vergessen?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinienkompetenz

    Was hat das mit Spielen zu tun? Womit spielt sie, mit dem Volk? Wie ist die Risikoverteilung zwischen ihr und Denjenigen, denen sie zu dienen hat.

    Herr Dettling, Änderungen beginnen mit neuem Denken! Dies würde voraussetzen, daß man zunächst erkennt, daß sich etwas ändern muß!

    “Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass alles sich verändert.”

    …so formuliert der stolze Tancredi in dem glanzvollen Roman „Der Leopard“ von Tomaso die Lampedusa.

    Aber es ist eben nicht der Aufbruch zur Veränderung, die das Thema dieses Romans ist. Sondern die Vergeblichkeit.

    Sie scheinen ihn bestätigen zu wollen. – Mit neuen Reden von Gemeinwohl, gewinnender Sprache und besseren Erklärungen wird man sich in ein neues Bett flüchten können, den Betroffenen aber die Vergeblichkeit vor Augen führen. Ob dieses Volk zu mehr in der Lage ist, als zu einer Stubenhockerrevolution, wird sich zeigen.

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