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Niemand ist gezwungen, ein Steuergeschenk anzunehmen

Nun, wir waren gewarnt. Die Partei sagte schon in ihrem Wahlkampfprogramm, was sie wollte: „Den ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent ausweiten auf  Produkte und Dienstleistungen für Kinder, apothekenpflichtige Arzneimittel und arbeitsintensive Dienstleistungen des Handwerks sowie Hotellerie und Gastronomie; für kleine Unternehmen und Selbstständige regeln, dass bei einer Rechnung die Umsatzsteuer erst nach dem Zahlungseingang abzuführen ist.“

Die Rede ist natürlich von jener Klientelpartei, die ausweislich dieses Programmpunkts unverhohlen für die Hersteller von Kinderspielzeug, Apotheker, Handwerker und das Gaststättengewerbe, für Unternehmer, Rechtsanwälte, Steuerberater und dergleichen Interessenpolitik betreibt. Von der Linkspartei also. (Wer es nachlesen will – es ist Punkt 2.9 des Wahlprogramms.)Dass die Linkspartei, so weit ich weiß, trotz dieser klaren Parteinahme keine Spenden von den entsprechend Begünstigten bekommen hat, liegt nicht an ihrer moralischen Integrität, sondern an ihrer politischen Verantwortungslosigkeit: Niemand hat von der Linkspartei erwartet, dass sie im Bund Regierungsverantwortung übernimmt.

Nun kann es sein, dass August Baron von Finck gehofft hat, mit seiner Spende die FDP im Sinne der Linkspartei zu beeinflussen (denn von einer Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen steht im FDP-Programm nichts, ebenso wenig wie im gemeinsamen Programm der CDU/CSU). Aber das müssten diejenigen, die nun von der „Käuflichkeit“ der dritten Regierungspartei reden, zunächst einmal beweisen. Dass die FDP Politik im Sinne der Unternehmer, und besonders der kleineren und mittleren Unternehmer machen wolle, hat sie nie verschwiegen. Es lag daher für einen wie Baron von Finck nahe, diese Partei zu fördern. Da dies offen geschah, fällt es schwer, die moralische Empörung der Kritiker nachzuvollziehen.

Übrigens: niemand ist gezwungen, ein Steuergeschenk anzunehmen. Es steht jedem Empörten frei, bei künftigen Hotelübernachtungen in Deutschland die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Preis zu berechnen (oder sich vom Hotel berechnen zu lassen) und die Summe als Spende an sein Finanzamt zu überweisen.

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11 Gedanken zu “Niemand ist gezwungen, ein Steuergeschenk anzunehmen;”

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    @Igor W.: Was den flotten Baron betrifft, kleine Korrektur. Es ist keine Frage des Mögens, in einem vorigen Beitrag irgendwo, hatte ich erwähnt, daß ich ihn durchaus toleriere, wo andere ihn als Verteidigungsminister harsch angegriffen haben. Ich bin in einem traditionell Demokratischen Haushalt aufgewachsen, wo ich verinnerlicht habe, vor nichts und Niemand die Knie zu beugen, auch nicht vor Aristokraten. Und die konfessionelle Privatschule, die mich auf das Leben vorbereiten sollte, hat das ihrige dazu getan, aus mir einen toleranten, aber auch unabhängigen Menschen zu machen. Mein Hang zu irgendwelchen „Führerfiguren“, mögen sie nun ideologischer oder aristokratischer Art sein, ist gleich Null!! Seit KT bemerke ich nun immer mehr einen Hang der Öfffentlichkeit sich an glamouröse Füherfiguren anzuhängen, und genau das mißfällt mir.
    Ich kann tatsächlich selber denken, ich muß nicht denken lassen. Ein Profi gibt nicht unbedacht und unvorsichtig solche Statements ab, wie KT. Das gilt für Opel, wie für Afghanistan. Er macht sich gut, in der Regenbogenpresse, Westerwelle ist da schon ein wenig sperriger. Auch kann er sich nicht mit einer geborenen B………. an seiner Seite schmücken. Aber er war so mutig sich mit seinen diesbezüglichen Präferenzen zu outen. Und das stört natürlich das Gros der Spießer, das ist mir absolut klar.
    In diesem Zusammenhang möchte ich einmal an einen der verehrten Vorgänger Außenminister erinnern, der mit Turnschuhen zur Vereidigung kam, und der, bei allen Fehlern, die auch er gemacht hat, auch zu den besten gehörte, die wir je hatten. Zumindest sieht es das Ausland so.
    Bei Herrn Niebel, da dürften wir uns tatsächlich einig sein.

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    @Liebe Rita E. Groda,
    ich möchte ganz kurz antworten:
    1. Ich habe nie gesagt, dass Politiker Probleme lösen müssen. Sie müssen ihre Aufgaben meistern können – das ist was anderes (u.a. auch dazu beitragen Probleme zu lösen), also so idealistisch bin ich auch nicht.
    2. Es ist mir absolut egal, ob ein Politiker in einem Reihenhaus oder in einem Schloss aufgewachsen ist (Genscher z.B. ist der Sohn einer Bauerstochter, Lambsdorff war ein Graf – damals waren sie, übrigens, noch keine alten Hasen). Wichtig ist ob man eine Persönlichkeit darstellt und als Politiker das erforderliche Format hat, also ob man ein Profi ist. Dass Herr Westerwelle so gesagt hat, zeigt nur seine Komplexe (das bestätigt Ihnen jeder Psychologe) und fehlendes Format.
    3. Sie mögen KT zu G nicht. Ich mag ihn, weil er m. E. diese beiden Kriterien erfüllt und ein Profi ist. Ich finde ihn intelligenter als Herr Westerwelle und traue ihm viel zu. Schauen wir mal wer sich durchsetzen kann.
    4. Wir sind mit Ihnen zumindest einig, was Hr. Niebel anbelangt. Was z.B. Herrn Brüderle angeht, können Sie das hier anschauen:

    http://www.welt.de/die-welt/po.....hlern.html

    Tja, richtig kurz hat es leider nicht geklappt.

  3. avatar

    @Lieber Igor W.:
    Auch ich gehöre zu den Langzeitvermählten, daß mein Vergleich ironisch und sinnbildlich gemeint war, haben Sie ja gut verstanden.
    Ich versuche es jetzt einmal ganz allgemein. Zu dem großen Wahlerfolg haben nicht die Stamm-FPD-Wähler hauptsächlich beigetragen, sondern diejenigen, die sich einen Regierungswechsel herbeigewünscht haben, auf jeden Fall eine Koalition ohne die SPD. In der FDP hat ein Generationenwechsel stattgefunden, was ja nun einmal nicht besonders schlecht sein muß. Die Figuren, die wir abgesehen von Herrn Westerwelle und Brüderle finden, sind noch nicht besonders populär, und sie sind noch kräftig beim Üben, was Präsentation von politischen Inhalten, sowie Profilarbeit betrifft. Wie wollen Sie die vergleichen mit den alten Hasen Genscher, lambsdorff und Kinkel. Das waren Profis, die nicht so leicht zu beeindrucken und verunsichern waren.
    Ihr Vertrauen in die Regierungsverantwortlichen, und darin, daß diese die aktuellen Probleme sachgerecht lösen werden, ehrt Sie. Ich bin da nicht halb so idealistisch, wie Sie. Das Günstigste, was man m.E. von Politikern annehmen sollte, wäre, daß sie anstehende Probleme zwar nach bestem Wissen versuchen werden zu lösen, aber auch nur, wenn das beste Wissen nicht im Dissens zu Machterhaltung und Wählerquoten steht.
    Die Sachkompetenz der von Ihnen genannten Herren kann ich zu diesem Zeitpunkt nur erahnen, zu einem Urteil fehlt mir die persönliche Kenntnis.
    Bei mir verfestigt sich aber immer mehr der Eindruck, daß mit Politikern, wie Herrn Niebel z.B., diese Koalition nicht lange halten wird.
    Ich beobachte momentan, daß Herr Westerwelle, bei Otto-Normal, von Tag zu Tag populärer wird. Er pariert nämlich Kritik gar nicht so schlecht. Seine Antwort auf die Kritik, daß er sich auf dem internationalen Parkett nicht so aalglatt bewegen würde wie der Baron aus Franken, die fand ich denkwürdig.
    „Ich bin auch in einem Reihenhaus aufgewachsen und nicht in einem Schloß“.
    Das war die Anwort eines selbstbewußten Demokraten, nicht die eines Kleinbürgers(Spießers). Nachdem Herr Westerwelle doch immerhin einen Universitätsabschluß hat und sogar noch mit Messer und Gabel essen kann, ist es eine bodenlose Sauerei, daß er sich als Außenminister mit dem flotten Baron aus Franken messen soll.
    Viele aufrechte Demokraten, wie ich, sehen nicht nur in dem flotten Baron einen Kotzbrocken, sondern noch mehr in den sich plötzlich so aristokratisch gerierenden Journalisten, bei denen man glauben könnte, sie wollten unsern alten Kaiser Wilhelm wieder haben.
    Jedenfallls, es scheint ein paar passable Köpfe zu geben, in den Reihen dieser winzigen Regierungspartei.
    Die Frage ist nur, wie und wie lange sie sich durchsetzen können.

  4. avatar

    @ Rita E. Groda.
    Liebe Frau Groda, Sie haben sicherlich Recht: Das Englisch von Herrn Westerwelle ist viel besser, als das von Öttinger. Ob das nur die richtige Meßlatte für einen FDP-Vorsitzender ist, da bin ich mir nicht sicher.
    Sie haben Unrecht, wenn Sie vermuten dass ich geschieden bin. Ich bin seit 25 Jahre sehr glücklich verheiratet, war noch nie geschieden und habe es auch nicht vor. Insofern können Sie sicher sein: ich habe genug Toleranz, Geduld u.s.w. Das habe ich immer wenn ich von einem Menschen etwas zu erwarten sehe. Und das ist eben das Problem, dass ich m.E. nicht so viele Leute bei der FDP erkennen kann, von deren etwas zu erwarten wäre. Keine Frage: der junge Rößler ist ein guter Mann, ich finde dass Fricke und Solms auch gute Fachleute sind (die beiden sind allerdings nicht in der Regierung – komisch, nicht wahr?), aber die anderen erwecken bei mir im Moment kein Vertrauen (auch Westerwelle nicht). Übrigens, die „Ehe“ hat die FDP mit der Union geschlossen, nicht mit mir oder Ihnen. Wir sind die Wähler, und es ist schon fair genug, wenn wir von denjenigen, die die Regierungsverantwortung übernommen haben – und zwar in der Zeit der Finanzkrise, erwarten dürften, dass diese Leute ihre Aufgaben meistern können (so wie die besten FDP – Leute seiner Zeit glanzvoll geschafft haben – Genscher, Lambsdorff, Kinkel u. a.). Sind Sie sicher, dass der Westerwelle, Brüderle und Niebel das auch schaffen? – ich nicht.

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    @Igor W.
    Eigentlich finde ich es ein wenig eigenartig, um nicht zu sagen unfair, eine kleine Partei, die so lange nicht mehr in der Regierungsverantwortung getragen hat, nach den Taten der 1. Hundert Tage zu meßen.
    Sie scheinen total vergeßen zu haben, was alles uns die große Koalition eingebrockt hat, von der SPD-Regierung vorher, gar nicht zu reden.
    Sie hören sich an, wie ein Großteil der Geschiedenen.
    Weil die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllt wurden, wird argumentiert, die Ehe an und für sich sei eine schlechte Einrichtung.
    Vielleicht sagt die FDP besser gar nichts mehr, momentan, weil in diese so große Erwartungen gesetzt wurden, und sie deshalb nur prinzipiell alles falsch machen kann.
    Anzumerken wäre noch, daß das English von Herrn Westerwelle ungleich besser ist, als das von Herrn Öttinger, und auch mir der Humor längst vergangen wäre, wenn eine Partei mit einem Vermögen von ca. 23 Mio, einer mit ca. 4,5Mio. bei einer Baronessen Spende Korruption vorwirft.

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    Ich kann irgendwie nicht den Eindruck loswerden, lieber Herr Posener, dass Sie die FDP immer wieder rechtfertigen müssen, obwohl Sie eigentlich sie zu verteidigen versuchen. Damit geben Sie selbst indirekt zu, dass die FDP im Moment ganz schlecht aussieht – nicht Wahr?
    Da bin ich, ehrlich gesagt, selbst erstaunt – vielleicht auch deswegen, weil ich mehr erwartet habe. Die Realität ist aber ziemlich düster: der Partei fehlt alles: Personal (z. B. die neue Fraktionsvorsitzende Homburger oder der Dirk Niebel -einfach eine Katastrophe), Reife, sogar Humor (die sind nicht einmal auf die Idee gekommen, mit so einem guten Witz, wie Ihren, in der Spende – Geschichte ganz locker zu kontern!).
    Sogar die richtigen Ideen („Politik im Sinne der Unternehmer, und besonders der kleineren und mittleren Unternehmer“) können sie einfach nicht vertreten.
    Die sind alle super nervös und haben Angst überhaupt was öffentlich zu sagen. („Bloß nichts Falsches sagen!“) Und das sind die Liberalen! Wenn sie so weiter machen, dann sind sie in den nächsten 10 – 15 Jahren wieder nicht mehr wählbar. Das Problem ist nur: mit dem Westerwelle geht ja anders nicht.

  7. avatar

    Die Linkspartei ist also ein Partei, welche unverhohlen „für Unternehmer, Rechtsanwälte, Steuerberater und dergleichen Interessenpolitik betreibt.“?

    Wie gut, dass man das hier erfahren konnte. Man sieht: Herr Posener argumentiert sachlich, überzeugend, ausgewogen – und kein Stück weit wie ein gereizter Neo“liberaler“, dem die Argumente ausgegangen sind, wenn er für die Klientelistenpartei FDP die argumentative Partei ergreift.

    Bravo, Herr Posener!

    Sie sind in meiner Achtung deutlich gestiegen.

    Man kann Sie für Ihren hellsichtigen und zweifellos in allen Details – wie auch in seiner generellen Richtung – richtigen Beitrag kaum genug loben. Vor der argumentativen Schärfe Ihre Gedankenfolgen, Herr Posener, verbleichen die größten Geistesgrößen der europäischen Geschichte.

    Es ist nicht rechtsbürgerlicher Mundgeruch, in dem ihre Worte getaucht sind, sondern es ist das unverdunklete Licht der Wahrheit und Aufklärung.

    Wer wollte das bezweifeln?

  8. avatar

    Steht jedem frei, die MWST zu zahlen, hm ?

    Die durch Steuervorteile für einige entstandenen Mindereinnahmen müssen durch zusätzliche Steuern bei anderen, besonders bei mir, ausgeglichen werden.
    Das ist das Ärgerliche.
    Nach Ihrer Logik könnten gleich alle Steuern abgeschafft und durch freiwillige Spenden ersetzt werden.

  9. avatar

    „Übrigens: niemand ist gezwungen, ein Steuergeschenk anzunehmen. Es steht jedem Empörten frei, bei künftigen Hotelübernachtungen in Deutschland die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Preis zu berechnen (oder sich vom Hotel berechnen zu lassen) und die Summe als Spende an sein Finanzamt zu überweisen.“
    So isses! Und genausogut kann ich mich selbst von der Einkommenssteuer befreien und das Ersparte einem karitativen Zweck zugute kommen lassen. Oder?

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    Wer sich für Parteienfinanzierung interessiert, der möge mal bei wiki unter Parteienfinanzierung nachschauen, da bekommt er möglicherweise total neue Einblicke.

    Reinvermögen der Parteien 2007, Quelle wikipedia:
    CDU SPD Grüne FDP Die Linke WASG
    114.653 174.773 25.049 4.585 23.003 344
    CSU
    39.877
    (Angaben in Tausend)

    Also, ich hätte, anstelle des Herrn Baron, auch an die FPD gespendet. Deren Parteivermögen ist ungleich kleiner, als das der Linken.
    Wir werden nicht so unmoralisch sein nach der Herkunft zu fragen, und auch nicht so empört und vermuten, daß die Linken Klientelpolitik machen, oder?

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